Hören von Tonhöhenunterschieden: Einflussfaktoren?

murmichel
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Ich spiele Cello und bin daher ständig mit dem Hören von kleinen Tonhöhenunterschieden beschäftigt. War der Ton gerade genau richtig, oder doch ein klein wenig zu hoch oder tief? Vor einigen Wochen bin ich auf eine App (nur iOS) gestoßen, mit der man das trainieren kann: InTune.

Die App spielt Paare von Tönen ab, die nach und nach immer näher aneinander liegen. Dabei darf der Spieler drei Fehler machen, dann heißt es "Game Over". Ich habe es inzwischen mehrere Male geschafft, bis unter 2 Cent (ein Halbton hat 100 Cent) zu kommen. Genauso kommt es aber vor, dass ich schon bei 10 Cent herausfliege. Der übliche Fall ist, dass ich nach ein paar Durchläufen zum Warmhören irgendwo unter 5 Cent auskomme.

Bei all dieser Spielerei stelle ich fest, dass meine Fähigkeit Tonhöhen zu unterscheiden von Session zu Session sehr unterschiedlich sein kann. Ungefähr die Hälfte der sehr erfolgreichen Durchläufe habe ich auf Anhieb beim ersten Spiel einer Session erreicht. (Und dann nicht mehr weiter gemacht.) In einer anderen Session bleibe ich bei den 10 Cent hängen, auch wenn ich zwischendrin mal einen besseren Durchlaufe habe, werde ich wieder schlechter.

Ich würde nun gerne verstehen, wovon das beeinflusst wird, kann aber keine Faktoren klar erkennen. Tageszeit, Müdigkeit, Blutdruck, was und wann gegessen – nichts davon wirkt sich deutlich aus. Beim Üben heißt es, dass Aufmerksamkeit für das Lernen wichtig ist, dass macht sich hier tatsächlich bemerkbar, aber genau umgekehrt: Wenn ich ein bisschen unaufmerksam bin, nur "mit halbem Ohr" hinhöre, bin ich häufig erfolgreicher, als wenn ich genau auf die Töne achte.

Mein Eindruck ist übrigens, dass ich beim "naturalistischen" Hören am Instrument die Unterschiede deutlich präziser wahrnehme. Da habe ich aber den melodischen und harmonischen Kontext und eine (hoffentlich) klare Klangvorstellung. Bei den isolierten Tönen in der App fehlt das.

Wenn sich jemand mit diesem Thema beschäftigt hat, wäre ich neugierig auf eure Erfahrungen.
 
Tagesform ist auf jeden Fall ein gewisser Faktor. Das können wir auch selbst oft gar nicht so gut einschätzen, wie müde oder konzentriert wir gerade sind.
Ungefähr die Hälfte der sehr erfolgreichen Durchläufe habe ich auf Anhieb beim ersten Spiel einer Session erreicht. (Und dann nicht mehr weiter gemacht.) In einer anderen Session bleibe ich bei den 10 Cent hängen, auch wenn ich zwischendrin mal einen besseren Durchlaufe habe, werde ich wieder schlechter.
Hier würde ich definitiv einen Ermüdungsfaktor sehen.
Ich hatte mal ein Gespräch mit einem sehr erfahrenen Tontechniker, der auch sagte, dass man eigentlich nur ein paar Sekunden dafür brauchen sollte um Parameter für die einzelnen Instrumente/Spuren einzustellen, weil danach schon Ermüdungseffekte eintreten, bzw unser Hirn schon kompensiert.

