Musik ohne erkennbaren Grundschlag ... formlos ?

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Ex-The Maniac
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Hallo,

Mal eine Frage:
Wie bezeichnet man Musik, bei der es nicht möglich ist einen gleichmäßigen Grundschlag zu finden, also keine erkennbare Metrik (Metrik existiert zwar theoretisch immer, aber...) vorhanden ist ? In welchen Musikrichtungen kommt so etwas vor und welche Wirkung hat Musik, bei der kein gleichbleibender Grundschlag gefunden werden kann. Bei vielen Rockstücken usw. kann man z.b. problemlos stundenlang mit dem Fuß wippen und alles ist im Metrum, also passt zu den Fußschlägen bis auf den Gesang vielleicht.
Aber bei Mozart oder anderer Klaviermusik ist es so, wenn man versucht mit dem Fuß dazu zu klopfen, kann man keinen Grundschlag finden, die Musik fügt sich nicht in den gleichmäßigen Fußschlag ein. Ist Musik, bei der kein gleichmäßiger Grundschlag gefunden werden kann unmetrisch oder unrhythmisch ? Und vor allem kommt das häufig vor oder ist das eine Art Formlosigkeit, die eher etwas mit experimenteller Musik zu tun hat ?
 
Eigenschaft
 
mhm ich bin jetzt zwar nicht der Experte,aber:

Es gibt einige Jazz-Stile bei denen kein gleichmässiger Grundschlag vorhanden/zu erkennen ist.Afrikanische Musik z.b. nutzt sehr oft Polirhytmik,d.h. dass verschiedene Rhytmen gleichzeitig gespielt werden,die sich an gewissen Punkten dann treffen,bzw überschneiden.

Bei Mozart etc. kommen viele Tempiwechsel vor die auch fließend sein können

Wie das wirkt,wirst du vielleicht schon gemerkt haben ;) bei Mozart ist das ja alles ganz angenehm,bei einigen Jazz-Stücken ist es jedoch sehr konfus und eigenwillig.(mein Empfinden)

Bei Afrikanischer Musik kann glaub ich niemand behaupten dass das unrhytmisch ist,bei dem Rest erlaube ich mir jetzt mal kein Urteil ;)
 
Aber bei Mozart oder anderer Klaviermusik ist es so, wenn man versucht mit dem Fuß dazu zu klopfen, kann man keinen Grundschlag finden, die Musik fügt sich nicht in den gleichmäßigen Fußschlag ein. Ist Musik, bei der kein gleichmäßiger Grundschlag gefunden werden kann unmetrisch oder unrhythmisch ?

Interessante Frage. Wenn Dir Noten klassischer Musik ansiehst, findest Du darin jede Menge Angaben zu wechselndem Tempo. Es bleibt z.B. ein 4/4 Takt, aber das Tempo variiert häufig. Wenn Du Dir die:

Liste der musikalischen Vortragsanweisungen - Wikipedia.

ansiehst, findest Du darin jede Menge Angaben zum Tempo und auch zur Dynamik (Lautstärke). Eine profane Metronomangabe sieht da vergleichsweise ziemlich technokratisch aus.

Wegen dieser Variationen klingt ein Stück ja so, wie es klingt. Mal schnell angreifend, mal nachlassend und lyrisch verspielt.

Im Orchester würde ohne Dirigent deshalb auch das völlige Chaos ausbrechen, denn er ist derjenige, der vorgibt, wann was wie schnell gespielt wird, ob allmählich verlangsamt/beschleunigt wird usw. Hierbei gibt es erhebliche und dabei interessante Interpretationsfreiheiten, denn metrononomisch genaue Tempoangaben gab es in früheren Jahrhunderten nicht. Niemand weiß heute exakt, wie z.B. Mozart seine eigene Tempoangabe "moderato" spielte. Vermutlich jedesmal etwas anders... Musik ist halt was Lebendiges.

Das Gegenteil davon ist das durchgehende Tempo. Auch den gab's allerdings in der Klassik bereits, speziell bei Tanzformen wie z.B. dem Menuett. Denn die Leute sollten sich ja dazu rhytmisch bewegen können.
 
