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Nutzungsrechte erteilen als Ghostwriter/Produzent

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Liebes Musiker-Board!

Einiges hab ich hier in der Rechtsecke schon gelesen, aber so ganz immer noch keine zufriedenstellenden Antworten zu folgendem Sachverhalt gefunden (falls eine ähnliche Situation bereits in einem anderen Thread auftaucht bitte ich um Verweis):

Man stelle sich eine hobbymäßige Kollaboration zwischen zwei Musikern vor, eigentlich ohne Gewinnabsicht.
Musiker 1 (M1) schreibt für das Projekt einen Song (ohne GEMA-Anmeldung) und produziert diesen komplett - er ist praktisch Ghostwriter & Produzent.
Musiker 2 (M2) ist derjenige, der diesen Song singt & unter dessen Namen er veröffentlicht werden soll.

Nachdem der besagte Song nun also fertig gestellt ist, soll natürlich eine Veröffentlichung erfolgen (sei es auf CD, sei es im Internet, sei es ein Livevortrag) - und zwar logischerweise unter dem Namen von M2.

Dafür müsste M1 als Urheber des Liedes ja M2 die Nutzung erlauben bzw. Rechte abtreten, richtig?

Meine Frage: Wie ist dabei vorzugehen?

Obwohl hier ja erstmal keine Gewinnabsicht vorhanden ist, kann es natürlich dazu kommen, dass die Veröffentlichung des Songs Einnahmen generiert (CD-Verkauf, Gagen, YouTube-Werbung, etc.).

Ist es also möglich, dass sich M1 und M2 mithilfe eines einfachen Vertrages o.ä. darüber einigen, inwiefern die Nutzung des Songs erlaubt ist und was mit den möglichen Einnahmen geschieht?

Dass das Urheberrecht in solchen Fällen Musiker 1 stark schützen würde, habe ich bereits aus anderen Threads entnehmen können.
Doch hier, wo für die Nutzungsrechte keine feste Summe gezahlt wird und die Zukunft des Songs ungewiss ist, stellt sich mir eben die Frage nach den möglichen Einnahmen und der korrekten Erteilung der Rechte.

Danke bereits im Voraus für das Lesen und möglicherweise Beantworten der Problematik!
 
Eigenschaft
 
Hi AdragonBA,

dieAlternative zur GEMA nennt sich CC (Creative Commons). Siehe http://de.creativecommons.org

Ansonsten einen kleinen Vertrag anfertigen...

Bestes,
YusufA
 
Im Prinzip wird das ganze Prozedere in der Praxis wie nachfolgend beschrieben getrennt:

Es gibt für ein Werk einen oder mehrere Autoren (Komponist/Textdichter - den möglichen Musikverlag lasse ich mal noch außen vor). Deren Urheberrechte sind in Deutschland NICHT übertragbar. Autoren können also gar keine Urheberrechte an Produzenten oder performende Künstler abtreten. Das gibt es in den USA und heißt dort "Controlled Composition", ist aber eher ein Ausdruck "mafiöser" Musikbusinesspraktiken. Aber für Deutschland ist das ohnehin irrelevant.

Also: der oder den Autoren steht immer eine angemessene Vergütung für die Nutzung ihres Werkes zu! Fakt, und lassen wir das einfach mal so stehen!

Ein Werk kann von vielen (durchaus unterschiedlichen) Verwertern und in verschiedenster Form genutz werden. Aber die Urheber müssen an allen Einnahmen wie schon erwähnt "angemessen" beteiligt werden. Gewinnerzielung spielt dabei primär keine Rolle, denn Realität in der Musikbranche (Krise hin oder her) ist nach wie vor, dass roundabout 85 % der Veröffentlichungen keinen Gewinn erzielen, und rund 8 % gerade mal den Break kratzen, währen ca. 7 % wirklich Profit abwerfen. Das Veröffentlichungsrisiko liegt i.d.R. immer beim Verwerter (z.B. Label). Der Urheber bleibt davon unbenommen und hat aufgrund der VÖ-Kriterien immer einen Vergütungsanspruch - der aber durchaus leistungsbezogen sein kann/bzw. ist (Industriedeal bei Tonträger-VÖ oder am tatsächlichen Besucher-Income orientierte Aufführungslizenz). C3S lasse ich ebenfalls mal bewusst außen vor, weil wir uns zwar viel mit alternativen Verwertungen beschäftigen, ich subjektiv aber noch kein Land am Horizont sehe, um tatsächlich für ein Künstlerüberleben relevanten Income zu generieren.

