H
Homer J. Simpson
Registrierter Benutzer
- Zuletzt hier
- 21.01.20
- Registriert
- 02.09.19
- Beiträge
- 65
- Kekse
- 1.842
*Edit: Aus diesem Thema/Beitrag ausgelagert*
....die Nummer mit "Sakai" muss ich mal kommentieren:
Ach ja, Frank Meyers. Das Problem an sowas ist, dass irgendjemand irgendetwas in ein Buch schreibt, 3.000 Leute zitieren das Buch im Internet und dann wird es irgendwann automatisch zur "verlässlichen Quelle". Ich will dem Mann nichts böses unterstellen, nur...versucht man irgendwas über "Sakai Mokko" herauszufinden landet man entweder auf Frank's "Drowninginguitars.com" oder auf Foren, in denen jemand Frank zitiert oder in denen Frank antwortet und auf sein Buch hinweist.
In Japan ist so ziemlich jede Bretterbude die wenigstens in den 70ern noch Gitarren gebaut hat in irgend einer Form bekannt und erwähnt, meist auch noch mit Namen des/der Gründer/s und der Location. In diesen Fabriken arbeiteten Leute, die sich einen Namen machten und eigene Firmen und Fabriken gründeten oder zu einer anderen Firma wechselten und dabei Spuren hinterliessen. Der Name "Sakai" ist mir in solchen Fundstellen nie begegnet (ich habe den zum ersten Mal in Zusammenhang mit den - auch von Frank Meyers zitierten - "Hertiecasters" gesehen und das erst in den letzten Jahren).
Nicht dass das japanische Internet voller Sammlerseiten oder gar Diskussionsforen wäre (im Internet fachsimpeln ist nicht so der japanische Stil) oder das ich grossartig japanisch könnte aber ausser einem Möbelhersteller der tatsächlich "Sakai Mokko Company Ltd" heisst gibt es keine Fundstellen für さかい もっこ (Sakai mokko, eigentlich mokkou), nicht mal welche die irgendwas mit, von oder über Frank M. schreiben. さかいギター (Sakai Gitarre) oder サカイ楽器 (Sakai Musikinstrumente) bringen ein Musikgeschäft hervor, dass es aber scheinbar erst seit 1998 gibt, sowie eine Firma die 1930 tatsächlich Harmonien in Nagoya gebaut oder verkauft hat (unklar). Es ist also nicht so, dass Google in Japan nicht funktioniert. Der Name "Masao Sakai" (oder "Masato", falls Schreibfehler) führt sogar noch mehr ins Leere. Das finde ich ein bischen erklärungsbefürftig.
"Sakai Mokko" (heisst so ungefähr "Sakai-Tischlerei") soll laut Meyers schon Anfang der 60er beschlossen haben, statt Möbel lieber Gitarren zu bauen, am liebsten Designs von Teisco und Kawai (zu der Zeit noch Konkurrenten). Nun hat der Mann eine EV3T, die er nicht in den Katalogen finden konnte. Von hier an geht dann wohl einiges schief: Angeblich hat er ja auf seinen Reisen Mitarbeiter von Teisco-Kawai gesprochen (was in Japan generell nicht ganz leicht ist, vor allem 40+ Jahre nachdem der Laden entgültig dichtgemacht hat), die sich an die Gitarre auch nicht erinnern konnten und ihm bestätigt haben dass seine "VOX Phantom"-Kopie von "Del Ray" (EV3T) aus Sperrholz nicht von Teisco gebaut worden sein könne, weil die ja sonst immer aus Vollholz gewesen wären.
Vielleicht hat man einfach nicht berücksichtigt dass die Gitarre Ende der 60er gebaut wurde, nachdem Teisco in Not geraten und von Kawai geschluckt wurde. So kam vielleicht die Idee einer unbekannten Fabrik auf, die für den US-Importeur W.M.I. Kopien von Teisco-Designs baute weil die Originale zu teuer gewesen wären. 3 Jahre später wurde Frank in einem Kommentar darüber aufgeklärt, dass die Gitarre nicht im Katalog war weil sie von den meisten US-Shops abgelehnt wurde und nur in Kanada verkauft wurde. Da war die Sache mit der Phantomfabrik aber schon im Buch veröffentlicht.
