Mein Weg zur Improvisation

...dass man akkorde einzeln nicht auswendig lernen soll (Claus und piano1071) und jetzt doch wieder.
"Akkorde" sind ein weites Feld und es wird nicht einfacher, wenn Du dich auf thematisch und methodisch unterschiedliche Lehrwerke beziehst und dies auf deinem jetzigen Stand gleichzeitig verwendest.

Stufe 5/6 ist so fortgeschritten, dass Kenntnis der allgemeinen Musiklehre vorausgesetzt wird, weil man die in den ersten 2-3 Jahren bei qualifizierter Ausbildung intus haben sollte. Mein Tip dazu ist ganz praktisch (wenig Erklärungen, viele Übungen) seit 40 Jahren Lisl Hammaleser, Musiklehre compact.
Das beantwortet auch deine Fragen zu Akkordaufbau von Dreiklängen, deren Umkehrungen und die Anwendung in der Musik (vierstimmiger Satz).
Rock, Pop und Jazz beruhen letztlich auch auf dieser Grundlage, aber nicht nur und nicht unbedingt in Dreiklängen.
Jedenfalls muss man das verstanden haben, wenn man handwerklich an die Improvisation herangehen will, sonst ist bald kein Durchblick mehr möglich.

Meine Antwort "nicht auswendig lernen" bezog sich auf den Sachverhalt der Jazz Akkorde in ihrer konkreten Anwendung, den sogenannten Voicings.
Zunächst empfehle ich da den Umgang mit der Grundform, das sind Vierklänge der verschiedenen Akkordtypen.
Wenn man methodisch statt allein über Gehör und Stücke lernt, dann lernt man die nicht Akkord für Akkord, sondern über den Aufbau der Voicings (=konkrete Verteilung der Töne auf die Tasten).

Ein solches grundlegendes Voicing für den Anfang ist 1 7 3 5 - was bedeutet das?
Die Zahlen stehen für die abgezählte Stelle in der Tonleiter. 1 73 5 bedeutet bei der Durtonleiter also linke Hand: Grundton (1) und (große) Septime, rechte Hand: (Dur) Terz und Quinte, als Töne: c h e g

Eigentlich werden in Pop und Jazz die Töne aber in englischer Schreibweise notiert, das sind immer Großbuchstaben.
Weitere Unterschiede an Beispielen: B statt h und Bb statt b, Ab (A flat) statt as und F# (f sharp) statt fis
Es ist zur eindeutigen Verständigung sinnvoll, sich an dieses System zu halten, wenn wir über uns über Rock Pop und Jazz austauschen.

Erste Übungen für das Voicing von oben sind die maj7 Akkorde (C E G B) chromatisch aufwärts und abwärts zu spielen, ebenso im Quintenzirkel, genauer gesagt links herum, gegen den Uhrzeigersinn oder musikalisch formuliert in fallenden Quinten: C F Bb Eb Ab Db Gb/F# B E A D G C.
Man übt das zunächst langsam und sorgfältig, sonst wird man sich schnell immer wieder verspielen.
Erst vorstellen, dann die Finger in einer Bewegung aufsetzen, ich denke eher über die Ziffern im Bezug zum Grundton, inzwischen weiß ich natürlich auch ganz automatisch immer die Töne jedes Akkords.

Wenn man sich verrgreift, dann wird die Bewegung vom vorigen Akkord zum gesuchten mehrfach wiederholt, wirklich langsam und vorüberlegt, wo welcher Finger hin muss, damit eine fehlerfreie Ausführung ins Gedächtnis geschrieben wird.

Wenn diese beiden Übungen für das erste Voicing chromatisch und fallende Quinten langsam fehlerfrei funktioniert, dann nimmt man das Metronom dazu. Üben mit Metronom ist der Schlüssel zur sauberen und schnellen Ausführung.
Man spielt die Übung in sicher ausführbarem Tempo, also relativ langsam bis ruhig fließend noch ohne Rhythmisierung wie z.B. Charleston, sucht die passende Schlagzahl auf dem Metronom und steigert bei fehlerfreien Durchgängen die Klicks, bei mir sind das normalerweise 4 Klicks schneller, mein altes Korg lässt die Schrittweite einstellen (1, 2 oder 4).

Bei Moehrke wird das erklärt, die Akkordtypen und natürlich weitere Voicings sowie Übungsblöcke vorgestellt. Hat man die grundlegenden Voicings geübt folgt auch schon der erste Standard, weil man so bereits nach kurzer Zeit einfach, aber durchaus ansprechend leadsheets harmonisieren kann.
voicings1.jpg

Wenn man das Prinzip verstanden hat braucht man eigentlich keine Noten für die Übung.
Ansonsten empfehle ich die Anschaffung des angesprochenen Lehrwerks von Philipp Moehrke, Jazz Piano Voicings. Da werden die Übungen erklärt, ausnotiert, Tips gegeben und natürlich weitergeführt.

