PA mit warmem Sound

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Tom1979
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Hallo zusammen,

spiele seit knapp 1 Jahr in einer Band. Besetzung ist: Gesang, E-Gitarre, Vibraphon (ich). Begleitung (Drums, Keys,...) macht unser (erfahrener) Gitarrist im Studio. Stil geht Richtung souliger Pop. Im Proberaum haben wir eine PA mit passiven Line 6 boxen, div. Aktivmonitore,... Zu Hause hab ich einen NAD Verstärker mit B&W Boxen. Ich will jetzt keine dieser endlosen Diskussionen anzetteln "was ist besser HiFi oder PA?". Ist einfach so, dass der Sound über die PA sehr hart klingt. Das habe ich auch schon an Konzerten beobachtet: das was andere als "knackig empfinden" find ich einfach nur hart. Richtige Streicher-Ensembles (an teuren Pop Konzerten mit Profis) klingen wie in einer Büchse. Ich bin auch der Meinung, dass das Ohr ab einer gewissen Lautstärke gar nichts mehr differenzieren kann, schöne Dynamik kann nicht mehr wahrgenommen werden, alles ist einfach in etwa "gleich laut".

Es ist mir auch klar, dass vom Mikro, über Effects, Amp., Kabeln, Weichen usw. alles eine Rolle spielt. Nur: ich hab auch schon mit PAs aufgelegt und dieselben Platten wie zu Hause klingen dort einfach besch... Bzw. auch an Anlässen wo mir bekannte Stücke gespielt werden. In so einem Fall liegts wohl am ehesten an den Boxen (neben der Raumakustik).

Meine Frage ist nun: wie kriege ich mit einer PA einen wärmeren Sound hin? Einfach mal grundsätzlich. Ich denke mal, dass die Wärme des Sounds mit der Lautstärke korreliert bzw. Frequenzen je nach Lautstärke anders korrigiert (ev. frequenzabhängie Kompressoren?) werden müssen (wie Loudness Fkt an meinem alten Pioneer Amp....) Irgendwie find ichs einfach schade: die Leute haben so schöne Instrumente, schöne Gitarren-Amps, Mics, Stimmen,... und dann geht alles am Ende durch die "harte Box". Das kanns doch nicht sein oder? Dass im Auto mit meiner standard Anlage ein Stück besser klingt wie am Konzert selbst.

Sorry für meinen langen Aufsatz. Freu mich auf Eure Vorschläge (bin Physiker, können also auch schon mal ins Detail gehen...)
 
Eigenschaft
 
Hifi-Anlagen dienen nur dem Zweck schön zu klingen. Das ist bei Beschallungssystemen nicht das vorrangige Ziel. Dort muss man mit deutlich größeren und meist auch akustischen Räumen bzw. Verhältnissen zurecht kommen. Sprachverständlichkeit ist praktisch immer ein Thema und das auch mit deutlich höheren Pegel als daheim im Wohnzimmer. Spiele mal dein Hifi-System mit 90-100dB+ und dann wirds auch vorbei sein mit schön warm. Da reagieren auch die Ohren schon ganz anders.

Allerdings liegt es aber in der Hand, oder am Ohr, des Tontechnikers im gegebenen Rahmen ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Damit will ich sagen, dass ich z.B. Versuche eine Ballance zwischen Klarkeit, Sprachverständlichkeit und Wohlklang zu erzielen. Das erreiche ich durch eine Vielzahl von Maßnahmen. Vermeidung von akustischen Überdeckungen, Freischaufeln von wichtigen Frequenzen für die relevanten USignale (Stimme) und dann halt noch ein adäquater Pegel und ein passender Summen-EQ.

