Ist klassische Musik elitär?

  • Ersteller Effjott
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Ich habe nicht davon gesprochen, dass Klassik den "höheren Klassen" vorbehalten ist, ich habe geschrieben, dass genau diese Leute sich gern damit umgeben, weil es öffentlich ist und dass sie sich in Wahrheit einen Dreck darum scheren, wie es vor Ort mit der Ausbildung der jungen Leute in Sachen Musik aussieht. Ich sage das so drastisch, weil ich es so oft vor Ort erlebt habe und mittlerweile einen Ekel empfinde, wenn ich dieses Getue sehe.

Wunderbar, wenn es Dir gelungen ist, ohne Hilfe von irgendwelcher Seite musikalisch voranzukommen. Willst Du damit sagen, dass die Musikförderung für finanziell schwache Kinder dann überflüssig ist?

Ich habe absolut gar nichts dagegen, dass genauso wie in der Klassik auch in Rock und Jazz staatliche Förderung stattfindet.
 
Wunderbar, wenn es Dir gelungen ist, ohne Hilfe von irgendwelcher Seite musikalisch voranzukommen. Willst Du damit sagen, dass die Musikförderung für finanziell schwache Kinder dann überflüssig ist?
Ganz alleine ist es mir natürlich auch nicht gelungen - aber ich hab mir halt meinen Unterricht schon immer selber finanziert und ich hab von Anfang an in diversen Bands gespielt, was mich im nachhinein sehr viel weiter gebracht hat als ein Lehrer es je könnte.


Ich sag nicht dass damit Förderung von finanziell schwachen Kindern überflüssig wäre - aber ich störe mich schon an dem Passus "finanziell schwach". Den dass ist effektiv kaum jemand hier, wer wirklich will kann sich eine brauchbare Gitarre leisten, die kostet mittlerweile für einen Jugendlichen etwa 20-30 Stunden Rasenmähen, wenn die Eltern denn nun überhaupt nichts dafür übrig haben.
Auch Lehrmaterial bekommt man frei und umsonst per Internet, Hilfe sowieso.

Ich behaupte, es ist kein Geldproblem. Es ist eins der Didaktik.

An den Schulen wird Musikförderung wenn überhaupt dann voll auf Kultur optimiert - mit dem Ergebnis dass diverse Kinder nach viel teurem Unterricht der ihnen keinen Spaß gemacht hat mit teuren Instrumten die sich nicht spielen wollen Musik machen könnten die sie nicht interessiert und das musizieren dann komplett drangeben.

Ich kenne sehr viele die schon als Kind an die Musik herangeführt wurden, und nur sehr sehr wenige die ich nicht nach kurzer Zeit als ich als "Spätzünder" mit 15 Jahren nach kürzester überholt hätte, einfach weil sie alle keine Lust mehr darauf hatten.
 
Günter Sch.;3581311 schrieb:
...die tendenz, gelder im kulturbetrieb zu streichen...
Ich weiß das aus erster Hand, leider :mad:.
(und ich weiß, daß Du, Günter, auch weißt;))

Zynisch gesagt, bedeutet das aber, daß die entlassenen Sänger und Musiker viel mehr Zeit (und finanziellen Druck) haben, sich in Musikschulen und privatem Musikunterricht zu engagieren, als vorher, wo sie sich auf ihrer Anstellung und der regelmäßig auf's Konto überwiesenen Gage ausruhen konnten!

Hurra! - das ist doch ein positiver Effekt :rolleyes::screwy:.

Wie gesagt: zynisch, sehr zynisch und sehr bitter.

Einem Sänger zu verbieten, zu singen, (nicht in der Badewanne, vor Publikum!), einem Musiker das Instrument wegnehmen...

Das Wort "elitär" setzt voraus, daß es eine Elite gibt - aber wo?
Hier nicht.

Dabei ist es seit jeher die Aufgabe von Stadt-Theatern, die Klassik der Bevölkerung nahezubringen - wenn ich in der Wiener Oper 240€ für eine Eintrittskarte bezahle - dann ist das elitär, für ein 10tel dieses Preises kann der Opel-Mitarbeiter in's Theater seiner Stadt gehen.

Sry, falls das nun zu sehr ins OT ging :(.
 