Nicht nur dass die nun unter Teisco-Kawai laufende Firma sicher willens und am besten in der Lage gewesen wäre das Vollholz mit Schichtholz zu ersetzen, in der direkten Nachbarschaft von Teisco Gen Gakki in Matsumoto hätten sich notfalls auch noch die kapazitätsstarken und bewährten Fabriken von Fuji, Chushin, Matsumoku (und ab 72 auch noch Dyna) sowie ein paar kleinere Fabriken befunden. Aber nein, es muss eine mysteriöse Möbelfabrik gewesen sein, die im Auftrag von W.M.I. in fast krimineller Weise fiese Raubmordkopien an Teisco vorbei produzierte, was in 50 Jahren keiner gemerkt hat. Da gehen wenigstens bei mir die Augenbrauen nach oben.
Eine ganz andere und für mich viel plausiblere Legende ist hier zu finden:
Auf deutsch... "der sogenannte "Nixon-Schock" von 1971 führte zu 56% teureren Exporten, weshalb die japanischen Instrumentenfabriken anfingen die Produktion teilweise nach Korea und Taiwan zu verlagern. Die meisten gingen nach Korea..." (wo Samick ab 1968 und wenig später auch Westheimer's Cor-Tek (später "Cort") bereitstanden, Kawai hatte schon Mitte der 60er eine Fabrik in Taiwan gekauft und verlagerte die Teisco-Produktion teilweise nach dort, wie auch z.B. Pearl, die den Grossteil der Drumproduktion um 1973 nach Taiwan verlagert hatten). "...Die Designs waren fast identisch mit vorigen, von Kawai produzierten Teisco-Modellen, die Produktpalette wurde aber signifikant verkleinert. Mit der nach Taiwan verlagerten Produktion der Einsteigermodelle beschloss Kawai, dass der in Matsumoto verbleibende Teil von Teisco fortan auch auf dem heimischen Markt im Bereich "F.+G.-Kopien" mitmischen sollte. Aber: während alle anderen japanischen Hersteller Brettgitarren mit 2-3 -teiligen Bodies und einteiligen Hälsen anboten, hatten die Teisco-Gitarren Schichtholz-/Pancake-Bodies und konnten nicht mithalten. Deshalb endete die Produktion der "Teisco"-Marke 1974 auf dem JDM."
(Für nicht-Adepten: JDM ="Japan Domestic Market" =japanischer Inlandsmarkt.) Das endgültige Aus für Teisco Gen Gakki kam dann 1977. Das ist übrigens eine dieser unglücklichen "pre-Lawsuit"-Kopien für den JDM:
Nun hat Meyers' US-zentrische 60er-Jahre-Perspektive sicher auch zur Verwirrung beigetragen, weil die Marken "Teisco" bzw "Del Rey" ab ~1970 ja nicht mehr importiert wurden und vom US-Markt verschwanden. Stattdessen wurden nun die miesen Einsteigergitarren aus Taiwan und die abgespeckten Teisco-Designs aus Matsumoto u.A. mit dem Sakai-Label in die USA exportiert, die baugleich oder ähnlich als "Kay" etc. oder als "Audition" bei Woolworth/Woolco und mit anderen Namen in anderen US-Kauf- und Versandhäusern auftauchten. Aus US-Perspektive (im Gegensatz zu hier waren die Teiscos dort ja sehr beliebt) muss das wie eine "Übernahme" ausgesehen haben und mit "Sakai" (als einzigem japanisch klingendem Namen auf sonst baugleichen Gitarren) war dann der "Täter" vermeintlich identifiziert. Mit dem Aufkommen von Internetforen wurde dort irgendwann öfter von "Teisco/Sakai" gesprochen und da wir ja gern nachplappern was die da drüben so schreiben hat sich der Irrtum irgendwie auch hier festgesetzt.
