Nur, wenn du selber rennst

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Hi,
sehr sicher in der Metrik, sehr schwammig in den Bildern, sehr klar gegliedert im Aufbau - ist mein eigener Eindruck vom Text. Das Thema fand ich schwierig und ich fürchte fast ich hab mich etwas übernommen. Hab ich das?
Im Gegensatz zum letzten mal ist das doch recht wenig kryptisch (der andere Text ist noch immer nicht fertig.. ich hader mit mir was ich da rausschmeiße).
Anyway, discuss:


Deine Worte ändern nichts, schweigt sie dich an
und dass du es wirklich langsam einsehen müsstest
Es wird bald Winter und die Zeit hält jetzt an,
und du entfernst dich von der sicheren Küste

„Das tut mir hier nicht Leid,
das ist was du wolltest – so wie es sein sollte“
Es reißt dich auseinander, du dich zusammen,
dem Sonnenauf- folgt dein Untergang

Das geht alles vorbei mit der Zeit

Ein Glas voll mit Mut, Tinte und ein Blatt
und dann ein Drama in die Akten schreiben
Die letzten Zeilen, er hat's fast geschafft
und Valium stellt jetzt die Weichen

„Es tut mir wirklich Leid,
das ist was ich wollte – nichts war wie's sein sollte“
Es reißt dich auseinander, du dich zusammen,
nicht jeder Schluss heißt auch Neuanfang

Das geht alles vorbei mit der Zeit

(Bridge)
Es gibt zu viel noch zu verlieren,
zu viel Leben noch zu führen,
viel zu viel noch zu vergeben,
zu viel Schmerzen noch zu spüren

Das geht alles vorbei mit der Zeit,
vielleicht kommst du mit, wenn du dich beeilst
 
Eigenschaft
 
Also gerade ueber die Metrik stolpere ich an vielen Stellen.
Nach ein paarmal lesen kann ich das zwar rhytmisieren aber es kommt mir dann eher vor wie eine recht moderne Dichterlesung. Etwas unregelmaessig und nicht traditionell, so dass man dann fast von den Reimen ueberrascht wird.

Auch der Aufbau (z.B. Reimschema) ist sehr unregelmaessig, muss fast erarbeitet werden beim lesen. Ich gehe jetzt so ausfuehrlich darauf ein, weil Du das auch in Deinem Eingangspost erwaehnt hast und ich diese Punkte genau entgegengesetzt empfinde.

Insgesamt wirkt der Text zerissen, weiss nicht was er sein will. (Mein Bauchgefuehl erstmal)
Mal recht freie Reime, eigentlich nur noch Gleich- oder Aehnlichklaenge, Wortspielereien.
Reimschema, Metrum: Alles scheint dem Wandel zu unterliegen und von Gefuehl und Intuition geleitet zu sein. Das gefaellt mir an vielen Stellen gut.

Auf der anderen Seite ist die Sprache auch oft holprig, scheint trotz des freien Umgangs auf Reime hingebogen zu sein.
z.B.
"zu viel Leben noch zu führen,"

"dem Sonnenauf- folgt dein Untergang"
Die Ellipse halte ich hier fuer unangebracht, das reisst aus dem Text raus.


Deine Einschaetzung bezueglich der Bilder teile ich.
Am Anfang u.a. Naturbilder, die allerdings auch recht gestreut sind und vor allem dann weiter unten ueberhaupt nicht mehr aufgegriffen werden.
Zwischenrein der Dichter bei der Arbeit, aber auch etwas unvermittelt.
Reisesymbolik Am Anfang und am Schluss.

Inhaltlich hab ich es so verstanden, dass es um eine Beziehung geht.
Interpretiert und herausgearbeitet: Das LI sucht die richtigen Worte um zum Gegenueber durchzudringen. In der Beziehung scheint es zu kriseln, jemand hat Schuld auf sich geladen oder wird zumindest angeschuldigt, wahrscheinlich steht die Beziehung vor dem aus. Das LI quaelt sich schreibend durch die Naechte. Resigniert, akzeptiert, suhlt sich in Selbstmitleid (ok, das ist jetzt sehr interpretiert ;) )und kann doch die Hoffnung nicht aufgeben, reicht zum Schluss die Hand.


"[Das geht alles vorbei mit der Zeit,
vielleicht kommst du mit, wenn du dich beeilst"
Klingt zunaechst mal stark, macht aber inhaltlich und semantisch eigentlich weniger Sinn. Man kann erahnen, was gemeint ist, aber es nicht nicht wirklich greifen, wenn man sich den Satz genauer anschaut."

Letztendlich gibt es viele Unklarheiten.
Wer ist das du im letzten Satz? Ist das das Gegenueber? Sind wir das alle ?
Von wem ist das Zitat in Gaensefuesschen? Vom LI? Vom Gegenueber?

