High Gain und die Grenzen der Software Amp Simulationen (?)

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Ich muss sagen, dass sich bei mir langsam eine gewisse Frustration in Bezug auf Software Amp Sims und ihren Einsatz im High Gain-Bereich etabliert. Ich habe mtlw. so ziemlich alle gängigen Software Simulationen ausprobiert und ich komme mit den Sims nicht über ein Niveau hinaus, welches man bestenfalls als "good for what it is" bezeichnen könnte. Die üblichen Anfängerfehler habe ich dabei schon länger ausgemerzt und auch die gängigen Ratschläge in Bezug auf EQing usw. sowie verschiedene Tweaking-Versuche mit Neutron und anderen Mixing-Programmen habe ich hinter mir.
Es läuft - im Vergleich zu gut mikrofonierten Amps - eigentlich immer auf dieselben Probleme hinaus: Einerseits liegen entweder Mud oder Fizz vor (die meisten Presets sind zunächst mal recht matschig, was deutlich besser wird, wenn man die Settings verändert, einen Low Cut durchführt und zudem Frequenzen im Bereich von 200 - 800 Hz cuttet. Dann fehlt es aber immer noch an Spritzigkeit, wobei alle Versuche, diese hinzuzufügen, eher zu digitalem Fizzeln zu führen scheinen) und andererseits klingt der Sound nahezu immer irgendwie "klaustrophobisch", also eingeengt, boxy und ohne Luft.

Ich hatte das Problem zuerst vor dem Interface verortet und sowohl meine Spieltechnik als auch die Pick Ups oder die Einstellung der Gitarre als Quelle vermutet, aber kürzlich schickte mir mal jemand ein paar Spuren zum reampen und da wurde es noch deutlicher. Er hatte als Rohversion zum Vergleich seinen Peavey 6505 mikrofoniert und jene Aufnahme klang immer deutlich besser als all meine anschließenden Versuche mit Amp Sims. Insbesondere diese gewisse Präsenz in den höheren Frequenzen war absolut unmöglich zu reproduzieren - alle dementsprechenden Versuche klangen digital und artifiziell im Vergleich zum Original. Dabei würde man, wenn man mein Ergebnis isoliert von seiner Aufnahme hört, wahrscheinlich nicht mal von einem schlechten Sound sprechen, aber im direkten Vergleich fällt es deutlich auf.
Ich hatte dann nochmal zum Vergleich die Rohspur durch meinen Marshall VS 100 geschickt und dann per Effects Loop mit einer Cab Sim kombiniert und das Ergebnis war auf jeden Fall besser als die reinen Simulationen, aber die Boxiness war immer noch da (ich hatte den Eindruck, dass diese durch die Cab Sim entstand). Allgemein fiel mir dabei auch auf, dass der Sweet Spot des Amps größer war als jener der Sims.
Andererseits habe ich auch unzweifelhaft den Fortschritt bemerkt, den die Sims in den letzten Jahren erzielt haben. Amplitube 4, Overloud TH3 oder Blue Cat's Destructor (eine vglw. erstaunlich gute Amp Sim übrigens) klingen bspw. weitaus besser als Guitar Rig 5 oder Amplitube 3, aber ich kann bislang nicht die weit verbreitete Meinung teilen, dass man überhaupt keinen Unterschied zum Original mehr hört. Beim Kemper oder Axe FX 2 mag das evt. so sein, aber den Software-Ansätzen scheinen immer noch ein paar Prozent zu fehlen. Ein wenig scheint es mir dabei auch auf den Stil anzukommen, den man anstrebt. Djent-artige Sounds, allgemein tiefe Frequenzen oder auch der klassische Engl Fireball-Sound scheinen realistischer reproduzierbar zu sein als bspw. ein hochfrequenter JCM 800-High Gain Sound.
Dass die Cab Sims dabei eine absolut zentrale Rolle spielen, ist mir auch bewusst. Ich habe zuletzt immer Ownhammer Cabs verwendet, da mir hier der Fizz-Faktor am geringsten zu sein schien. Am Ziel war ich damit aber auch noch nicht angekommen. Über Input, Ratschläge und andere Meinungen wäre ich jdf. erfreut.
 
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Hey,

es liegt einfach in der Natur der Signalverarbeitung. Vereinfacht gesagt lässt ein digitaler "Verzerrer" (also Distortion und die meisten Softwareamps) das Signal quasi wie eine Treppe aussehen (mit glatten Stufen, sehr gleichförmig). Ein echter Amp hingegen bringt das Signal zu einem gewissen Max-Level, baut dort aber auch noch kleine Schwankungen ein. Und genau diese Schwankungen machen den Sound interessant und lebendig und bestimmte Fizzgeräusche sind nicht durchgängig präsent, reichern aber den Sound an.