Die kinder in Venezuela (ich habe mir alle diesbezüglichen sendungen und interviews aufmerksam angesehen) gehen gern zum unterricht, üben fleißig, um bald im kinder- oder jugendorchester mitspielen zu dürfen, sie entkommen für stunden der häuslichen misere in den favellas und bewegen sich in einer anderen, wunderbaren welt.
Dass "klassische" (ihr wisst, was gemeint ist) strukturen einen anderen bildungseffekt haben und das zusammenwirken vieler durch chorisches singen und musizieren ermöglichen, wobei man sich einordnen und aufeinander hören muss, brauche ich nicht zu erläutern. Es gibt keine über alle mängel hinwegtäuschende technik, die dynamik kennt alle schattierungen vom zartesten pp bis zum kraftvollsten ff.
In manchen ländern dürfen kinder in die schule gehen, in anderen müssen sie. Wo kinder in musikschulen geschickt werden, keine geduld haben, um mindestens zwei jahre lang elementares zu lernen, weil man mit einer gitarre schneller zum ziele zu kommen meint (ich habe alle hochachtung vor diesem instrument), wird sich auch mit mehr geld keine höhere musikkultur entwickeln, die angebote werden nicht angenommen werden.
Denn was brauchen wir eine höhere kultur, wenn man mit simplem eindruck machen kann? Dann verteufelt man alles, was mit können verbunden, vielleicht auch komplizierter und gehaltvoller ist, als elitär, und der keyboarder mit begleitautomatik lacht über den, der "noch mit den händen" spielt.
Wie sieht denn der musikalische alltag von kindern aus, was bekommen sie zu hause zu hören, was für gewohnheiten bilden sich? Fast food für magen und ohren.
Das rad lässt sich nicht rückwärts drehen, und was wir in unserem land erleben, ist nicht morgen- sondern abendröte, wir müssen weitgehend musiker und musik importieren. Seit über 100 jahren hat sich in einer einstmals führenden musiknation nichts weltbewegendes mehr ereignet, nichts neues in der kulturgeschichte, da gibt es ständiges auf und ab mit seltenen und kurzen höhepunkten.
 
...aber ich störe mich schon an dem Passus "finanziell schwach".

Ich behaupte, es ist kein Geldproblem. Es ist eins der Didaktik.

Ich kann es auch anders nennen: Wenn die Eltern finanziell nicht in der Lage sind, ihrem Kind eine kontinuierliche instrumentale Ausbildung auf einem Instrument zu bezahlen.

Dass es nicht allein ein Geldproblem ist, da stimme ich zu. Aber es ist bestimmt auch nicht einzig ein Problem der Didaktik. Das würde ja in der Konsequenz bedeuten, dass alle Instrumentallehrer der Musikschulen mit falschen Methoden und Konzepten unterrichten.
Das sehe ich ganz und gar nicht so.

Unsere Zeit ist, gerade was Musik angeht, sehr kurzlebig, überall werden wir berieselt mit Musik jeglicher Art und wie oft gaukelt man dem potenziellen Instrumentalisten Keyboard spielen wie ein Profi in einem Jahr... und ähnlichen Blödsinn vor.
Die schnelle Methode wird propagiert, Geduld und Ausdauer über Jahre hinweg, das ist nicht gefragt heutzutage.
Der Jugendliche lernt mal schnell ein paar Akkorde auf der Gitarre und schließt sich einer Band von Gleichgesinnten an, ein paar gemeinsame Proben und schon ist ein neuer Song entstanden, ja was soll man sich dann überhaupt noch weiter mit dem ganzen musiktheoretischen Ballast abgeben, warum da noch Schritt für Schritt über Jahre hinweg solide ein Instrument erlernen?!

Dass Musikförderung an Schulen auf kulturelle Werte ausgerichtet ist, was ist denn bitte schön daran falsch??? Wo kommt denn sonst die große Mehrzahl der Schüler jemals mit klassischer Musik in Berührung wenn nicht an der Schule...

Das rein autodidaktische Lernen, das angesprochen wurde, ist mMn im Normalfall zum Erlernen eines Instruments überhaupt nicht geeignet(was nicht ausschließt, dass es auch mal Ausnahmen gibt).

Ja und ein Klavier kann man nun nicht mal kurz nebenher mit 20 maligem Rasenmähen finanzieren.
 
Die schnelle Methode wird propagiert, Geduld und Ausdauer über Jahre hinweg, das ist nicht gefragt heutzutage.
Der Jugendliche lernt mal schnell ein paar Akkorde auf der Gitarre und schließt sich einer Band von Gleichgesinnten an, ein paar gemeinsame Proben und schon ist ein neuer Song entstanden, ja was soll man sich dann überhaupt noch weiter mit dem ganzen musiktheoretischen Ballast abgeben, warum da noch Schritt für Schritt über Jahre hinweg solide ein Instrument erlernen?!
Auch wenn das Gitarrenforum in seiner Masse hier manchmal anderes vermuten lässt - es gibt Haufenweise nichtklassische Musiker die in normalen Bands spielen die einiges auf dem Kasten haben, sowohl in Sachen Komposition und als auch Spieltechnik (wobei mich letztere für sich alleine stehend auch nicht mehr beeindruckt, täglich läuft einem irgendein Hansel über den Weg der dann doch noch schneller spielen kann...)

