Raupe im Kokon

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Raupe im Kokon

An der alten Haltestelle
stieg ich aus der Straßenbahn,
nahm den Weg zur alten Wohnung,
ganz so wie vor sieben Jahrn;

sah hinauf zu deinem Zimmer
und natürlich schien dort Licht.
Alles wirkte so wie immer,
nur der Schlüssel passte nicht.

Manchmal warten die Gedanken
wie die Raupe im Kokon
und brauchen ihre Zeit.
Manchmal hindern keine Schranken
den entfesselten Ballon
und der Blick geht meilenweit.

Als ich auf die Klingel drückte,
bellt’ der Lautsprecher mich an,
wie ich zu so später Stunde
fremde Leute stören kann.

Ich entfernte mich, erschüttert
wie ein leckgeschlagnes Schiff,
da mein Herz, vor Schreck zersplittert,
deinen Tod erst jetzt begriff.

Manchmal warten die Gedanken
wie die Raupe im Kokon
und brauchen ihre Zeit.
Manchmal hindern keine Schranken
den entfesselten Ballon
und der Blick geht meilenweit.

Dieses schmerzliche Erfassen,
dem Zufall überlassen,
als würd’ ich mit verblassen…

Manchmal warten die Gedanken
wie die Raupe im Kokon
und brauchen ihre Zeit.
Manchmal hindern keine Schranken
den entfesselten Ballon
und der Blick geht meilenweit.
 
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Wieso passt der Haustürschlüssel nicht mehr? :gruebel:
 
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Weil das LI schon vor 7 Jahren umgezogen ist.
 
Wieso passt der Haustürschlüssel nicht mehr? :gruebel:
Wow, scharfsinnig! Das wär mir gar nicht aufgefallen.
Jetzt frage ich mich:
Gibt es eine Erklärung?
Wurde in den sieben Jahren "einfach so" (ohne Zusammenhang mit der Geschichte) auch das Haustürschloss getauscht?
Braucht es eine Erklärung? Oder darf das offen bleiben?

Für die Geschichte find ich den Part "Schlüssel probieren, passt nicht mehr" toll und würde das nicht verlieren/verändern wollen.

Was anderes:
Meine ersten Gedanken beim Lesen waren andere. Ich fand es gut, dass die Geschichte mich dreimal überrascht hat.
Meine Erwartung war die Geschichte der verlorenen Liebe mit dem früheren Partner oben in der Wohnung.
Durch "Schlüssel", "fremde Leute", "Tod" kam jeweils eine gut platzierte Wendung, die mich beim Lesen am Ball hielt.

Der Refrain ist mir noch fremd.
 
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Wieso kann die Person nicht umgezogen sein, wieso ist klar, dass sie tot ist?

Beide Fragen - siehe post - oben erschließen sich für mich wie folgt: Lyrisches Ich und Person haben zusammen gelebt, Person starb, LI weiß das auch, hat dieses Wissen aber verdrängen müssen und realisiert erst mit diesem vergeblichen Gang zur früheren gemeinsamen Wohnung, dass die Person tot ist.
Auf diese Zeitverzögerung des Realisierens spielt das Bild mit dem Kokon ab.
Dieses Bild suggeriert auch, dass durch diese Realisierung das LI in neuer Form wiedergeboren werden wird.

Für mich ist noch unausgeleuchtet: Wenn LI den Tod eigentlich nicht realisiert hat, was eine sehr fundamenale Verdrängung ist, wieso erscheint dann der Gang zur früheren Wohnung so alltäglich? Wäre das LI nicht in Behandlung gewesen?

x-Riff
 
Das LI hat den Tod nicht komplett verdrängt, nur dieses Mal total vergessen.
Das könnte ich im Refrain noch mal deutlicher thematisieren.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ist mir tatsächlich so passiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Weil das LI schon vor 7 Jahren umgezogen ist.
Trotzdem wird nicht das Haustürschloss in einem Mehrfamilienhaus ausgewechselt ;)
Wieso hat das LI überhaupt noch einen Schlüssel :D

Tschuldigung, bin ja schon still
 
Das LI hat ja eben KEINEN Schlüssel.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Es benutzt den eigenen Schlüssel und der passt nicht.
 
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Ach so 💡- jut, jetzt icks kapiert
 
Das LI hat den Tod nicht komplett verdrängt, nur dieses Mal total vergessen.
Das könnte ich im Refrain noch mal deutlicher thematisieren.
Beitrag automatisch zusammengefügt:

Ist mir tatsächlich so passiert.
Das hat sich mir nicht erschlossen ... Also eher etwas zwischen "momentan vergessen" oder "in Gedanken versunken" statt verdrängtes Trauma ...

Und auf den eigenen Schlüssel hätte ich auch nicht getippt.

Das würde ich noch deutlicher machen.

x-Riff
 
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Das hat sich mir nicht erschlossen ... Also eher etwas zwischen "momentan vergessen" oder "in Gedanken versunken" statt verdrängtes Trauma ...

Und auf den eigenen Schlüssel hätte ich auch nicht getippt.

Das würde ich noch deutlicher machen.

x-Riff
Genau.
Das mit dem Schlüssel verwirrt zuerst, aber tatsächlich wär ich auch jemand, der so Sachen macht wie vor Türen stehen, obwohl klar ist, dass die Person da nicht mehr sein kann.
Toll wär ein Refrain, der diese für mich nachvollziehbare, aber schwer erklärbare Stimmung und "Logik" irgendwie in Worte fassen kann.
 
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Hier mal mit verändertem Refrain und anderer Bridge.

Raupe im Kokon

An der alten Haltestelle
stieg ich aus der Straßenbahn,
nahm den Weg zur alten Wohnung,
ganz so wie vor sieben Jahrn;

sah hinauf zu deinem Zimmer
und natürlich schien dort Licht.
Alles wirkte so wie immer.
Nur der Schlüssel passte nicht.

Manchmal warten die Gedanken
wie die Raupe im Kokon
und brauchen ihre Zeit.
Manchmal schließen sich die Schranken
und wir kommen nicht davon,
doch sie schützen uns vor Leid.

Als ich auf die Klingel drückte,
bellt’ der Lautsprecher mich an,
wie ich zu so später Stunde
fremde Leute stören kann.

Ich entfernte mich, erschüttert
wie ein leckgeschlagnes Schiff,
da mein Herz, vor Schreck zersplittert,
deinen Tod erst jetzt begriff.

Manchmal warten die Gedanken
wie die Raupe im Kokon
und brauchen ihre Zeit.
Manchmal schließen sich die Schranken
und wir kommen nicht davon,
doch sie schützen uns vor Leid.

Vor sieben Jahren hätt’ es mir
wahrscheinlich den Verstand geraubt:
Dass ich dich tatsächlich verlier,
ich hab es damals nicht geglaubt.

Manchmal warten die Gedanken
wie die Raupe im Kokon
und brauchen ihre Zeit.
Manchmal schließen sich die Schranken
und wir kommen nicht davon,
doch sie schützen uns vor Leid.
 
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