Frauenpower mit FĂ€kalsprache? (Liedtexte)

  • Ersteller Bjoerni
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Und egal, ob es uns alten, weißen MĂ€nnern/Frauen nun gefĂ€llt

Es ist nur mein subjektiver Eindruck, aber mir scheint, dass die Mehrheit der "alten, weißen MĂ€nner" hier eher kein Problem mit besagten Texten hat. Und schon gar nicht damit, dass Frauen sie singen.


Schon damals waren die Beatles scheinbar die braven Jungs, die Rolling Stones die bösen Buben.

Kleine Exkursion: Der erste nationale Hit der Stones war ein Beatles-Cover.

Und: Lemmy Kilmister hat die Beatles in ihren Anfangszeiten im Cavern Club gesehen. Über die Beatles/Stones-Geschichte sagt er mal:

"Brian Epstein hat die Beatles fĂŒr den Massenkonsum aufpoliert, aber sie waren alles andere als Weicheier. Sie kamen aus Liverpool, was so Ă€hnlich ist wie Hamburg oder Norfolk, Virginia – eine harte Seefahrerstadt, mit all diesen Dockarbeitern und Matrosen, die dich verprĂŒgelt hĂ€tten, wenn du sie auch nur angezwinkert hĂ€ttest. Ringo kommt aus Dingle, was so Ă€hnlich ist wie die verdammte Bronx. Die Rolling Stones waren Muttersöhnchen – alles Studenten aus der Gegend von London. Sie sind nach London gegangen, um zu verhungern, aber das war ihre eigene Entscheidung, um sich eine Aura der Respektlosigkeit zu geben. Ich mochte die Stones, aber sie waren nie auch nur annĂ€hernd so gut wie die Beatles."

Sorry fĂŒr OT
...
 
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Spannender Thread, finde ich. Da ich mich schon immer gerne mit Sprache, Sprachentwicklung und Sprachmilieus beschÀftige, finde ich auch gerade die diskutierten Aspekte rund um "Sprache als Disinktionsmerkmal" und "Sprache als Machtinstrument" interessant.


Vielleicht mal vorweg: Auf einer der Vorseiten wurde der Begriff "FĂ€kalsprache" kritisiert. TatsĂ€chlich wĂ€re "VulgĂ€rsprache" korrekter, was sogar stĂ€rker ins Licht rĂŒckt, dass es hier um Abgrenzung sozialer Milieus geht. Innerhalb der VulgĂ€rsprache und insbesondere bezogen auf das Gebiet "KraftausdrĂŒcke" kann man dann unterscheiden zwischen fĂ€kal-analen AusdrĂŒcken ("Arschloch", "Scheiße" etc., typischerweise am stĂ€rksten im Deutschen vertreten), sexuellen AusdrĂŒcken ("fuck", "cunt" oder eben "Fotze", im Englischen wesentlich verbreiteter als die fĂ€kal-analen Begriffe), AusdrĂŒcken, die insbesondere VerwandtschaftsverhĂ€ltnisse diskreditieren ("Hurensohn", "Bastard") oder sakral-religiöse KraftausdrĂŒcke ("verdammt", "verflucht", "zur Hölle").

Gerade in der stark von der US-amerikanischen Kultur geprĂ€gten Rap-Szene ist die Nutzung von sexueller Sprache auch in Deutschland inzwischen sehr verbreitet. Da das nicht in der fĂ€kal-analen Tradition steht, die hierzulande "typischer" ist, sticht es auch nochmal mehr heraus, insbesondere fĂŒr Ă€ltere Generationen. Oder anders gesagt: "Arschloch" empfinden wir als weniger obszön als "Fotze".