Und selbst wenn jemand einfach nur ein wenig Gitarre lernt und damit Lieder schreibt und sich in einer Band andere präsentiert - damit ist er vielleicht nicht den Ansprüchen gewachsen den ein Kammermusiker an ihn stellt, aber wenn sich ein Jugendlicher auf diese Art und Weise mit Musik beschäftigt ist das nichts verkehrtes.


Und wenn ich hier mal lokal schaue, da gibt es neben einigen anderen zwei extrem gute Chöre - die aber modernes Material singen, abseits von der Klassik, mit Leuten die eben nicht "herangeführt" wurden sondern selber wollten. Das wäre ja quasi das Equivalent zur Rockband, der einzige Chor aber der hier mehr das klassische Material singt ist grottenschlecht. Vielleicht weil alle die wirklich Spaß daran haben (und entsprechend gut sind) lieber die Musik machen die halt doch noch mehr Spaß macht und halt moderner ist.


Das rein autodidaktische Lernen, das angesprochen wurde, ist mMn im Normalfall zum Erlernen eines Instruments überhaupt nicht geeignet(was nicht ausschließt, dass es auch mal Ausnahmen gibt).
Ich finde hier den Zwischenweg nicht verkehrt. Ganz alleine geht es nicht - aber ich bin nicht der Meinung dass man sobald man mal ohne Kontrolle durch einen Lehrer spielt plötzlich eine versaute Technik und den Kopf voller dummer Ideen hat.

Wird zuviel belehrt und zuwenig gespielt (im eigentlichen Sinne) kommen am Ende diese allbekannten Blattspielmonster raus die aber wie Pappaufsteller umfallen wenn sie mal einfach improvisieren sollen - oder es mal sogar gefordert wird eine eigene Idee umzusetzen. :eek:
Ich will hier auf keinen Fall pauschalisieren, aber fast alle klassischen (Hobby-)Musiker (vor allem die die durch die frühkindliche klassiche Musikerziehung gegangen sind) die ich kenne sind so drauf.

Da sehe ich definitiv einen Fehler in der normalen Musikschullehre.

Ja und ein Klavier kann man nun nicht mal kurz nebenher mit 20 maligem Rasenmähen finanzieren.
Aber Klavier lernen kann man auf einem vernünftigen Keyboard/E-Piano mit Hammermechanik. Ein älteres Modell bekommt man gebraucht auch für einen bezahlbaren Preis (dann sind die Sound ein wenig älter, aber zum lernen ist ja erstmal nur die Haptik wichtig), und an Musikschulen kann man sich nicht selten sowas auch ausleihen.

Natürlich - wenn es nur mit Konzerflügel und renomierten Lehrer geht - dann ist es was anderes und wer es sich leisten kann hat es gut. Aber ich behaupte, diese Bedingungen haben die Kids in Venezuela auch nicht.
 
Wo kinder in musikschulen geschickt werden, keine geduld haben, um mindestens zwei jahre lang elementares zu lernen, weil man mit einer gitarre schneller zum ziele zu kommen meint (ich habe alle hochachtung vor diesem instrument), wird sich auch mit mehr geld keine höhere musikkultur entwickeln, die angebote werden nicht angenommen werden.

In meiner Schule konnte man im Chor singen und es wurde auch teilweise kostenloser Instrumentalunterricht angeboten. Diese Angebote wurden allerdings von Vielen nicht angenommen. Daher finde ich es auch zu einfach, immer nur den Staat zu kritisieren.

Seit über 100 jahren hat sich in einer einstmals führenden musiknation nichts weltbewegendes mehr ereignet, nichts neues in der kulturgeschichte, da gibt es ständiges auf und ab mit seltenen und kurzen höhepunkten.

War das Nachkriegsdeutschland nicht das Zentrum für Neue Musik? Und was ist mit Komponisten wie Schönberg, Webern, Stockhausen, B. A. Zimmermann, Lachenmann etc.?


Eine staatliche Förderung für Jazz, Rock etc. halte ich im Übrigen für unangebracht.
 
Selbstverständlich gibt es im weiten Bereich Rock Gitarristen, die ohne klassische Neigung hervorragend ihr Instrument spielen und absolut wegweisende Bedeutung hatten oder haben, keine Frage. Ich will ja nun keineswegs Klassik gegen Rock oder Jazz ausspielen, höre selber gern bestimmte Rock-und Jazzmusik.
Mir geht es eher darum, dass Kinder und Jugendliche erst einmal Kontakt mit der klassischen Musik haben, überhaupt kennenlernen, was da an musikalischen Schätzen vorhanden ist und das erfahren die meisten ja nun mal nicht im Elternhaus und auch nicht durch die Medien, die sich doch in der Masse auf immer dieselben kurzlebigen Hits und leicht verdauliche Schlager- und Popmusik konzentrieren.

