Ibanez AF85 - Weitere Arbeiten und Wiederinbetriebnahme (Teil II)

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Im vorangegangenen Teil I bekam meine Ibanez ihre Stabilität zurück.

Ich schrieb es dort: Bin ich fertig mit der Gitarre? Mitnichten!

Bislang hatte die Gitarre so einiges an "Ziselawengs". Und wenn ich nun schon einmal alles ausgebaut habe, dann kann ich nun auch schauen, was da so noch kommt, um die Ibanez generell wieder auf Vordermann zu bringen. Darum soll es in diesem abschließenden Thread gehen.


5. Weitere Arbeiten

5.1 Gehäuse polieren


Sieht irgendwie martialisch aus, aber ich habe zum Polieren meinen Schwingschleifer mit aufgesetzter Polierscheibe benutzt und - Polywatch mit Polierwatte. Da ich nicht den gesamten Korpus polieren musste, habe ich mir die aus meiner Sicht verkratztesten Stellen rausgesucht und lokal mit der Polierwatte das Polywatch aufgetragen. Bei größeren Stellen nahm ich die Maschine. Ich kann die Maschine auf eine geringe Tourenzahl einstellen, so dass ich das Polywatch zwar mit Druck auftrage, aber trotzdem nicht festbacke oder gar einbrenne. Das alles dauerte gut und gern einen ganzen Nachmittag und trotz Maschine spürte ich am Abend jeden einzelnen Finger von der Schleifhand mit der Polierwatte.

Pic_060.jpg


Das "Ausschleifen" der betroffenen Stellen und das anschließende Wegpolieren der Polywatchreste mit einem Baumwolllappen ging bestens. Waren die Reste der Paste runter, so sprühte ich das Dunlop 65 Guitar Polish auf und mit einer weiteren Polierscheibe trat meine Kress erneut in Aktion.

Die linke Korpusseite ist bearbeitet, rechts unten sieht man noch diverse Kratzerchen, die auspoliert gehören:

Pic_062.jpg


Das Gleiche auf der Korpusunterseite:

Pic_064.jpg


Am Headstock, wo dessen Vorder- und Rückseite "dran glauben" mussten:

Pic_066.jpg


Der Headstock... Einige der Mechaniken saßen lose, ihre Muttern waren nicht mehr fest. Himmel, ich hätte mich längst mal drum kümmern müssen... 🙈

Am Neck musste ich nichts machen: Alles ok. Nach dem Polieren kamen die Mechaniken wieder auf den Headstock drauf, selbstredend: Schrauben und Muttern sitzen jetzt fest.

Die Gitarre war fertig für den Rückbau der Elektrik.

- -

5.2 Elektrik

Da ich nun schon am Polieren war: Auf den Kappen der Pickups waren hauchfeine, aber unschöne Schleifpuren zu sehen...

Runter damit oder wenigstens soweit kaschieren, dass sie nicht mehr auffallen:

Pic_068.jpg


Der Dremel durfte ran:

Pic_070.jpg


Die Schleifspuren stammen nicht von mir, sie waren auch nicht drauf, als ich die Gitarre erwarb. Das Thema ist geklärt. Und es ist nun mal keine ladenneue Gitarre. Daher Hand auf's Herz: Meine Strats haben ebenfalls Spiel- und Kratzspuren. Es ist zwar jetzt eine gute Gelegenheit, die Ibanez vollständig auf Vordermann zu bringen, ja. Aber ein "Überrestaurieren" muss nun nicht sein. Also war mit dem ganzen Polieren auch mal Schluss. Diesen Gedanken fasste ich auch schon beim Polieren des Korpus und des Headstocks.

Und alles an Kratzerchen kriege zumindest ich vom Hartchrom (?) so jedenfalls nicht runter. Da müssten andere Schleifpasten ran oder neue Kappen drauf. Das muss aber nicht sein.

Macht man sich bei, die Elektrik für den Einbau vorzubereiten, so prüft man insbesondere die Lage ihrer Verdrahtung (die Pickupkappen glänzen nun wie eine Speckschwarte):

Pic_072.jpg


Ich muss ja wissen, wo ich Zugfäden einführen muss. Ungünstige Unterlage: Man kann die Verdrahtung schlecht erkennen. Ich habe rangeschrieben, was wofür ist. So in etwa muss das ganze Zeugs hinterher im Korpus liegen, damit sich nichts verheddert. Die Achsen für die Tone-Potis habe ich nur für die schnelle Orientierung geschwärzt. Hinterher kam die Edding-Farbe wieder runter (Wattestab mit Äthanol).