Da ĂŒbrigens Tic Tac Toe mehrfach erwĂ€hnt wurden: Ja, es mag sein, dass deren Songs nicht nur aus heutiger Sicht, sondern selbst damals bereits eigentlich nicht wirklich provokativ waren. Aber als jemand, der damals 12 war und bei dem die Band voll verfing: Dass AusdrĂŒcke wie "scheiße" oder "verpiss Dich" plötzlich im Mainstreamradio zu hören waren und auch in bildungsbĂŒrgerlichen Familien die Kinder erreichten, war fĂŒr uns damals schon eine kleine Kinderzimmerrevolution, vor allem wenn die Oma sich so richtig schön darĂŒber aufgeregt hat. :D


Ansonsten geht es mir persönlich so, dass ich mit Rap und Hiphop wenig anfangen kann, und daher nicht unbedingt mit den Texten in BerĂŒhrung komme. Aber es sind eben immer schon und auch weiterhin vor allem die Musikstile, in denen KraftausdrĂŒcke verstĂ€rkt in den Texten vorkommen - das gehört auch zum SelbstverstĂ€ndnis der Szene. Und ja, so absurd es klingt: Dass Frauen das verstĂ€rkt fĂŒr sich reklamieren, "Bitch" zur Selbstbezeichnung wird und Musikerinnen wie Shirin David als Feministinnen gelten, hat was mit ErmĂ€chtigung und Emanzipation zu tun - gerade in einer Szene, in der Misogynie noch so offen ausgelebt wird, wie in kaum einer anderen. Das muss man in genau diesen Kontext einordnen - der Versuch, das von außen anhand der MaßstĂ€be anderer Milieus zu bewerten, kann nicht gelingen.
 
Grund: Verschiedene Schreib- und Formulierungsfehler ...
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Und ich spekuliere: Wie du deine MaßstĂ€be an deinen gefĂ€lligen Beispielen festmachst, ist klar, dass jede Form von Reibung da schnell als "zu viel" empfunden wird.

Da brauchst Du nicht zu spekulieren, meine positive/zustimmende/bewundernde Haltung zu Frauenpower-Liedtexten habe ich hier in vielen BeitrĂ€gen deutlich gemacht, und fĂŒr die, die nicht alle BeitrĂ€ge gelesen haben, habe ich hier den Link auf ein Gedicht von Else Lasker-SchĂŒler gepostet. Das war in ihrer Zeit kein gefĂ€lliges Werk. Ihr Werk war fĂŒr das damalige Deutschland nicht nur "zu viel", ihre BĂŒcher wurden verbrannt, und sie selbst mußte Deutschland verlassen. Mein blaues Klavier hat sie im Exil schreiben mĂŒssen.
Und wer das Gedicht gelesen oder dem Link folgte und es gehört hat, versteht auch, daß ich ein BefĂŒrworter gesellschaftskritischer Kunst (hier Gedichte bzw. Liedtexte) bin, auch wenn diese Kunst "wehtut". In einem Land, in dem der verbalen Kunst ein Maulkorb aufgesetzt wird, kann und will ich nicht leben!

Zitat aus Mein blaues Klavier:
Ach liebe Engel öffnet mir
– Ich aß vom bitteren Brote –
Mir lebend schon die HimmelstĂŒr,
Auch wider dem Verbote.

Als ich als Kind angefangen habe zu lesen (Mitte der 50er Jahre), wurde mir in der Literatur ein Frauenbild vermittelt, das mit der Wirklichkeit gar nichts zu tun hatte. Nach und nach bekam ich in die Hand BĂŒcher (von Dichterinnen und Schriftstellerinnen), die mir gezeigt haben, wie wichtig es ist, Frauen zuzuhören, wenn man erfahren will, wie sie leben und was sie bewegt. Das wurde spĂ€ter durch die Frauenbewegung und Frauenpower-Liedtexte fortgesetzt.
Und wenn sich heute Frauen immer noch oder schon wieder benachteiligt, mißachtet oder nicht wertgeschĂ€tzt fĂŒhlen, dann sollen sie es in Liedtexten thematisieren und in ihrer Sprache ausdrĂŒcken dĂŒrfen.

Warum also noch mal wiederholen?

