Raumakustik Experiment

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Hallo liebe Musiker Gemeinde! :hat:


Vorwort:
Wie es der Titel schon sagt, ich habe ein Raumakustik Experiment gemacht, dass ich euch gerne Vorstellen möchte. (Ich hoffe ich bin im richtigen Unterforum, ansonsten bitte verschieben)
Wie ich drauf gekommen bin, sowas zu machen? Zum Einen experimentiere ich gerne rum, zum Andern interessiert mich schon länger eine Frage: Bei einem Hallplugin kann man ja die Predelayzeit der Erstreflexionen einstellen. Was mich dabei immer etwas verunsichert hat: Es gibt normalerweise nur eine Predelazeit zum einstellen, dabei gibt es in einem quadrischen Raum, wenn man es genau nehmen will (und das will ich^^), den Direktschall plus 6 Erstreflexionen, die alle unterschiedliche Predelays aufweisen, und auch aus verschiedenen Richtugen (Panning) zum Zuhörer gelangen. (Wand Front, Wand links, Wand rechts, Wand im Rücken, Decke und Boden). Eine Herausforderung für meine grauen Zellen:)

Ob es wichtig es ist, und wie weit das Sinn ergibt, dass ein Mix tatsächlich "räumlich absolut korrekt" abgebildiet wird, dieser Frage wollte ich auf den Grund gehen. Das hat mich auf die Idee gebracht ein Tool zu erstellen, was mir genaue Zahlen liefert...

Ich dachte mir, sowas schreit förmlich nach einem Experiment:D Ich hab mich dann mal an die Arbeit gemacht, mein Wissen über Trigonometrie ausgepackt, und eine Exceltabelle erstellt. (leider nur 2-dimensional, Decken und Bodenreflexion fehlen. Und das Tool geht davon aus, dass Zuhörer und Schallquelle in der Höhe auf einer Linie sind. Sonst wärs zu kompliziert geworden. Ein Wunder dass ich das 2-dimensional hin bekommen habe.:juhuu:)

Tabelle zum downloaden: (Sollte mit Open Office Calc, sowie auch mit MS-Excel funktionieren. Hoff ich. Wurde mit Open Office erstellt, nicht mit Excel getestet)
https://www.dropbox.com/s/t5uqgdnbnvs7r6v/Delayberechnung v2.xls?dl=0

Erläuterung zur Exceltabelle:
raumtestraumdeucgxotl4er.jpg

Dies ist das Eingabefeld. Hier kann man die wichtigsten geometrischen Daten eintippen:
-Raumgrösse (gelb) (X=Breite, Y=Länge des Raums in Meter)
-4 verschiedende Schallquellen (türkis) (Position im Raum frei wählbar. Ursprungspunkt dafür ist "links hinten" im Raum. In folgender Grafik gut ersichtlich (0/0 Koordinate))
-1 Zuhörerposition (grün)
Das sind mal die wichtigsten Angaben zur Geometrie.
Zusätzlich gibts zwei Felder: "Damping". Je weiter weg ein Signal ist, je leiser wird es ja. Das erste Feld "Damping (db/m)" bestimmt, um wieviel das Signal pro Meter Entfernung leiser wird. (Ich weiss jetzt nicht so sicher, ob das alles richtig bezeichnet ist. Es war halt ne sehr einfache Möglichkeit ein "natürliches Abfallen" von weiter entfernteren Reflexionen zu simulieren.) Das zweite Feld "Damping (db/Wand)" bestimmt die Beschaffenheit der Wände, da die Wand ja das Signal auch abdämpft. Jede Reflexion wird zusätzlich um diesen Wert reduziert. Für den Direktschall ist jedoch nur die Strecke relevant.