Bei uns tauchten viel weniger Modelle unter den Namen "Avon"/"Morris", "Arbiter" "Jedson" und "Hohner" usw. auf und die Taiwan-Dinger schlugen namenlos bei u.A. Hertie auf. Apropos Jedson, auf dieser Fanseite https://jedsonguitars.net/ kann man einen Teil der Jedson-Produktpalette (und damit die vieler EU-Importeure) auf einen Haufen sehen (und auch über die Geschichte lesen, in der Teisco als Hersteller genannt wird). Es waren über die Jahre alle Gitarren vertreten über die wir hier rätseln - von normalen Standard-Strat- und Tele-Kopien über die Teisco- (Japan-) Teles mit dem für die Endsechziger-Teiscos so typischen Rollensteg, Pickups und Schiebeschaltern, bis zur hier "Super Stratocaster" genannten Hertiecaster aus (vermutlich) Taiwan. Ja, ich weiss dass da meist "Made in Japan" auf der Halsplatte steht, die Platte ist bestimmt auch in Japan gemacht worden bevor sie nach Taiwan verfrachtet wurde.
In der frühen Geschichte von Teisco haben Möbeltischlereien zwar tatsächlich eine Rolle gespielt, aber als z.B. Matsumoto Mokko aufhörte Schränke zu bauen haben die sich wenigstens ordnungsgemäss in "Matsumoku Gakki" (Matsumoku=Kunstwort aus "Matsumoto" und "Mokko") umbenannt.
Viel naheliegender wäre also dass der Name "Sakai" einfach nur ein Export-Label von Teisco oder Erfindung eines Importeurs war, der sich aus den Produktpaletten diverser Fabriken bedient hat wie die anderen auch. Deshalb ist es auch kein Wunder dass sich in Japan kein Schwein daran erinnert, weil das Label nicht auf dem JDM gelandet ist.
Kleine Anekdote zum Thema "Buch": Während ich mich mal eine Zeitlang mit "Pearl"-Gitarren beschäftigte, stolperte ich über eine in Foren öfter kolportierte Geschichte, dass "Pearl"-Gitarren ursprünglich von Gherson in Italien gebaut worden wären und die Produktion in den 70ern aus Kostengründen nach Japan verlegt worden sei. Die Quelle war ein Buch eines bekannten Autors (den ich jetzt mal nicht unnötigerweise nenne), dass zugegebenerweise schon im internetlosen 1990 entstanden ist. Also habe ich den Autor mal gefragt wie er darauf gekommen ist und habe eine japanische "Pearl"-Broschüre von 1973 angehängt, die 4 Gitarren und 4 Bässe zeigt die vollkommen identisch mit den damaligen Angeboten von Aria/Ibanez usw. waren (und natürlich keine Ähnlichkeit mit den sehr charakteristischen Gitarren von Gherson hatten). Er konnte sich selber nicht mehr erklären wie er und sein Co-Autor damals darauf gekommen sind, Aufzeichnungen hatte er auch keine mehr. Ich kenne das ja aus eigener Erfahrung, gerade im meist unheimlich schwer nachvollziehbaren Geflecht aus Marken, Firmen und Fabriken in Japan kommen auf jede echte Spur 10 falsche Fährten auf denen man sich für lange Zeit verirren kann.
Ja, das wäre tatsächlich ein Problem gewesen, wenn Morris bei der Gründung lauter Leute mit 0 Jahren Berufserfahrung eingestellt hätte.
Wenn man davon ausgeht, dass die meisten frühen Morris-Electrics und die Sakais von Teisco-Kawai kamen war aber sicher genug Erfahrung vorhanden. Und ehrlich gesagt, die weitaus meisten davon waren von vergleichsweise geringer Qualität. Wenn ich mir diese Teisco-Strat anschaue gruselt es mich ein bischen (man achte auf den Vibrato"block").
...und in der 2-PU-Version auch noch u.A. von Jedson und als Arbiter (letztere war meine erste E-Gitarre, später lief mir auch noch eine Jedson zu) und wahrscheinlich noch etliche mehr. Das Morris die im Programm hatte war mir neu und ist bemerkenswert, da es deutlich die Frage aufwirft welche der Gitarren Morris eigentlich selber hergestellt hat. Aber eigentlich ist das auch kein Wunder:
Das wird so gewesen sein. Moridaira war nicht nur Hersteller und Exporteur sondern vorher schon Importeur, z.B. von Fender/Gibson und ab 1970 auch Hohner-Harps usw.. Auch fremde Gitarren unter dem eigenen Namen zu vertreiben ergab Sinn, weil vor allem die Akustikgitarren der Firma einen guten Ruf eingebracht hatten, auf denen bei Morris wohl auch eigentlich der Schwerpunkt lag. Die besseren "Morris"-Electrics kamen erst nachdem Teisco dichtgemacht hatte.