Das weiß ich nicht, ich dachte, gestern war das Thema ausdiskutiert.:unsure:

Gruß, Bjoern
 
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Schauen wir mal in andere LÀnder und Kulturkreise, besipielsweise im Arabischen, z.B. der libaneische Dialekt ist super obszön. "Fick deine Schwester/Mutter" ist ein durschnittliches Fluchwort schon seit eh und je.
Ist es dann nicht auch eine Frage des gewohnten Sprachgebrauchs? Eben viele Redner hier sind so sozialisiert, dass es als ungewöhnlich/unpassend angesehen wird, sich derartiger Sprache zu bedienen. Die heutigen Generationen empfinden es als völlig normal..keiner guckt komisch, weil von einer F*tze gesprochen wird. Vllt als Lady Bitch Ray damit anfing, war es noch ein drastischer Tabubruch, heute aus meiner sicht sind wir ĂŒber diesen initialen Tabubruch bereits hinweg und finden derartige Sprache so oft in Songs, weil es eben kein Tabu mehr ist.
Jupp, auch ein wichtiger Aspekt. In der deutschen Sprache wird verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig wenig geflucht und zu KraftausdrĂŒcken gegriffen. Ich kannte mal einen spanischstĂ€mmigen Kommilitonen, der auf meine Frage, was fĂŒr ihn am Deutschen am schwierigsten sei, antwortete: "Man kann nicht gut schimpfen." Gerade Spanier haben eine Vielzahl unterschiedlichster KraftausdrĂŒcke und derber Wendungen, wobei die auch munter die verschiedenen o. g. Kategorien vermengen.

WĂ€hrend man hierzulande noch Mitte der 90er völlig entsetzt war, wenn die Jugend "geil" gesagt hat und das Wort sogar spĂ€ter zum umstrittenen Slogan fĂŒr eine Elektroartikelkette wurde.

Insofern ist die Frage: "Was ist sprachlich obszön?", auch sehr stark vom nationalen und selbst regionalen Sprachgebrauch abhĂ€ngig. (Im SchwĂ€bischen greift man ja mit "Grasdackel" bereits zum Äußersten ... :D)
 
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... daß ich ein BefĂŒrworter gesellschaftskritischer Kunst (hier Gedichte bzw. Liedtexte) bin
Wenn KĂŒnstlerinnen heute provokant, wĂŒtend oder derb auftreten, kollidiert das oft mit traditionellen Vorstellungen weiblicher Kommunikation – mild, klug, sanft, aber stark. Es löst nicht unbedingt Empörung aus, kann aber sichtlich irritieren.

Solche Reaktionen sind eine Form der kulturellen Selbstexklusion: Moderne Musik wird eher beobachtet als gelebt. Der Wandel wird erkannt und verstanden, erreicht emotional aber nicht immer. Man bleibt ggf. verankert in einem bildungsbĂŒrgerlichen, moralisch geprĂ€gten SprachverstĂ€ndnis, das mit neuen Ausdrucksformen wie Ironie, Tabubruch, Körperpolitik oder expliziter Wut fremdelt.

Dieser Zugang wirkt dadurch sehr „old school“. Aber fĂŒr viele aus der Gen Z und jĂŒngeren Generationen zĂ€hlt AuthentizitĂ€t mehr als sprachliche Reinheit.
Provokation gilt hier nicht als Affront, sondern als Werkzeug, um gesellschaftliche Grenzen zu verschieben.
 
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Ich bin damit aufgewachsen, dass wir unter uns Jugendlichen selbstverstÀndlich von Schl*mpe, B*tch, F*tze, Schw*nz, V*xxer, etc. gesprochen haben.

Meine Kinder (heute 45-59 Jahre alt) und Enkelkinder (heute 18-20 Jahre alt) haben bis zum Abitur nur deutsche Staatliche Schulen besucht und sie sind mit dieser Wortwahl nicht aufgewachsen, sie haben auch nicht unter sich (oder mit ihren Freunden) so gesprochen. Meine Tochter hat viele Jahre im Ausland studiert (Fr, Eng, Nor, Swe), und auch dort wurde im gewöhnlichen Studentenalltag ohne obszöne Vulgarismen gesprochen.
Auch in meinem Alltag (inklusive Fahrten mit Buß und Bahn, wo Jugendliche in Hörweite unter sich sprechen) habe ich diese AusdrĂŒcke nie gehört (wohl aber Schei*e, spinnst du? du hast sie nicht alle o.Ă€.). Von daher kann ich nicht glauben, daß es den Alltag in Deutschland beschreibt.
Sicherlich kann es regionale Unterschiede geben.

