Wenn ich auf meiner Gitarre 3 Töne nach diesen Obertönen stimme, klingt das astrein nach Moll, schwebungsfrei, pure Minor.
Aber der Mollakkord, der sich aus diesen Harmonischen ergibt klingt gut! Reines Moll, keine Schwebungen!
Deshalb verstehe ich nicht, warum es da "in den Tiefen musiktheoretischer Erörterungen eine Verwirrung und Skepsis" dem Mollakkord gegenüber gibt. Er klingt gut und läßt sich aus den Harmonischen einwandfrei herleiten. Woran soll ich da noch zweifeln?
Danke für dein Experiment! Das hätte ich besser auch mal machen sollen statt irgendwelchen halben Kram aus dem Gedächtnis hervor zu kramen!
(Meine Post #66 habe ich mit einem Hinweis auf dein Experiment ergänzt.)
Es beweist auch, dass allzu theoretische Betrachtungen in der Musik in die Irre führen können. Musik ist nun mal ihrem Wesen nach existierender und praktizierter
Klang und weniger gedachtes Konstrukt. Und was in der Praxis gut klingt, wird benutzt. Wie ich weiter oben schon schrieb, müssen auch und gerade musikalische Ohren eine gewisse Toleranz gegenüber kleinen Frequenzabweichungen haben. Die reine Terz ist daher genauso "richtig" wie jede temperierte Terz. Sie unterscheiden sich nur in ihren praktischen Anwendungsbereichen im Zusammenhang mit harmonischen, instrumentalen usw. Kontexten.
Wobei zu berücksichtigen ist, dass die Empfindung, was schön und "richtig" klingt über die Zeit, die Genres und nicht zuletzt wegen persönlicher Vorlieben und Abneigungen weder jemals konstant noch gar eine Norm war und ist. Auch in dieser Hinsicht sollte Toleranz für alle geboten sein.
Bei der Frage nach dem Warum kommt man schlussendlich immer bei der Antwort raus: Ist halt einfach praktisch so, wie es ist. Weil es wäre es nicht so praktisch, hätten wir es anders gemacht, so dass es wieder praktisch wäre.
"Praktisch" ist sicher ein nennenswerter Aspekt. Ich würde aber gerne noch "sinnvoll" und vor allem "schön klingend" ergänzen wollen.
In früheren Zeiten scheint Pragmatismus auch mehr verbreitet gewesen zu sein als heutzutage.
Dennoch hat mich mein Gedächtnis nicht wirklich getäuscht als ich über die Skepsis gegenüber Moll in Bezug auf die theoretische Herleitung aus den Obertönen schrieb.
Ich habe noch mal nachgeschlagen und bei Hindemith dazu eine aufschlussreiche Passage gefunden (PDF "Molldreiklang" im Anhang).
In Schönbergs Harmonielehre nimmt die Herleitung aus den Obertönen einen geringeren Umfang ein, zum Molldreiklang selber schreibt er im betreffenden Kapitel nichts. Zur Molltonleiter gibt es dann wohl ein ausführliches Kapitel.
Aus der Herleitung und dem Kapitel über Moll habe ich einige Seiten gescannt und hier angehängt (Schöneberg_1.PDF und Schönberg_2.PDF).