Zur Beachtung: Die Federringe sind mit etwas Alleskleber an den Potis fixiert, so dass sie beim anschließenden Einbau nicht im Korpus durch die Gegend fliegen! Bei der Klinkenbuchse muss das nicht sein, da der Federring durch das Zuggarn gehalten wird.

Das Massekabel braucht einen angelöteten Zugdraht. Die Bohrung war ab Werk so dermaßen eng, da kriege ich einen angelöteten Zugdraht nicht durch, die Lötstelle ist trotz sparsamen Zinneinsatz zu groß. Also bohrte ich die Durchführung etwas auf:

Pic_074.jpg


Das Massekabel ist schon durch (senkrechter Pfeil). Der rote Zugfaden bedient die Klinkenbuchse (waagerechter Pfeil). Der weiße Zugfaden bedient das Tone-Poti für den Neck-Pickup. Ich hatte es hier schon mal geschrieben, als ich die beiden Tone-Potis tauschte: Die übrigen Elemente, eigentlich nicht mal das zweite Tone-Poti, brauchen dank des dicken Korpus keinen Zugfaden, die lassen sich mit Geduld und etwas Übung bequem so einbauen.

Pic_076.jpg


Die Baumwollunterlage dient zum Schutz des polierten Korpus. Das ganze Gedöns wird vorsichtig durch die Öffnung des Steg-Pickups eingesetzt bei gleichzeitigem Zug an den Zugfäden. Wer sowas das erste Mal macht, braucht sicherlich erwas mehr Zeit, als jemand, der schon so etwas in den Korpus einer ES-335 reingefummelt hat.

Ist alles drin, wird - wie damals bei meiner Epiphone - wer erinnert sich noch...

DSC08552.JPG


...mit einem Schraubenziehern durch Anklopfen auf die Pickups geprüft, ob auch alles so sitzt und so funktioniert, wie es soll:

Pic_078.jpg


Ich hatte den Toggle-Switch verkehrt herum eingesetzt. Das war fix korrigiert.

Das Massekabel wird ordentlich abisoliert, es ist lang genug:

Pic_080.jpg


Der Trapez-Saitenhalter... Schlimm: Ab Werk hat man gerade mal etwas vom Moosgummi (?) entfernt, aber der Kleber blieb offenbar am Metall dran. Wenn es kein Leitgummi ist und die Litzen des Massekabels hier nichts treffen, dann meldet sich jede elektrostatische Aufladung und überdies haben die Saiten keine ordentliche Masseverbindung. Also habe ich erst mal die markierte Stelle mit Alkohol gründlich gesäubert...

Pic_082.jpg


...und dann den Saitenhalter so angesetzt und verschraubt, dass garantiert eine korrekte galvanische Verbindung mit dem Massekabel zustande kommt. Könnte man übrigens auch machen, indem man das Massekabel in eines der Schraublöcher setzt und mit der Befestigungsschraube die Verbindung herstellt. Mein Ohmmeter hat meine Variante zufriedenstellend bestätigt. Damit käme die Gitarre sogar durch eine VDE-Prüfung. :D

OK, die Elektrik ist wieder drin! :)

Schaun' mer mal, was noch so alles kommt...


(Wird fortgesetzt)
 
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...Schaun' mer mal, was noch so alles kommt...

5.3 Bridge

Und richtig: Eine unauffällige Kleinigkeit nur, aber das Holz der ART-1-Bridge war auf seiner Unterseite nicht glatt, sondern es hatte rechts und links erhabene Spuren von Lack drauf. Man sieht es gut an den Seiten:

Pic_084.jpg


Auch hier also eine Schlamperei des Herstellers, die nicht sein muss. Schleifpapier trat in Aktion und schnell waren die Auflagen ordentlich geglättet, so dass sie jetzt tadellos auf der Decke sitzen.

Schrieb ich's eigentlich schon? Als ich die Gitarre polierte, kam gleich auch noch das Griffbrett dran. Schön eingeölt, den Überschuss abgerieben, am Folgetag eine Wiederholung. Mit Lemonoil, oops... :D


5.4 Bünde

Hinsichtlich der Reihenfolge empfiehlt sich ein Arbeiten ohne wieder eingebauter Elektrik oder zumindest ein Abdecken der Pickups. Das war hier aber nicht nötig. Warum?