Was die Chöre angeht, die Du als Beispiel anführst, vermute ich mal, dass es sich um "Gospel"-Chöre handelt, die ja auch seit einigen Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen. Wenn die Sänger Spaß haben, ist das prima, bedeutet aber nicht, dass das in Chören, die klassisches Material singen, nicht der Fall ist. Genau das Gegenteil ist der Fall, ich habe jahrelang mitgesungen in einem solchen Chor und der Spaß an der Sache - allerdings auch mit viel intensiver Probenarbeit verbunden - war riesig.
Dass man mit Gospels oder einfach arrangierten Pop-Stücken für Chor schnellere Erfolge erzielen kann, indem man ein öffentliches Konzert gibt, als mit einer Aufführung der h-Moll-Messe von Bach ist mir schon klar.
Beides hat seine Berechtigung.

Ich halte es allerdings für wichtig, dass wir die Kostbarkeiten der klassischen Musik nicht den schnellen Erfolgen moderner Pop-und Gospelmusik opfern.
 
@Flamand
Deutschland war im vorigen jh. keine musikalische wüste. Da es mein jahrhundert ist, und ich einige jahre lang zeitgenössische musik gespielt, kommentiert und für komponisten und werke geworben habe, weiß ich um den widerstand des dreiklangs-wohlklangs ge- und verwöhnten publikums. Nur wenige namen haften im gedächtnis, nur wenige werke sind répertoire-stücke geworden, einige sind überschätzt worden, andere sang- und klanglos verschwunden.
Ich werde nicht die gleichung aufstellen, dass popularität und qualität umgekehrt proportional seien, auch "'elitäre" musik kann sterbenslangweilig und zähledern sein, besonders wenn sie von komposition lehrenden professoren stammt, die ihren studenten zeigen wollen, wo es lang geht.
Den stein des weisen hat noch niemand gefunden, der aus dem schönen tonalen garten mit seinen beeten und rabatten hinausführt in eine ähnlich blühende landschaft.
Was ist schön in der musik, oder greifen ästhetische normen nicht mehr? Wo, außer in élitären zirkeln, ist eine plattform für darbietung und lebendigen streit? So banal das klingt, wo keine nachfrage, stockt das angebot.
Die künste waren selten allseitig harmonisch entwickelt, mal herrschte die eine, dann die andere vor. Die große niederländische musik verschwand und machte der malerei platz, als die italienische malerei niederging, erhob sich die oper mit barocken dekorationen. Das 19.jh. bescherte uns einen überreichen schatz, der noch keineswegs ausgeschöpft ist, und den verfechtern der "anderen" moderne ins hoffentlich nicht geschädigte ohr: die heutige populäre musik ist harmonisch wie satztechnisch klassik-light. .
 
Mir geht es eher darum, dass Kinder und Jugendliche erst einmal Kontakt mit der klassischen Musik haben, überhaupt kennenlernen, was da an musikalischen Schätzen vorhanden ist und das erfahren die meisten ja nun mal nicht im Elternhaus und auch nicht durch die Medien, die sich doch in der Masse auf immer dieselben kurzlebigen Hits und leicht verdauliche Schlager- und Popmusik konzentrieren.
Aber um anspruchsvolle Musik wertzuschätzen, braucht man doch schon ein tiefergehendes Verständnis von Musik. Didaktisch halte ich es für viel sinnvoller, einfache musikalische Prinzipien anhand von Musik einzuführen, die der Lernende gut findet. Danach kann man ihm zeigen, was alles möglich ist. Bleibt Klassik für ihn immernoch Gedudel, kann man halt nichts machen. :nix:
Ich halte nichts davon, Klassik den Musikschülern aufzuzwingen. Fast jeder Mitte 20 hat mal ein Instrument gespielt und dieses "hat mal" ist meiner Meinung nach vor allem darauf zurückzuführen, dass die Eltern bestimmen, welches Instrument, und der Lehrer bestimmt, welche Musik gespielt wird.
 