Einen sammelbegriff für musik ohne erkennbare metrik kenne ich nicht: der gregorianische gesang orientierte sich am wort, jede art von einstimmigkeit kann metrisch frei sein, Ligeti und Penderecki experimentierten in dieser richtung. Diese musik war a-metrisch, nicht aber un-rhythmisch, denn sie benutzte verschiedene tondauern. In der musikpraxis gibt es meist kürzere einschübe, die sich dem metrum entziehen, bei solo-kadenzen (nicht im harmonischen sinne), a piacere (nach belieben)-stellen, die manchmal in kleinen noten notiert werden, auch die fermate setzt das metrum außer kraft, und nach einer redensart ist nichts so langweilig wie zwei töne gleicher dauer, musiker nehmen sich freiheiten im rahmen des stilvollen, sie spielen "tempo rubato", und Mozart selbst empfiehlt, dass manchmal die rechte hand nicht wissen solle, was die linke tut.
Dein Mozart-beispiel verstehe ich nicht, ein taktschema ist am anfang eines satzes vorgegeben und wird befolgt bis zum widerruf, das metrum ist der pulsschlag der musik, takteinteilung setzt akzente, und du kannst bei jedem satz von Mozart mit dem fuß wippen, was allerdings sehr verpönt ist, denn man erwartet von einem musiker, dass er das metrum fühlt, auch ohne bumm-bumm-bumm. Ohne durchgängiges metrum wäre die dauer von tönen nicht zu definieren, und ohne takteinteilung wäre mehrstimmiges musizieren (es gibt auch solche versuche) schwer möglich.
Formlosigkeit ist wieder etwas anderes, aber wenn gewünscht, klären wir die begriffe.
 
Progressive Rock/Metal, da kann man oft nicht mit dem Fuss durchwippen, da das 9/11 oder 21/8 nicht gerade bevorzugen :)
 
Das beschriebene Phänomen ist:
Ich kann mit dem Fuß nicht durchwippen.

1. Gradtaktige Stücke mit durchgehnder Zählzeit
Durchwippen bis zum Ende. Kein Problem.

2. Nicht gradtaktige Stücke mit durchgehender Zählzeit
Im Prinzip kannst Du durchwippen. Da wir aber gewohnt sind, auf 1 oder 3 zu wippen (also nicht die Zählzeiten mitzuwippen) wird das als "ich kann nicht durchwippen" empfunden. Sehe ich aber nicht so.
Alles beruht auf einer Zählzeit - ist also keinesfalls unrhythmisch. Einen Walzer können wir alle mitwippen - in der Regel auf der 1. Bei einem 6/8 gibt es in der Regel auch keine Probleme. Dass man das Gefühl hat, bei Take 5 (5/4) oder Salisbury Hill (7/4) wird´s schwierig, liegt nur an unserer mangelnden Erfahrung und unserer Gewohnheit, eine gradtaktige 1 zu vermuten.

3. Musik mit wechselnden Betonungen / Variationen der Betonung bei gleichmäßiger Zählzeit
Viele Prog-Rock-Geschichten mit Einschüben, die 7/4, 9/4 oder weiß der Geier was sind - die sind ja extra darauf angelegt, überraschend und nicht einkalkulierbar und damit spannend zu sein. Das wird ja bewußt als Mittel eingesetzt.
Würde man die Zählzeiten mitwippen, hätte man kein Problem.

Es gibt übrigens etliche ältere Tänze, die einen 2/4 mit einem nachfolgenden 3/4 kombinieren und von den Leuten damals weder als ungerade noch als unrhythmisch empfunden wurden - alles eine Frage der Gewohnheit.

4. Wechselnde Tempi - Dynamik im Rhythmus
Wie schon angeführt: Klassik, auch bei vielen Volksliedern, im Jazz, bei "Gipsy Musik" gerne verwendete Variation, die die Musik auch interessanter und auch gefühlsmäßiger macht. Hier soll man auch nicht mitwippen. Gerade das Sture, maschinenmäßige soll vermieden werden. Deshalb braucht man auch, wenn mehrere Musiker das umsetzen, einen der das Tempo und die Dynamik angibt.

5. Polyrhythmus
Die angeführte afrikanische Musik ist polyrhythmisch: d.h. mehrere Rhtytmuspatterns überlagern sich und treffen irgendwann aufeinander. Sie beziehen sich aber auf eine Zählzeit, sonst funktioniert es nicht. Die Zählzeit kann man immer mitwippen.

Letztlich auch nur auf Gewohnheit beruhend, dass wir als Europäer das Gefühl haben, wir können nicht mitwippen.

Fazit:
Es gibt Musikarten, die keine durchgehende Zählzeit haben. Das ist dann so gewollt und man soll auch nicht mitwippen.

