Ibanez BTB685 | Vergleich mit seinen Brüdern

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Der BTB685 im Vergleich zu seinen Brüdern

Vor vielen, vielen Jahren hatte ich als Tontechniker mal eine jiddische Band namens "Kola Laila" zu mischen. Ich weiß zwar nicht, ob der Name so korrekt geschrieben ist, jedenfalls bedeutet er "Die ganze Nacht." Was mir neben der brilliant aufspielenden Klarinettistin noch in Erinnerung geblieben ist, war dieser merkwürdig aussehende Bass, bei dem das obere Horn direkt mit dem Hals durchverbunden war. Als ob bei dem Teil der Korpus nicht ganz zuende ausgeschnitzt worden oder einem Designer-Alptraum entsprungen wäre. Geklungen hat das Teil, keine Frage. Das Aussehen dagegen - Geschmackssache. Lange Jahre habe ich keinen solchen Bass mehr gesehen, bis diese Teile vor einigen Jahren zu exklusiven Nischenprodukten kleiner Manufakturen wurden. Und nun hat auch Ibanez als vermutlich erster Großproduzent ein solches Pferd im Stall, und wie es der Zufall will, auch noch in der von mir so geschätzten BTB-Serie. Hatte mich doch vor Jahren der aus ganz ähnlichen Materialien gebaute BTB 675 NTF wie ein Donnerschlag getroffen. Seitdem sind noch zwei weitere "Geschwister" ins Haus gekommen, der 785 und zuletzt der 705. Identisches Design, aber unterschiedliche Holzkomposition und im Fall des 705 auch unterschiedliche Pickups und Elektrik. Hier also nun auf der Werkbank: Der neue Ibanez BTB685SC-NTF.

BTB685SC_NTF_1P_01_CU_Body_Top.jpg


Ibanez nennt das Konzept übrigens "Terra Firma" - soviel wie "fester Boden" (nämlich der unter den Füßen). Will man sich damit von klapprigen Bässen distanzieren? Der Rest der Welt nennt dieses Design schlicht "Single Cut." Bei Gitarren ist das gang und gäbe, die Telecaster und die Les Paul sind beides Single Cut Instrumente. Aber zurück zu den Bässen. Als ich das erste Mal erzählt habe, dass ich dieses Instrument gerne testen will, habe ich wegen des Aussehens Hohn und Spott geerntet - ob das stehengelassene Holz dem höheren Brennwert geschuldet wäre? Vermutlich nicht, denn obwohl da rein optisch mehr Holz dran zu sein scheint, ist er nicht schwerer als mein erster (fertig geschnitzter) BTB 675. Und sogar leichter als der BTB 785 mit seinem Mahagonikorpus. Wenn man schon keinen Designerpreis damit gewinnt, warum der ganze Aufriss?

Zurück also zu den Ursprüngen: Was passiert, wenn man eine Basssaite anschlägt? Man versetzt sie in Schwingungen. Diese Schwingungen werden beim E-Bass magnetisch abgenommen, woraus sich ein elektrisches Signal ergibt, welches wir weiterleiten, hochverstärken, über Lautsprecher widergeben und so nahezu direkt (fast ohne Umweg über Gehör und Gehirn) in die Beine der tanzenden Zuhörerschaft weiterleiten. Zu kompliziert? Also, schwingende Basssaite, tanzende Zuhörer, eins ergibt das andere. Schwingt nix, tanzt auch keiner, und das wäre traurig. Daher muss die schwingende Saite unbedingt von einer Konstruktion getragen werden, welche selber nicht schwingt (oder nur ganz wenig). Voila, Auftritt Bassgitarre. Wenn die Bassgitarre selber zu stark mitschwingt, absorbiert sie leider zuviel von der kostbaren Schwingungsenergie. Ergebnis: Toter, schwacher Sound, sogenannte "Dead Spots," und wieder tanzt keiner.