Die einfachsten, verständlichsten und nachvollziehbaren strukturen finden wir in volks- und kinderlied, instrumental-schulwerke für anfänger machen davon gebrauch, nur - - - das liedgut ist aus der mode und wird deshalb wenig geschätzt, es muss halt gleich "richtig" losgehen, erfolg (aus der perspektive des schülers gesehen) mühelos, schnell und garantiert, ein pädagogisches problem!
Bedeutende musiker von Bach bis Bartok haben kleine, instruktive stücke für den nachwuchs geschrieben, ist ähnliches aus der rock-pop-schlager-szene bekannt oder auch nur denkbar? Wie käme kommunikation zustande, wenn die einen nicht schreiben können/wollen, und die anderen nicht lesen können/wollen? Bleibt nur "by ear" und/oder eigene kreativität.
In Osteuropa sind traditionelle bindung und motivation noch stärker, es wird noch gelernt und geübt. In fernost dient man jahrelang seinem meister und sieht ihm sein ungeschriebenes handwerk ab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz genauso ist es. Es muss schnellstens ein Erfolg her.
Das gesamte Orff-Schulwerk mit den stufenweise aufgebauten Schwierigkeitsgraden liegt vor, es hat Generationen von Schülern gute Dienste erwiesen in Sachen musikalische Schulung. Leider ist sowas heute "out", und wenn man trotzdem Gebrauch davon macht, dann gilt man als ewig Gestriger.
Schlimmerweise ist es ja auch so, dass die heute vorherrschende Didaktik(jede Didaktik war eine Zeiterscheinung) nicht allein von kompetenten Wissenschaftlern und Bildungspolitikern(auch solche soll es geben) gemacht wird, sondern dass auch hier wirtschaftliche Interessen bis in den Unterricht hineinspielen. Die Bertelsmann-Stiftung steht nicht nur hinter der Einrichtung der Schulinspektion, sondern propagiert und finanziert auch ganz bestimmte didaktische Positionen wie etwa das Vorherrschen der Methodenkompetenz nach H. Klippert. Das kritisiere ich gar nicht, aber es wird bisweilen so getan, als ob man heute die Didaktik und Methodik neu erfunden habe und sich alles nach heutigem Trend zu richten habe, wobei Vieles einfach nur mit neuen Begriffen überdeckt wird, wohinter sich längst Bekanntes verbirgt.
Für den Musikunterricht bedeutet das konkret, dass viele bewährte Themen aus dem Stoffverteilungsplan gestrichen sind, das kann man übrigens in den für den Musikunterricht konzipierten Schulbüchern der letzten Jahre nachprüfen.
 
Günter Sch.;3584323 schrieb:
Die einfachsten, verständlichsten und nachvollziehbaren strukturen finden wir in volks- und kinderlied, instrumental-schulwerke für anfänger machen davon gebrauch, nur - - - das liedgut ist aus der mode und wird deshalb wenig geschätzt, es muss halt gleich "richtig" losgehen, erfolg (aus der perspektive des schülers gesehen) mühelos, schnell und garantiert, ein pädagogisches problem!
Naja, ist ist einfach motivierender, Sachen zu spielen, die man selbst gut findet. Wenn ich etwas altbacken und langweilig finde, macht es mir keinen Spaß es zu spielen. Da kann es noch so schade sein, dass diese Stücke aus der Mode gekommen sind.
Einfache und nachvollziehbare Strukturen gibt es auch in Pop- und Rocksongs. Wer sich später tatsächlich Richtung Orchester oder Musik als Beruf entwickelt, kann ja auch weiterhin mit bewährten Methoden zur instrumentalen Perfektion hin unterrichtet werden.
Für den Musikunterricht bedeutet das konkret, dass viele bewährte Themen aus dem Stoffverteilungsplan gestrichen sind, das kann man übrigens in den für den Musikunterricht konzipierten Schulbüchern der letzten Jahre nachprüfen.
Ganz unabhängig von der Thematik mit den wirtschaftlichen Interessen - der Musikunterricht an Schulen ist in seiner jetzigen Form auch fragwürdig. Mal ehrlich: wie viele Schüler bringt er denn dazu, Begeisterung für Musik zu entwickeln? Und das sollte doch seine Hauptaufgabe sein, oder nicht?
 
Da gebe ich Dir völlig Recht, dass man zuerst einmal durch den Musikunterricht die Schüler motivieren und möglichst begeistern sollte.
Das ist sogar, wenn ich das kurzfristig sehe, recht einfach und leicht machbar, weil wir ja nun mal so viele schöne Musik haben(egal ob Klassik oder Rock etc.), mit denen man erst mal "Eindruck schinden" kann.
Ich gebe ein Beispiel: Habe den Schülern einer 9.Klasse(Hauptschule) Griegs "In der Halle des Bergkönigs" von CD vorgespielt. Die Reaktion war von positiv bis hin zu begeisternd.
Soweit, so gut. Aber nun muss es weitergehen, das Stück wird untersucht auf seine Substanz hin, es werden noch Cover-Versionen aus der Rockmusik(Ekseption, Apocalyptica) dazu verglichen. Was glaubst Du, wie lange die ursprüngliche Begeisterung andauert, wenn es ums Erarbeiten geht?
Und in der Schule geht es ja nun mal nicht nur um Spaß, sondern auch um Lernzuwachs und der ist in aller Regel mit Anstrengung und ausdauernder Beschäftigung mit einer Sache verbunden.
Aber hin und wieder kommt es dennoch vor, dass Schüler auch nach ihrer Entlassung gern auf den Musikunterricht zurückschauen und für den einen oder anderen war es denn auch Anlass, sich weiter mit Musik zu beschäftigen.
Und das lässt hoffen...
 