Die heutigen Generationen empfinden es als völlig normal..keiner guckt komisch

Doch, viele "gucken komisch", lehnen diese Sprache ab, weil sie es als demĂŒtigend/entwĂŒrdigend empfinden, einen Menschen in dieser beleidigenden/entwertenden/verletzenden Art anzusprechen, oder selbst so angesprochen zu werden. Und nicht zuletzt, weil diese Sprache nicht zum gewohnten Alltag gehört. Es gibt viele Internet-Foren, wo BeitrĂ€ge mit diesen AusdrĂŒcken sogar als unerwĂŒnscht gelöscht werden.
Juristisch handelt es sich sogar um eine Straftat, und dazu gibt es zahlreiche Urteile:

Zitat aus ZDF-Heute 09.07.2024
"Drecksack"-Kommentar kostet Nutzer Geld

Der Facebook-Nutzer hatte im April 2022 ein von Özdemir ins Internet eingestelltes Video ĂŒber sein Profil mit dem Kommentar "Drecksack" versehen. Auf die Klage des Ministers hin verurteilte das zustĂ€ndige Amtsgericht den Mann zur Unterlassung und zur Zahlung eines Schmerzensgelds von 600 Euro. Zudem muss er vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 800 Euro bezahlen

Also: Eindeutig keine in der breiten Öffentlichkeit ĂŒbliche Alltagssprache.

Aber in der Kunst, hier in einem Liedtext, kann/darf auch solche Sprache als Ausdrucksmittel verwendet werden, und damit kann dann jeder umgehen, wie es ihm gefÀllt - zuhören, applaudieren oder abschalten und ablehnen.

Muss denn jeder Text fĂŒr ein breites Publikum erreichbar sein?

Nein. Wenn KĂŒnstlerinnen ihre Liedtexte nur an eine bestimmte Zielgruppe richten, als Unterhaltung, spielt es keine Rolle, welche Sprache sie wĂ€hlen.
Wenn jedoch KĂŒnstlerinnen ihre gesellschaftskritische/politische Liedtexte an ein breites Publikum richten, dann spielt die Akzeptanz und VerstĂ€ndlichkeit des Textes eine wichtige Rolle.

Gruß, Bjoern
 
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qed
 
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Ich bin damit aufgewachsen, dass wir unter uns Jugendlichen selbstverstÀndlich von Schl*mpe, B*tch, F*tze, Schw*nz, V*xxer, etc. gesprochen haben..nicht nur auf das weibliche Geschlecht bezogen. Und das auch auf dem Gymnasium, wenn man hier das Bildungsniveau in Frage stellen möchte.

Und

aber das Rad dreht sich nunmal weiter und wer das nicht zumindest akzeptieren kann/will wird große Probleme bekommen.

Freue mich schon auf die schon spĂŒrbare Akzeptanz im Bundestag.

Solche Reaktionen sind eine Form der kulturellen Selbstexklusion: Moderne Musik wird eher beobachtet als gelebt.

Gibt es Methoden, wie man sich wieder echt gefĂŒhlt damit identifizieren kann?
Du machst den Eindruck, als wÀre das so bei Dir. Aber ich schÀtze Du bist auch keine 20 mehr...
 
Tja.
Junge emanzipierte Frauen machen ihr Ding, ihre Musik und Texte, und heutzutage auch mal nicht fĂŒr die Zielgruppe der alten weißen Kulturkritiker, deren Kinder und Enkel nur in deutschen Schulen ohne AuslĂ€nderanteil aufgezogen wurden.
Junge emanzipierte Frauen wollen nicht mehr alten weißen MĂ€nner gefallen.
Und sie fragen unsere alten weißen Kulturkritiker auch gar nicht um deren Erlaubnis, um ihr Ding zu machen, und scheren sich einen Dreck ĂŒber deren Alt-MĂ€nner-Kritik.
Oh weh!
Die Welt dreht sich offensichtlich nicht um unsere alten weißen Kulturkritiker!
Die jungen emanzipierten KĂŒnstlerInnen ignorieren unsere alten weißen Kulturkritiker noch nicht einmal.
So ein Bedeutungs- und Relevanzverlust will ja auch erst einmal verarbeitet werden.
Aber wie?
Wie Rumpelstiltzchen hĂŒpfen, schimpfen und herab wĂŒrdigen?
Tja.
 