So, und nun zur Excel-internen Grafik. Auf die bin ich besonders stolz.:prost: Wenn man im Eingabefeld etwas an der Raumgeometrie oder den Positionen verändert, wird die Veränderung in der Grafik in Echtzeit mit allen Reflexionen aus der Vogelperspektive gleich sichtbar. (Die Punkte sind in Echt leider nicht so schön markiert wie hier im Bild, das muss man sich dazu denken:whistle:)

raumtestraum4fpaes1zc2.jpg


Das Ausgabefeld:
(Bild unten)
Hier werden die genauen Daten angezeigt. Einmal für jede Schallquelle, den jeweiligen Direktschall und ihre 4 Erstreflexionen, ihre Verzögerungen, die Einfallsrichtung, und der Lautstärkeabfall die aus den "Damping-Feldern" resultieren. Eine Menge Daten.:cool: (Hier ist gut möglich, dass mir ein Fehler unterlaufen ist. In meiner Rechnung entspricht 100% Panning beim Zuhörer einem Einfallswinkel von 90 Grad. Also quasi nur von rechts, oder nur vom links. Die Abhörlautsprecher auf denen diese "Simulation" funktionieren soll, werden ja im gleichseitigen Dreieck vor dem Zuhörer aufgestellt. bzw 30 Grad bei maximal Panning?! Die Reflexionen der Seitenwände gehen weit über diese 30 Grad hinaus. Man sitzt ja nicht direkt zwischen den Lautsprechern sondern davor. Ich hoffe ihr versteht meine Zweifel? Bei einem Kopfhörer wäre das vermutlich die bessere Ausgangslage da die Ohren genau zwischen den "Lautsprechern" liegen, ist ein 90 Grad Einfallswinkel, bzw breiteres Stereopanorama möglich. Könnt ihr mir folgen? Kann dazu jemand etwas sagen? Das wäre mal sehr interessant) :gruebel: :confused:

raumtestausgab36rzwef71i.jpg


Und was sollen nun all diese Daten?

Machen wir doch gleich den Paxistest!:) Der Raum auf dem Hörbeispiel entspricht genau den Angaben auf den Bildern. Ich habe versucht, das in Logic exakt nachzubilden. Für die 4 Schallquellen hab ich einfach mal meine Apple-Loopy-Library geöffnet, und nach 4 trockenen Mono Loops gesucht, die einigermassen zueinander passen. Zwei verschiedene Gitarren (Signal 1+2), Schlagzeug (Signal 3), und Gesang (Signal 4). (Bitte keine dummen Kommentare zu meinen Fähigkeiten als Komponist.:rofl: Das hab ich nur aus Testzwecken in paar Minuten zusammengestellt. Ich hab nicht vor, damit die Charts zu stürmen.^^) Es soll halt verdeutlichen dass man mit dieser Herangehensweise Ordnung und Tiefe in einem klar abgegrenzten Raum schaffen kann, ohne die einzelnen Signale mit Effekten entfremden zu müssen.

Einmal komplett ohne errechnete Predelays: (als Vergleich): Undifferenziert, alles auf einem Haufen in der Mitte.


Und hier einmal mit allen künstlich errechneten Reflexionen: Gesang springt ins Gesicht, alles sauber ortbar, und die gefühlte Raumgrösse entspricht den 15x20 Meter, wie geplant.:juhuu: (Hier ist nichts anderes gemacht, EQ oder sowas, lediglich die Predelays die hinzu gekommen sind. Auch die Lautstärkeverhältnisse und Panning der verschiedenen Signale sind identisch. Logischerweise wurde das Schlagzeug im Verhältnis leiser, und die Gitarren haben sich nach rechts/links aufgeteilt. Aber das resultiert so aus den errechneten Predelays und dem "Damping". Die Fader im Mixer hab ich nicht angefasst.


So bin ich dabei vorgegangen:

Ich hab mir in Logic für jedes Signal eine Spur angelegt, und jede mit dem Delay-Designer-Plugin als Insert versehen, der jeweils den Direktschall jedes einzelnen Instruments als auch seine vier Erstreflexionsbegleiter simulieren soll. (Das ist ein Standardplugin von Logic, ich denke andere DAWs bieten Vergleichbares) Ich finde für das Experiment Delay-Designer perfekt, der lässt sich ganz einfach genau so modifizieren wie ich will. Ich möchte keine Hallfahne oder sowas, sondern wirklich nur den Raumeindruck, bzw die Erstreflexionen und den Direktschall.