Die Härte kommt meist durch eine vergleichsweise starken Präsenz im höheren Mittenbereich bei PA Systemen. Diese wird dann mit steigender Lautstärke noch prominenter. Ein Multibandkompressor ist imo nicht unbedingt notwendig, ein statisch eingestellter Filter kanns auch bringen.
Playbacks (Drums, keys...) solltet ihr eventuell mit einem PA System unter mehr oder weniger Live-Bedingungen abmischen. Da liegt meist eine große Diskrepanz zwischen Daheim und Unterwegs. Bei Zimmerlautstärke wirken viele Mixes ganz anders als bei 80-100dB.
 
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@Mfk0815

vielen Dank schonmal für Deine ausführliche Antwort. Interessant ist folgendes: als wir als Teenies Discos organsiert haben, habe ich immer um die 2-4kHz "rausgenommen" (mit nem einfach EQ), weil ich das als störend empfand bei diesen Lautstärken, geht ja eigentlich schonmal in die Richtung in Du geschildert hast. Da wir keine Drums haben, müssen wir auch nicht bei so hohen Lautstärken spielen.

Interessant ist also auch, dass wenn man die Boxen vorne hat, vorne eine viel höhere Lautstärke herrscht als hinten und dann die Frequenzen auch anders wahrgenommen werden, also müsste man optimalerweise möglichst homogen von allen Seiten beschallen, damit überall die gleiche Lautstärke und entsprechend auch dieselbe Soundquali herrscht (?).

Grundsätzlich hab ich das so verstanden, dass wenn man es einfach gestalten möchte, Du uns in erster Linie wohl einen guten Master EQ empfiehlst (?). Ist da was zu empfehlen? Parametrischer oder Band EQ? Digital/analog?
 
Im Endeffekt hast du die relevanten Punkte alle selbst genannt: Lautsprecher, Pegel, Raumakustik
Man muss sich vor Augen halten, dass ein Lautsprecher bei Beschallungsaufgaben einen um Größenordnungen höheren Pegel liefern muss, als ein Hifi-Lautsprecher. Das können schon mal 40 dB und mehr sein und das ist ein gewaltiger Unterschied. Klar verwendet man deshalb Lautsprecher, die diese Schalldrücke auch liefern können. Aber damit ist noch nicht gesagt, welche Verzerrungen sie dabei produzieren. Wenn ein halbwegs potenter Hifi-Lautsprecher bei 70 dB LAeq am Hörplatz (Werte sind als Beispiel zu sehen) dahindümpelt, prodziert er sicher weniger Verzerrungen, als ein Beschallungssystem, das über 100 dB LAeq 20 m von der Bühne entfernt liefern muss (wenn es nicht massiv überdimensioniert ist).

Des Weiteren ist die Hörkurve, also die Empfindlichkeit des Ohres über der Frequenz ja nicht konstant über den Pegel. Je lauter, desto empfindlicher wird man für die Höhen. Das versucht eine Loudness-Schaltung ja nachzubilden.

Ein großer Unterschied zwischen zu Hause und Veranstaltungen ist auch das Stereohören. Um hier nicht ewig Text schreiben zu müssen, verweise ich auf diese Abhandlung:
The emperor's new stereo

Schließlich kann eine "harte" Raumakustik auch zu einem derartigen Hörempfinden führen. Wir hören ja im Raum nicht den im schalltoten Raum gemessenen Frequenzgang eines Lautsprechers, sondern die Summation aus vielen Reflexionen. Werden dann besonders hohe Frequenzen gut reflektiert, klingt es im Raum eher hart. Dabei spielt natürlich das Abstrahlverhalten der PA und ihre Ausrichtung eine besondere Rolle.

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass man denn "Hifi-"Klang nicht im großen Maßstab hinbekommt. Dafür sind die physikalischen Gegebenheiten zu unterschiedlich.
Es hilft jedoch, wenn man gute Lautsprecher (verzerrungsarm, gute Abstrahlung) verwendet, diese richtig aufbaut und entzerrt und eine möglichst trockene Raumakustik hat (kann man sich selten aussuchen).