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Da ĂŒbrigens Tic Tac Toe mehrfach erwĂ€hnt wurden: Ja, es mag sein, dass deren Songs nicht nur aus heutiger Sicht, sondern selbst damals bereits eigentlich nicht wirklich provokativ waren. Aber als jemand, der damals 12 war und bei dem die Band voll verfing: Dass AusdrĂŒcke wie "scheiße" oder "verpiss Dich" plötzlich im Mainstreamradio zu hören waren und auch in bildungsbĂŒrgerlichen Familien die Kinder erreichten, war fĂŒr uns damals schon eine kleine Kinderzimmerrevolution, vor allem wenn die Oma sich so richtig schön darĂŒber aufgeregt hat. :D

Spannend finde ich immer wieder, dass Sprache nach wie vor so gut als Abgrenzung funktioniert - jetzt mal Geschlecht, Ästhetik und Wahrnehmung im zeitlichen Kontext außen vor gelassen. Irgendwer hat immer gegen irgendwen rebelliert oder wollte sich zumindest abheben und dieses Muster ist unabhĂ€ngig von den Inhalten immer gleich geblieben. Also gilt fĂŒr FĂ€kal-/VulgĂ€rsprache durch Frauen doch das Gleiche wie bei allen anderen auch.
 
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Ist es vielleicht nicht alles sehr viel einfacher?

Jung sein, auffallen, sich abgrenzen, wĂŒtend sein, eine auf Böse machen, provozieren, "cool" sein, usw..
Egal ob Frau oder Mann. Heute halt mit einer anderen Sprache und anderen Mitteln.
Was man davon hĂ€lt, sei jedem selbst ĂŒberlassen.

In meiner Jugend und das ist ja nur auch schon ein bisschen her, waren weniger "harte Texte" auch nicht weniger provozierend.

Wer kennt noch die "Straßenjungs"? Titel wie "Dauerlutscher"? ;-)
 
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Akzeptanz und VerstÀndlichkeit des Textes
...durch dich?

Wenn du Ulla Meinecke, We Shall Overcome und Elke Lasker-SchĂŒler als Referenzen heranziehst, liegt das Problem der fehlenden VerstĂ€ndlichkeit und Akzeptanz moderner Kunst eventuell nicht an der Gegenseite.
 
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Erst einmal möchte ich bemerken, dass es doch positiv ist, wenn sich jemand um "schöne" Sprache bemĂŒht und dass ein solches Anliegen nicht verhöhnt werden sollte! Andererseits beklagt sich schon immer jede/r darĂŒber, wie mit der Sprache umgegangen wird. Lebendige Sprachen sind in Bewegung, sie verĂ€ndern sich stĂ€ndig, Wörter bekommen durch den Sprachwandel eine neue Bedeutung, sei es im Guten oder im Schlechten. Aus dem armen Pferdeknecht, wurde der stolze Marschall, aus der jungen, unverheirateten Frau wurde die Dirne als Prostituierte. Auch das englische "Fuck" hatte einst eine andere Bedeutung und wurde erst vor ein paar Jahrhunderten zum Schimpfwort. Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass es einst bei GIs das meist gebrauchte Wort war und bei ihnen in jedem Satz mindestens ein Mal vorkam, wenn auch nicht in der eigentlichen Bedeutung und umso mehr kann man sich ĂŒber den scheinheiligen Umgang damit in den USA wundern.
Wir werden uns doch einig sein, dass es sich bei der Verwendung vormals obszöner Begriffe in der modernen Popkultur hauptsĂ€chlich um Provokation handelt. Mit was kann man(n) denn heute noch provozieren? Die meisten Dinge sind doch schon unzĂ€hlige Male benutzt worden und der grĂ¶ĂŸte Teil der Gesellschaft hat sich daran gewöhnt und regt sich nicht mehr darĂŒber auf. Nachdem diese derbe Sprache schon seit Jahrzehnten benĂŒtzt wird, hat sich auch diese Provokation stark abgenĂŒtzt, fĂŒr mich klingt das meistens nur noch pubertĂ€r und lĂ€cherlich. FĂŒr "starke" Jungs mag das (noch) anders sein, aber warten wir einfach mal ab!
Und wenn Frauen diese Sprache ĂŒbernehmen, ist es - wie schon angemerkt - mit der Absicht, den Kerlen diese Sprache zu nehmen und sich selbst anzueignen. Und das sei ihnen gegönnt!
Ein aktuelles Interview mit einer Sprachwissenschaftlerin in der Brigitte:

https://www.brigitte.de/aktuell/ges...-schimpfwoerter-neu-definieren--14007822.html
 
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Ich verstehe die Frage nicht. Wie meinst du das?
Du schreibst

Moderne Musik wird eher beobachtet als gelebt. Der Wandel wird erkannt und verstanden, erreicht emotional aber nicht immer.

