Ist das ein guter Klavierlehrer

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Sichelmann
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Hallo Leute,

Ich bin 37 Jahre alt spiele seit ca. 2,5 Jahren Klavier. Ich habe im ersten Jahr auf eigene Faus gelernt und nun ich nehme seit ca. 1,5 Jahren Klavierunterricht und bin mir sehr unschlüssig, ob ich das weiter bei dem Lehrer machen soll.

Das Problem ist, dass er überhaupt nicht auf Spieltechnik wie Handhaltung, Körperhaltung oder auf Lernmethoden eingeht. Das erübrigt sich eingentlich auch, da er selbst so offensichtliche technische Fehler hat (z.B. die kleinen Finger sind oft abgespreizt, Körperhaltung wie ein nasses Handtuch) die selbst ich nicht habe. Das was ich über Technik und Methoden weiss, lese ich mir aus Büchern oder Foren wie diesen an. Dafür weiß er aber viel über Musik, Theorie und alles was mit Jazz und Artverwandter Musik zu tun hat.

Die Stücke, die er mir zum spielen gibt sind so schwer (z.B. Bülow und Cramer Etüden oder Bach Inventionen), das ich die nach einem Jahr immer noch nicht richtig fehlerfrei spielen kann (ich übe ca. 2 Stunden am Tag). Gleichzeitig soll ich Fritz Emmonts Europäische Klavierschule machen (angefangen mit Band 1). Zwar hat sich vom Gefühl her bei der Technik einiges getan aber ich kann eben nichts so richtig spielen - also so, dass ich es jemanden vortragen möchte (abgesehen von den Stücken aus der Europäischen Klavierschule wo ich nun in der Mitte des zweiten Bandes angelangt bin). Die Stücke aus dem Fritz Emmonts finde ich gut und die machen mir auch Spass aber die anderen Sachen kosten mich so viel Zeit, dass ich mir nicht sicher bin, ob das wirklich der richtigen Weg ist.

Er ist studierter Jazzpianist und hat's nicht so mit der klassischen Musik - ich möchte aber gerne die klassische musik als gute Grundlage haben und später auch in Richtung Blues und Rock gehen.

Generell habe ich einfach den Eindruck, dass der sich nicht wirklich gedanken macht, wo ich stehe und was für mich die richtigen Stücke mit angemessenem Schwierigkeitsgrad sind. Oft kommt er auch mit irgentetwas neuem an und in der nächsten Woche gleich schon wieder (hat das andere schon wieder vergessen) - dabei bräuchte ich noch Wochen für das aus der vorherigen Stunde.

Ich ab schon spät angefangen mit dem Spielen und möchte wirklich noch möglichst viel erreichen weil es mir so unendlich viel Freude macht. Ich habe einfach die Befürchtung, dass ich mit diesem Lehrer zu viel wertvolle Zeit verschwende weiß aber gleichzeitig nicht ob sich ein Umstieg lohnt (nach dem Motto "Lieber den Spatz in der Hand..)

Was sind denn so eure Erfahrungen mit Lehrern und was würdet Ihr mir raten? Ich bin wirklich für jeden Gedanken dankbar.

Gruß Sichelmann
 
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Was sagt Dein Klavierlehrer dazu?
Ich finde es schon wichtig, Übungen und Stücke möglichst abzuschließen. Klar, es kann schon mal vorkommen, daß ein Schüler auf der Stelle tritt weil ihn ein Stück absolut annervt, dann suche ich auch nach einer Alternative.
Es hört sich so an, als ob Dein Lehrer doch recht planlos an die Sache rangeht - Da solltest Du mit ihm drüber reden können.
Ebenso die Spieltechnik. Ich weiß, daß ich auch nicht alles richtig mache, aber ich thematisiere es im Unterricht. Ich erzähle meinen Schülern auch, mit welchen Problemen ich zu kämpfen hatte bzw. immer noch habe. Du bist erwachsen und kannst es von Dir aus tun.
Wenn Du selbst ausdrücklich Wert auf klassischen Unterricht legst, solltest Du Dir vielleicht auch einen entsprechenden Lehrer suchen - das wäre konsequent.
 