Beim Rest gibt es durchgehende Zählzeiten. Und da ist es nur gewohnheitsbedingt, dass wir bei polyrhytmischen, ungeraden oder wechselnden Bedonungen das Gefühl haben, wir können nicht mitwippen.

Ich empfinde die ganze europäische/abendländische Musik (mit Ausnahme der Tempi-Variationen) als rhythmisch extrem arm. Letztlich (hier mit Ausnahme des Jazz) haben wir einen 2/4, 4/4 oder einen 3/4 - und das wars. Alle spannenderen Sachen sind letztlich Importe (lateinamerikanische oder afrikanische Rhythmen). Die Domäne der abendländischen Musik ist die Harmonie. Rhythmisch ist das alles sehr einfach.

Und dann hat es mit Einführung von Metronom, Maschinenbeats, Studioproduktionen noch einmal einen kräftigen Schub in Richtung einfache Rhythmen bei durchgehenden Zählzeiten gegeben.

Also ich will da nicht falsch verstanden wissen: Ich beschreibe hier die Pole so, wie ich sie sehe. Ausnahmen gibt es ohne Ende. Aber eben auf Grundlage der Regel.

Ich möchte das auch nicht wertend verstanden wissen, sondern beschreibend. Ich fahre durchaus auf gradtaktige Beats mit durchgehenden Zählzeiten ab.

x-Riff
 
ich glaub, ich meinte 9/8 und 11/8, hab das aber irgendwie vermischt mit dieser Nortufnummer 911.. :)

aber 9/11 wär echt krass, da wippt kein Fuss mehr.

Allerdings ist das ganze echt eine Sache der Gewohnheit. Man kann auch ungerade Rythmen "mitwippen" wobei man da die Abstände der einzelnen Wippbewegungen variieren muss, ja nach Beat halt. Aber geht ganz easy, wenn man die Linie und das Stück an sich ein wenig im Kopf hat.

"...man muss Musik denken..." :)
 
Z.B. bei debussy kann man oft nicht mher das Metrum erkennen. hör dir z.b. mal voiles von ihm an.
 
Ich empfinde die ganze europäische/abendländische Musik (mit Ausnahme der Tempi-Variationen) als rhythmisch extrem arm. Letztlich (hier mit Ausnahme des Jazz) haben wir einen 2/4, 4/4 oder einen 3/4 - und das wars. Alle spannenderen Sachen sind letztlich Importe (lateinamerikanische oder afrikanische Rhythmen). Die Domäne der abendländischen Musik ist die Harmonie. Rhythmisch ist das alles sehr einfach.

Oh, oh, oh, da herrscht klärungsbedarf!
Zunächst ist "rhythmus" nichts anderes als der wechsel verschiedener tondauern, die dem kontinuierlich fließenden metrum aufmoduliert sind, und mit der taktart hat er wenig zu tun. Wer freilich "rhythmus im blut" hat und "heiße rhythmen" produziert, geht von einer anderen bedeutung des wortes aus, und verbindet andere vorstellungen damit. Das ist wie mit "rasant", das auch immer herhalten muss für dinge, für die es nicht zuständig ist.
Kann es sein, dass die welt der klavierspieler und orchestermusiker anders aussieht als die der gitarristen und schlagzeuger? Ich kenne kaum ein rhythmisch komplizierteres gebilde als den langsamen satz aus Bachs "Goldberg-variationen" und mit Débussy, Schönberg, Strawinski, Messiaen, Charles Ives und Bartok ist auch nicht gut kirschen essen, und das will genau gelesen und gespielt werden, nicht "jazzig" improvisatorisch ad libitum.
Rhythmisch alles sehr einfach? Ja, für den, der es nicht kennt und nicht spielt, aber das sollte nicht unser maßstab sein. Wie sagte meine partnerin neulich bei einer violinsonate von Ives? "Da waren wir aber nicht zusammen!", sie hat hat nur ihre stimme vor sich, ich das ganze: "Nein, wären wir zusammen gewesen, wären wir falsch gewesen!"
 
Günter Sch.;2108338 schrieb:
Oh, oh, oh, da herrscht klärungsbedarf!
....
Kann es sein, dass die welt der klavierspieler und orchestermusiker anders aussieht als die der gitarristen und schlagzeuger?
...
Ja, für den, der es nicht kennt und nicht spielt, aber das sollte nicht unser maßstab sein. ...
Diesen Klärungsbedarf monierst Du zu Recht, Günter.