Das wird mMn sogar noch viel plausibler wenn man die "Mystery Factory Sakai" vergisst und dafür "Teisco-Kawai" und die "Teisco Gen Gakki"-Fabrik in Matsumoto einsetzt. Deren Schicksal als weitere "Lawsuit-Copy" und Auftragsfabrik in den 70ern ist ja offenbar auch nicht übermässig bekannt, ergibt aber einen viel handlicheren roten Faden, vor allem im ziemlich speziellen Fall von "Morris" und "Hohner". Soviel ich weiss (unverifiziert) lag die damalige Moridaira-Fabrik sogar ebenfalls in Matsumoto bzw. der Nagano-Präfektur.
Du musst dann auch keine Verbindung zwischen der ominösen Frank Meyers-Geschichte und den "modernen" Sakai-Gitarren mehr suchen. Egal was auf der Kopfplatte steht, wenn die exakt gleiche Gitarre auch als "Sakai" auftaucht ist der Hersteller "Teisco", sogar wenn einer der Namen sich sonst bei anderen Fabriken bedient oder sogar selbst eine hat wie "Morris". Wenn "Teisco" auf der Kopfplatte steht, ist sie für den JDM und als "Sakai" für den Export. Wenn die gleiche Gitarre als "Teisco" und einem anderen Namen auftaucht ist sie vor 1975 gebaut worden.
Das klärt dann womöglich auch die Herkunft dieser fies zusammengstückelten "Franpton" Thinline Tele, über die auf music-trade.co.jp Verwirrung herrscht:
(Mehr Bilder: https://www.guitare-village.com/occasion/rock/rock_4549.php)
Hier ist eine "Sakai" non-Bullet, non-TRC, 70s-Strat die deutlich netter ausfällt als die Teisco vom Link weiter oben und es gibt natürlich auch Fälle in denen sich Morris und Teisco unabhängig voneinander das gleiche Modell vorgenommen haben:
Morris Thinline Tele
Teisco Thinline Tele
Morris L6-S
Sakai L6-S
Der rote Faden endet wahrscheinlich 1978: 1977 wurde die Teisco-Fabrik in Matsumoto stillgelegt und Morris hätte dann auf Kawai zurückgreifen müssen, eine andere Fabrik für Hohner finden oder die Dinger selber bauen müssen. Daher stammen die späteren "Hohner" und "Morris"-Strats mit der langen Trussrod-Bohrung sicher nicht von Teisco, wenn die nicht bei Moridaira gebaut worden sind dann stammen sie aus einer ganz anderen Fabrik.
Es gibt auch noch eine Set-Neck SG Standard von Morris mit diesem TRC. Yoshino Gakki war ein Musikgeschäft in Tokyo und die Gitarren waren wohl eine Sonderauflage für den Laden. Dass die Beschreibung bei der ES-175 verwirrend ist liegt wohl an der Sprache, gerade "gemacht für" und "gemacht von" kann da blöderweise schon mal durcheinander geraten, was gerade im Zusammenhang mit Gitarrenfirmen und -fabriken stark zur allgemeinen Verwirrung beiträgt. Und dann kommen auch noch so Seiten wie diese "Spinditty"-Firmen- und Markenliste und bringen zum Teil wieder durcheinander, was andere schon mal richtigrum aufgereiht hatten.
....die Nummer mit "Sakai" muss ich mal kommentieren:
...Laut diesem Buch (von Frank Meyers und der Typ ist mehrmals nach Japan gereist, um mit Leuten zu reden....... Sakai war laut Buch ebenfalls ein Hersteller.
Ach ja, Frank Meyers. Das Problem an sowas ist, dass irgendjemand irgendetwas in ein Buch schreibt, 3.000 Leute zitieren das Buch im Internet und dann wird es irgendwann automatisch zur "verlässlichen Quelle". Ich will dem Mann nichts böses unterstellen, nur...versucht man irgendwas über "Sakai Mokko" herauszufinden landet man entweder auf Frank's "Drowninginguitars.com" oder auf Foren, in denen jemand Frank zitiert oder in denen Frank antwortet und auf sein Buch hinweist.