Der Kemper baut auf dem digitalen Weg das Verhalten eines echten Amps nach und ist daher näher an dem Ampsound als die meisten herkömmlichen Softwarelösungen.

Wenn Geld keine Rolle spielt, solltest du mal den Kemper ausprobieren. Außerdem gibts auch die Möglichkeit, echte Amps an eine physische Cabsim anzuschließen und einzuspielen, z. B. mit dem Torpedo von Two Notes

Kostet aber alles ne ganze Menge Geld ... ich bin auch noch bei Software hängengeblieben bzw. hab einen 1Watt Amp, mit dem ich mal was aufnehme.
 
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Ich muss sagen, dass mir die Marshall-Sims von Mercuriall sehr gut gefallen. Den JCM 800 und JCM 800 Hot gibt es kostenlos, sind zwar schon ein paar Jahre alt, aber klingen noch gut. Voraussetzung man dreht das Oversampling hoch, was die Hardware aber fordert. Mittlerweile gibt es ein Komplettpaket mit Namen "Spark". Das gibt es auch als Demo. Sollte man vielleicht mal testen.
Ansonsten spiele ich fast ausschließlich die Sims von Kazrog. Das Paket heißt Thermionik und beinhaltet eine Menge an Amps, auch Vintagesachen sind dabei. Den Serpent (Framus Cobra) gibt/gab es letztens mal kostenlos. Der Ignite Emissary ist auch gut.

Ganz wichtig sind aber die IRs. Ohne die passenden Dateien klingt es einfach nicht. Ownhammer hat einen guten Ruf. Ich würde auch noch Valhallir.at (die 92er Mesa 4x12 ist z.B. richtig gut), cabIR.eu (Vintage-Marshall-Boxen und eine richtig geile 70er Jahre Orange 4x12) und Celestion empfehlen. Von 3 Sigma Audio und Rosen Digital würde ich die Finger lassen, wenn es "organisch" und "natürlich" klingen soll. Deren IRs sind haben etwas "aufgeblasene" Bässe und Höhen, sowie etwas gescoopte Mitten. Klingt anfangs "fetter", aber auf die Dauer auch etwas "künstlich" und "produziert".
Von Valhallir.at gibt es ein kostenloses Teaserpack und Celestion "lockt" mit einer 1x12 V30-IR. Man bekommt damit wenigstens schon mal einen ganz kleinen Einblick.

Ein guter IR-Loader ist auch Pflicht. Viele können noch nicht mal die volle Länge einer IR wiedergeben, sondern kürzen schon vorher. Ich nutze Recabinet 5, wobei ich auch nicht sicher bin, ob die 500ms-IRs voll verwertet werden. Mir gefällt die Software aber. Kostenlos und ganz gut ist z.B. auch Ignite NadIR. Poulin LeCab 2 kann zwar sechs IRs gleichzeitig verarbeiten, aber macht auch mal Probleme und klingt in meinen Ohren ein wenig "altbackener". Probleme mit Abstürzen hatte ich auch schon mehrfach.

Ich glaube auch, dass Software noch nicht ganz an echte Amps ranreicht. Ob sie das jemals wird, wird sich zeigen. Selbst wenn, dann wird es immer noch Leute geben, die das Gegenteil behaupten. Alleine schon aus dem Grund, weil sie analoge Technik bevorzugen :). Trotzdem gab es große Fortschritte im digitalen Bereich. Amplitube kenne ich nicht, man hört aber in Vergleichen oft, dass die Sims schon etwas "synthetisch" klingen. Hier wird man einfach querbeet alles testen müssen, um einen Überblick zu bekommen.
 
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Ich teste gerade die Testversion von Helix Native, dem neuen Plugin basierend auf der Helix Plattform. Normalerweise 399.- Euro, Du kannst es aber kostenlos für 15 Tage testen. Ich finde das bisher ziemlich cool, allerdings habe ich nur den Vergleich zu Sgear und PodFarm:)

Da es aber zumindest als Testversion kostenfrei ist, spricht einem Test eigentlich nichts entgegen:)

Soundbeispiele bzgl Helix findest Du auf Youtube ja genug, speziell High Gain ja auch bei Ola Englund oder eventuell bei Patches von Glen Delaune



Ich finde den Klang schon recht amtlich, aber das ist wie immer Geschmacksache:)
 

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