Interessant ist also auch, dass wenn man die Boxen vorne hat, vorne eine viel höhere Lautstärke herrscht als hinten und dann die Frequenzen auch anders wahrgenommen werden, also müsste man optimalerweise möglichst homogen von allen Seiten beschallen, damit überall die gleiche Lautstärke und entsprechend auch dieselbe Soundquali herrscht (?).
Jein. Gleiche Lautstärke und gleiche Soundqualität ist das Ziel jedes Systemsetups, das aber gleichzeitig unerreichbar ist. Nutzt man verteilte Beschallungssysteme, muss sichergestellt werden, dass durch die Summation keinen negativen Effekte auftreten (destruktive, frequenzabhängige Interferenzen). Außerdem wird dann das Thema Lokalisation der Bühne schwieriger. Aber man nutzt das Prinzip natürlich bei größeren Setups (Nearfill, Outfill, Delayline usw.).

Parametrischer oder Band EQ? Digital/analog?
Ich ziehe parametrische EQs eindeutig vor. Graphische sind mehr für "quick and dirty", nur mit parametrischen kann man wirklich gezielt eingreifen. Aber ein EQ hat auch Grenzen, Verzerrungen kann man so nicht bekämpfen.
 
ich finde die Beschreibung von Tom1979 sehr passend - und auch charakteristisch:
der NAD ist ja irgendwie noch 'budget', die Boxen tendieren Richtung Oberklasse
und genau da liegt auch live meist der Hund begraben - gute Boxen sind bleiben teuer, weil sie Mechanik darstellen
top Amps zu bauen ist (mit der heutigen Technologie) dagegen ein Klacken und preisgünstig wie nie

mit entsprechendem Aufwand bekommt man das schon hin
(ich kann mich an ein Stones Konzert erinnern, was wie Wohnzimmer in riesengross klang, wirklich geil)
zumindest in einem Bereich von 30-50m vor der Bühne...

cheers, Tom
 
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also erstmal super dass hier so viel interessantes geschrieben wird! Hätt ich nicht gedacht.

Nur nebenbei: Ich hab ca. 18 Jahre alte B&W CDM7 und "neu" einen NAD 356BEE, eigentlich wollte ich was besseres (teureres) und dann hab ich bei den (Internet-) Tests festgestellt, dass der NAD so gut abgeschnitten hat, wie doppelt so teure... Ich hab früher immer gesagt: ja Verstärker halb so wild, hatte Denon, Marantz, Pioneer, aber dieser NAD ist schon von seiner "Rauscharmheit" einfach hammergeil...

Ich hab mir kürzlich auch schon überlegt, ob ich nicht für unsere Band aus (für uns) optimal geeigneten Chassis was selber bauen könnte. Weil wir ja nicht den riesen Schalldruck & Wirkungsgrad brauchen. Aber ich hab immer diese Ideen, die dann wieder in Arbeit ausarten... :)
 
Hallo Tom,


neben den oben schon beschriebenen Möglichkeiten, den Sound "wärmer" zu bekommen, ist die richtige Boxenauswahl wichtig. Hier gibt es sehr hart aufgehängte Systeme, aber auch weiche Systeme die trotzdem genügend Druck machen. Hier hilft nur Probehören.

Wir haben uns vor einigen Jahren für amerikanische Community Boxen (xlte) entschieden. Klingen wie eine große HiFi - Anlage mit tiefen, weichen Bässen und klaren Höhen. Den Subwoofer kannst Du direkt als Fön benutzen, soviel Hub macht er. Gibt es neu leider nicht mehr, die Serie. Als krasses Gegenbeispiel in Sachen Härte habe ich die die günstigen JBL TR 225 jetzt JRX? empfunden. Klingen nur mit viel EQ Einsatz.

Also nehmt Euch Testmusik mit und auf zum Probehören.

Gruß Jürgen
 
Wobei man jetzt auch dazu sagen muss, dass B&W auch im Hifi-Bereich ziemlich umstritten ist. Nimmt man da Klipsch, Elac, Dynaudio oder direkt Cerwin Vega sieht der Bezug zu Pa gleich wieder anders aus.
 
