Selbstverständnis und Außenwahrnehmung von VolksmusikErN

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Inspiriert durch diesen Thread hier, angeregt durch Wil_Riker, bestärkt durch folky Tom und Jonny W eröffne ich einen Faden zum Thema "Selbstverständnis der Volksmusiker". Die Idee kam dadurch zustande, dass hier im Thread das Akkordeon oft pauschal mit Volksmusik, älteren Herrschaften, Folter durch Landler, volkstümlicher Bierseeligkeit und den Nazis in Verbindung gebracht wurde. (Ich weiß, das ist ein bisschen überzogen)
Hier darf und soll die Volksmusik, die Volksmusiker, dazu gehörigen Veranstaltungen und Instrumente in ein differenzierteres Licht gerückt werden.
Einige Fragen, die es vielleicht zu diskutieren gilt, wären z.B.
  • Woher kommen die Klischees und inwieweit stimmen die mit der Wirklichkeit überein?
  • Ist Bierseeligkeit ein typisches Merkmal von "Volksmusik" und welche Gemeinsamkeiten mit Rock'n'Roll gibt es noch?
  • Wie sieht die "Szene" wirklich aus?
  • Warum treffe ich immer mehr Leute, die irische Musik spielen können aber ins stolpern kommen, wenn Stücke deutscher Herkunft nachgefragt werden?
  • Sind an den Vorbehalten gegenüber der Volksmusikwirklich die schlechten Musiker, die Nazis oder das Akkordeon schuld?
...
über diese und andere Fragestellungen und Gedanken kann in diesem Thread (höflich) gestritten werden. Wie werden Volksmusiker "von außen" wahrgenommen, wie sehen sie sich selbst und ist Tradition nun die Bewahrung der Asche oder doch die Weitergabe des Feuers? Und was hat Traditionelle Musik mit Weiterentwicklung zu tun? (Mir fällt gerade auf, diese Frage könnte man auch in einem Rock-Thread stellen). Und: Warum gefällt mir meistens auch irische, französische, Rumänische Volksmusik besser als deutsche?!?!
 
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Ich war letztes Wochenende in Dublin und fand es ausgesprochen toll, dass in jedem Pub (mindestens) ein Mensch mit Gitarre saß. Neben U2 und Oasis gab es natürlich auch jede Menge Volklore zu hören, was an sich nicht mein Genre ist, aber es passte einfach perfekt in die gesellige Stimmung. Genau das finde ich in Deutschland leider nicht. Hier gibt es den ARD Fernsehgarten, die pure Schunkelhölle. Es kommt mir vor, als wäre ein kompletter Teil der Kultur vor langer Zeit weggebrochen, und das entstandene Loch minderwertig von komerziell orientierten Sendeanstalten gefüllt.
 
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Da wir jetzt vom Quetschenhasserthread weg sind, kann ich ja jetzt über andere Volksmusikinstrumentierungen herfallen: Die Blasmusik gehört zu jedem Volksfest, man kann sich kaum unterhalten, keiner klatscht, keiner tanzt und wann's irgendwie geht, setzt man sich möglichst weit weg, sodass man sich zumindestz ansatzweise mit seinen Mittrinkern unterhalten kann. Schade, denn so kann ich solchen Veranstaltungen nur fernbleiben, obwohl man da ja auch Leute ausm Dorf trifft und mman ja quatschen könnte...Das ist wie ich finde auch eine Fehlentwicklung. Dabei tun die Blaskapelle ja auch wie ich finde, wichtige Dinge, lernen doch viele Landkinder im Umfeld der Blaskapellen ein Instrument erstmal spielen.
Warum dröhnen die dann die Volksfeste so zu? Weil's schon immer so war? Weil's gefällt und die Gäste so fest klatschen?
 
... setzt man sich möglichst weit weg ...

dann setz Dich halt weg ;-)

Deinen Eindruck kann ich in keinster Weise bestätigen. Es ist zwar musikalisch nicht wirklich meins, aber Blasmusik ist in meiner geographischen Ecke durchaus gute Unterhaltung, die zu einem Dorffest und ähnlichem paßt. Es ist nicht zu laut (Ausnahmen mögen bestehen), klanglich rund und auch nicht nur simples Humtata.
Eine Fehlentwicklung mag ich nicht erkennen.
Blasmusik ist für mich eher ein gutes Beispiel, wie man ein alteingeführtes Klangbild auch mit moderneren Stücken ausbauen und weiterentwickeln kann, ohne gleich Rebellion auszurufen.
Das sehe ich eigentlich auch als gute "Volksmusik" an. Es gibt eine lebendige Szene von Komponisten, Arrangeuren, Spielern ... und Zuhörern.