Für die technisch interessierten gibt es in der Gitarre & Bass 5/2015 einen interessanten Bericht über den Disput der Fraktionen "das Instrument muss schwingen" und "das Instrument darf nicht schwingen" - ich oute mich hier mal in der Nähe der Nichtschwinger stehend, das Instrument sollte nur wenig schwingen. Da das Mitresonieren allerdings von den verwendeten Holzsorten abhängt und frequenzabhängig ist, kann man damit den Sound natürlich gezielt formen. So einigermassen jedenfalls, denn Holz ist ein lebendiger Werkstoff, und da ist jedes Stück ein klein wenig anders als das vorhergehende, selbst wenn beide aus demselben Baum gesägt sind. Sagen wir mal, die Basskonstruktion schwingt im Bereich der punchigen Tiefmitten, dann wird genau in diesem Bereich etwas von der Energie der schwingenden Saite absorbiert, und dieser Bereich wird im Gesamtsound geschwächt. Das resultieren Instrument wird (wenn es in anderen Frequenzbereichen nicht oder kaum mitresoniert) vermutlich einen cleanen Funksound mit reichlich Tiefbass- und Höhenanteilen produzieren, aber im Bereich der Tiefmitten, sagen wir mal, etwas zurückhaltend aufspielen. Natürlich gibt es noch viele andere beeinflussende Faktoren wie Hardware, Pickups und die Elektronik, aber das Holz ist nunmal das Grundgerüst des Instrumentes, und gerade auch auch in klanglicher Hinsicht.

Ich vermute, jeder Nicht-zuende-Schnitzer hat sich vorher genau überlegt, wie er bei seiner Basskonstruktion das allzu starke Mitschwingen minimieren kann. Für die Verwendung von alternativen Materialien wie Alu oder Graphit sind viele Musiker zu konservativ. Also bleibt Holz, nur eben in veränderter Form. Und ein denkbarer Punkt für Optimierungen liegt im Basshals, der für seine Länge relativ dünn ist und daher tendenziell anfällig für das Mitschwingen. Bis zum 12 Bund hoch geht nun die Berührung des Korpus mit dem Hals, was Mitschwingen an dieser Stelle nahezu unmöglich macht. Die Länge des schwingfähigen Halses hat sich dadurch jedenfalls um fast ein Drittel verkürzt, genau genommen von 64 cm bei BTB 675, 705 und 785 auf 44,5 cm beim Testobjekt BTB685. Ob man das hört oder sogar fühlt, dazu kommen wir noch. Sehen wir uns erstmal die technischen Daten an:
  • Korpus: Esche (wie beim 675 und 705 auch)
  • Decke: Palisander (anders als bei allen anderen Bässen, der ansonsten ganz ähnliche 675 hat eine Decke aus Walnuss)
  • Hals: Ahorn/Bubinga, 5-teilig (Neck-Thru)
  • Griffbrett: Palisander
  • Abalone Dot Einlagen
  • 35" Extra Long Scale
  • 24 Medium Bünde
  • 2x Bartolini Pickups BH1
  • EQB-IIIS 3-Band EQ mit Wahlschalter für die Mittenfrequenz
  • Graph Tech TUSQ XL BLACK Sattel
  • Mono-Rail Brücke II
  • Cosmo Black Hardware
  • Farbe: Natural Flat
Bis auf die Palisanderdecke und die Korpusform alles wie bei meinem BTB 675, wobei der Mittenfrequenzschalter beim 675 erst später dazu kam - meiner ist eins von den älteren Modellen und hat ihn noch nicht. Dazu habe ich im Jahr 2008 einen Testbericht verfasst:

https://www.musiker-board.de/threads/bass-ibanez-btb-675-ntf.289498/

Die Begeisterung über den 675, welche in dem ganzen Testbericht mitschwingt, ist bis heute ungebrochen - ich liebe das Teil einfach. Daher auch das Interesse an dem neuen, fast baugleichen BTB685SC-NTF. Nur kurz am Rande erwähnt: Es gibt dieses Instrument auch als Sechssaiter mit ansonsten gleichen Features. Der BTB7 dagegen hat sieben Saiten, ist aber ein zuende geschnitztes Modell.

Wenn ich jetzt meine BTB-Bässe mal klanglich einordnen soll, so ist ihnen eins gemeinsam: Grundsätzlich ist soundmäßig alles drin und alles dran - man kann die Sounds alleine mit den Fingern herauskitzeln. Allerdings unterscheiden sie sich dann doch ein wenig im Grundcharakter, wobei ich hier jeweils den Sound beschreibe, den die Instrumente mit den ab Werk installierten ELIXIR-Saiten erzeugen - meine Tests mit anderen Saitenmarken ergaben, dass manche Saiten nicht so lange durchhalten, andere durchaus etwas anders klingen können:

BTB675: Ganz eindeutig der Gentleman in der Truppe, kommt er mühelos durch jedes noch so dichte Arrangement durch, und zwar auf die elegante Tour. Etwa wie Pierce Brosnan als James Bond sich den Weg durch eine Abendgesellschaft bahnen würde. Je nach Spielweise und EQ-Setting kann er natürlich auch anders. Aber dies ist der Grundchrakter.