Letztendlich wird man als Leser etwas im Regen stehen gelassen. Der Text ist gekuenstelt und verschlossen, hat keine durchgaengige Stimmung und wirkt teils etwas zufaellig und ungeordnet. Er ist also das Gegenteil von eingaengig, er muss erarbeitet werden und selbst dann bleibt vieles im Trueben. Der Leser wird nicht so recht eingeladen, mitgenommen, sondern etwas in der Gegend rumgeschubst. Meint man etwas Konstantes oder Vertrautes gefunden zu haben schlaegt der Text sofort ne Harke.
Das ist erstmal nicht wertend gemeint, denn das liegt ja komplett im Ermessen des Autors also Dir. Mir ist er fuer so einen Ansatz aber auch nicht konsequent genug.
 
Auch der Aufbau (z.B. Reimschema) ist sehr unregelmaessig, muss fast erarbeitet werden beim lesen. Ich gehe jetzt so ausfuehrlich darauf ein, weil Du das auch in Deinem Eingangspost erwaehnt hast und ich diese Punkte genau entgegengesetzt empfinde.
Erstmal danke für die lange Antwort - wenn man schon bis spät abends in der Bibliothek sitzt versüßt das die Pausen doch ganz enorm :)
Das Schema halte ich persönlich für recht klar, vielleicht wird das deutlicher, wenn ich die Absätze mal in ihrer Struktur unterteile.. die wäre:
Vers I
Pre-Chorus I
Chorus
Vers II
Pre-Chorus II
Chorus
Bridge
Chorus II
Die jeweiligen Schemata in den Versen und den Pre-Choren (richtiges Plural? sicher nicht.. Chorussen wär auch gut) sollten eigentlich in sich ähnlich sein, den Chorus als solches zu bezeichen ist.. naja, for lack of a better word. Es ist im Grunde ja nur eine Zeile :)
Das ich keine wirklichen Reime verwende sondern nach Klang gehe ist mir recht eigen. Zusammen auf Untergang zum Beispiel wird vielleicht auch einfacher, wenn man es " zusamm' " liest, das liegt an meiner Aussprache. Genau die Zeile wird aber auch wieder rausfliegen, sie wirkt wirklich stilbrüchig auf mich.

Auf der anderen Seite ist die Sprache auch oft holprig, scheint trotz des freien Umgangs auf Reime hingebogen zu sein.
z.B.
"zu viel Leben noch zu führen,"
Stimmt, gewollt und nicht gekonnt! Danke. Wird zu: "viel zu viel noch zu erleben" und passt finde ich sehr viel besser.


Inhaltlich hab ich es so verstanden, dass es um eine Beziehung geht.
Interpretiert und herausgearbeitet: Das LI sucht die richtigen Worte um zum Gegenueber durchzudringen. In der Beziehung scheint es zu kriseln, jemand hat Schuld auf sich geladen oder wird zumindest angeschuldigt, wahrscheinlich steht die Beziehung vor dem aus. Das LI quaelt sich schreibend durch die Naechte. Resigniert, akzeptiert, suhlt sich in Selbstmitleid (ok, das ist jetzt sehr interpretiert ;) )und kann doch die Hoffnung nicht aufgeben, reicht zum Schluss die Hand.
Fast. Die beiden Verse stehen eigentlich unabhängig voneinander, können aber natürlich auch eine Ereignisabfolge sein. Und auch wirklich nur fast - ich fand das Thema nicht schwierig, weil es um eine Beziehungskrise geht. Kurz: In Vers 2 wird ein Abschiedsbrief geschrieben.
Das Drama ist "für die Akten", endgültig (Akte als Assoziation zum Drama, klar). Wenn das Poesie ist, dann zumindest bittere.

Die verwendeten Bilder sollen nicht konsistent sein, schwammig sind sie leider wohl trotzdem.. ich bewunder es immer, wenn Menschen in einer gleichen Metaphernwelt texten können, dafür braucht der Song natürlich aber auch das passende Konzept (etwa der komplette Part über den Zirkus in Mrs. Potters Lullaby, find ich stark). Mich persönlich schränkt es sehr ein. Vielleicht weil ich nicht gewandt genug dafür bin, aber ich schreibe im Grunde immer das auf, was mir bildlich in den Sinn kommt.

Vielleicht gibt das jetzt eine Möglichkeit das Ende zu interpretieren? 'Du' sind letzten Endes alle, die zurück bleiben. In Pre-Chorus I spricht 'sie' aus Vers I, in Pre-Chorus II spricht 'er' aus Vers II. Ein LI gibt es in diesem Sinne nicht.
Ich schätze der Text wirkt weniger düster, als er sich beim Schreiben angefühlt hat.. und noch immer anfühlt, wenn ich ihn selbst lese.

Danke für die lange Antwort!
 
Stimmt, der grosse Aufbau ist schon geordnet und parallele Strukturen sind auch zu erkennen. Man koennte sogar darauf kommen wer jeweils spricht/handelt. Aber leicht ist es nicht. Aber auf Selbstmord waere ich jetzt nie und nimmer gekommen. Vielleicht habe ich ja ein zu sonniges Gemuet.:D
Oder liege ich da jetzt schon wieder falsch? So ganz schluessig scheint es mir auch nicht :gruebel:
Wer spricht den in der Bridge und dem letzten Chorus?
Ist der letzte Chorus als Gegenthese zur Bridge zu sehen?
Ist die Bridge am Ende nicht positiv oder ambivalent sondern negativ gemeint?