Zuletzt bearbeitet:
Um den eigentlichen Topic mal wieder aufzugreifen, mein Senft zum Thema.

Ich habe das Interview mit Frau Ludwig, die ich als Künstlerin wirklich hoch schätze, gelesen. Sie argumentiert mMn äußerst treffend über Unterschiede zwischen der klassischen Musik von damals und heute. Ich zitiere:

Wird heute schlechter gesungen, dirigiert, Geige gespielt als früher?

Das würde ich so nicht sagen, es gibt immer wieder wunderbare Interpreten. Aber was ich mit Sicherheit sagen kann: Man geht in ein Konzert, es wird nicht gut gesungen, es wird möglicherweise grauenvoll gespielt, der Dirigent versteht sein Handwerk nicht – und die Leute schreien „Bravo!“ und trampeln wie beim Bernstein oder beim Karajan. Sie haben kein kritisches Urteil mehr. Man kann ihnen alles vorsetzen, solange es nur massiv genug beworben wird.


Dabei muss ich ihr zustimmen. Klar gibt es Ausnahmen, aber die breite Schicht der Bevölkerung bildet sich Ihre Meinung doch nicht selbst, sondern schätzt Schuberts "Ave Maria" deswegen, weil ein schick gekleideter Profikiller mit einer aufgesetzten Eleganz (was an sich schon moralisch verwerflich genug ist..) Leute um die Ecke bringt. Oder weil die neueste Limousine von Mercedes zu Chopin durch die Landschaft gurkt, Tiger Woods zu Brahms auf Golfbälle von Callaway eindrischt oder sich Kate Moss zum Lohengrin das Gesicht mit dem neuesten Duft von Chanel pudert. Dass ich jetzt natürlich teils fiktiv formuliert habe, sei dahingestellt. Dennoch, gerade am Beispiel "Hitman" lässt sich der bestehende Konflikt ganz gut erläutern: Einem fünfzehnjährigen Halbstarken kann man es noch nicht einmal übel nehmen, dass ihm sowas gefällt. Irgendwann wird der Knabe mit seinem guten Dutzend an Lenzen (manchmal früher, manchmal später oder auch nie) erwachsen, belächelt seine damaligen Vorlieben wahrscheinlich sogar. Das jedoch, ändert rein garnichts an der Tatsache, dass er irgendwann in seinem Leben im Unterbewusstsein die Stichworte "Klassische Musik" und "Edel" gedanklich verknüpft hat, und das noch immer tut, wenn auch nichtmehr beim zocken eines PC-Spiels, sondern evlt. beim Kauf einer teuren Armbanduhr.

Was ich damit sagen will ist, dass wir bzw. unsere Persönlichkeit in der heutigen Zeit schlicht durch andere Menschen bzw. die Gesellschaft geprägt werden, ob wir wollen oder nicht. Würde man, so ein kleine (zugegebenermaßen unverschämt utopische) Theorie am Rande, hundert Babys nehmen, sie für zwanzig Jahre gesellschaftlich isolieren, und ihnen dann ein Klassik- und ein Hardrockstück vorspielen, wüssten sie wohl kaum, welches wie einzuordenen ist. Lediglich ihr persönlicher Geschmack (nächste interessante Frage: Wie würden die Urteile wohl ausfallen?), welchen man bei der ganzen Diskussion nicht zuletzt auch nicht außen vor lassen darf, würde über Gunst und Ungunst bezüglich des Gehörten urteilen. Von ins Philosopische abschweifenden Ansätzen von wegen "unterbewusstes Gesamtbewusstsein aller Menschen" sehe ich dabei jetzt ab, irgendwann ist einfach eine Grenze der Komplexität erreicht, die ich zumindest ohne finanzielle Entschädigung nicht bereit bin, zu übeschreiten ;)

Prinzipell muss man daher lediglich entscheiden:

1. Definiert das bestehende gesellschaftliche Bewusstsein den Begriff "elitär" überhaupt erst? Wenn ja, dann ist Klassische Musik per definition elitär.

