Harmonisch Moll

  • Ersteller onedevotee75
  • Erstellt am
Hallo,
man sollte aber über das bisher hier Gesagte hinaus auch wissen in welchen Standardsituationen HM5 gebraucht wird und wie es ursprünglich hergeleitet wird.

In den folgenden Beispielen kann HM7 jederzeit als Stellvertreter für HM5 stehen, da die VIIo7 Stufe in Moll ebenfalls Dominantfunktion hat. (HM7 = Harmonisch Moll ab der VII Stufe.)
Beispiel dazu:
G#, A, B (=H), C, D, E, F wäre die Tonleiter G# HM7 und könnte als Stellvertreter für E HM5 gespielt werden. Der passende Akkord für G# HM7 ist natürlich ein verminderter Septakkord, in diesem Falle G#o7 mit nur einer möglichen Tension, und zwar Tb13 (=E).


Und nun, bevor man hier weiter liest, sollte man eventuell meinen Beitrag #7 im Thread „Welche Akkorde, außer die der Tonart?“ auf dieser Seite ansehen:
https://www.musiker-board.de/vb/showthread.php?t=51901&highlight=sekund%E4r+dominante
Dort erklärte ich wie die Tonleitern der Sekundär Dominanten gebildet, bzw. hergeleitet werden.


Wenn man von allen möglichen 5 Sekundär Dominanten einer Dur Tonart die Tonleitern bildet, wird man feststellen, dass zwei davon HM5, eine MM5 und die restlichen zwei Mixolydisch nehmen.
Man wird weiterhin feststellen dass Sekundär Dominanten die sich nach Dur auflösen, also V7/IV und V7/V, Mixolydisch nehmen, und die, die sich nach Moll auflösen, HM5 nehmen. Woran liegt das? Ganz einfach.
Der Unterschied zwischen Mixolydisch und HM5 liegt in den Nonen und Tredezimen beider Tonleitern. Mixolydisch hat eine große None und eine große Tredezime und HM5 hat eine kleine None und eine kleine Tredezime.

Machen wir ein Beispiel:
D7 als V7/V7, die so genannte Doppeldominante (= Dominante der Dominante) in C Dur. Das ist eine der 5 möglichen Sekundär Dominanten in Dur.
Um nun die passende Tonleiter für diesen D7 Akkord zu finden gehen wir wie folgt vor:
Original haben wir auf der II Stufe in C Dur D Dorisch. Um nun D7 als Dominante von G7 zu spielen müssen wir D Dorisch alterieren, und zwar muss nur ein einziger Ton alteriert werden, und zwar das F zum F#. Der Rest der dorischen Tonleiter kann bleiben, da wir alle notwendigen Töne (Grundton, große Terz, reine Quinte und kleine Septime) zur Bildung des Akkordes D7 schon haben. Die Tensions 9 und 13 resultieren automatisch aus der neu entstandenen Tonleiter. In diesem Falle sind beide groß.
Diese Vorgehensweise gilt übrigens auch bei der Herleitung der anderen Sekundär Dominant-Tonleitern. Die Tonleiter muss Grundton, große Terz, reine Quinte und kleine Septime enthalten. Tut sie das nicht, muss alteriert werden. Der Rest bleibt unverändert und wird von der entsprechenden Ausgangs-Kirchentonleiter übernommen.

Ein weiteres Beispiel:
E7 als V7/VI-7, also die Dominante der VI Stufe in C Dur.
Original haben wir auf der III Stufe Phrygisch. Um nun E7 als Dominante von A-7 zu spielen müssen wir Phrygisch alterieren, und zwar nur einen einzigen Ton. Das G wird zum G#. Der Rest von der phrygischen Tonleiter bleibt unverändert, da diese bereits alle notwendigen Töne (Grundton, große Terz, reine Quinte und kleine Septime) zur Bildung des Akkordes E7 enthält. Die Tensions b9 und b13 resultieren automatisch aus der Tonleiter. In diesem Falle sind beide klein.

Die natürlichen Auflösungstendenzen sind demzufolge:
T9 und T13 leiten nach Dur.
Tb9 und Tb13 leiten nach Moll.
HM5 wird also in erster Linie dazu benutzt um Mollakkorde dominantisch vorzubereiten.

Noch etwas:
Tension 9 von D7 = Tension 13 von G7
Tension 13 von D7 = Dur Terz von G7

Tension b9 von E7 = bVI Stufe von A Aeolisch (charakteristischer Ton)
Tension b13 von E7 = Moll Terz von A-7

Man sieht also, dass bei der richtigen Wahl der Tensions diese den Sound des Auflösungsakkordes bereits vorwegnehmen, bzw. einläuten. Der Übergang bleibt somit „smooth“.



Ein weiterer Fall bei dem HM5 oder HM7 eingesetzt wird ist natürlich die erweiterte Kadenz in Moll.
Nehmen wir ein Beispiel in A Moll.

Die II Stufe, B-7b5, nimmt als Tonleiter Lokrisch.
Die V Stufe, E7b9/b13 nimmt als Tonleiter HM5.
Die I Stufe, A-6, nimmt als Tonleiter MM (eventuell auch Aeolisch).

Man sieht also dass HM nicht unbedingt auf jeder Stufe in Moll gespielt wird. Bei der II Stufe kling Lokrisch wesentlich runder als wenn dort HM2 gespielt würde. Das gleiche gilt bei der I Stufe. Dort ist Melodisch Moll oder Aeolisch auf jeden Fall die bessere Wahl. Der übermäßige Sekundschritt von HM, wie von anderer Seite oben schon erwähnt, ist eben nicht immer erwünscht. Daher kommt HM als I, II, bIII, IV und bVI Stufe in Moll eben überaus selten vor.
Wohlgemerkt, ich spreche hier von der gewöhnlichen funktionalen Harmonielehre und nicht von „special effects“ oder modaler Spielweise wie sie im Beispiel von Hans_3 sehr schön zu hören ist. Das ist natürlich voll in Ordnung!

Eine weitere traditionelle Anwendungsmöglichkeit von einem Dom. Septakkord mit b9/b13 (HM5) wäre ihn als modalen Austauschakkord einzusetzen.
Dazu ein Beispiel in C Dur:
Die erweiterte Kadenz wäre II-7 V7/I Imaj7. Man kann nun aus klanglichen Gründen bei dieser Dur Kadenz anstelle des V7 (Mixolydisch) einen V7 (HM5) mit Tb9 Tb13 spielen. Das kreiert einen gewissen Überraschungseffekt, da das Ohr eigentlich Mixolydisch an dieser Stelle erwartet. Das Ganze funktioniert aber auch nur dann als „Überraschung“, wenn man es nur gelegentlich macht.

CIAO
CUDO
 

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