raumtestspuren1bhq3fdnja.jpg

Beim Einfügen von Delay-Designer wird aus den Mono Spuren automatisch eine Stereospur. Das Panning der Spur bleibt jedoch in der Mitte! Delay-Designer sorgt schon dafür, dass die Signale im Panorama korrekt verteilt werden.
Im Bild (unten) wird beschrieben, wie man die errechneten Daten aus der Tabelle nach Delay-Designer übertragen kann. Rot eingekreistes: Da steht "WICHTIG wet 0%, dry 100%, Feedback 0". Der Dry-Regler muss hier zwingend auf Null sein, weil selbst das Direktsignal im Delay-Designer als "Reflexion" gehandhabt wird. (Darauf möchte ich nicht näher eingehen, das sprengt sonst den Rahmen^^). Ebenso Feedback auf Null, weil ich keinerlei Nachhall drin will. *Nachtrag: hier ist mir ein Fehler unterlaufen! Ich habe "Wet und Dry" verwechselt. Natürlich muss Dry auf 0% sein, und Wet auf 100%. Eingestellt hab ichs richtig im Plugin, jedoch verkehrt herum bezeichnet.
Nun öffne ich mal den Delay-Designer von Signal 1. Den stelle ich so ein, dass er fünf einzelne Delays (Tap A-E) generiert. Im Bild ist grad "Tap A" aktiv. Alle eingekreisten Werte (Delay, Level und Panning) aus der Tabelle übernehmen. (So wie ich mit Kreisen und Pfeilen versucht hab zu markieren^^) Wenn das erledigt ist, das Plugin auf "Tap B" umschalten, in der Tabelle eine Zeile tiefer gehen, und die Werte von "Tap B" übernehmen. Dann "Tap C" usw, bis man schliesslich bei "Tap E" alle Werte von "Signal 1" übernommen hat. Wenn das erledigt ist, kann man Delay-Designer von "Signal 1" schliessen, und den Delay-Designer von "Signal 2" öffnen. Da genau das gleiche Spiel. Alle Werte müssen übertragen werden. Das Gleiche auch mit (Signal 3+4). Bis schliesslich die ganze Tabelle in die vier Delay-Designer-Plugins übernommen worden ist. (Eine mühsame Angelegenheit, die Daten abtippen, aber den Part hab ich ja hier zwecks des Experiments erstmal für euch übernommen.:D

raumtesterklaao5juw06tf.jpg





So, lange Rede kurzer Sinn. Ich hoffe ich konnte mit dem Experiment eure Aufmerksamkeit erwecken. Eure Fragen und Anregungen sind natürlich sehr willkommen.
Ich hoffe, ich habe nichts vergessen, alle Links funktionieren, und die Fotos werden richtig angezeigt?

LG Chris
 
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Grund: Tippfehler^^
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Wow, 'ne Menge Futter für die Synapsen. Meine Aufmerksamkeit und meinen Respekt hast Du. :)

Hab den Anfang gelesen und als ich merkte, dass es richtig aufwendig wird und noch länger wird den Rest erstmal überflogen, bin schon zu müde. Ich werde mir das a er alles nochmal in Ruhe durchlesen.

Leider muss ich aber schon jetzt ein bisschen reingrätschen: Der Pre-Delay-Parameter gibt nicht die Länge der ERs an, sondern die Zeitspanne bis diese beim Hörer eintreffen. Aber ich glaube da hast Du dich nur missverständlich ausgedrückt, denn so wie ich das gerade überblicke hast Du es ja in deinem Modell richtig implementiert.
Bei allen besseren algorithmischen Reverbs bezieht sich die mittels Pre-Delay-Parameter gewählte Verzögerung übrigens auf die Zeitspanne bis die erste ER beim Hörer eintrifft, danach folgt ein Muster aus weiteren ERs die zusammen die Dimensionen des Raums abbilden sollen, im Grunde genau das was Du auch simulieren willst, wie realistisch dieses Muster ist müsste man überprüfen - darüber habe ich mir bisher ehrlich gesagt keine Gedanken gemacht.

Ich denke es gibt auch bereits (mindestens) zwei Reverbs die einen ähnlichen Ansatz vefolgen, "SoundStage" und von dem anderen fällt mir gerade der Name nicht ein.
 