Sprich: Führt ein Künstler das von einem Dritten komponierte Werk z.B. live auf, dann steht dem/den Autor/en dafür eine angemessene Lizenz aus dem Aufführungsrecht zu. Ich habe gerade erst in einem anderen Fred eingebunden, kann das nachfolgend aber gerne nochmals machen. Hier ist die Höhe der Autorenlizenz (für alle an einem Werk urheberrechtlich Beteiligten auf der Basis der seit April 2015 für das ABrechnungsjahr 2014 vorliegenden GEMA-Ausschüttungswerte klar beschrieben):
Versuche mal das pdf-file als Attachement anzuhängen - falls das nicht klappt, verlinke ich darunter mal direkt in unsere allmusic.de-Dokumentendatenbank:
rockbuero-sued_inka-2014_berechnungsbeispiel_einzeltitelwert.pdf


Welche Umsätze/welchen Gewinn (nach Abzug der Live-Produktionskosten) ein Live-aufführender Künstler (inkl. seiner möglicherweise beteiligten Agentur, des örtlichen Veranstalters etc.) dabei erzielt, ist für den/die Autor/en, insofern zweitrangig.

Vergleichswerte gibt es z.B. auch für den Verkauf als physischer Tonträger oder Download. Im Bereich der physischen Tonträger liegt z.B. der GEMA-Anteil bei 13,75 % (Hinweis: Labels mit Industriedeal bezahlen erheblich weniger: knapp über 9 %) des gegenüber der GEMA z.B. anzugebenden Händlerabgabepreises (HAP) bzw. Listenabgabepreis für den Endverbraucher. Der gleiche Ansatz von roundabout 10 % betrifft die GEMA-Lizenz, die z.B. ein Aggregator für den Online-Download für GEMA-verwertetes Material in die Download-Preise einkalkuliert.

In der Branche wird das alles i.d.R. über die so genannte "Titelfreigabe" (z.B. des Musikverlages als REchteinhaber oder im Namen der Autoren) geregelt. Dort ist dann z.B. Art und Dauer der Nutzung geregelt, oder die Auflage und der mögliche Verkaufspreis bei einer physischen bzw. nicht-physischen VÖ u.v.m. Auch eine gestaffelte Beteiligung, die abhängig ist vom Erfolg/Abverkauf eines lizenzierten Produktes, kann in einer solchen Freigabe fixiert sein - das unterliegt hauptsächlich dem Verhandlungsgeschick aller Beteiligten. Das könnte in etwa dem entsprechen, was der Threadstarter gemeint haben kann.

Dazu muss ein Autor noch nicht einmal seine Verwertungsrechte an die GEMA abgetreten haben. Sollte ein Werk - was jedem Autor zu wünschen ist - z.B. nach einer VÖ durch die Decke gehen, kann ein Autor noch immer bis zu einem bestimmten November-Termin nachträglich GEMA-Mitglied werden, um an der Ausschüttung für das laufende Jahr (z.B. beim Senderecht, wenn das Ding ein RAdioerfolg werden sollte) beteiligt zu werden.

Sollten noch theretische Punkte offen sein, dann gerne nachfragen.
 

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Vielen vielen Dank für eure Antworten, besonders für die umfassenden Erklärungen von rockbuerosued. Meine Frage ist damit mehr als zufriedenstellend beantwortet & auch das PDF-Dokument war hilfreich!
 
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