In Japan ist so ziemlich jede Bretterbude die wenigstens in den 70ern noch Gitarren gebaut hat in irgend einer Form bekannt und erwähnt, meist auch noch mit Namen des/der Gründer/s und der Location. In diesen Fabriken arbeiteten Leute, die sich einen Namen machten und eigene Firmen und Fabriken gründeten oder zu einer anderen Firma wechselten und dabei Spuren hinterliessen. Der Name "Sakai" ist mir in solchen Fundstellen nie begegnet (ich habe den zum ersten Mal in Zusammenhang mit den - auch von Frank Meyers zitierten - "Hertiecasters" gesehen und das erst in den letzten Jahren).
Nicht dass das japanische Internet voller Sammlerseiten oder gar Diskussionsforen wäre (im Internet fachsimpeln ist nicht so der japanische Stil) oder das ich grossartig japanisch könnte aber ausser einem Möbelhersteller der tatsächlich "Sakai Mokko Company Ltd" heisst gibt es keine Fundstellen für さかい もっこ (Sakai mokko, eigentlich mokkou), nicht mal welche die irgendwas mit, von oder über Frank M. schreiben. さかいギター (Sakai Gitarre) oder サカイ楽器 (Sakai Musikinstrumente) bringen ein Musikgeschäft hervor, dass es aber scheinbar erst seit 1998 gibt, sowie eine Firma die 1930 tatsächlich Harmonien in Nagoya gebaut oder verkauft hat (unklar). Es ist also nicht so, dass Google in Japan nicht funktioniert. Der Name "Masao Sakai" (oder "Masato", falls Schreibfehler) führt sogar noch mehr ins Leere. Das finde ich ein bischen erklärungsbefürftig.
"Sakai Mokko" (heisst so ungefähr "Sakai-Tischlerei") soll laut Meyers schon Anfang der 60er beschlossen haben, statt Möbel lieber Gitarren zu bauen, am liebsten Designs von Teisco und Kawai (zu der Zeit noch Konkurrenten). Nun hat der Mann eine EV3T, die er nicht in den Katalogen finden konnte. Von hier an geht dann wohl einiges schief: Angeblich hat er ja auf seinen Reisen Mitarbeiter von Teisco-Kawai gesprochen (was in Japan generell nicht ganz leicht ist, vor allem 40+ Jahre nachdem der Laden entgültig dichtgemacht hat), die sich an die Gitarre auch nicht erinnern konnten und ihm bestätigt haben dass seine "VOX Phantom"-Kopie von "Del Ray" (EV3T) aus Sperrholz nicht von Teisco gebaut worden sein könne, weil die ja sonst immer aus Vollholz gewesen wären.
Vielleicht hat man einfach nicht berücksichtigt dass die Gitarre Ende der 60er gebaut wurde, nachdem Teisco in Not geraten und von Kawai geschluckt wurde. So kam vielleicht die Idee einer unbekannten Fabrik auf, die für den US-Importeur W.M.I. Kopien von Teisco-Designs baute weil die Originale zu teuer gewesen wären. 3 Jahre später wurde Frank in einem Kommentar darüber aufgeklärt, dass die Gitarre nicht im Katalog war weil sie von den meisten US-Shops abgelehnt wurde und nur in Kanada verkauft wurde. Da war die Sache mit der Phantomfabrik aber schon im Buch veröffentlicht.
Nicht nur dass die nun unter Teisco-Kawai laufende Firma sicher willens und am besten in der Lage gewesen wäre das Vollholz mit Schichtholz zu ersetzen, in der direkten Nachbarschaft von Teisco Gen Gakki in Matsumoto hätten sich notfalls auch noch die kapazitätsstarken und bewährten Fabriken von Fuji, Chushin, Matsumoku (und ab 72 auch noch Dyna) sowie ein paar kleinere Fabriken befunden. Aber nein, es muss eine mysteriöse Möbelfabrik gewesen sein, die im Auftrag von W.M.I. in fast krimineller Weise fiese Raubmordkopien an Teisco vorbei produzierte, was in 50 Jahren keiner gemerkt hat. Da gehen wenigstens bei mir die Augenbrauen nach oben.
Eine ganz andere und für mich viel plausiblere Legende ist hier zu finden:
"However in 1971 when President Nixon decides that the Japanese Yen shall be floated as the US economy could no longer subsidise the Japanese Yen, the exchange rate dropped overnight to about 230 Yen to one US Dollar. This caused an approximate 56% price increase on exported products.