Gruß Claus
 

Anhänge

  • Voicings 1 maj7.pdf
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Ich nehme eure Tips doch immer an. Hab ich mich falsch ausgedrückt? Ich hab nur gefragt wie man alle akkorde am effizientesten auswendig lernt weil ich gehört habe,man muss sie auswendig koennen.(mein Klavierlehrer) Und hier dann wieder gesagt bekommen, dass man akkorde einzeln nicht auswendig lernen soll (Claus und piano1071) und jetzt doch wieder.(sogar mit Zetteln? )
Meine Frage mit den Akkorden war anscheinend total doof oder ist falsch verstanden worden.
Vergesst meine ganzen Beiträge einfach, kann man den Thread löschen bitte?

Nee, war sie gar nicht. Aber die Antworten zeigen, das es eben verschiedene Herangehensweisen gibt. Wie Du bereits bemerkt hast, ist z.B. Claus ein Fan der systematischer Herangehensweise. Ich hingegen bevorzuge eher den praktischen, bedarfsorienterten Ansatz. So unterschiedlich sind die Menschen nun mal. Welcher Weg stimmt für Dich? Das kannst nur Du entscheiden.
Wenn Du in der Schweiz wohnst und Lust hast, dann kann ich Dir gerne ein paar Sachen zeigen (obwohl ich beileibe nicht kompetent dazu bin)..
 
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ich wohne leider nicht in der Schweiz. Aber danke trotzdem für dein Angebot :)

danke Claus trotzdem für die vielen Erklärungung. Wie gesagt, über den Aufbau von Akkorden, wie man sie bildet, wie man Bluesskalen bildet etc weiss ich bescheid. Das ist alles kein Problem. Auch benutze ich hier wo ich lebe eh nur die Internationale Schreibweise, bzw muss umdenken, wenn im Kurs oder Gruppe von do re mi sol etc gesprochen wird ;)
Ich übe dann mal so wie du es erklärt hast , ich brauche glaub auch eher diese systematische Herangehensweise. Obwohl ich natürlich "nebenbei" auch viel ausprobiere, so wie Piano1071 es vorgeschlagen hat. Ich werde dann herausfinden, was am besten zu mir passt. Ich hab ja erst vor kurzem damit angefangen, mich mit der Improvisation zu beschäftigen.
 
Wenn Du so lernen willst, dann schau, ob das "Jazz Keyboard Harmony" so darauf eingeht, wie Du dir das vorstellst.
Die allg. Musiklehre bis zum vierstimmigen Satz brauchst Du auf jeden Fall, ob aus dem empfohlenen Büchlein oder aus dem Netz, z.B.
http://www.lehrklaenge.de/PHP/Akkorde/AkkordeAllgemein.php

Bei Improvisationübungen ist es wirklich ein guter Tip, sich immer wieder mit der Einführung von Nick Homes zur Blues-Improvisation zu beschäftigen und genau das auch selbst zu machen, dazu allenfalls noch die Moll Pentatonik.
Je mehr das im Ohr verankert ist, desto besser kann man improvisierend Blues und Verwandschaft bis hin zu Rhythm Changes spielen.
youtube.com/watch?v=IzWEyHTu_Zc

Es ist m.E. unmöglich, auf alle wichtigen Dinge per Forendiskussion einzugehen. Statt dessen können wir immer nur Ansatzpunkte für das eigene Tun benennen oder umgrenzte Verständnisfragen besprechen.

Systematisch bedeutet für mich übrigens auch "praktisch und bedarfsorientiert", deshalb beschreibe ich dafür geeignete konkrete Übungen - musiktheoretische Erörterungen zum Thema wären eine ganz andere Sache. :)

Gruß Claus
 
Es ist m.E. unmöglich, auf alle wichtigen Dinge per Forendiskussion einzugehen. Statt dessen können wir immer nur Ansatzpunkte für das eigene Tun benennen oder umgrenzte Verständnisfragen besprechen.
Ich denke auch, daß da die Grenzen eines Internetforums erreicht sind. Wenn man so etwas wie Improvisation lernen will, braucht man jemanden, der einem das zeigt, z.B. einen Lehrer oder jemanden, der darin schon etwas weiter ist als man selbst. Die ganzen Mißverständnisse, die hier im Forum entstehen können, sind sofort weg, wenn man nebeneinander sitzt, sagt: "Probier das mal so!", und es dann einfach vor macht.

Im Forum gibt es gute Tipps, Tricks und Literaturhinweise, aber einen Unterricht kann es nicht ersetzen.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Eine schöne Übung: Bag's Groove, ein Blues in F.

Zuerst nur die Grundtöne des Akkordschemas in der linken Hand spielen lernen, damit Du die beim Improvisieren auch allein begleitend spielen kanst.
Wenn die Form sitzt in der rechten Hand das Thema "heraushören", sprich mitspielen lernen.
Dann kannst Du dich am Solieren mit der Pentatonik üben und dabei z.B. rhythmische Elemente aus den Original Solos übertragen, die Töne sind insgesamt vielleicht noch zu knifflig.

Gut ist auch die Übung aus dem Blues YT Video von Nick Homes, um etwas über die Beziehung von Tönen zum unterlegten Akkord zu erfahren.
Das geht im "einfachen Blues Schema" besonders gut, weil in der Grundform des Blues auch die Harmonik recht robust ist.



Gruß Claus
 

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