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Kurz gesagt ... mit realistischen Budgets ist es einfach nicht machbar.

Auch wenn ich aus beruflichen Gründen keine Hifi-Anlage mehr zu Hause besitze (zu Hause will ich Ruhe haben), weiß ich genau, was Du mit der Wärme meinst ... ein Pärchen B&W Matrix 2 wohnte mal bei mir ;)

Hifi-Systeme sind dazu gebaut bei 60-80dB zu arbeiten, daher können die Tieftöner bis teilweise 20Hz runtergetrieben werden und seidig klingende Hochtöner eingesetzt werden, die dann auch noch extrem tief eingekoppelt werden, um Partialschwingungen der Mitteltöner zu vermeiden.
PA-Systeme müssen um die 100dB im Bass und bis zu 120dB im HF @ 1W @ 1m liefern und unter Vollast 140dB Peak @ 1m ... das ist eine ganz andere Hausnummer. Unter 35Hz ist hier außer bei Einsatz von Infras (mit ihren Nachteilen für Laufzeit) nix zu wollen.

Der nächste Punkt ist, daß bei größeren PA Systemen geclustert oder "gelinearrayed" wird und somit mehrere Treiber im selben Frequenzband miteinander interagieren. Dies bringt immer Kompromisse und Schweinereien mit sich.

Der nächste Punkt ist heut zu Tage der Kostenfaktor Truckspace und Gewicht ... wer kann es sich noch leisten Amps mit Ringkerntrafo und Class-AB Schaltung durch die Gegend zu kutschen ... da lebt man lieber mit dem im Schnitt 10fach höheren Klirr und leerlaufenden Schaltnetzteilen.

Der nächste Punkt ist, das die Arbeit im Studio und Live 2 verschiedene Welten sind. Ich habe noch keinen geilen Studiotech einen geilen Livesound machen hören und umgekehrt. Ich hab es auch mehrfachst im Studio probiert ... war für Studio alles viel zu dynamisch und somit zu "unaufgeräumt".

Der nächste Punkt ist, daß Du zu Hause nur den Sound aus den Boxen hast und Live die blöde Band von der Bühne aus schon "Grundkrach" liefert ;) Damit hast 2 Schallquellen für das selbe akustische Ereignis. Dies führt für den Zuhörer selbst bei gutem Systemsetup bei dem einen oder anderen Instrument zwangsweise immer zu Verwaschungen, außer man ist auf richtig großen Bühnen (>10k Pax).

Kollege von mir hat uns letztlich mal ein "Klein-PA" Topteil (2x 6,5" + AMT) vorgestellt, das kam schon sehr nah an Hifi ran bei bis zu 130dB erzielbarem Pegel ... aber bei dem Preis rollt der normale MB-User einfach nur Guggelchen :D
Das Bassproblem ist bei dem System noch nicht gelöst, wird aber wohl auf 6x 12" pro Top hinauslaufen.
Will man auch Infra (<40Hz z.Bsp. Ohm TRS Infra) haben, dann sind wir sehr schnell bei Systemlaufzeiten >10m :eek: ... und dies ist Live schon wieder ein Problem.
 
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Ich kann mich bewusst nur an zwei Konzerte (natürlich ausser denen, die ich gemischt habe ;-) ) mit großartigem Sound erinnern. Das eine war Andreas Vollenweider und das zweite mit Little Feat.
Allerding habe bei beiden Gelegenheiten die Tontechniker es geschafft den Pegel im, jeweils relativen, unteren Bereich zu halten. Die Location wurde dabei nie überfahren.
Bemerkenswert ist auch das in der selben Location, dort wo ich eben Little Yfeat hören durfte, auch den absolut schlechtesten Livesound bei Robben Ford hörte. Die Anlage war in beiden Fällen die selbe Hausanlage.
Letztendlich liegts dann doch im Layer 8.
 
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