Im folgenden Foto ist der 16te Bund zu sehen:

Pic_086.jpg


Der Gitarrenbauer hatte super gearbeitet, da gibt es nix. Aber genau am 15ten Bund trat in Verbindung mit dem 16ten und 17ten Bund ein übles Geräusch bei leichten Bendings an der H-Saite auf, der Ton quietschte und klirrte unangenehm. Abschleifen? Ja, aber womit? Mit einem Fettstift markierte ich zunächst nur den betroffenen Bereich. Man konnte ihn exakt ausmachen. Nun brauchte ich für das relativ weiche Bundmetall eine Art messerscharfe "Ziehklinge" mit härterem Metall oder so etwas. Ziehklinge?? Nun ja, ich wag's gar nicht zu schreiben: Hat es doch da dieses Teil mit dem schier gewaltigen Namen Harley Benton Parts String Action Gauge.

Das Ding besteht aus relativ hartem Metall und ist super gerade. Ich habe es noch nie benutzt und wollte eigentlich seine mir zu scharfen Seitenkanten längst mal etwas abrunden, damit die Verletzungsgefahr sinkt.

Wat n' Glück, dass ich das noch nicht gemacht hatte, denn eine dieser Kanten diente mir jetzt, aus der Not eine Tugend machend, in der Tat als perfekte Ziehklinge. Die Bundkronen mussten in diesem Fall einfach nur sehr dünn nachgezogen werden, der vorausgegangenen Arbeit des Gitarrenbauers sei Dank. An der Kante des Harley-Benton-Stringdingens sieht man davon nichts. Es waren gewissermaßen nur Bruchteile von Millimetern, die von den benachbarten Bundkronen runter mussten.

Anschließend habe ich mit 2400er Naßschliff-Papier feinst nachpoliert. Hat es genügt? Ja, denn nun ist dieses häßliche Geräusch weg. :)

So. Und nun darf die Gitarre endlich aus der Werkstatt wieder ins Sonnenlicht, um sich zu zeigen:

Pic_090.jpg



5.5 Justage

Fertig? Nein! Man sieht es gut: Die ART-1 schreit nach Justage der Oktavreinheit, denn ich habe sie - vermutlich erstmalig überhaupt - auf die gemessenen 628 mm Mensurlänge gesetzt. Vorher saß die Bridge irgendwo, nur nicht dort. Als nächstes war die Justage der Saitenhöhe dran, auch das ist nun erledigt. Kein Klirren, kein Scheppern, flüssiges Spielen, leichte Bendings, soweit es die aufgezogenen D'Addario EXL 115 mir gestatten.

So. Fertig.

Pic_092.jpg



6. Abschließende Beurteilung

Wie klingt sie denn nun??

Vorsicht: Wir betreten den subjektiven Bereich.

Schwer zu beschreiben. Ich habe denselben Satz Saiten aufgezogen, der vorher drauf war. Die Saiten habe ich nur durch in Lemonoil getränktes Küchenkrepp gezogen, um sie etwas zu reinigen. Viel Schmutz kam nicht.

Rein akustisch gespielt, klingt die Ibanez gefühlt weniger nach Acoustic- oder Westerngitarre als vorher. Ihr Ton ist jetzt nicht mehr so voll und so laut und er hat weniger Sustain. Ob das an der nicht mehr so "schwingfähigen" Decke liegt, oder sehr wahrscheinlich an der Summe aller ausgeführten Arbeiten liegt, oder vermutlich eher die Psychoakustik zuschlägt - keine Ahnung.

Am Amp finde ich ihren Ton jetzt "strammer" und nicht mehr so - ebenso schwer zu beschreiben - "unklar". Vorher empfand ich den Ton irgendwie als "eigenständig". Jetzt kann ich schreiben: "Aus heutiger Sicht war er vergleichend weder Fisch noch Fleisch. Jetzt passt das. Die Ansprache nach dem Anschlag mit dem Plektrum ist definierter. Der Ton steht und klingt amtlich". Es scheint so, als ob er sich jetzt dem meiner Ibanez AS93 angenähert hat, sich einordnet in die Linie der Pickups von der AGS73 bis zur AS93. :gruebel:

Was vermeldet der objektive Bereich?

Das ist einfach. Die Ibanez:
  • war zwecks Neubundierung beim Gitarrenbauer
  • wurde am 15ten bis 17ten Bund nochmal fein nachgeschliffen
  • ist wieder beidseitig verleistet
  • ist poliert und hat kaum noch Kratzer
  • ist oktavjustiert und hat eine fein eingestellte Saitenhöhe
  • hat ein schön geöltes Griffbrett :D
  • hat festsitzende und hinsichtlich ihrer Gängigkeit ordentlich eingestellte Mechaniken
  • hat zwei neue Tone-Potis
  • hat eine kontrollierte und funktionierende Masseverbindung zum Trapez/Saitenhalter.
Ich denke, ich habe jetzt eine Gitarre, die besser ist, als vorher.

(Schluss)
 
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