BTB785: Dank Mahagonikorpus der Muskelmann der Truppe. Auch er kommt durch jedes Arrangement, aber eher mit Rempeln und Ellbogeneinsatz als durch Eleganz. Also eher der Daniel Craig unter den James Bonds, Bier statt Martini. Lederjacke dazu, und man hat einen echten Rocker. Doch er kann auch anders: Mit aufgedrehtem Mittenregler z.B. kann man hier wunderbar den klagenden Solosound eines Fretless-Basses faken.

BTB705: Mit reinem Eschenkorpus und EMG-Pickups springt dieser Bass einen regelrecht an. Schon ohne EQ der beste Slapper unter den dreien mit einem fundamentalen Tiefbasssound. Die Elektrik allerdings will beherrscht sein, ich finde die beiden Doppelstockpotis neben den beiden normalen Potis nicht so gelungen und hätte lieber fünf Potis statt vier, dafür nur eines mit Doppelpoti.

Wie nun reiht sich der BTB685 hier ein? Packen wir das gute Stück also aus - hmm, das Gigbag und der Gurt der anderen BTBs sind wohl dem Sparstift zum Opfer gefallen. Macht nichts, für so ein Instrument werden eh ein richtiger Koffer und ein richtig guter Gurt angeschafft. Für solche eher schweren Instrumente mag ich breite Nylongurte wie den Planet Waves 74T000, zu dem ich auch schon ein Kurzreview verfasst habe:

https://www.musiker-board.de/threads/zubehör-planet-waves-74t000-gepolsterter-gurt.431846/

An Werkzeug jedenfalls ist alles dabei, Sechskantschlüssel in zwei verschiedenen Stärken. Mehr braucht es nicht, um den Bass einzustellen. Probiert habe ich das Werkzeug nicht, denn der Bass kam perfekt eingestellt bei mir an, nur noch kurz stimmen, und los. Alsdann, hingesetzt, den Bass bequem aufs Bein gestützt und - Schanappatmung stellt sich ein. Donnerkeil, was für ein Hals! Wir unterbrechen das Anspielen hier kurz und gehen schnell mal auf Fühlung mit dem neuen Lack - entweder das, oder der bisherige Lack wurde hier um ein Vielfaches dünner aufgetragen, was erklären würde, warum der Hals des 685 sich schlanker anfühlt als der des 675. Laut Ibanez-Webseite sind die Halsmaße bei beiden Instrumenten nämlich identisch.

Schon beim alten 675 fand ich es jedenfalls angenehm, das Holz des Instrumentes so gut spüren zu können, aber das hier... einfach nochmal viel näher dran, man spürt jede einzelne Holzpore. Und das gilt für das gesamte Instrument, nicht nur für den Hals. Wow, das ist taktiler Woodporn! Wo waren wir doch gleich? Ach ja, den Bass anspielen.

Die Bespielbarkeit über das gesamte Griffbrett ist hervorragend. Und man erreicht wirklich jeden Bund auf jeder Saite, selbst mit meinen eher kurzen Fingern (okay, bei Sechs- und Siebensaitern könnte das anders aussehen). Falls sich jemand fragt, wie sich so ein Bass mit XXL-Mensur spielt, also mit 35 Zoll statt der üblichen 34, dem sei gesagt, den Unterschied merkt man so gut wie gar nicht. Durch Zufall hat sich auch ein Bass mit Normalmensur in meine Sammlung eingeschlichen, und selbst der direkte Wechsel zwischen den beiden funktioniert quasi ohne jede Umgewöhnung.

Auch klanglich ist der erste Eindruck vom BTB685SC-NTF schonmal "holla die Waldfee," eine große Nähe zur Eleganz und dem stabilen Breitwandsound des 675 mit seinem Sustain bis übermorgen, aber irgendwie ist da noch mehr. Jedenfalls geht er im Sound noch etwas mehr nach vorn, allerdings ohne jede Aggressivität. Es ist fast so, als hätte jemand einen Multiband-Kompressor dazugeschaltet und den mittleren Frequenzbereich weiter nach vorne geholt. Da wo der 675 wie ein eleganter Katamaran über die Wellen gleitet, tut der 685 das auch - jedoch zusätzlich mit einem Triebwerk von Rolls Royce in einer unanständigen Leistungsklasse ausgestattet. Quasi das Speedboot unter den BTBs.