A lot of guitar manufacturing left Japan due to increase costs. Most went to Korea. Kawai moved its Teisco and Kay guitar manufacturing to Taiwan. It had acquired a factory there during the mid 1960’s. The designs are almost identical to previous Teisco models that Kawai produced. However the range of guitars was significantly reduced.
With the learner range of models now being made in Taiwan, Kawai decided that Teisco would compete with other guitar manufactures by producing lawsuit era copies of Fenders and Gibson’s. These all carry the Teisco brand and were sold in Japan.
The construction of these guitars consisted of plywood bodies and neck. All other Japanese manufactures were making solid body guitars with one piece necks and 1 to 3 piece bodies. So the guitars built were not of the same standard as other Japanese manufactures. The production of the Teisco branded guitars ceased around 1974. At this point the Teisco brand name on guitars and basses would disappear for 25 years."
Auf deutsch... "der sogenannte "Nixon-Schock" von 1971 führte zu 56% teureren Exporten, weshalb die japanischen Instrumentenfabriken anfingen die Produktion teilweise nach Korea und Taiwan zu verlagern. Die meisten gingen nach Korea..." (wo Samick ab 1968 und wenig später auch Westheimer's Cor-Tek (später "Cort") bereitstanden, Kawai hatte schon Mitte der 60er eine Fabrik in Taiwan gekauft und verlagerte die Teisco-Produktion teilweise nach dort, wie auch z.B. Pearl, die den Grossteil der Drumproduktion um 1973 nach Taiwan verlagert hatten). "...Die Designs waren fast identisch mit vorigen, von Kawai produzierten Teisco-Modellen, die Produktpalette wurde aber signifikant verkleinert. Mit der nach Taiwan verlagerten Produktion der Einsteigermodelle beschloss Kawai, dass der in Matsumoto verbleibende Teil von Teisco fortan auch auf dem heimischen Markt im Bereich "F.+G.-Kopien" mitmischen sollte. Aber: während alle anderen japanischen Hersteller Brettgitarren mit 2-3 -teiligen Bodies und einteiligen Hälsen anboten, hatten die Teisco-Gitarren Schichtholz-/Pancake-Bodies und konnten nicht mithalten. Deshalb endete die Produktion der "Teisco"-Marke 1974 auf dem JDM."
(Für nicht-Adepten: JDM ="Japan Domestic Market" =japanischer Inlandsmarkt.) Das endgültige Aus für Teisco Gen Gakki kam dann 1977. Das ist übrigens eine dieser unglücklichen "pre-Lawsuit"-Kopien für den JDM:
Nun hat Meyers' US-zentrische 60er-Jahre-Perspektive sicher auch zur Verwirrung beigetragen, weil die Marken "Teisco" bzw "Del Rey" ab ~1970 ja nicht mehr importiert wurden und vom US-Markt verschwanden. Stattdessen wurden nun die miesen Einsteigergitarren aus Taiwan und die abgespeckten Teisco-Designs aus Matsumoto u.A. mit dem Sakai-Label in die USA exportiert, die baugleich oder ähnlich als "Kay" etc. oder als "Audition" bei Woolworth/Woolco und mit anderen Namen in anderen US-Kauf- und Versandhäusern auftauchten. Aus US-Perspektive (im Gegensatz zu hier waren die Teiscos dort ja sehr beliebt) muss das wie eine "Übernahme" ausgesehen haben und mit "Sakai" (als einzigem japanisch klingendem Namen auf sonst baugleichen Gitarren) war dann der "Täter" vermeintlich identifiziert. Mit dem Aufkommen von Internetforen wurde dort irgendwann öfter von "Teisco/Sakai" gesprochen und da wir ja gern nachplappern was die da drüben so schreiben hat sich der Irrtum irgendwie auch hier festgesetzt.
