Mir scheint das ein guter Zeitpunkt zu sein, mal über die Auswahlkriterien "DI-Box aktiv / passiv // Line-Übertrager // whatever" anhand praxisgerechter Anwendungsbeispiele zu sprechen.
@skyworker hat bereits die wichtigsten "Kernkompetenzen" einer DI-Box aufgezählt. Im Falle einer passiven DI würde ich vielleicht noch die ("erzwungene") Pegelabsenkung hinzuzählen, die sich aus dem entsprechenden Übersetzungsverhältnis ergibt, welches die DI-Box aufgrund der benötigten/gewünschten Impedanzwandlung besitzt.
Was ich für mich persönlich feststellen kann: Durch den Siegeszug der digitalen Stageboxen bzw. Mixer im Stagebox-Gehäuse sind DI-Boxen bei mir zu 99% von der Bühne verschwunden.
Symmetrierung? Brauche ich bei "bühnenüblichen Strecken" nicht. Dazu später noch einige lustige Anekdoten.
Galvanische Trennung? Da der "analoge Teil" auf der Bühne endet und die in der Regel einen einzigen, zentralen Speisepunkt hat, sind Masseschleifen zwischen Signalquelle und FOH praktisch Geschichte. OK, der Fairness halber: Waren sie eigentlich auch schon zu Analogzeiten. Gelegentlich kam man halt auf die Idee, den FOH-Strom nicht von der Bühne zu legen, "weil ja eh was in der Nähe war", was sich natürlich in 10 von 10 Fällen gerächt hat. Ansonsten halt bei Geräten, die irgendwie "broken by design" sind. Also alles, wo es (hauptsächlich aufgrund seltsamer Netzteile) nicht unbedingt brummt, sondern vielmehr hochfrequent fiept. Beispiel Laptop im Netzbetrieb...
Impedanzwandlung? Brauche ich schon mal nicht bei: Multifunktions-Bodentretern der Saitenfraktion, Keyboards/Synthis, A-Gitarren mit aktiver Elektronik, Bässen mit aktiver Elektronik (sofern die nicht eh in besagten Bodentreter gehen). Brauche ich bei: Passiver Bass direkt ins Pult, A-Gitarre mit Piezo ohne weitere Elektronik direkt ins Pult (dann aber bitte eine wirklich gute aktive DI mit höchstmöglicher Eingangsimpedanz), E-Gitarre absolut "pur" direkt ins Pult (Aufzählung in "steigender Unwahrscheinlichkeit" - but: "Some people just want to watch the world burn..."). Sind wir wieder bei meinen 99%.
Also - was bleibt? Die genannten Instrumente mit passiven Pickups. Da gerne eine aktive DI mit hoher Eingangsimpedanz, wie z.B. sE DM3. Wenn es nur um Massetrennung von biestigen Notebooks geht -> Line-Übertrager 1:1.
Passive DIs habe ich im Zeitalter aktueller Pulte mit Preamps, die auch mit "heißen" Signalen gut können, eigentlich kaum mehr im Einsatz. Früher z.B. mit den alten Yamahapulten war das was anderes, da gab es am XLR-In 16dB "Mindest-Gain", die waren natürlich mit 0dB schwer beleidigt, da war die Pegelabsenkung willkommen. Alternative wäre eine aktive DI-Box mit aktiviertem PAD gewesen. Nur ist eben dessen Sinn eigentlich, dass man ein Signal eingangsseitig (!) absenkt, das für die internen OpAmps und Übertrager der DI selbst (!) zu "heiß" ist. Dadurch, dass die Absenkung eben nicht am Ausgang erfolgt, verstärkt man durch den hohen Gain am Preamp unweigerlich das Ausgangsrauschen der DI mit. Da war also eine passive DI durchaus sinnvoll. Heute setze ich die kaum mehr ein, weil mir eben gerade mit leisen Quellen viel zu wenig hinten rauskommt. Erst am Freitag hatte jemand eine PAN-04 dabei, der sein Bass-Signal da drüber ausgespielt hat. Was auch immer da an Modelling davorhing, gab offensichtlich von sich aus schon recht wenig Pegel aus, sodass ich dank der zusätzlichen 10:1-Übertragung dann satte 40(!)dB Gain am Pult gebraucht habe, um das auf einen sinnvollen Arbeitspegel zu bringen.
In allen anderen Fällen (A-Gitarren mit Preamp, Keys, Modeller, Sampler, Click usw.) steckt da bei mir einfach ein Adapter von TRS auf XLR an der Stagebox, der je nach Quelle wahlweise mit einem symmetrischen oder unsymmetrischen Signal gefüttert wird. Man sollte sich halt vorher vergewissert haben, dass man die Phantompower ausgeschaltet hat, da einem das einige Signalquellen doch arg übel nehmen.
Abschließend noch meine Highlights aus 15 Jahren Beobachtung bei Techniker- und Musikerkollegen:
- 10 Meter völlig abgerocktes Klinkenkabel zur DI, diese auf die Stagebox gelegt und dann mit 0,5m XLR reingepatcht
- vom symmetrischen Klinkenausgang des Aux-Sends am FOH-Pult durchs Multicore mit beidseitigen TRS-Anschlüssen, dann mit TRS-Kabel weiter in den unsymmetrischen Eingang der auf Batteriebetrieb befindlichen, aktiven DI-Box und dann mit XLR in den Aktivmonitor (quasi "TRS-XLR gone wrong")
- vom Bodentreter mit symmetrischen Ausgängen mit 10m völlig zerknülltem, unsymmetrischen Klinkenkabel in die direkt danebenliegende DI-Box und dann weiter mit XLR, anstatt gleich meinen angebotenen 30cm TRS->XLR Adapter zu verwenden. "Hab das einmal anders gebaut (ohne DI) und dann ging das alles nicht richtig." Muss ich ihm glauben. Kann auch nur an der fehlenden DI gelegen haben. An besagten zerknüllten Klinkekabeln, derer wir auch bei diesem Gig dann 3 Stück durchgetauscht hatten, bis keins mit loser Masseverbindung dabei war, ja wohl kaum...