Hallo Sichelmann,

abgesehen von allem: wenn Du Klassik spielen willst, wäre es angebracht, keinen Jazzer als Lehrer zu wählen...
Ansonsten scheint Dein Lehrer tatsächlich relativ planlos vorzugehen und Stücke, die einen Schüler maßlos überfordern, sind meiner Meinung nach dem Lernerfolg auch nicht förderlich. Natürlich braucht es auch Herausforderungen, aber eben mit Maß und Ziel.

Was die Haltung angbelangt, gibt/gab es durchaus extrem erfolgreiche Konzertpianisten, die recht ... eigenwillig ;) ... sitzen: :D:D:D

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Ich würde jetzt nicht gleich die Flinte ins Korn werfen und einen anderen Lehrer suchen, sondern einmal mit ihm über alles sprechen. Du hast den Vorteil gegenüber den üblichen kind- und jugendlichen Schülern, daß Du erwachsen bist und Dich auch bewußt selbst mit in den Unterricht einbringen kannst. Es ist nicht nötig, alles über sich "ergehen" zu lassen - Du sollstest dich artikulieren.

Viele Grüße
Torsten

Edit: Oh, Funkeybrother war schneller. Ich hatte zu viel Zeit verplempert, nach einem lustigen Bild von Glenn Gould zu suchen ;)
 
*grins* ja die haltung.
ich persönlich lege im unterricht extrem viel wert auf die richtige HANDhaltung und fingerbewegung - gerade weil das bei mir zu lange versäumt wurde und ich sehr spät mit viel blut schweiß und tränen relativ gewöhnliche dinge trainieren musste.

bisher war es immer so, dass ich nie einen schüler von grund auf aufgebaut habe, sondern immer irgendwelche vorkenntnisse vorhanden waren. das macht ein unterrichten etwas schwieriger als wenn man von null anfängt, da es in der regel vorkommt, dass in bestimmten bereichen große defizite vorhanden sind und in anderen bereichen der schüler schon recht weit ist.
ein bsp wäre wenn jemand wirklich recht fix seine finger bewegen kann und einigermaßen schnelle passagen hinbekommt aber leider dabei eine katastrophale technik verwendet, die ihn in der weiterentwicklung stoppt. typisch sind dabei nach meinen beobachtungen "flache finger". man muss quasi bei null anfangen was die finger betrifft und der hand völlig neue feinmotorische dinge beibringen und das zunächst in langsamem tempo - dabei stößt man dann gerne auf unverständnis weil es ja "anders auch funktioniert hat".

leider scheinen nicht viele lehrer auf eine gute technik zu achten ( so meine persönliche erfahrung)
vielleicht liegt es daran , dass es tatsächlich anstrengend ist, weil man im grunde permanent das gleiche erzählt und immerwieder beim schüler eingreifen muss.

zum thema jazz/klassik..

ich bin auch eher in der popularmusik zuhause - dennoch sage ich meinen schülern, dass ich bis zu einem gewissen grad klassisch unterrichten kann.
der unterschied ist, dass ich von anfang an den theoretischen teil mit einbeziehe, weil ich persönlich der meinung bin, dass ein fundiertes harmonisches verständnis bei allen arten des klavierspiels wichtig ist.

zu deinem fall:
ich denke auch du solltest artikulieren, dass dir der technische aspekt sehr wichtig ist. lass dich dabei nicht unbedingt davon irritieren, dass dein lehrer möglicherweise selbst nicht alles so macht wie du es dir vorstellst. man kann eine gute technik (so man sie kennt) vermitteln, ohne es selber perfekt zu machen.
wegen der schweren stücke:
ich habe auch schon regelmäßig die rückmeldung bekommen, dass die stücke zu schwer sind. die ansichten hierzu sind natürlich relativ und normalerweise empfindet ein schüler recht schnell etwas als zu schwierig ;-)
ich denke, dass man an seinen aufgaben wächst und deshalb darf ein stück ruhig mal deutlich über dem aktuellen leistungsstand stehen. man sollte sich dann nur ausreichend zeit geben und solch ein spezielles stück über mehrere monate bearbeiten. parallel könnte man dem leistungsstand entsprechende stücke bearbeiten und so ein repertoir aufbauen.