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Meine Aufmerksamkeit und meinen Respekt hast Du. :)
Vielen Dank:)
Der Pre-Delay-Parameter gibt nicht die Länge der ERs an, sondern die Zeitspanne bis diese beim Hörer eintreffen. Aber ich glaube da hast Du dich nur missverständlich ausgedrückt, denn so wie ich das gerade überblicke hast Du es ja in deinem Modell richtig implementiert.
Gut möglich dass ich mich etwas Missverständlich ausgedrückt hab. Auch gut möglich, dass ich nicht alles fachlich korrekt formuliert hab.
Ja, also eigentlich sind es 3 wesentliche Dinge die jede einzelne Reflexion aufweist, die berechnet werden:
-Verzögerung (die berechne ich aus der Strecke die der Schall zurücklegen muss)
-Lautstärkeabnahme bei zunehmenden Distanzen (Wird auch aus der Strecke die der Schall zurücklegen muss und dem "Damping-Feld" bestimmt)
-Einfallswinkel beim Zuhörer (hat bei der Berechnung mit der Verzögerung bzw Strecke kein direkten Zusammenhang)

Jede berechnete Reflexion ist genau gleich lang wie das Direktsignal (eigentlich eine Kopie), nur eben mehr verzögert, leiser, und im Panorama aus einer anderen Richtung als das Direktsignal. Vermutlich ist das nur falsch rüber gekommen, ich bin auch schon müde:D
 
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Hallo,
da hast du Dir ja doch noch die Arbeit gemacht und gerechnet :great:
Bin kein Experte, aber für mich lesen sich Deine Überlegungen plausibel. Interessante Samples.
Zum Panning kommt mir in den Sinn, dass Du da sowieso nur eine idealtypische Position der Hörer setzen kannst, da nicht jedeR Musik vor Studiomonitoren hört, sondern Auto usw. und somit sowieso nicht jede denkbare Position berücksichtigt werden kann.
Kopfhörerbetrieb wäre ja zB so etwas wie eine idealtypische Standardposition. Ansonsten müsste ja noch auf der Ausgabeseite vor der D/A-Wandlung das Signal in Abhängigkeit von der Position der Zuhörer angepasst werden.
Grüße
Markus
 
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Auch meinen Respekt. :hail: Schöner Testansatz. Bist Du Naturwissenschaftler? Ich meine wegen dieser "typischen" Experimentalneugier. :gruebel: Deine Klangdemos habe ich mir noch nicht angehört, aber ich gebe mal zu bedenken, dass nicht jeder seine Boxen perfekt aufgebaut hat, um das Ergebnis entsprechend zu würdigen. Ich eigentlich auch nicht, obwohl ich mich bemühe, ein gleichschenkliges Dreieck in allen meinen Abhörpositionen zu realisieren. Deshalb sind "Störeffekte" beim Anhören eigentlich schon vorprogrammiert, aber ich verstehe natürlich, dass es Dir in Deinem Modell auf eine prinzipielle Betrachtung ankam - und die ist wohl richtig, so wie ich das beurteile. Korrekterweise müsste man natürlich noch Zimmerdecke und Boden hinzufügen, wobei auch beim Boden höchstwahrscheinlich ein anderer Dämpfungskoeffizient zzgl. EQ (Teppich/Laminat, etc.) zum Tragen käme. Die dritte Dimension macht immerhin 33% der Gesamtwirkung des Modells aus, aber verkompliziert den Rechenweg erheblich.
 
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was die Geometrie betrifft gab es vor vielen Jahren mal ein 'Rayverb', bei dem die Reflexionen per raytracing 'korrekt' berechnet wurden - könntest du als Referenz heranziehen, wurde seinerzeit recht ausführlich beschrieben.
Der Delay-Ansatz deines Experiments wird (afaik) häufig als Basis in algorithmischen Reverbs verwendet.
Im Detail wird das dann sehr komplex und überschreitet meine mathematischen Kenntnisse...
aber ich benutze oft das 'Studio Reverb' aus Saw-Studio, bei dem die 'taps' ähnlich dargestellt werden.
Das Ergebnis ist sehr transparent und man kann auf diese Weise auch gut ortbare Signale erzeugen.
Etwas üppiger (oder geradezu überschwenglich) in der Richtung ist das R0Verb von Klevgr
https://klevgrand.se/products/r0verb/

cheers, Tom
 
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Vielen Dank euch für die Kekse und die Antworten:)