Ansonsten sehe ich noch zwei wesentliche Faktoren, die auf deine Ergebnisse einwirken könnten:
1) Dein Ohr. Bzw die Empfindlichkeit in bestimmten Frequenzbereichen. Generell hören wir Menschen in bestimmten Bereichen deutlich präziser, weil die Auflösung unseres Ohres nicht regelmäßig ist. Es ist z.B. sehr viel schwieriger sehr tiefe oder sehr hohe Töne zu differenzieren. Und es kommt natürlich auch auf die Übung an. Bei deinem Cello hörst du vermutlich schon bestimmte Obertöne mit und diese helfen dir beim Erkennen. Deswegen ist es ganz normal, dass du an deinem Instrument "besser" hörst.
Und jeder Mensch hört natürlich auch individuell noch einmal unterschiedlich. Meine beiden Ohren sind sehr unterschiedlich empfindlich. Links höre ich z.B. hohe Töne noch viel besser als rechts. Kann man mit einem Hörtest herausfinden. Es kann also Frequenzbereiche geben, wo du einfach nicht so präzise hörst, einfach physikalisch/biologisch von deinem Ohr her.

2) Dein Abspielgerät. Wenn du das über eine App abspielst, hast du ja Kopfhörer oder Lautsprecher.. und auch diese können natürlich Einfluss darauf haben, welche Töne du besser wahrnimmst, weil sie Frequenzen nicht linear wiedergeben.

Ansonsten gibt es noch Einflussfaktoren, wie z.B. ob man ein Grundton oder Obertonhörer ist, aber das wäre dann mehr ein Unterschied bei unterschiedlichen Sounds. Solange du die gleichen Sounds zum Trainieren nutzt, sollte das ja konstant sein.
 
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Ich habe tatsächlich in der App vor allem mit Cello-Sound und Sinustönen gespielt. Mal einfach über die iPhone-Lautsprecher, mal über Ohrhörer. Ich habe dabei keine nennenswerten Unterschiede in meiner Unterscheidungsfähigkeit bemerkt.

Speziell beim Cello-Sound habe ich aber irgendwo um C3 herum (glaube ich) eine sehr irritierende Schwäche. Die App ist leider ziemlich dumm, daher kann ich es damit nicht untersuchen. Sie sagt mir noch nicht einmal, an welchem Ton und Abstand ich gerade gescheitert bin.
 
Ich habe mal mein Gehör im Netz mit der spielerischen Frage getestet, wie klar ich bei zwei Tönen sagen kann, welcher höher oder tiefer ist. Besser als 15 Cent war ich sehr selten. Das letzte Mal, dass ich Töne intonieren musste, ist aber schon lange her - seit vielen Jahren spiele ich nur noch Digitalpiano.

Was ich vor allem nicht mehr weiß, ist die Frage, was für Klänge das waren, bei denen ich das versuchen sollte: Insgesamt war es mir einleuchtend, dass sich komplexe, natürliche Töne besser einordnen lassen als einfache (Sinuskurve). Auch wenn @Disgracer das eben anders dargestellt hat.
 
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Bei InTune, der App, mit der ich bisher rumgespielt habe, ist es so, dass die ersten Töne in jeder Runde zufällig ausgewählt werden. Nicht zufällig ist dann der zweite Ton: In der ersten Runde ist es ein Halbton, dann wird der Abstand immer enger. Wenn man einen Fehler macht, dann wird der Abstand wieder weiter.

Equal-loudness contours/Gehörrichtige Lautstärke kenne ich. Ich habe bisher nicht den Eindruck, dass das eine Rolle spielt. Ich bekomme aus der App leider keine auswertbaren Ergebnisse heraus, daher habe ich nur einen Eindruck. Der sagt für mich bisher: Abgesehen von den extremen, ist meine Unterscheidungsfähigkeit nicht auffällig von der Tonhöhe abhängig.
 
Ich würde nun gerne verstehen, wovon das beeinflusst wird, kann aber keine Faktoren klar erkennen. Tageszeit, Müdigkeit, Blutdruck, was und wann gegessen – nichts davon wirkt sich deutlich aus...
Du hast den Luftdruck „vergessen“, der sich uU auf den gesamten (biologischen) Hörapparat auswirkt...
Eigene Erfahrung: bin sehr schlecht beim exakten Bestimmen einer Tonhöhe... aber ziemlich gut bei der Analyse von „Klang“. :gruebel: :D
 

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