Muss Kunst schön sein?

  • Ersteller LordAbstellhaken
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Vor allem der Begriff "schön" hat mich hier von Anfang an verwirrt. Was allgemein als "hässlich" gilt, kann ich doch schön finden? Ich würde die Musik von Messiaen oder Ligeti als wunderschön bezeichnen, was sicher nicht jeder nachvollziehen kann.

Jaha, kommt aber drauf an, welche Werke du von denen auch meinst.
"Quatuor pour la fin du temps" von Messiaen ist streckenweise sehr wohlklingend um nicht zu sagen verträumt schön. Einfach wunderbare Musik.
Auch Ligetis Lux Aeterna mit seinen Vierteltönen und kaum merklicher Bewegung ist für mich ein wunderbares Werk.
Andererseits: Wenn jemand, als Beispiel, nur Schlager hört, nur volkstümliche Musik, dann wird er die Dinge, die wir noch als wohlklingend auffassen schon schräg finden.
Das hat Adorno auch schon erörtert: Die Regression des Hörens.
Dadurch, dass die massentaugliche Musik in den meisten Fällen Schlager, MTV, volkstümliche Musik, oder wenn Klassik, dann Klassikradio mit ihren "New Classics" ist, wird das Gehör natürlich auch nicht mehr gefordert und verliert auch an Sensibilität.
Ganz schlimm eben bei vielen Mainstream Acts auf MTViva.
Gesang und Schlagzeug dringen deutlich herraus und der Rest ist nur noch ein Harmoniegemisch.
Vielleicht mal ein cooler Riff oder ein virtuoses Solo.
Dabei ist es doch auch möglich im Bereich Rock, im Bereich Metal einiges an guter Musik zu komponieren (wie auch schon bewiesen wurde), aber der Durchschnitts MTV-Hörer (und wehe einer unterstellt mir wieder, ich meine alle) könnte es vielleicht als zu komplex oder schräg empfinden.

Und Frank S. hat das ja auch schon erwähnt und genauso wissen wir es aus der Erfahrung: Schön ist nun mal sehr relativ.
Als ich die Frage stellte: "Muss die Musik denn immer schön klingen?", dann habe ich es eher im clichée-verhafteten Sinne gemeint. Muss alles immer konsonant sein, muss alles sich immer auflösen, muss alles tonal geordnet sein, etc.

EDIT:
Um mal ein Beispiel zu geben:
Das ist Messiaen
http://www.youtube.com/watch?v=OJ-GwxyJ2ZY
und das ist Messiaen
http://www.youtube.com/watch?v=dOO-n6gQk1s&feature=related
 
Zuletzt bearbeitet:

Guter Hinweis, so unterschiedlich kann Musik von einem Komponisten klingen. Ich habe mir die zwei Beispiele mehrere Male angehört:

Das erste Stück ( oberes Beispiel) finde ich auch sehr schön. Der Gesang des Cellos lädt geradezu zum Meditieren ein, auch wenn für meine Begriffe das Vibrato manchmal etwas übertrieben ist, aber das ist eher Interpretationssache, jedenfalls gefällt es mir.

Das Orchesterwerk ( unteres Beispiel ) ist zwar spannend gemacht, birgt auch überraschende Einsätze und Wendungen, spricht mich aber emotional auch nach mehrmaligem Hören nicht an.
Sicherlich hat das mit meiner musikalischen Sozialisation und den entsprechend geformten Hörgewohnheiten zu tun.
 
Jaha, kommt aber drauf an, welche Werke du von denen auch meinst.
"Quatuor pour la fin du temps" von Messiaen ist streckenweise sehr wohlklingend um nicht zu sagen verträumt schön. Einfach wunderbare Musik.
Auch Ligetis Lux Aeterna mit seinen Vierteltönen und kaum merklicher Bewegung ist für mich ein wunderbares Werk.
Andererseits: Wenn jemand, als Beispiel, nur Schlager hört, nur volkstümliche Musik, dann wird er die Dinge, die wir noch als wohlklingend auffassen schon schräg finden.
...
EDIT:
Um mal ein Beispiel zu geben:
Das ist Messiaen
http://www.youtube.com/watch?v=OJ-GwxyJ2ZY
und das ist Messiaen
http://www.youtube.com/watch?v=dOO-n...eature=related

Ich weiß jetzt nicht, was du mir damit sagen willst...
Mir ging es darum, dass ich den Begriff schön subjektiv verstehe/benutze. Zu deinen beispielen stehe ich wie Effjott, das sind natürlich Extrembeispiele.