Die Hardware in aller Kürze: Die gekapselten Stimmechaniken sind nach dem Muster "zwei oben, drei unten" angeordnet - man gewöhnt sich dran und kann so kleine Kopfplatten bauen. Mir jedenfalls gefällt die kleine Kopfplatte der Fünfsaiter-BTBs, und es wirkt sich positiv gegen Kopflastigkeit aus. Bei keinem einzigen meiner BTBs sind an den Tunern jemals Probleme aufgetreten. Man braucht die Tuner auch nicht sonderlich oft, diese Bässe verstimmen sich kaum, wenn man sie ordentlich lagert und in einem guten Koffer transportiert.

9705360_800.jpg


Der Sattel ist aus einem synthetischen Material names Tusq. Er funktioniert einwandfrei, hat allerdings ein paar spitze Ecken - wenn ich aus einer höheren Lage mal schnell in die erste Lage wechseln muss, haue ich mir ab und zu den Zeigefinger der Greifhand an einer spitzen Ecke unten an der Brücke an, was etwas piekst. Kommt selten vor und ist auch nicht so schlimm, aber bei einem bis hierher perfekten Instrument wollte ich das einfach erwähnen. Die Brücke besteht aus lauter Einzelelementen - mit dem Mono-Rail II-System lassen sich Bässe von einer bis unendlich vielen Saiten bauen, da jede Saite ihr eigenes System bekommt. Beim Saitenwechsel (mit den ELIXIR-Werkssaiten auch nur selten notwendig) wird die alte Saite aus- und die neue einfach eingehängt.

Die Elektronik besteht aus zwei brummfreien Bartolini BH1-Pickups im Soapbar-Format, gepaart mit je einem Poti für Mastervolumen und die Wahl der Pickup-Balance. In der Mittelstellung sind beide Tonabnehmer gleichstark vertreten, drehe ich den Regler aus der Spielerposition betrachtet nach vorne, hört man mehr vom Halspickup, und umgekehrt. Etwas kleiner fallen die drei Potis für den EQ aus - Bässe, Mitten und Höhen. Die Ansatzfrequenz des Mittenreglers lässt sich per Wahlschalter von 250 auf 600 Hz verändern, wodurch man schnellen Einfluss auf zwei wichtigen Frequenzbereiche des Basses nehmen kann. Die Ausgangsklinkenbuchse von Neutrik verriegelt, wenn man den Stecker eines Kabels hineingesteckt hat. Zum Herausziehen des Steckers muss man die Verriegelung geöffnet halten und kann dann das Kabel abziehen. Bei meinem Bass ist das arg straff, funktioniert dafür aber bombenfest.

Zum Einsatz des 685 in der Bandprobe muss ich folgendes vorausschicken: Meine beiden Gitarristen sind jeweils mit Marshall-4*12ern und Tops ausgestattet, der eine hat den JVM410, der andere irgendwas Erdigeres mit "nur" drei Kanälen. An der Instrumentenfront haben beide im letzten halben Jahr massiv aufgerüstet, was bei ihnen zu einer Irrsinnsdurchschlagskraft geführt hat. Ersterer Kollege hat sich von Boris Dommenget seine Wunschgitarre schnitzen lassen, eine Art HSH-Superstrat (auf SSS umschaltbar) mit einigen wenigen Vintage-Anleihen. Kristallklare Cleansounds und alle Arten von Killerlead- und crunchsounds lassen sich damit erzeugen sowie drückend-schiebende Palm-Mutes. Der andere dagegen nutzt jetzt eine richtig gute Gibson SG, was zusammen mit seinem Amp einen knochentrockenen Sound ergibt, St. Angus jedenfalls ist soundmäßig mit ihm. Und ja, mit dem BTB 675 konnte ich da ganz gut mithalten, nicht zuletzt dank meines MESA-Boogie Bassamps, zu dem es von mir ebenfalls schon einen Testbericht gibt:

https://www.musiker-board.de/threads/amp-mesa-boogie-carbine-m6-212.337974/

Allerdings musste ich am Amp die dezente Mittenanhebung dazuschalten, damit der Sound im Bandgefüge auch noch gut ortbar bleibt. In der Vergangenheit, bei anderen Bands, hatte ich da eher noch eine Absenkung eingestellt. Aber jetzt ist es bei mir halt eine wilde Rockband, und da muss man als Bassist sehen, wo man bleibt.
Die Bandprobe also: Mit dem neuen BTB685SC-NTF geht es soundmäßig wie das sprichwörtliche warme Messer durch die nicht minder sprichwörtliche Butter. Nach dem Ende des ersten Songs bekundigen die Bandkollegen mir mit wohlgesetzten Kraftausdrücken, dass sie den Sound des Basses hervorragend finden. Der Punch, die Tragfähigkeit und Durchschlagskraft sind extrem nützlich bei den härteren Songs. Der Breitbandsound, die Eleganz und Transparenz kommen bei den softeren Sachen großartig zum Tragen. Auch bei den nächsten zwei oder Proben mit der Band habe ich jedesmal Komplimente meiner Bandmates zum Basssound bekommen. Die Durchsetzungsfähigkeit jedenfalls scheint so mühelos, so spielend leicht - dieser Bass kommt durch jedes noch so dichte Bandarrangement.

Ein nützliches kleines Feature ist der neu hinzugekommen Wahlschalter für die Mittenfrequenz am 3-Band-EQ des Basses. Wie oben schonmal erwähnt, sehe ich den Einsatz einer parametrischen Klangregelung an einem Instrument mit einem Regler (noch schlimmer: mit einer Ebene eines Doppelstockpotis) für die Einstellung der Mittenfrequenz im Livebetrieb als problematisch an. So schön die ganze Kontrolle im Studio- oder Probenbetrieb vielleicht noch sein mag, auf der Bühne ist das zu langsam und kompliziert zu bedienen. So ein Schalter dagegen ist eine simple Sache - klick, und schon hat man zwischen zwei Einstellungen gewählt. Beim BTB685SC-NTF sind das die Frequenzen 250 und 600 Hz - die erstere ist für den Punch zuständig. Leicht angehoben ergibt sich noch mehr Druck im Sound und (wenn aggressiv gespielt) Schub ohne Ende, bei etwas softerer Spielweise wird dadurch der Bass noch mehr nach vorne gebracht. Allerdings Vorsicht bei Anhebungen an dieser Stelle, damit kommt man leicht männlichen Sängern in die Quere, die dann dünn klingen, weil wir sie mit dem Bass in ihrem Grundtonbereich an die Wand spielen. Ich jedenfalls nutze das gern an Stellen, wo kein Gesang ist, wenn dort der Bass im Vordergrund stehen soll. Bei Absenkungen an dieser Stelle kann man zu ulracleanen Funksounds kommen, insbesondere, wenn man Bässe und Höhen auch noch anhebt. Auch diese Option nutze ich bei einem Song des Bandrepertoires, um dort einen Funkpart zu faken. Von "spielen" will ich bei mir da nicht sprechen. Schaltet man den Wahlschalter nach unten, liegt die Frequenz des Mittenreglers bei 600 Hz. Dieser Frequenzbereich ist mir (in dieser Band) nicht so wichtig, da sie anderweitig besetzt ist, da habe ich nichts verloren. Sie könnte bei Anhebung für weitere Durchsetzungskraft und insbesondere für die bessere Ortbarkeit des Basssounds im Bandgefüge sorgen. Als Tontechniker setze ich diesen Trick beim Bass gerne bei ca. 800 Hz ein - eine schmalbandige Anhebung an dieser Stelle, und der Bass ist richtig deutlich zu hören innerhalb des Bandarrangements.