Zum Panning kommt mir in den Sinn, dass Du da sowieso nur eine idealtypische Position der Hörer setzen kannst, da nicht jedeR Musik vor Studiomonitoren hört, sondern Auto usw. und somit sowieso nicht jede denkbare Position berücksichtigt werden kann.
Kopfhörerbetrieb wäre ja zB so etwas wie eine idealtypische Standardposition. Ansonsten müsste ja noch auf der Ausgabeseite vor der D/A-Wandlung das Signal in Abhängigkeit von der Position der Zuhörer angepasst werden.
Ja, ich bin natürlich von einer "Standardaufstellung" der Lautsprecher ausgegangen. Jede Veränderung der Lautsprecher und der Hörposition bewirkt natürlich eine geometrische Verzerrung des simulierten Raums. Zudem muss man bedenken, dass auch der Abhörraum ungewollt Erstreflexionen aufweist, die erst beim hören zusätzlich im Abhörraum entstehen. Das kann das Klangbild natürlich auch verfälschen. (Man hat also quasi ein simulierten Raum von 15x20m, der virtuell im echten Abhörraum drin steht, und ganz andere Raumdimensionen aufweisen kann, als der simulierte Raum.) Je mehr ich darüber nachdenke, je mehr glaube ich, dass nur Kopfhörer für mein Experiment geeignet sind, da Lautsprecher, die in einem Raum stehen, zuviele unvorhersehbare Faktoren mit sich bringen, die das Resultat verfälschen können. (Allerdings muss ich dazu sagen, dass dies ein "Problem" ist, was bei jeder Musikproduktion auftritt. Dass der Abhörraum nicht den Dimensionen des simulierten Effekthalls übereinstimmen. Das wäre reiner Zufall.

Bist Du Naturwissenschaftler?
Nur Hobbymässig, aus Neugier, ja. Habe aber nur begrenztes Schulwissen, und was ich halt sonst im Leben so an Wissen aufgeschnappt hab. Mathematische Zusammenhänge naturwissenschaftlicher Abläufe finde ich sehr spannend. Es ist ein Weg, wie man die Theorie mit der Praxis verbinden kann. Meine Experimente helfen mir dabei, diese komplexen Abläufe zu verstehen. (Bei diesem Experiment sind die Strecken die der Schall zurücklegen muss elementar wichtig. Also eigentlich kam hier hauptsächlich Trigonometrie zum Einsatz. Bzw Längen- und Winkelberechnungen von Dreiecken. Aus den Distanzen lassen sich ganz einfach die Verzögerungen berechnen. Schallgeschwindigkeit ist ja eine bekannte Grösse... Eigentlich keine Hexerei. Es sieht komplizierter aus, als es ist.:D

Korrekterweise müsste man natürlich noch Zimmerdecke und Boden hinzufügen, wobei auch beim Boden höchstwahrscheinlich ein anderer Dämpfungskoeffizient zzgl. EQ (Teppich/Laminat, etc.) zum Tragen käme. Die dritte Dimension macht immerhin 33% der Gesamtwirkung des Modells aus, aber verkompliziert den Rechenweg erheblich.
Vielleicht werde ich das Tool noch 3-Dimensional ausbauen, mal gucken. Ich wollte halt erstmal ein vereinfachtes Tool machen, und wenn das mal funktioniert weiter ausbauen. Die dritte Dimension stellt mich jedoch vor weitere Probleme, die nicht rechnerischer Natur sind. Berechnen lassen sich alle Predelays, das ist kein Thema, nur lässt sich die Richtung aus der die Reflexionen kommen nicht korret abbilden auf einer normalen Stereo-Abhöre. Es gibt bei Stereo kein "oben und unten". Selbst bei zwei Dimensionenmusste ich tricksen. Die Reflexionen der Rückwand müssten eigentlich "von hinten" auf den Zuhörer einwirken. Aber hinter dem Zuhörer stehen nunmal keine Lautsprecher. Egal ob die Reflexion 30 Grad von vorne links, oder 30 Grad von hinten links zum Zuhörer gelangt, bei meiner Berechnung ist einfach das Panning 30 Grad nach links geneigt, egal ob das Signal von vorne oder von hinten auf den Zuhörer einwirkt. Um das korrekt darstellen zu können, bräuchte man ein Surround-Abhörsystem, welches auch hinter dem Zuhörer Lautsprecher hat.
Um das Ganze 3-dimensional korrekt abbilden zu können, bräuchte man sogar 2 Surround-Systeme, um nicht nur "vorne und hinten" sondern auch "oben und unten" darstellen zu können. Ein System am Boden, das Andere an der Decke..