2. Betrachtet man Musikgenres komplett neutral von Geschmäckern, Einstufungen, gesellschaftlichen Zugehörigkeiten, Interessengruppen, quasi als "audiellen Whiteroom", dann ist Klassische Musik per definition nicht elitär.

Ich tendiere allerdings zu ersterer Variante, aus einfachem Grund: Gerade weil sich Punks die Haare pink färben, Gothic-Hörer die Augen schwarz schminken, Hopper Baggys tragen, etc. ist es imo auch berechtigt, Klassikhörer in eine etwas "noblere" Ecke zu schieben. Das ist auch nicht verwerflich, solange man für sich zu dieser Tatsache eine neutrale Distanz wahrt, und sich nichts darauf einbildet (und eben das bezweifle ich dafür umso mehr bei Frau Ludwig, weniger als Künstlerin, sondern mehr als Person betrachtet. Aber das mag ein subjektiver Eindruck sein....), Klassik zu hören. Auch ich erfreue mich unter Anderem gerne und viel an der klassischen Musik, bin aber deswegen nichts Besonderes oder Besseres als eine zwölfjährige Rotzgöre, die ausschließlich Katy Perry rauf und runter hört, während sie Schule schwänzt.

Das ganze könnte man auch umdrehen, und sich die Frage stellen: "Ist Punkrock abgefuckt?"
 
Warum macht man solch ein Tohuwabou eigentlich immer um Musik:rolleyes:
Ich lese auch lieber irgendwelche mitreißenden Romane, als Schiller:D
Und für mich ist das eine ähnliche Situation wie mit der modernen Kunst... Mitlerweile gillt es ja auch schick sich einen Farbenmatsch in die Wohnung zu hängen oder einfach ein weißes Bild und es dann "Das Nichts" zu nennen. Dann kommen wieder die ganz schlauen und sagen: "Ja, aber der Picasse, DER kontte das!" ... Natürlich konnte er das, das Problem liegt aber nicht in der Kunst itself begraben, sondern den Urteilenden, wie in dem Interview ziemlich gut beurteilt:) Wenn man einem Unwissendem ein Picasso Bild vor die Nase hält und sagt man hätte es selbst gemalt, würde er warscheinlich die Nase rümpfen und fragen, was das denn für Mist sei. Wenn aber Picasso DRAUFSTEHT ist es plötzlich unheimlich toll und kreativ:p

Da fühlt man sich als Künstler zurecht verarscht
 
Warum macht man solch ein Tohuwabou eigentlich immer um Musik:rolleyes:
Ich lese auch lieber irgendwelche mitreißenden Romane, als Schiller:D
Und für mich ist das eine ähnliche Situation wie mit der modernen Kunst... Mitlerweile gillt es ja auch schick sich einen Farbenmatsch in die Wohnung zu hängen oder einfach ein weißes Bild und es dann "Das Nichts" zu nennen. Dann kommen wieder die ganz schlauen und sagen: "Ja, aber der Picasse, DER kontte das!" ... Natürlich konnte er das, das Problem liegt aber nicht in der Kunst itself begraben, sondern den Urteilenden, wie in dem Interview ziemlich gut beurteilt:) Wenn man einem Unwissendem ein Picasso Bild vor die Nase hält und sagt man hätte es selbst gemalt, würde er warscheinlich die Nase rümpfen und fragen, was das denn für Mist sei. Wenn aber Picasso DRAUFSTEHT ist es plötzlich unheimlich toll und kreativ:p

Da fühlt man sich als Künstler zurecht verarscht
Als Künstler, der Picasso heißt oder als Künstler, der nicht Picasso heißt? :D

Nein - es stimmt ja schon, dass nicht die Künstler und das Publikum direkt aufeinander treffen (was das nun wieder gäbe, das weiß der Himmel ... ;) ), sondern dass dazwischen Manager, Medien, Verleger und Kritiker (über die beiden gibt es meines Wissens Räume füllende Äußerungen teils herzlicher meist weniger herzlicher Art seitens der Künstler), Veranstalter (neuerdings geht der Trend ja zum event) und schließlich Sponsoren und die schöne Welt der Werbung und des Marketings sich munter tummeln und rangeln und alle ein Scheibchen dabei tun und dann hernach wieder abhaben möchten.

Alles nicht unbedingt neu - in der Klassik spielten wohl Sponsoren und Förderer eine größere Rolle als heute - aber ob das eine nun schöner war als die "offene" Welt der heutigen Vermarktung, das sei mal dahingestellt.

In der Klassik kommt ja noch eine Aufteilung hinzu, die im Pop-Bereich nicht unbedingt so wirksam ist: Komponist - Dirigent - Interpret bilden ja ein mal spannungsreiches, mal kongeniales, in der Regel aber fragiles Konglomerat - und was am Ende dabei rauskommt, dringt in die Ohren des mal geneigten, mal sich sowieso nur sich selbst präsentieren wollenden Publikums ...

