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Cameron Philips
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Genre: Electro, French House, Nu Rave
Erscheinungsjahr: 2007
Trackanzahl: 12
- Genesis
- Let There Be Light
- D.A.N.C.E.
- NewJack
- Phantom
- Phantom pt. II
- Valentine
- Tthhee Ppaarrttyy
- DVNO
- Stress
- Waters of Nazareth
- One Minute to Midnight
Eine neue Religion?
Das Album von Justice dürften viele kennen und es ist ja auch eingeschlagen wie ne Bombe. Eine Zeit lang galt ihr Sound als ziemlich 'trendy', doch ganz egal ob Justice nun 'in' oder 'out' ist - die Musik auf diesem Longplayer ist wirklich gut!
Das Kreuz der Christen haben sie sich zum Wappen gemacht, aber um hier dran gefallen zu finden, muss man nicht an den Herrn im Himmel glauben...
Der Electro-Stil von Justice ist ein wahres Sounderlebnis!
Die Beats sind pompös, gigantisch, urgewaltig. Eine riesige Welle aus Schall, wie ein Erdbeben, das die Wände erzittern lässt.
"Cross Symbol" (oder wie auch immer das ausgeschrieben heißen mag) dröhnt mächtig aus den Boxen und man hat Angst um das eigene Trommelfell.
Die Lieder verfügen größtenteils über keinen besonderen Aufbau und sind linear angelegt, halten sich ansonsten jedoch nicht unbedingt an die üblichen Club-Mechanismen. Für sich allein betrachtet haben die einzelnen Tracks zwar coole Sounds, aber so richtig Sinn machen sie deswegen erst als Teil des Gesamtwerks. Und wenn man das so betrachtet, muss man auch klar sagen, dass dieses Konzept funktioniert!
Bei all dem Lob gibt es aber einen kleinen Haken: Nämlich, dass auf "Cross" ein paar grobe Ausrutscher reingefunden haben. Besagte Tunes sollen wahrscheinlich für etwas Variation sorgen, sind aber misslungen und heben sich negativ vom Rest ab.
Als roter Pfaden zieht sich das christliche Symbol durch das eben danach benannte Album. Das zeigt sich dadurch, dass einige Titel biblischen Bezug haben und vor allem an den charakteristischen Sounds, die an Kirchenorgeln oder andere religiöse Motive erinnern sowie antike Klänge, die Assoziationen an die Zeit des alten Testaments hervorrufen, auch wenn natürlich einige Tracks dabei sind, die mit dem Christentum überhaupt nichts am Hut haben.
Und was gibt's sonst so zu hören? Ein bisschen altmodischer Disco-Sound, immer wieder stimmige Retro-Synthies in den Zwischenpassagen, und eine Menge "Elektronik-Geschrammel", falls es diesen Begriff geben sollte
Was dieses Album außerdem ausmacht, ist diese Mischung aus Melodie und disharmonischem Geräusch-Splatter. Der Sound ist durchzogen von Störgeräuschen, Unterbrechungen und verzerrten Lauten und beim ersten Mal klingt manches doch glatt nach Lärm, man wünscht sich, dass die Musik etwas flüssiger durchlaufen könnte, ehe man dann begreift, das genau das den besonderen Reiz ausmacht. Gerade die lauteren Tracks klingen ziemlich chaotisch, sind aber sehr interessant und innovativ zusammengesetzt. Dennoch wissen aber auch die leisen Töne zu überzeugen und selbst in den großern Brechern findet man das ein oder andere melodische Element.
Genesis ist die denkbar beste Möglichkeit um ein Album zu eröffnen. Zuerst beginnt es mit diesen unglaublichen archaischen Hörnern und man steht jetzt schon mit offener Kinnlade da. Nach mehr als einer halben Minute setzt dann der mächtige Beat ein, der sich immer weiter steigert und dann schließlich auf so geniale Art und Weise ohrenbetäubende Züge annimmt, bevor nach dem Höhepunkt dann der erste Melodiefetzen fallen gelassen wird. Einfach großartig.
Der zweite Streich nennt sich Let There Be Light, ist relativ schnell unterwegs und lässt die Kirchenorgel - oder zumindest etwas das so ähnlich klingt - über den Beat blubbern. Auch das ist wieder recht gelungen und wird mitunter gehörig derbe, um dann zum Ende hin plötzlich sehr harmonisch auszuklingen, was auf dem Album übrigens recht häufig der Fall ist.