Mangels Aufnahmemöglichkeiten beschreibe ich nur kurz, wie ich die für mich wichtigen Sounds auf dem BTB685SC-NTF einstelle:
  • Rocksound: Einfach alles auf Neutralstellung, PU-Wahlpoti in Mittelposition - mein GoTo-Sound für Rock, Pop und alles Artverwandte
  • Funk: PU-Wahlpoti in Mittelposition, Bässe etwas und Höhen etwas mehr angehoben, die Mitten bei 250 Hz leicht abgesenkt
  • Vintage: PU-Wahlpoti voll auf den Hals-PU, Höhen evtl. leicht abgesenkt und evtl. die Mitten bei 250 Hz leicht angehoben - mein Fake für einen Preci
Apropos EQ - ich habe den Eindruck, dass Anhebung und Absenkung bei dem EQ des BTB nicht so stark ausfallen können. Was sich zuerst vielleicht negativ liest, ist eigentlich positiv zu bewerten: Man kann sich mit diesem EQ den Sound nicht verhunzen. Egal, was man hindreht, es wird immer musikalisch verwertbar sein. Ich hatte mal einen Bass, dessen aktiver EQ Einstellungen von +/- 18 dB zuliess. Klang in der Beschreibung erstmal cool. Damit konnte man sich jedoch den Sound bis zur Unkenntlichkeit entstellen. Die brauchbaren Einstellungen lagen alle im Bereich nahe der Neutralstellungen des EQ, man musste also höllisch aufpassen, dass man es mit der Beeinflussung nicht übertrieb. Mir als bekennendem Grobmotoriker ist der EQ des BTB jedenfalls deutlich lieber.

Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der BTB685SC-NTF für mich die besten Eigenschaften von all meinen BTBs in sich vereint. Dazu kommt eine Durchsetzungskraft, die einfach enorm ist. Zu meiner Spielweise und meinen Soundanforderungen passt er jedenfalls perfekt. Auch in einer vielseitigen Coverband kann man mit diesem Instrument locker das ganze Repertoire bestreiten. Vintage-Sounds mögen vielleicht nicht ganz so authentisch sein, funktionieren aber im Bandgefüge hinreichend gut. Jazz, Folk und Metal kann ich mir damit genausogut vorstellen.

Abschliessend noch dies: Ursprünglich hätte ich diesen Bass einfach nur testen und dann zurückgeben sollen. Daraus wurde jedoch nichts. Ich habe ihn gekauft, und seitdem ist er mein Hauptinstrument. Ich denke, ein klareres Urteil gibt es nicht.

Ob der BTB685SC-NTF allerdings länger brennt als sein zuende geschnitzter Bruder BTB675 - wir werden's nie erfahren.

Gruß,
Jo



PS: Bei Ibanez gibt es eine wunderbare Webseite zum BTB685 mit vielen Bildern, zusätzlichen Links und weiteren technischen Daten:
http://www.ibanez.co.jp/products/eb...3&cat_id=2&series_id=53&data_id=89&color=CL01
 
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Klasse geschrieben, eines der seltenen Reviews, bei dem man wirklich meint, den Bass hören zu können!
 
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Ich schließe mich User FretNoize an. Solch ein Review mag zwar lang sein, dafür aber sehr informativ und kurzweilig geschrieben. Erste Sahne. Mich jedenfalls hast Du schon fast von diesem E-Bass überzeugt ohne dass ich ihn persönlich gehört oder gespielt habe. Aber der Inhalt meines Portemonnaies und der Platz in meiner Bude reicht leider nicht, um mir all die schönen Instrumente zulegen zu können, die sich auf meiner Wunschliste ein Stelldichein geben. Und Bass ist auch nicht mein Hauptinstrument. Aber wenn man solche schönen Reviews wie Deines liest, möchte man gern mal fremdgehen... :)
 
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Ein sehr schöner Testbericht! Danke dafür!
Ich möchte anmerken, dass ich mich sehr darüber freuen würde, wenn du noch ein paar Audioaufnahmen nachreichen würdest. :)
 
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Danke für all die Likes und Kekse!

Ich habe einen neuen Sound an dem Bass gefunden: PU-Wahlpoti leicht in Richtung des Bridge-PUs (so ca. 60 zu 40), und dann bei neutralem EQ die Saiten mit einer Mischung aus Fingerkuppe und Fingernagel anschlagen - knackt wie ein Rickenbacker, Smoke on the Water jedenfalls kommt so perfekt. Der Vintage-Vibe ist eingefangen, allerdings mit deutlich erhöhtem Schub in den Tiefen. Wahrscheinlich so ähnlich wie Roger Glover heutzutage klingt, wenn er einen der größten Hits seiner Combo anstimmt...
 
Hallo, ohne wirklich Ahnung von Bass zu haben, habe ich das Review trotzdem gerne gelesen, vor allem den Anfang über die Single-Cut-Form fand ich interessant. Die ungewöhnliche Form noch weiter treiben die hier:
http://bassline-bass.de/portfolio-view/worp/
Ist diese Form schon mal thematisiert worden?
 

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