Bei uns tauchten viel weniger Modelle unter den Namen "Avon"/"Morris", "Arbiter" "Jedson" und "Hohner" usw. auf und die Taiwan-Dinger schlugen namenlos bei u.A. Hertie auf. Apropos Jedson, auf dieser Fanseite https://jedsonguitars.net/ kann man einen Teil der Jedson-Produktpalette (und damit die vieler EU-Importeure) auf einen Haufen sehen (und auch über die Geschichte lesen, in der Teisco als Hersteller genannt wird). Es waren über die Jahre alle Gitarren vertreten über die wir hier rätseln - von normalen Standard-Strat- und Tele-Kopien über die Teisco- (Japan-) Teles mit dem für die Endsechziger-Teiscos so typischen Rollensteg, Pickups und Schiebeschaltern, bis zur hier "Super Stratocaster" genannten Hertiecaster aus (vermutlich) Taiwan. Ja, ich weiss dass da meist "Made in Japan" auf der Halsplatte steht, die Platte ist bestimmt auch in Japan gemacht worden bevor sie nach Taiwan verfrachtet wurde.
In der frühen Geschichte von Teisco haben Möbeltischlereien zwar tatsächlich eine Rolle gespielt, aber als z.B. Matsumoto Mokko aufhörte Schränke zu bauen haben die sich wenigstens ordnungsgemäss in "Matsumoku Gakki" (Matsumoku=Kunstwort aus "Matsumoto" und "Mokko") umbenannt.
Viel naheliegender wäre also dass der Name "Sakai" einfach nur ein Export-Label von Teisco oder Erfindung eines Importeurs war, der sich aus den Produktpaletten diverser Fabriken bedient hat wie die anderen auch. Deshalb ist es auch kein Wunder dass sich in Japan kein Schwein daran erinnert, weil das Label nicht auf dem JDM gelandet ist.
Kleine Anekdote zum Thema "Buch": Während ich mich mal eine Zeitlang mit "Pearl"-Gitarren beschäftigte, stolperte ich über eine in Foren öfter kolportierte Geschichte, dass "Pearl"-Gitarren ursprünglich von Gherson in Italien gebaut worden wären und die Produktion in den 70ern aus Kostengründen nach Japan verlegt worden sei. Die Quelle war ein Buch eines bekannten Autors (den ich jetzt mal nicht unnötigerweise nenne), dass zugegebenerweise schon im internetlosen 1990 entstanden ist. Also habe ich den Autor mal gefragt wie er darauf gekommen ist und habe eine japanische "Pearl"-Broschüre von 1973 angehängt, die 4 Gitarren und 4 Bässe zeigt die vollkommen identisch mit den damaligen Angeboten von Aria/Ibanez usw. waren (und natürlich keine Ähnlichkeit mit den sehr charakteristischen Gitarren von Gherson hatten). Er konnte sich selber nicht mehr erklären wie er und sein Co-Autor damals darauf gekommen sind, Aufzeichnungen hatte er auch keine mehr. Ich kenne das ja aus eigener Erfahrung, gerade im meist unheimlich schwer nachvollziehbaren Geflecht aus Marken, Firmen und Fabriken in Japan kommen auf jede echte Spur 10 falsche Fährten auf denen man sich für lange Zeit verirren kann.
Instrumente vom Anfang der 70er, welche ich persönlich auf dem Tisch hatte, und welche sich sowohl Sakai, als auch Morris zuordnen lassen, wirkten nicht so, als wären sie von jemandem gebaut worden, der erst 5 Jahre Erfahrung im E-Gitarrenbau hat
Ja, das wäre tatsächlich ein Problem gewesen, wenn Morris bei der Gründung lauter Leute mit 0 Jahren Berufserfahrung eingestellt hätte.
Die HG-420 Tele gibt es nicht nur als Hohner, sondern auch als Morris und Sakai
...und in der 2-PU-Version auch noch u.A. von Jedson und als Arbiter (letztere war meine erste E-Gitarre, später lief mir auch noch eine Jedson zu) und wahrscheinlich noch etliche mehr. Das Morris die im Programm hatte war mir neu und ist bemerkenswert, da es deutlich die Frage aufwirft welche der Gitarren Morris eigentlich selber hergestellt hat. Aber eigentlich ist das auch kein Wunder:
Letztendlich kann es auch sein, dass Hohner einfach über Moridaira Gitarren in verschieden Preisklassen bestellt hat und Moridaira seine bestehenden Kontakte zu diversen Fabriken nutzte.