Dass am End die Kunst der Künstler überhaupt noch eine Rolle spielt - das ist eigentlich das wahre Wunder ...
 
Und für mich ist das eine ähnliche Situation wie mit der modernen Kunst... Mitlerweile gillt es ja auch schick sich einen Farbenmatsch in die Wohnung zu hängen oder einfach ein weißes Bild und es dann "Das Nichts" zu nennen. Dann kommen wieder die ganz schlauen und sagen: "Ja, aber der Picasse, DER kontte das!" ... Natürlich konnte er das, das Problem liegt aber nicht in der Kunst itself begraben, sondern den Urteilenden, wie in dem Interview ziemlich gut beurteilt Wenn man einem Unwissendem ein Picasso Bild vor die Nase hält und sagt man hätte es selbst gemalt, würde er warscheinlich die Nase rümpfen und fragen, was das denn für Mist sei. Wenn aber Picasso DRAUFSTEHT ist es plötzlich unheimlich toll und kreativ

Den Text versteh ich nicht. Welche Situation vergleichst du mit der Situation in der modernen Kunst? Ist 4'33'' schick? Ist Le sacre du printemps nur toll und kreativ, weil Strawinsky draufsteht?
 
Den Text versteh ich nicht. Welche Situation vergleichst du mit der Situation in der modernen Kunst? Ist 4'33'' schick? Ist Le sacre du printemps nur toll und kreativ, weil Strawinsky draufsteht?
Ich habe ihn eher so verstanden, dass es um diese Violinen-Frau-Mutter geht oder um Nigel Kennedy oder um Karajahn oder um Mozart oder um die Gouldberg-Variationen oder vielleicht in diesem Jahr darum, ob eher Händel oder Haidn oder Mendelsohn-Bartholdy von dem Hype profitieren - also eher um "Markennamen" im Klassik-Bereich ...

Bei Interpreten oder Dirgigenten sehe ich im Musik-Bereich eher eine ähnliche marktwirksame Auswahlpraxis wie im Bereich der Malerei.

Klassiker als solche haben ihren dauerhaften Wert im einen wie im anderen Bereich.

Aber generell empfinde ich es schon so, dass in der Malerei viel schnell-lebiger vorgegangen wird, neue Trends und auch Techniken und Künstler eine viel größere Rolle spielen als im Bereich klassischer Musik. Aber ich kann mich täuschen - so sehr stecke ich halt nicht drin - ich bekomme da wohl eher die Spitzen des Eisberges mit ...

x-Riff
 
Den Text versteh ich nicht. Welche Situation vergleichst du mit der Situation in der modernen Kunst? Ist 4'33'' schick? Ist Le sacre du printemps nur toll und kreativ, weil Strawinsky draufsteht?

Wir kommen der Sache näher :)
Wer entscheidet denn bitte, was genau kreativ und toll ist und was nicht...

Jeder sollte das EIGENTLICH für sich tun, nicht wahr? Nur leider ist der Mensch ziemlich beeinflussbar und orientiert sich deshalb gerne an anderen Meinungen. Da Picasso (sorry das ich immer Picasso als Vergleich nehme, aber der eignet sich so gut:D ) also ziemlich berühmt ist und jeder irgendwo schoneinma gehört hat, wie gut die Bilder sind, (sie sind gut!:p ) urteilt man selbst automatisch besser darüber wenn man sie sieht.
Es kommt also darauf an, wie man was verpackt, dass ist genau dasselbe wie in der "miteinander komponieren" Ecke.
Wenn ich meine Kompositionen mit guter Audioqualität aufpeppe, bekomm ich gute reviews, wenn ich das als Midi hochladen würde, wäre ich hier schon längst wegen Ohrenbeleidigung rausgeworfen worden:rolleyes: :D

Zurück zur Ursprungsfrage: "Wer entscheidet denn bitte, was genau kreativ und toll ist und was nicht..." -> Man kann es objektiv und subjektiv entscheiden.
Wenn also der Professor für Komposition in einem Beethoven Werk einen Satz, der in einem Satz, der wiederum in einem Satz, der in einer Peridode steckt findet, kann er objektiv sagen, dass das GUT und TOLL und KREATIV ist.
Und was meint ihr, wie sehr sich das auf den subjektiven Höreindruck auswirkt:)

Wennalso bei DSDS die Jury anfängt jemand als grottenschlecht zu beurteilen, fängt auch Omi vor der Glotze an zu sagen "Ich hab schon immer gesagt der kann nix..." :D

Und was tut man dagegen? Gehirn anschalten, mitdenken und kritisch denken:twisted:
 

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