Ausgerechnet D.A.N.C.E., ihr absoluter Mega-Hit, gehört zu den eher schwächeren Sachen auf der Scheibe. Ein bisschen altmodische Disco-Mucke hier, nervenstrapazierender Kinderchor da, und das mit einem ebenso massentauglichen wie unspektakulären Beat ohne Besonderheiten zusammengeschraubt. Geht zwar angenehm in die Gehörgänge, ist ansteckend, aber einen klaren Aufbau sucht man vergebens.
Wie eine 3 1/2-minütige Störung kommt NewJack daher. Irgendwie merkwürdig diese Nummer. Auf der einen Seite sehr funky und tanzbar, aber andererseits sehr fordernd, da die Strukturen ständig unterbrochen werden und der Beat extrem zerhackt klingt. Dennoch ein äußerst interessantes Teilstück, weil man zwischen den kaputten Beatfetzen immer wieder coole Töne heraushört.
Das Doppelgespann aus Phantom und Phantom pt. II ist fast schon legendär, würde ich sagen, und vor allem der erste Part ist hervorragend, aber auch Pt. II macht sich gut. Beides sind sehr kraftvolle Stücke, die trotz ihrer fetten Bässe und der gekonnt kaputten Struktur sogar Ohrwurmqualitäten beweisen.
Valentine ist eine gute Verschnaufspause zum richtigen Zeitpunkt. Klingt seeehr französisch, hört sich jedoch auch irgendwie an wie der Soundtrack eines alten japanischen RPGs. Harmonie ist hier quasi ins Extreme übersteigert, was aber gar nicht stört.
Tthhee Ppaarrttyy kann dagegen nicht überzeugen. Sorry... aber die Vocals von Uffie sind einfach voll daneben, das können die souveränen Beats von Justice auch nicht mehr retten. War wohl nur eine Gefälligkeit gegenüber der Labelkollegin, anders lässt sich diese Katastrophe nicht erklären
DVNO würde ich auf gutes Mittelmaß schätzen. Die Vocals sind sehr 'aufdringlich', sorgen aber auch dafür, dass der Track sehr eingängig wird und im Gedächtnis festhängt. Das Arrangement bleibt etwas austauschbar; auch wenn die Jungs das Teil erwartungsgemäß sauber heruntergearbeitet haben, so kommt es doch nicht über einfachen Durchschnitt hinaus. Im Club aber, geht dabei bestimmt immer ordentlich was ab. Wem das reicht...
Ungewöhnlich und ideenreich ist der 10. Track, passend mit Stress tituliert, denn dieses Teil kommt nie zur Ruhe - Hektik pur! Hier kitzeln Justice wieder mal eine Menge an interessanten Sounds heraus, doch die Nummer wirkt unter Umständen beim ersten Mal etwas abschreckend. Man muss sich 'Stress' mehrmals reingezogen haben, bevor man eine klare Linie erkennt.
Waters of Nazareth ist das absolute Highlight! Extrem druckvoll, schroff, fett bis unter die Decke und so angelegt, dass man beim ersten Hören einfach nur fasziniert ist vom heftigen Sound, und später dann die ganze Genialität der Konstruktion erkennt, weil es nicht so ganz glatt und zugänglich ist, aber man doch eine feste Ordnung raushört. Bei diesem 'Kirchen-Synth' stellen sich einem die Nackenhaare auf. Electro at it's best!
Den letzten Track auf der Scheibe darf man auch nicht vergessen, One Minute to Midnight ist einfach der Hammer! Bei weitem nicht so laut, dick und übersteuert wie z.B. 'Phantom' oder 'Waters of Nazareth', sondern viel ruhiger und ausgeglichener, aber trotzdem keinesfalls zum Ausruhen! Klingt auf mich irgendwie wie eine epochale Weltenreise von Oddysseus durch die antike Welt...
Genial wie melodiös Justice hier ist, ohne dabei poppig zu klingen und was für Emotionen es in einem hervorruft, ohne dass es in irgendeiner Form kitschig ist. Definitiv ein Gänsehaut-Tune!
Das erste Studio-Album von Justice ist insgesamt also wirklich sehr hörenswert, nur halt eben nicht unbedingt für jeden das Richtige, da der Sound anstrengend sein kann.
Auch wenn jetzt nicht mehr 2007 ist, so denke ich doch, dass die Musik ohne Frage heute noch ne ganz große Sache ist, und alles in allem sehr gut gemacht. Justice haben gezeigt, dass sie was draufhaben, jetzt bleibt nur die Frage, ob sie diese Klasse halten können.
Anspielvorschläge: Genesis, Phantom, Stress, Waters of Nazareth, One Minute to Midnight
Skip-Tipp: Tthhee Ppaarrttyy
Skip-Tipp: Tthhee Ppaarrttyy
8,5/10
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