was die Geometrie betrifft gab es vor vielen Jahren mal ein 'Rayverb', bei dem die Reflexionen per raytracing 'korrekt' berechnet wurden - könntest du als Referenz heranziehen, wurde seinerzeit recht ausführlich beschrieben.
Danke für den Tip, ich werde mir das Plugin gerne mal genauer anschauen:)
 
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Ich hab mir nochmal Gedanken bezüglich der Abhöre gemacht, und den geometrischen Raumverzerrungen die dabei entstehen können.
Hier mal ein Bild eines Analizers:
goniometer04ictvo5l7.jpg

Hier gibts auch sowas wie eine Raumdarstellung. Nehmen wir mal an, in der Mitte des Kreuzes sitzt der Zuhörer. An der Stelle die mit L+R bezeichnet sind, da sind die Lautsprecher. M ist die Mitte, bzw das entspricht einem Einfallswinkel von 0 Grad. Der linke Lautsprecher wäre hier ein Einfallswinkel von -45 Grad, der rechte Lautsprecher +45 Grad. Das wiederum entspricht einem Panning von 100%. Zumindest hier in dieser Darstellung mit 45 Grad aufstellung der Lautsprecher.
Und hier haben wir auch das Dilemma. Korrektes Stereo ist ein gleichseitiges Dreieck. Das hat 60 Grad, bzw +/-30 Grad. Man könnte mittels Stereowidener Tools jedoch bis zu +/-60 Grad ausdehnen. (Quasi links neben den linken Lautsprecher mischen.) Das ist mir jedoch ein Dorn im Auge, weil sowas nur funktioniert, wenn man in Kauf nimmt, dass die Korelationsanzeige im Extremfall bis ganz nach links in den tief roten Bereich absacken kann.. Was das zu bedeuten hat, darauf möchte ich nicht weiter eingehen, das ist ein anderes Thema.:D Aber es wäre eine Möglichkeit wie man wenigstens +/- 60 Grad erreichen könnte. Man könnte so einer Raumverzerrung entgegenwirken.

Es fehlen jedoch noch immer 30 Grad bis zu den gewünschten 90 Grad, nachdem meine Tabelle rechnet.

Mit dem errechneten Raum muss auf einer Stereo-Abhöre unweigerlich eine Verzerrung dieser Art auftreten:
raumverzerrungqiobwj5dfc.jpg

Allerdings betrifft diese Raumverzerrung nur das Panorama, bzw die Richtung aus denen die Reflexionen kommen. Die Verzögerungszeiten der Reflexionen sind trotzdem korrekt.

Man könnte hier von einer Raum-Zeit-Anomalie sprechen.^^ (Ich komme mir schon vor, wie bei Startrek. Raufbeamen Scotti! :D)

Allerdings mit Kopfhörern müsste man den Raum auch im Panorama korrekt und unverzerrt hören können:)

Das Experiment funktioniert also leider nur teilweise^^
 
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Zunächst mal zum Excel: Die Höhenabhängigkeit und die Reflektionen der Decke sowie des Bodens müssen in jedem Fall mit rein, weil z.B. der Boden meist die schnellste Reflektion liefert und aufgrund der Winkel in kleinen Räumen die sehr relevant. Das ist DIE Reflektion, mit der das Gehör Distanzen am besten raushört, weil das Doppelecho bei großen Entfernungen immer geringer wird.

Zur Berechung: Ich habe das ebenfalls damals mit einem Excel gemacht, um die Zeiten in meinem ersten Hallprozessor, der noch nicht einstellbar war, zu ermitteln:
http://www.96khz.org/htm/reverbmodule.htm
Bist du sicher, dass Du die Dämpfung korrekt berechnest und mit der Abschwächung der Welle im 3D richtig kombinierst? Ich habe da andere Werte ...

Generell ist es so, daß der 3D-Hall von mehreren veerinfachenden Annahmen ausgeht, die dazu führen, dass das, was man so typische (steril) berechnen kann, schon nach wenigen Reflektionen (und damit Zehntelsekunden), nicht mehr viel mit der Realität zu tun hat. Hauptursache ist die ideale Reflektion unendlicher Wände, die es so nur in der Mathematik gibt, die nicht strahlenförmige- sondern keulenförmige Ausbreitung der Bässe und nicht zuletzt das nichtlineare Dämpfungsverhalten der Materialien. Entscheidend ist auch die nicht kugelförmige Emission von Schall bei realen Instrumenten, d.h. man hört von der Wand ein anders Spektrum, als direkt.Das gilt z.B. auch für Monitore.

Zum Stereohören: Das ist extrem schwer abzubilden, weil man die Richtwirkung der Lautsprecher simulieren muss. Wir haben das mal gemacht, landeten aber auch rasch an der Grenze der 3. Reflektion, weil die Ausbreitung zur Seite immer wichtiger wird und die Abstrahlung off axis sehr inhomogen wird. Was man dann hört, oder psychoakustisch zu hören glaubt, ist auch nochmal was anderes, weil die Mischungen oftmals phasenabhängiges Stereo beinhalten, welches sich nicht linear abbildet, d.h. Höhen haben bei gleicher Verschiebung eine fast doppelt so grosse akustische Elongation. Nicht zuletzt ist die akustische Wirkung nur dann wirklich einigermassen zu berechnen, wenn die im Mix bereits vorhandenen Reflektionen genau bekannt sind. Die mischen sich nämlich in die des Abhörraumes und generieren neue Mehrfachräume

Damit zum PreDelay:

Das hat direkt mit Reflektionsabbildung eher weniger zu tun, sondern wurde eingeführt, weil man einfach gelernt hat, daß der Hall, den man mit dem Hallprozessor erzeugt, so derart unvollständig ist, daß er zu unkontrollierbaren Effekten führt, wenn er direkt aufs Material losgelassen würde. Daher nutzt man gerne die Anfangszeitlücke und lässt das Original laufen und hat so auch die Earlies abgekoppelt. Bei sehr trockenen Signalen, kann man so diese frühen Reflektionen gezielt hineinzunehmen oder eben auch gänzlich weglassen, was oft besser ist.

Wenn du da weiterbauen möchtest: Denk mal über die Richtungsabhängikeit des Gehörs nach und auch über die Luftdämpfung hoher Frequenzen. Wenn Du die beide nicht reinnimmst, sind schon die 3. oder 4 trocken berechnete Reflektion komplett Makulatur, da sie rezessiv werden. Und wenn Du aber sowas reinnimmst, kommst Du sehr schnell zu enormen Aufwänden. Das in Exzel nachzubilden und zu berechen, ist da noch das Wenigste. Man kann das mit VBA sogar iterativ machen (lassen). Inzwischen mache Ich es mit MATLAB / OCTAVE und sogar mit ModelSIM direkt. Das Problematische bleibt die Umsetzung:

Wenn der Hall authentisch werden soll, müssen sehr viele Reflektionen berechnet werden. Diese verdichten sich dann auch automatisch zu einem Hall und zwar zu einem, der kein predelay mehr braucht, weil sich das automatisch ergibt. Ebenso entsteht dann auch die Lautstärke, die bei geringer Rechentiefe fehlt. Diese würde man intuitiv mit mehr Volumen kompensieren, was aber dazu führt, dass die Reflektionen zu pägnannt werden und wieder Phasenartefakte produzieren. Einen richtig dichten Hall bekommst Du bei etwa 30 Reflektionen gleichzeitig, womit aber rund 1500-2000 Reflektionen insgesamt berechnet werden müssen. Das packt keine normale CPU mit den angestrebten Sampleraten und selbst mit VHDL belege Ich damit einen kompletten FPGA!

Wer ein entsprechendes System hat, kann sich das ja mal anhören:
http://www.96khz.org/doc/echodelayvhdl2.htm

Mit Prozessoren macht man es daher meist so, dass man den Hall intuitiv verdichtet und dann etliche Freiheitsgrade spendiert, um ihn nach Gehör zuzumischen. Dafür braucht es dann eben auch das predelay.
 
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