das wichtigste für deinen lehrer ist in deinem alter die kommunikation.
denn du weißt sehr genau was du willst und kannst das auch besser ausdrücken als junge schüler.
so hat der lehrer eine gute chance auf deine wünsche einzugehen
aber auch gegebenfalls eine möglichkeit dir zu erklären warum er welche methode gewählt hat.

ich denke man muss sich bewusst machen, dass man als lehrer eher mit kindern und jugendlichen zu tun hat, die einem keine rückmeldung darüber geben können was genau sie von dir wollen.
man ist gewohnt nach der eigenen erfahrung den unterricht vorzugeben.
trifft man nun auf einen erwachsenen ist das eine völlige umstellung, die nicht jedem lehrer gleich gut gelingt
 
Vielen Dank für eure Rückmeldung.
Wenn ich so darüber nachdenkte, muss ich wohl auch zugeben, dass ich einfach auch mal was hätte sagen können. Aber die Zweifel kamen erst viel später und dann tut man sich schon schwerer mit Kritik. Aber ohne Rückmeldung gebe ich ihm auch keine Chance etwas besser zu machen. Ich werde die Sache bei der nächsten Stunde einfach mal ansprechen. Wenn es dann nicht besser wird, werde ich mir eine Alternative suchen.
Ich finde es aber schon etwas beruhigend, dass andere die Sache mit der Haltung und den schweren Stücke nicht so dramatisch finden. Wenn ich mir das Bild von Glen Gould so ansehe:gruebel:, dann frage ich mich, warum die Haltung immer als so überaus wichtig dargestellt wird.
 
....damit die klavierspielenden weibchen dabei gut aussehen
bei den kerlen ist das egal *grins*
 
Die Haltung ist deshalb wichtig, damit das Zusammenspiel aller beteiligten Muskeln optimal funktioniert und überflüssige Anspannungen und auf Dauer für den Bewegungsapparat schädliche Fehlhaltungen vermieden werden. Wenn das nämlich funktioniert, sind auch weitergehende technische Schwierigkeiten viel leichter zu bewerkstelligen, und vor allem macht das Spielen dann viel mehr Spaß, weil man spürt, dass es sich gut anfühlt und vorwärts geht.

Glenn Gould ist zwar ein Genie gewesen, und er konnte trotz seiner Haltung super spielen, aber für einen gesunden Lebenswandel war er definitiv nicht bekannt. Das betrifft nicht nur seine Haltung, daneben war auch sein Medikamentenkonsum legendär. Also würde ich ihn mir in Sachen Körperhaltung auf gar keinen Fall zum Vorbild nehmen. In Sachen Interpretation hingegen kann sein Spiel eine große Inspiration sein.

Was die Frage "flache Finger - runde Finger" angeht: Ich denke, das hängt von der jeweiligen Aufgabe ab. Bei größeren Akkorden die Finger mehr als nötig zu beugen bringt nicht sonderlich viel, sondern führt eher zu überflüssiger Spannung. Verzierungen dagegen kann man schon eher mit gebeugten Fingern bewältigen, gerade bei Barockmusik. Der wichtigste Lehrer in solchen Sachen ist meines Erachtens das eigene Gefühl.

@Sichelmann:
Wenn Du mit Deinem Lehrer darüber gesprochen hast und es sich nicht bessert, würde ich auf jeden Fall wechseln. Jeder Lehrer hat seine Stärken und Schwächen, und was für den einen genau richtig ist, kann beim anderen völlig daneben gehen. Wer ganz gezielt viel über Jazz lernen will und wem der Rest nicht so wichtig ist, könnte vielleicht mit Deinem Lehrer gut klarkommen. Was aber jeder Lehrer (für den Einzelunterricht) meines Erachtens mitbringen sollte, ist die Bereitschaft, individuell auf den jeweiligen Schüler einzugehen und sich darüber Gedanken zu machen, was den Schüler jetzt am meisten vorwärtsbringen könnte.
 

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