Ich komme tatsächlich vom schlagzeug her und meine eher beats, Takte oder rhytmische pattern und Polyrhythmen, die auch eher von percussion-instrumenten gespielt werden. Würdest Du mir in Bezug auf deren generellen Einfachheit Europas/des Abendlandes im Vergleich zu Lateinamerika, Indien und Afrika Recht geben? Und würdest Du mir Recht geben, dass generell in Europa/dem Abendland die rein rhythmischen Instrumente erstens eine geringe Bedeutung (Klassik, Blaskapelle) haben und zweitens eine sehr untergeordnete Rolle spielen?

In der Klassik kenne ich mich wirklich nicht sehr gut aus. Natürlich gebe ich jederzeit und unumwunden zu, dass auch die harmonischen (sagt man so?) Instrumente rhythmisch spielen - und das mag tatsächlich sehr differenziert, komplex und durchaus nicht einfach sein. Kann es gleichwohl sein, dass sich dabei etwa 90% im Bereich eines entweder 3/4-Taktes oder eines 2/4, 4/4 bzw. Marsches abspielen? Dass beispielsweise sowas wie der Bolero von Ravel in der Klassik eine ziemliche Ausnahme bildet und von klassischen Puristen als sehr/zu stark in Richtung "niedere Musik" gehend betrachtet wird?

Mein Bezugspunkt war immer noch der "wippende Fuß".

Gleichwohl ist alles was Du anführst richtig.

x-Riff
 
Interessante Antworten ...
Ich bringe jetzt der Einfachheit halber mal ein kleines Beispiel :
Mal angenommen wir haben einen 4/4 Takt vorliegen und z.b. 100 bpm als Tempo.
Nun spielt ein Instrument (z.b. ein Klavier, welches Septakkorde spielt) ganz alleine folgende Notenwerte als "Rhythmus" : "punktierte Achtel" - "punktierte Halbe" - "Sechzehntel mit Haltebogen zur nächsten Sechzehntel, die jedoch punktiert ist" - "eine Sechzehntel" - "zwei Viertel" - "zwei Sechzehntel" - "eine punktierte Achtel" - "zwei Zweiunddreißigstel" - "eine Sechzehntel" und zum Schluss noch "eine Viertel".
Wenn man sich nun das ganze mit einem Metronom (oder mit dem Fuß wippen) bei 100 bpm anhört, hört es sich an als ob der Rhythmus nicht zu dem Grundschlag des Metronoms bzw. zum Fußwippen passt. Hätte man hingegen statt den oben genannten Notenwerten nur reine Achtel, Viertel, Halbe, Sechzehntel usw. gespielt würde man problemlos mit dem Fuß mitwippen können, aber so hat man immer das Gefühl, dass die Notenwerte irgendwo zwischen den Grundschlägen beginnen und auch aufhören, es enden so gut wie nie notenwerte auf einer Grund-Zählzeit oder Und-Zählzeit sondern alles verschiebt sich, sodass es nicht mehr zu dem Grundschlag richtig passt. Ich hoffe es wird klar wie ich das meine. Jedenfalls war das so ungefähr meine Ursprungsfrage. Wenn man z.b. ohne einen festen Grundschlag bzw. ein Metronom etc. komponiert können ja durchaus solche Notendauern wie oben entstehen, da man ja nicht an diese rhythmische Form des Metrums gebunden ist. Aber ist das nun gut oder gibt es ein Chaos, wenn später eine zweite Instrumentalstimme dazu kommt, da die erste ja kein vorhersehbares Metrum oder einen gleichmäßigen Rhythmus aufweist. Wenn dann noch eine zweite Stimme dazu kommt, die ebenfalls wieder rhythmisch frei arbeitet, dann entsteht doch mehr oder weniger ein rhythmisches Klangchaos oder liege ich da falsch ? Es müsste doch alles dann durcheinander klingen ...
 
also ich denke mal, der herr threatersteller meint, gerade weil er jetzt das beispiel mit mozart gebracht, hat, dass.....keine ahnung wie ich den satz beenden soll.
also nochmal: bei mozart z.b. isses halt so, die stücke von ihm sind auch in 4/4 oder 3/4 takten, was weiss ich, geschrieben. aber jetzt bei klavierstücken z.b. wird vom pianisten sehr oft das tempo variiert, ritadandos (schreibt man des so??, halt wenn man langsamer spielen soll) benutzt und halt da mal ne pause und da was. und wenn man halt mit dem fuss mitschlagen will, schafft mans net.
also ich denke es kommt sehr auf die person an, die das stück gerade spielt und wie sie es spielt.
aber zur anfangsfrage: eigentlich hab ich keine ahnung, wie man sone musik nennt. wobei ich kann mir eigetlich nicht vorstellen, dass es überhaupt einen namen dafür gibt. ist halt einfach musik, die kein gewisses tempo hat, die man halt grad nach stimmung spielt.
 