Das klingt so, als könne man das Ă€ndern und Du weißt auch wie.
Ich wÀre interessiert und hatte vor Jahren schon einen Faden mit der Frage, wie man an bestimmte Musik "heran kommt". Das muss möglich sein, denn in einer prÀgenderen Phase geht das ja auch - sogar sehr leicht.

Es gibt also ein junges Angebot, das bestimmtes Klientel angreift und ausschließt.
Ich akzeptiere das nicht, will aber und kann auch keine Gegenmaßnahme ergreifen indem ich schimpfe und den gewollten Graben noch weiter vergrĂ¶ĂŸere. Ich will auch nicht nur verstehen sondern das auch tatsĂ€chlich und ehrlich nachempfinden. Dieser Ansatz ist friedlich und ehrenwert.

Ich muss sagen, dass mir Shirins Auftritt und das Abdanken von Thomas Gottschalk damals sehr nahe ging.
Daraufhin habe ich mir aus Interesse "LĂ€chel doch mal" angesehen und mich hat es gewĂŒrgt. Mich stört dabei weniger der FĂ€kalsprech sondern eher die AttitĂŒde und die Absicht. Das es eine Frau ist, ist vollkommen nebensĂ€chlich, aber bei dem Thema zwingend. Er zieht sich zurĂŒck weil er nicht mehr so sein darf wie er immer war und sie veröffentlicht zeitgleich so einen Song.

Nach diesem Faden sah ich mir den Song noch einmal an und fand es nicht mehr so schlimm. Ist doch ein Fortschritt oder?
Die Erweiterung der eigenen FlexibilitĂ€t wĂ€re wĂŒnschenswert.

Mit Identifikation wird es wohl schwerer.
 
Ich finde es fĂŒr mich recht einfach, mir einzugestehen, dass ich MĂ€nner und Frauen und deren Kunst immer unterschiedlich betrachten werde, weil ich eben so geprĂ€gt wurde, aber diese PrĂ€gung da eben weiter keine Rolle spielt. Ich gestehe jeder Frau genau das zu, was ich einem Mann zugestehe, das muss ich aber aktiv tun. Dass ich mich bei Frauen frage "dĂŒrfen die das?", wĂ€hrend ich es bei MĂ€nnern normal finde, das ist halt eingeprĂ€gt. Aber das, was da durch PrĂ€gung passiert, spielt ĂŒberhaupt keine Rolle.
Ich denke, dass das vielen MĂ€nnern schwer fĂ€llt. Man kann da progressiv sein wie nur was, aber man wird manche Dinge nicht los. Sich dessen einfach bewusst zu sein, so "ich sehe/fĂŒhle das anders, aber Du hast (auch) Recht", ist manchmal sehr schwierig, oder?
Dazu kommt, dass ich Feminismus wahrscheinlich nie so richtig verstehen werde. Ich bin ja nur indirekt betroffen. Aber ich kann bewusst Dinge unterstĂŒtzenswert und richtig finden, auch wenn unterbewusst immer ein "aber doch nicht als Frau" mit schwingt. Teil dessen ist halt, dass ich mir ein Defizit zugestehe und immer versuche, diese eingeimpften Denkweisen zu umgehen und zu kontrollieren.
 
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@Der gute Fee

Finde ich super, dass Du da so ehrlich mit Dir und anderen bist. Das geht mir mit anderen Dingen genauso: Ich kann vieles nicht nachempfinden, auch weil ich entweder nicht betroffen bin oder das Thema einfach zu weit weg von mir ist. Und gerade da gestehe ich anderen bewusst zu, dass sie eben anders sind als ich und Dinge anders machen als ich. Das nehme ich ja auch fĂŒr mich selbst in Anspruch.
 
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