Auch der letzte Chorus wird jetzt immer raetselhafter.
Mit in den Tod? Das waere wirklich extrem duester.
Mit ins Leben?
Mitkommen im Sinne von "Schritt halten koennen?"
Hat der zweite, durch ein Komma getrennte Satzteil mit dem ersten ueberhaupt was zu tun? Vielleicht waere da dann ein Punkt dazwischen besser.

Du merkst, ich bin etwas ratlos, auch wenn ich das alles sehr interessant finde.
 
Oder liege ich da jetzt schon wieder falsch? So ganz schluessig scheint es mir auch nicht :gruebel:
Die entscheidende Zeile liegt da am Schluss von Vers II, zumindest die für mich entscheidende - Valium stellt jetzt die Weichen. Ich weiß zwar recht gut, dass die Tabletten (if I recall correctly) atoxisch wirken und es sehr schwer ist, sich damit das Leben zu nehmen.. aber die Menge macht das Gift und es ist wohl von der Assoziation her ein relativ gängiger Wirkstoff - im Zusammenhang mit "einschlafen" jeglicher Art. Dachte das wird irgendwie deutlicher? Sonst muss ich das in der Tat nochmal ändern, der Aspekt ist mir ziemlich wichtig. "Nicht jeder Schluss bedeutet Neuanfang" ist so die zweite Zeile, die darauf verweisen sollte. Der Rest liest sich dann gewissermaßen.. rückwärts und ich dachte es macht dann vielleicht auch außerhalb von meinem Kopf Sinn.

Ob du Bridge und Schluss zynisch und stringent oder lebensbejahend liest ist im Grunde dir überlassen. Es ist mir lieber der Hörer denkt nach, als das er meine Gedanken "nachdenkt".
Ich für meinen Teil habe zumindest die Erfahrung gemacht, dass mit der Zeit eben nicht alles vorbei geht. Und alle Wunden heilt sie erst recht nicht. Mein schreibendes und mein lesendes Ich sind allerdings nicht unbedingt das gleiche, nicht mal bei meinen eigenen Texten.. leider :redface:
Letzten Endes sind die Personen über die ich schreibe allerdings immer ein Teil von mir selbst, besonders wenn der Text fiktiv ist.

Danke für dein Interesse!
Glaube für die textliche Struktur wär hier irgendwie das musikalische Gerüst wichtig, aber da hab ich leider nicht die Möglichkeiten zu (geschweige denn irgendwas vorzuweisen ;) ).
 
Ich habe momentan leider nicht so viel Zeit, um alles bisher geschriebene im Detail zu lesen, nur so viel: für mich kam der Selbstmord doch recht klar rüber, obwohl ich normalerweise eher langsam beim Begreifen nichteindeutiger Texte bin. Auch, wenn ich es nicht im Detail erläutern will, ist für mich ein Punkt angekommen, durchaus gelungen also. :)

Wenn dir die musikalische Umsetzung schwer fällt, suche dir doch jemanden dafür - hier im Forum gibt es sicher ein paar Leute, die daran Interesse haben.
 
Hallo!

der Text und allein das Thema sind vielleicht ein wenig abgedroschen, aber dennoch angenehm inszeniert. Der Text ist als Songtext aber, wie hier ja schon oft steht, noch etwas unbrauchbar, weil er von der Metrik her lange nicht klar genug ist.
Ich persönlich schreibe eigentlich immer erst die Musik, später dann den Text dazu, wobei mir gute Texte unglaublich wichtig sind. Das verkompliziert die Angelegenheit sicher, macht es dem Hörer aber wesentlich leichter, deiner Intention zu folgen.

Gruß!
 
Dachte das wird irgendwie deutlicher? Sonst muss ich das in der Tat nochmal ändern, der Aspekt ist mir ziemlich wichtig.
Moin, vielleicht bin ich da auch einfach ein bisschen auf dem Schlauch gestanden. So im Nachhinein klingt das schon alles logisch und wenn ich es jetzt nochmal lese, dann wahrscheinlich eher in Deinem Sinn. Aber jetzt bin ich natuerlich auch vorbelastet. ;)
 
Wenn dir die musikalische Umsetzung schwer fällt, suche dir doch jemanden dafür - hier im Forum gibt es sicher ein paar Leute, die daran Interesse haben.
Hehe, dafür hab ich meine Band. Es fällt mir einfach schwer, weil ich noch nicht oft mit Fuzzsounds gearbeitet hab, die schwerer im Magen liegen als der Text selber. So Richtung "Fake for Real" von Kettcar :)

Bei der Metrik mach ich mir noch keine Sorgen.. ich denke mit dem Gerüst kann ich arbeiten und einzelne Parts werden eh zugunsten des Gesangs geändert. Kann leider schlecht auf vorhandene Musik texten, das letzte mal hat es gut 6 Monate gedauert.. raus kam der Song in meiner Signatur. ;)

Danke für das Feedback, ich denke das geht jetzt so in die vorerst finale Version und in den Proberaum. Ich finde, das Thema darf sich ruhig lesen wie bei Schiffbruch :)
 

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