Sehr schöne Musik, die sich polyrhytmik wie auch polymetrik bedient:

Minimal Music - Wikipedia

Man kann zwar in manchen Stücken mit dem Fuß mit-tappen, aber meistens ist das fast unmöglich. Steve Reich find ich(drummer) besonders gut!
 
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Ich bringe jetzt der Einfachheit halber mal ein kleines Beispiel :
Mal angenommen wir haben einen 4/4 Takt vorliegen und z.b. 100 bpm als Tempo.
Nun spielt ein Instrument (z.b. ein Klavier, welches Septakkorde spielt) ganz alleine folgende Notenwerte als "Rhythmus" : "punktierte Achtel" - "punktierte Halbe" - "Sechzehntel mit Haltebogen zur nächsten Sechzehntel, die jedoch punktiert ist" - "eine Sechzehntel" - "zwei Viertel" - "zwei Sechzehntel" - "eine punktierte Achtel" - "zwei Zweiunddreißigstel" - "eine Sechzehntel" und zum Schluss noch "eine Viertel".
Wenn man sich nun das ganze mit einem Metronom (oder mit dem Fuß wippen) bei 100 bpm anhört, hört es sich an als ob der Rhythmus nicht zu dem Grundschlag des Metronoms bzw. zum Fußwippen passt. Hätte man hingegen statt den oben genannten Notenwerten nur reine Achtel, Viertel, Halbe, Sechzehntel usw. gespielt würde man problemlos mit dem Fuß mitwippen können, aber so hat man immer das Gefühl, dass die Notenwerte irgendwo zwischen den Grundschlägen beginnen und auch aufhören, es enden so gut wie nie notenwerte auf einer Grund-Zählzeit oder Und-Zählzeit sondern alles verschiebt sich, sodass es nicht mehr zu dem Grundschlag richtig passt. Ich hoffe es wird klar wie ich das meine. Jedenfalls war das so ungefähr meine Ursprungsfrage. Wenn man z.b. ohne einen festen Grundschlag bzw. ein Metronom etc. komponiert können ja durchaus solche Notendauern wie oben entstehen, da man ja nicht an diese rhythmische Form des Metrums gebunden ist. Aber ist das nun gut oder gibt es ein Chaos, wenn später eine zweite Instrumentalstimme dazu kommt, da die erste ja kein vorhersehbares Metrum oder einen gleichmäßigen Rhythmus aufweist. Wenn dann noch eine zweite Stimme dazu kommt, die ebenfalls wieder rhythmisch frei arbeitet, dann entsteht doch mehr oder weniger ein rhythmisches Klangchaos oder liege ich da falsch ? Es müsste doch alles dann durcheinander klingen ...

Also ich weiß nicht.
Punktierte Noten beziehen sich ja auch auf eine (durchgehende) Zählzeit, sonst wüßtest Du gar nicht, dass die punktiert sind. Zumindest weiß das der Komponist und der der´s spielt. Ob eine hinzukommende zweite Stimme diese Punktierungen aufnimmt oder nicht und ob sich das "gut" oder "chaotisch" anhört - ist letztlich Geschmacksfrage.

Dass bei einem starken Einsatz von punktierten Noten und ohne dass eine Stimme quasi die Zählzeiten durchspielt ein "unbedarfter" Zuhörer denkt, es handele sich um keine durchgehende Zählzeit oder so - halte ich für wahrscheinlich.

Dass ein bedarfter Zuhörer - sprich Musiker - schon merkt, wo die durchgehende Zählzeit liegt über die dann punktierte Noten gespielt werden halte ich allerdings auch für sehr wahrscheinlich.