Um auch mal ein Beispiel zu geben: Das hier ist auch aus dem Quartett zum Ende der Zeit. Im Gegensatz zu dem Cellostück, das noch relativ gefällig ist und damit die Ausnahme bildet, wird das den meisten, die es nicht gewöhnt sind, wahrscheinlich stark widerstreben. Ich kann das noch sehr schön finden.
Ich habe dieses Werk live erlebt, inklusive ausführlicher Einführung in die Kompositionstechnik, war eines der besten Konzerte die ich gesehen hab :great:
 
Ich habe es ja momentan mehr mit Jazz, "der leichten Muse":

http://www.youtube.com/watch?v=8eb2I8u8dig
http://www.youtube.com/watch?v=TXrvKS7h2sI

Mit solcher Musik fahre ich entspannt morgens zur Arbeit und habe Spass daran. :)

Ich bin allerdings daran gewöhnt, die Lala auszummachen, wenn ich jemanden mitnehme. Die meisten bekommen dann die Krise.

Ob das "schön" ist?
Ja, manchmal schön, manchmal spannend, manchmal hat's schrägen Humor.
Aber ... Schönheit wird auch oft überbewertet.

Ich erinnere mich an unsere Nachbarin, die mir sagte damals (ich war so 8 oder 9) sagte: "Du spielst ja schon schön Klavier, aber in der letzten Zeit spielst Du so viel falsch!" Und ich prompst: "Das ist Bartok, das muss so sein.!" Selbst unser Hund, der immer mochte, wenn ich Klavier spielte, ist mit eingekniffenen Schwanz abgehauen, als ich Bartok spielte. Beim "ach so schönen" Sonatinen-Album hae ich regelmässig die Krise bekomen. Das war mir zu "Tralala", da fand ich Bach spannender.

Wer jetzt Parallelen zieht und meint, wer nur Musikantenstadl oder Schlager schön findet, hat soviel Musikverständnis wie ein Hund ... das habe ich nie gesagt!


Grüße
Roland

PS:
Blöderweise habe ich eine Sclavis-Doppel-CD verliehen und weiss nicht ehr, an wen. :-(
Wer noch eine Louis Sclavis "Chine/Chamber Music" Doppel-CD hat und verkaufen möchte ...
 
Um auch mal ein Beispiel zu geben: Das hier ist auch aus dem Quartett zum Ende der Zeit. Im Gegensatz zu dem Cellostück, das noch relativ gefällig ist und damit die Ausnahme bildet, wird das den meisten, die es nicht gewöhnt sind, wahrscheinlich stark widerstreben. Ich kann das noch sehr schön finden.

Ja, ich finde das auch schön. :)

Achja: zu meinem Musikgeschmack (halt Jazz bis Free Jazz) meinte mein Nachbar: "Mit der Musik krisse nie ne Frau ab!" Da hat er wohl - unbewusst - in Gedanken die "Angefahrenen Schulkinder" *) vorweggenommen.

Grüße
Roland



*)
http://www.youtube.com/watch?v=8GrNDu6rWss
 
Da fällt mir spontan Alexander von Schlippenbach ein.

Wie habe ich da bei seinen Auftritten gelitten...

Aber es war auch Kunst. Schön oder nicht? Er hatte seine Fans. Meist Musiker. Irène Schweizer z.B.
 
Ich habe dieses Werk live erlebt, inklusive ausführlicher Einführung in die Kompositionstechnik, war eines der besten Konzerte die ich gesehen hab :great:

Na dann weißt du (ich habe übrigens die Partitur zu Hause), dass sich in dem gesamten Werk durchaus tonale Stellen tummeln, oder zumindest eindeutige Akkorde auftreten. Alles dank seiner Modi mit begrenzten Transpositionsmöglichkeiten.
Manches mal sind in der Partitur sogar noch Vorzeichen am Anfang des Stückes vorgeschrieben. Wie etwa auch bei Bergs Sonate.

Und das andere Stück ist eben ein Beispiel aus seiner seriellen Zeit. Gegen Ende seines Lebens näherte er sich aber wieder mehr seinem Frühwerk.
EDIT:
Dennoch muss man sich auch klar machen, dass solche Musik eben eine andere Art zu Hören erfordert.
Du kannst nicht mehr mit der Erwartung reingehen (und das weißt du ja selbst) da irgendwelche tonalen Strukturen oder klare Melodien herauszuhören, einfacher gesagt: Du kannst nicht erwarten das gesamte Werk nach traditionellen Maßsstäben analysieren zu können.
Das ist auch gut so, es muss ja nicht nach traditionellen Maßstäben analysiert werden. Es ist (oder war) dunkles Neuland in dem man sich erst zurecht finden musste, aber wie schon erwähnt, hat sich das immer mehr etabliert, unter anderem der sich ändernden Hörgewohnheiten wegen.
Der Überlebende aus Warschau vor Brahms' Requiem ist schon eine Art Tradition.

Außerdem finde ich, dass dein Beispiel sich wunderbar ins Gesamtwerk einfügt.
Ich will ja nichts sagen, aber in Strauß' Heldenleben oder seinen Opern Salome und Elektra sind genauso Stellen, die den Leuten dann aufgrund der "Schrägheit" nicht gefallen.
Es gehört nun mal zum Werk dazu, dass es plötzlich "hässlich" wird.
Ich kenn das doch von meiner musikalisch mit Blasmusik (mehr gabs im Dorf nicht) groß gewordenen Familie...
Wenn man die seichten Werke von Strauß einlegt, ist Friede, Freude, Eierkuchen. Leg aber ohne ein Wort mal Elektra ein, dann wird es wieder gleich als "irgendso ein moderner Mist" verschriehen.
Wie sie immer Bach loben (weil sie Brandenburgische Konzerte, oder die berühmte D-Dur Air kennen). Aber leg mal das musikalische Opfer ein und plötzlich heißt es: "Hast du nichts anderes?"
Der Effekt funktioniert übrigens auch umgekehrt.
Free Jazz ist so eine Sache.
Ich bin ein Riesenfan des Art Ensemble of Chicago, ganz zum Leidwesen meiner Eltern.
Dann heißt es immer die "schrecklich schiefe Musik", dann habe ich mal was mit rhythmisch eindeutigem Bebop Charakter auf einem Bluessschema eingelegt (immer noch mit herrlich schrägen Stellen): "Hachja, da kann man ja schön drauf tanzen, das gefällt mir..."
Selbst die langsame Annäherung an modernere Musik zum Beispiel über Strauß, dann mal Janacek, alles bringt nichts...

So, jetzt bin ich ein wenig abgeschweift, aber genau das bringt mich auf einen anderen Punkt:
Vorurteile spielen da auch eine große Rolle.
Wenn ich mal was gemäßigtes von einem modernen Komponisten auflege und nichts sage, wird auch nichts erwidert.
Aber wehe, ich nenne den Namen, dann klingt wieder alles schief.
Man sagt ja, das Ohr hört sich Intervalle mit großen Abständen meist schön, manchmal hört es sich die Dinge aber auch unschön. :rolleyes:

@Hans
Ich kenne auch einige Free Jazz Fans, die keine Musiker sind. Gleiches gilt auch für Neue Musik.
Gut, die hatten mal, oder haben Unterricht an einem Instrument, aber die sind keine Berufsmusiker.

@Effjott
Ja, ich habe zuhause eine bessere Aufnahme von Messiaens Quartett mit dem Ensemble incanto, ohne übertriebenes vibrato, aber besseres findet man auf Youtube nicht wirklich.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schwierig zu befinden, ob etwas, von dem man nicht weiß, was es ist, so ist, von dem man auch nicht weiß, was oder wie es ist.

Die psychologie hat den begriff anmutung und anmutungsqualitäten geprägt. Auf grund unserer prä-disposition durcb gene, erfahrungen usw. bilden wir unwillkürlich eine emotionale bindung an alles, was uns begegnet. Das eine "gefällt" uns, das andere nicht, ein nicht zu begründendes "vor-urteil". Die gründe fügen wir im bedarfsfall später hinzu, um unsere "meinung" zu vertreten, zu verbreiten und zu verteidigen, eine fundgrube ist unser "Gibt es einen gott-thread".
Im ästhetischen weichen wir aus auf den persönlichen "geschmack", eine anleihe an einen der frühesten sinne, dessen zentren vom großhirn überwuchert worden ist. Eigentlich ist "geruch" gemeint, denn geschmack beschränkt sich auf "süß/sauer/salzig/bitter", geruch ist weitaus vielfältiger, haftet im gedächtnis, ist aber kaum in worte zu fassen und irgendwie diskriminiert.
Es ist lange her, dass unsere vorfahren, die nase am boden, spuren suchten, sie hatten noch keine sprachorgane, die eine folge des aufrechten ganges waren, der die umbildung des schädels ermöglichte und, vom boden entfernt, nach vorn gerichtet, die vorherrschaft des visuellen begründetete. 90% aller information entnimmt der heutige mensch seinem sehvermögen, und ihm entstammen viele begriffe, für die uns auf anderen gebieten buchstäblich die worte fehlen.
Töne sind weder hoch noch tief, forte/stark und piano/sachte, selbst lang oder kurz sind entlehnt, klang"farben" gibt es im wörtlichen sinnne auch nicht, und alle die vortragsbezeichnungen: dolce, legato, staccato stammen anderswo her, akustische phänomene haben kaum eigene worte, wem fällt außer "laut/leise" etwas ein?
 
Günter Sch.;4112582 schrieb:
Die psychologie hat den begriff anmutung und anmutungsqualitäten geprägt. Auf grund unserer prä-disposition durcb gene, erfahrungen usw. bilden wir unwillkürlich eine emotionale bindung an alles, was uns begegnet. Das eine "gefällt" uns, das andere nicht, ein nicht zu begründendes "vor-urteil". Die gründe fügen wir im bedarfsfall später hinzu, um unsere "meinung" zu vertreten, zu verbreiten und zu verteidigen, eine fundgrube ist unser "Gibt es einen gott-thread".

Ich meinte es ja schließlich so. Die Meinung, die wir uns selbst darüber machen, durch unsere Erfahrung, durch die Art wie wir sind.
Wenn ich Vorurteile anspreche, dann meine ich die Umwelteinflüsse der Menschen und das Aufnehmen dieser Informationen, ohne sie zu hinterfragen.

Einfaches Beispiel:
Fällt der Begriff Alban Berg, stehen einem Kumpel von mir die Haare zu Berge. Überall hat er aufgeschnappt, dass er nur hässliche und schiefe Musik macht, ohne zu hinterfragen, ob das stimmt.
Dann spielte ich ihm (nicht selbst ;) ) die Klaviersonate vor:
"Ach, so schlimm ist das ja gar nicht."
Ein wenig später das Violinkonzert:
"Das hat ein paar schöne Stellen."
Und plötzlich fing er an selbst darüber nachzudenken. Er zählt Berg nicht zu seinen Lieblingskomponisten, kommt er doch eher aus dem U-Bereich, aber inzwischen erwähnt er den Namen mit mehr Respekt.
Da sag ich auch nichts mehr dazu. Vielleicht entdeckt er ihn irgendwann selbst für sich, vielleicht auch nicht, aber er hat sich selbst eine eigene Meinung dazu gemacht und das reicht erst mal vollkommen, denn es ist schon mal Grundlage dafür Neues kennenzulernen, ohne es gleich zu verteufeln.
 
Wollen mädchen heute schön sein oder sexy? Damit kehrte ein begriff zurück zu seinen ursprüngen, "schön" ist weitgehend aus dem sprachgebrauch verbannt, "schönes wetter" gibt es noch und, ironisch, "eine schöne bescherung".
Den gleichen weg nahm die musik, was heute weltweit erklingt, erzeugten unsere urväter mit knochen, holz, röhricht, kürbissen, um sich zu erregen, in trance zu versetzen und orgiastisch zur sache zu kommen. Möglicherweise hat die vokalmusik anderen ursprung, rufe und schreie gingen der sprache voraus, "hallo!" hat geringen semantischen inhalt, ist aber weittragend und besagt "hier bin ich, hört ihr mich!". Mütter mögen ihre kinder mit singsang ("ninna-nanna" italienisch) beruhigt und eingeschläfert haben, totenklage war weit verbreitet, "hau-ruck" dient gemeinsamer, gleichzeitiger anspannung, und mit gebrüll gings gegen den feind. Wiegenlied, "lamento", "work-song", "patriotisches lied" haben tiefe wurzeln, ebenso wie die instrumentalen urformen: signale, marsch und tanz.

Kunst und schönheit kann man in kulturhistorischem zusammenhang oder individuell sehen, einzelne gruppen bilde(te)n allerdings normen, hemmschwellen, die ausuferungen von instinkten verhindern soll(t)en. Sexualität war an vemehrung gebunden und jahreszeitlich begrenzt, als sie alltäglich wurde, setzten gesetzgeber und religionsstifter schamgrenzen und tabus. Die wiederum mussten gelegentlich überwunden werden (der karneval ist ein später ableger), für viele handlungen müssen wir täglich schwellen und hemmungen überwinden und uns einen ruck geben.
Kunst wurde sublimiert und vergeistigt, schönheit verallgemeinert, auf außermenschliches übertragen, das weltall, die erde mit ihren landschaften, auf abstraktes. "Bekenntnisse einer schönen seele" nennt Goethe den einschub in "Dichtung und Wahrheit".
Was wir betrachten und untersuchen können, sind die ästhetischen normen einer gesellschaft in einer begrenzten zeitspanne.
 
Kunst und Schönheit sind verschiedene Dinge. Bei Kunst geht es eben um Kunst - ob sie dann schön ist, ist eine andere Sache.

Ansonsten könnte man ja gleich Kunst mit Schönheit gleichsetzen, oder eben Schönheit mit Kunst, was der Laie durchaus vornimmt, um poetisch zu klingen:

"Diese Frau ist ein Gedicht, ein Kunstwerk, eine Muse..." usw. usf. - kennen wir alle aus schlechten Romanen, im direkten Kontakt mag sich das auch das ein oder andere Mal im Rausch der Hormone sogar durchaus bewahrheitet haben, wenn man die subjektive Sichtweise des Betrachters für die Definition der beiden Begriffe zuläßt.

Allerdings befindet sich der Blues-Musiker meist weniger in diesem euphorischem Zustand, wenn ihm die Alte gerade das Nudelholz über den Kopf gezogen hat, weil sie gerade entdeckt hattte, daß noch ein Haar an seiner Jacke hing und er noch verzweifelt versuchte, ihr zu erklären, daß dieses Objekt vom langhaarigen Kollegen an der Orgel stammt, weil man mangels entsprechender finanzieller Möglichkeiten nur einen Platz in der Absteige leisten konnte - im Gegenteil, man kann auch sie verstehen, denn er riecht nicht nur nach einem Schnapsfaß, nein, nein, sie ahnt, daß der Platz sehr eng war und der Kollege möglicherweise eine "Kollegin" gewesen ist...!

Nun. Der Kopf brummt gleich zweimal, der Vorabend hat auch seine Wirkung entfaltet, nun greift er zur Gitarre und zupft ein...zwei...Akkorde...

Der Gesang - oder ist es eher ein jämmerliches Grunzen? - ist sicher nicht als schön zu bezeichnen, doch weil es ein musikalisches Verarbeiten Erlebtem und ihrer seelischer Gefühle ist, wird es beim Gegenüber nicht seine Wirkung verfehlen, sei es so, oder so... - es bleibt:
Ein kleines Stückchen Kunst...
 
Ein schönes Stück ist für jemanden ein schönes Stück wenn es Emotionen hervorruft. Ich glaube das hat aber auch viel mit Anspruch und Bildung zu tun.
Beispiel:
Der eine hört eine einfache Melodie und erwartet das diese Melodie nochmal kommt. Die Melodie wird nochmal angedeutet aber erklingt nicht. Er ist enttäuscht bis er merkt das die Melodie im Endeffekt doch kommt was in ihm wieder eine positive Emotion auslöst.

Der gebildete Musikhörer kennt das alles schon. Er sieht das alles vorraus. In ihm werdem keine Emotionen ausgelöst, er bleibt unberührt.

Für den einen war das Stück schön, für den anderen langweilig.
Auch ich denke das sich somit der Geschmack mit der Zeit ändern kann. Der anspruchslose Musikhörer hat jetzt nach 5 Jahren ziemlich viel Musik gehört, durchschaut nun auch das ganze und auf einmal mag der die Popmusik nicht mehr und erkennt die Schönheit in anderen Stücken.

Muss Kunst schön sein? Wenn der Komponist selber seine Kunst nicht schön findet, warum schreibt er sie dann? Annerkennung? Vielleicht schreibt er Musik die andere grausam finden, da sie nicht verstehen. Aber er muss doch die Musik schön finden, bzw. sie müssen in ihm Emotionen hervorrufen. Ich denk sonst könnte die Kunst sich gar nicht entwickeln. Wir hören doch Musik weil sie in uns Emotionen uns hervorruft und das kann dissonant sein oder nicht: Aber wenn nicht aus dem Grund aus welchem dann?
 
Sehr interessante Diskussion hier!

Muss Kunst schön sein? Wenn der Komponist selber seine Kunst nicht schön findet, warum schreibt er sie dann?

Vielleicht, weil er was zu sagen hat. Weil er etwas mitteilen möchte. Und das muss nicht "schön" sein.

Charles Bukowski ist nicht gerade für zarte, einfühlsame und schöne Romane bekannt.
"Ein Überlebender aus Warschau berichtet" ist auch nicht die rechte Musik für Omas Kaffekränzchen.
Ist "Warten auf Godot" schön? Wenn nicht: warum wurde es geschrieben?
Zählt "Guernica" zu den schönen BIldern? Oder "Die Nachtwache" von Rembrandt? Was haltet ihr von Goya?
Grüße
Roland
 
Ja, den Überlenden aus Warschau hatte ich schon genannt.

Mich fasziniert auch das hässliche, das schroffe, das kalte, das intelektuelle, das erschütternde, das verstörende an der Kunst.

Ich habe eine Aufnahme mit der Goldberg Passion von Friedrich Schenker.
Diese Musik muss verstören, sonst erreicht sie ihr ästhetisches Ziel nicht.
Auch ein Augenzeugenbericht eines Juden im dritten Reich, immer wieder durchdrungen mit Zitaten aus den Goldbergvariationen.
Ein ganz großartiges Werk, aber ich würde es nicht zum entspannen beim Mittagessen hören.
Trotzdem ergreift es einen immer wieder.

Im Film gibt es das doch übrigens genauso.
Jeder wird den Film "der Untergang" kennen.
Wer schaut sich den Film den bitte mit Popcorn und Softgetränk in der Hand an, oder wer schaut ihn sich überhaupt mit seinen Freunden als "Unterhaltung" an, oder gar weil er "schön" ist?
Der Film verstört und polarisiert irgendwie auch, trotzdem hat er vermutlich gerade dadurch ein paar Preise und Nominierungen abgesahnt.
 
Ja, den Überlenden aus Warschau hatte ich schon genannt.

Ist halt für mich ein prägendes Werk. Wir haben es in der Schule gehört. Genau so wie "Threnos (Threnodie) - Den Opfern von Hiroshima" von Penderecki. Gänsehaut. Ich bin dem Musiklehrer immer noch dankbar. :)

Grüße
Roland
 
Ist auch ein absolut geniales Werk.
Dadurch habe ich den Zugang zu Schönberg gefunden.
Ich habe seine Klavierstückchen gespielt und mich am Klavierkonzert versucht, aber der "Überlebende" war für mich ausschlaggebend.

Bei uns war das ja nie Thema in der Schule, leider.
Ich musste mich da selbst weiterbilden. Glücklicherweise hat mich da aber auch meine Kompositionslehrerin viel angespornt.

Die Threnodie erhielt ihren Namen allerdings erst später.
Das Stück war in erster Linie eigentlich "absolute" Musik.
Der Titel Threnos und die damit verbundene Thematik kam erst später dazu, weil Penderecki erst bei einer Aufführung klar wurde wie emotional das Stück tatsächlich ist.
Aber auf alle Fälle auch ein großartiges Werk.
 
Auch der Untergang ist schön, da er Emotionen auslöst. Auch kann man nicht sagen nur weil ein Film kein Happy End ist er nicht schhön. Für mich ist Schönheit eines Werkes gleichzusetzen mit dem Betrag der emotionalen Auslösung. Ob positiv oder negativ ist dabei egal. Ich glaub das ist dann eher wieder ein Definitionsproblem. In einem Mainstream Kino wollen die Leute nur Happy Ends, weil die Zuschauer mit den negativen Emotionen nicht klar kommen. Negative gehören genau wie positive Emotionen zum Leben dazu. Es geht darum wir viel ein Wek einen aufrüttelt. Wenn die Frage also heisst: Darf ein Werk nur positive Emotionen freisetzen? , so muss ich die Frage mit Nein beantworten. Kunst ist wie das Leben und auch das hat beides. Meine Meinung.
 

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