Das wird so gewesen sein. Moridaira war nicht nur Hersteller und Exporteur sondern vorher schon Importeur, z.B. von Fender/Gibson und ab 1970 auch Hohner-Harps usw.. Auch fremde Gitarren unter dem eigenen Namen zu vertreiben ergab Sinn, weil vor allem die Akustikgitarren der Firma einen guten Ruf eingebracht hatten, auf denen bei Morris wohl auch eigentlich der Schwerpunkt lag. Die besseren "Morris"-Electrics kamen erst nachdem Teisco dichtgemacht hatte.
es gibt Konstruktionsdetails (oder Teile, die bei keinem anderen Hersteller auftauchen), die sich wie ein roter Faden durch diese Gitarren bis in die späten 70er ziehen. Die Hohner HG-440SG gibts z.B. auch als Morris und als Sakai. Gleiches Spiel mit den LPs.
Das wird mMn sogar noch viel plausibler wenn man die "Mystery Factory Sakai" vergisst und dafür "Teisco-Kawai" und die "Teisco Gen Gakki"-Fabrik in Matsumoto einsetzt. Deren Schicksal als weitere "Lawsuit-Copy" und Auftragsfabrik in den 70ern ist ja offenbar auch nicht übermässig bekannt, ergibt aber einen viel handlicheren roten Faden, vor allem im ziemlich speziellen Fall von "Morris" und "Hohner". Soviel ich weiss (unverifiziert) lag die damalige Moridaira-Fabrik sogar ebenfalls in Matsumoto bzw. der Nagano-Präfektur.
Du musst dann auch keine Verbindung zwischen der ominösen Frank Meyers-Geschichte und den "modernen" Sakai-Gitarren mehr suchen. Egal was auf der Kopfplatte steht, wenn die exakt gleiche Gitarre auch als "Sakai" auftaucht ist der Hersteller "Teisco", sogar wenn einer der Namen sich sonst bei anderen Fabriken bedient oder sogar selbst eine hat wie "Morris". Wenn "Teisco" auf der Kopfplatte steht, ist sie für den JDM und als "Sakai" für den Export. Wenn die gleiche Gitarre als "Teisco" und einem anderen Namen auftaucht ist sie vor 1975 gebaut worden.
Das klärt dann womöglich auch die Herkunft dieser fies zusammengstückelten "Franpton" Thinline Tele, über die auf music-trade.co.jp Verwirrung herrscht:
(Mehr Bilder: https://www.guitare-village.com/occasion/rock/rock_4549.php)
Hier ist eine "Sakai" non-Bullet, non-TRC, 70s-Strat die deutlich netter ausfällt als die Teisco vom Link weiter oben und es gibt natürlich auch Fälle in denen sich Morris und Teisco unabhängig voneinander das gleiche Modell vorgenommen haben:
Morris Thinline Tele
Teisco Thinline Tele
Morris L6-S
Sakai L6-S
Der rote Faden endet wahrscheinlich 1978: 1977 wurde die Teisco-Fabrik in Matsumoto stillgelegt und Morris hätte dann auf Kawai zurückgreifen müssen, eine andere Fabrik für Hohner finden oder die Dinger selber bauen müssen. Daher stammen die späteren "Hohner" und "Morris"-Strats mit der langen Trussrod-Bohrung sicher nicht von Teisco, wenn die nicht bei Moridaira gebaut worden sind dann stammen sie aus einer ganz anderen Fabrik.
Und hier ist eine Morris mit einem "Yoshino Gakki" TRC und einer Beschreibung, die noch mehr Fragen aufwirft.
Es gibt auch noch eine Set-Neck SG Standard von Morris mit diesem TRC. Yoshino Gakki war ein Musikgeschäft in Tokyo und die Gitarren waren wohl eine Sonderauflage für den Laden. Dass die Beschreibung bei der ES-175 verwirrend ist liegt wohl an der Sprache, gerade "gemacht für" und "gemacht von" kann da blöderweise schon mal durcheinander geraten, was gerade im Zusammenhang mit Gitarrenfirmen und -fabriken stark zur allgemeinen Verwirrung beiträgt. Und dann kommen auch noch so Seiten wie diese "Spinditty"-Firmen- und Markenliste und bringen zum Teil wieder durcheinander, was andere schon mal richtigrum aufgereiht hatten.
- Eigenschaft
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator: