Warum soll man durch die andere Führung einen geringeren Saitenzug haben?
Der
statische Saitenzug, also im Ruhezustand, bleibt natürlich gleich, solange Mensur, Saitentyp und Stimmung identisch sind. Das Spielgefühl ist dennoch anders, weil Du schon beim bloßen Niederdrücken der Saite auf den Bund immer auch die Saite dehnst. Umso mehr gilt das natürlich bei Bendings. In beiden Fällen muss immer auch der Teil der Saite mitgedehnt werden, der
hinter den Saitenauflagen (Sattel bzw. Saitenreiter) liegt und nicht mitschwingt.
Ist der Druck auf den Saitenreiter jetzt geringer, indem der Winkel flacher gemacht wird, rutscht die Saite auch leichter über den Saitenreiter, und das fühlt sich eben nachgiebiger an. Die menschliche Hand hat grundsätzlich ein sehr feines Gefühl für sowas, und manche nehmen das als größeren Unterschied wahr, andere eher nicht so. Viele, die die Saiten so aufziehen, wollen damit auch etwas die recht dicken Saiten ausgleichen, die sie aus Soundgründen bevorzugen.
Der Sinn der Sache mit dem "reverse stringing" (Saiten von vorne in das Tailpiece rein und dann von hinten aus drüberziehen) ist übrigens der, dieses weichere Spielgefühl zu erzeugen, ohne das Stoptail zu weit rauszuschrauben. Vielen ist das sonst beim Auflegen der Hand unangenehm; außerdem wird einem zu weit herausstehenden (und dann auch lockerer in den Hülsen steckenden) Tailpiece eine negative Auswirkung auf Ton und Sustain nachgesagt.
Gruß, bagotrix