Ob man das als "gut" oder als "chaotisch" empfindet liegt dann im Ohr der Hörer.
Jedenfalls denke ich, dass ein versierter Musiker auch zu einer Stimme mit vielen punktuierten Noten spielen kann, da er die darunter liegende Zählzeit spürt, auch wenn sie nicht gespielt wird.
 
king crimson - moonchild ab dem impro-teil. dann würden mir noch an bands godspeed you! black emperor einfallen (die sphärischen und auch die lärmenden teile etwa auf der platte "f#a#oo" zu finden), free jazzige sachen wie die platte "septober energy" von keith tippett/ centipede, sachen aus dem bereich "zeuhl" wie etwa die letzte platte der band nebelnest, platten aus dem rock in opposition-umfeld (univers zero, art zoyd, doctor nerve fallen mir speziell zum thema "fehlendes metrum" ein).
 
-> Dream Theater: das Metrum fehlt nicht, es gibt mehr als genug davon... :)
 
Um mal auf das Bolero von Ravel zurück zu kommen.
Natürlich ist das vom setzen der Töne her keine tolle Musik. es gibt 2 Melodien, die sich wiederholen.
Es ist aber auch nicht sinn der Sache gewesen, ein kompliziertes Werk zu schaffen Das Bolero war lediglich eine Studie zur Instrumentation.
 
man findet oft in der modernen (klassischen Musik oder einfach e musik) Musik Stücke bei denen ein Metrum oder bzw. eine Taktangabe völlig fehlt, hier dienen die Taktstriche nur noch rein zur Orientierung. Mann kann dann meistens nichtmehr mitklopfen weil die Rhythmik so extrem komplex ist bzw. es einfach nur noch nach zufall klingt wann welche töne in welcher Stärke und Länge erklingen. Oliver Messiaen, ein Komponist der Moderne hat z.B den Begriff Rhythmischer Orgelpunkt geprägt, man versteht soweit ich wieß darunter dass du z.B ein Thema hast welches insgesammt sagen wir mal 35 Zweiundreißigstel lang ist und insich selbst schon sehr komplex in Rhythmik und melodik ist.
Dieses Thema wiederholt sich dann Rhythmisch immer wieder, wobei die Tonhöhen varrieren. In den anderen Stimmen hast du wiederum andere Motive oder Themen mit verschiedenen längen, welche auch komplett unabhängig einsetzen etc... dadurch verlierst du dann im endeeffekt das gefühl für den puls und das Zeitmaß. Was auch sehr interessant ist sind Messiaens " Mode de valeurs et d'itensités Neumes rythmiques". Hierbei handelt es sich soweit ich weiß um Studien oder Stücke bei denen Messiaens in allen Tonparametern eine Art Reihe Bildet, ( sind aber keine strengen Reihen wie bei Schönberg etc.) d.h er hat z.B ein zwölftöniges Motiv, oder Thema und weißt jedem Ton eine eigene Tondauer, Tonstärke und Tonfarbe zu. dann legst du davon 3 verschiedene Motive übereinander. Wenn man es zum ersten mal hört dann klingt es so als ob jeder Ton total zufällig erklingen würden.
 
Hier liegt das problem, wenn jede kleinigkeit sorgfältig geplant ist, der hörer aber den eindruck völliger willkür und zufälligkeit hat, wie soll er sich zurechtfinden? Ich kann eine individuelle musik machen und mich daran erfreuen, ich kann aber nicht erwarten, dass ein funke zu anderen überspringt, die informationskette, der kontakt: macher-spieler-hörer ist gestört.
Ein freund von mir liest für einen verlag korrekturen, er zeigte mir eine riesenpartitur, und wir beide, alte praktiker und vertraut mit neuer musik, fragten uns, wer das zeug denn spielen, geschweige denn anhören solle! Wenn es chaotisch klingen soll, braucht man nur jeden musiker machen lassen, was er will, wie denn die schöne anekdote besagt: man hatte einen exotischen außereuropäer in ein sinfoniekonzert gesetzt, auf die frage, was ihm am besten gefallen habe, antwortete er "das allererste stück, bevor der mann mit dem stöckchen kam!"
In der beschränkung zeigt sich erst der meister, kein schlechtes motto!
Ein aufschlussreiches wort von John Cage:"Wir haben nichts zu sagen, und ebendas sagen wir!" Normalerweise schweigt, wer nichts zu sagen hat, aber in allen künsten gibt es leute mit gestörtem stoffwechsel, sie produzieren und produzieren, und nicht alles, was sie hervorbringen, ist wohlschmeckend und angenehm duftend wie nektar und ambrosia.
 

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