mein Beitrag vorm nächsten Kaffee,

der Omnimusicus
 
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Hallo Klangschale,
keine Musik ist eine Fehlentwicklung - nur eine Entwicklung.
Blasmusik gehörte zur Volks(tanz)musik, wenn auch nicht in den Größen der Kapellen, die man meist bei Musikvereinen vorfindet.
Viele Musikantenhandschriften, auf der unsere Überlieferten Melodien im Süden gründen sind Blasmusik-Handschriften - aber nicht nur.
Die Besetzungen waren damals aber viel kleiner.
Volksmusik (wie ich sie verstehe) ist hauptsächlich Gebrauchsmusik, nur wenig davon ist konzertant. Das meiste ist Tanzmusik und nicht als Vortragsmusik gedacht. Und so sollte sie auch gespielt werden.
Ich war jetzt auf einem Musikantenwochenende und da ware sehr viele Blasmusiker, die ausgezeichnet Tanzmusik machen konnten.
Aber auch genausoviele Geiger.
Daß wir Musik aus anderen Ländern "besser" finden, als unsere eigene, das ist einfach unsere Natur.
Ich spiel auch gern schwedisch oder englisch - warum auch nicht?
Aber ich hab auch über hundert deutsche Stücke im Repertoir.
Auch gegen Crossover von Traditioneller Musik mit Rock oder anderen Stilen ist nichts einzuwenden - Stichwort Alpenrock oder Tradimix
in der Volkstanz-, Folk- und Volksmusikszene gibt es einige junge Leute, die die Grenzen zwischen Tradition und Moderne aufweichen. Das ist eine schöne Entwicklung. Das sollte man fördern in dem man dem ganzen mit Offenheit begegnet.
Gruß,
Jonny
 
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Hm, das was ich so erlebe, bei mir in der Gegend, ist, dass das Repertoire der Blaskapellen auch hauptsächlich aus Böhmischen Märschen besteht, warum das auch immer so ist. Da bin ich vielleicht auch ein bisschen ungerecht und wenn das "Volk" (wer auch immer das sein mag) es hören will, dass soll es so sein. Ich find's nur immer komisch, nein eher seltsam, wenn die Kapelle dröhnt und und keiner klatscht. Was bedeutet das dann?
Ich weiß aber auch um die begeisterte Szene, die sich z.B. beim Klangrauschtreffen zusammen findet um europäische, aber eben auch deutsche Tanzmusik zu spielen und zu feiern, sprich auch drauf zu tanzen.
Oft hab ich nämlich als Gast auf Veranstaltungen nämlich eher den Eindruck, als wäre deutscher Volkstanz zum Museumsstück geworden und wird v.a. auf der Bühne, nicht aber auf dem Tanzboden getanzt.
Trotzdem höre ich auch immer wieder von tollen und überraschenden Geschichten wie z.B. dem Volkstanz-Flashmob in der Augsburger Innenstadt
 
ich komme ja eher aus der Punk- und Hardcore-Ecke. Da ist es laut und es dröhnt ... :cool:

Und, ja, die normale Blaskapelle ist keine Tanzmucke (mehr?). Das ist Zuhör- oder auch Nebenher-Weghörmusik.
Zum Tanzen muß man anderswohin.
Sehe ich aber nicht als Problem. Es sind halt verschiedene Sachen.
 
Meine Güte - wie ich diese Srüche hasse.....

"HA HA - der ist Volksmusiker"
"Bäh - der macht ja Country"
"Ihhhh Punk - mag I net - da schalt ich ab"
"Blasmusik - da kann man nur Betrunken zuhören"
.....
.....
.....
Ich bin der Meinung: Ich bin Musiker - ich spiele gerne Jazz, Blues, Country, Top40, Rock, Acid,...........
Jeder kann doch spielen und hören was er mag und was sein Publikum hören will - es soll sogar noch Leute geben, die NDW hören.

Was ICH nicht gelten lasse: das jemand eine Musikrichtung schlecht macht - jeder hat seinen Platz und einen Anspruch darauf, das zu hören was ihm taugt.
Es soll sogar Leute geben die zu Blasmusik tanzen können; wenn es denen gefällt dann ist das doch gut.

Nochmal in kurz: jeder kann das machen/hören was er will - was ich hasse sind die "Missionare" und "Mitläufer" die irgendjemandem nach dem Mund reden müssen/wollen um eine andere Musikrichtung schlecht zu machen und anderen Mitmenschen ihre Meinung durch unterschwellige bzw. ablällige Bemerkungen aufzudrängen.
 
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was ich hasse sind die "Missionare" und "Mitläufer" die irgendjemandem nach dem Mund reden müssen/wollen um eine andere Musikrichtung schlecht zu machen und anderen Mitmenschen ihre Meinung durch unterschwellige bzw. ablällige Bemerkungen aufzudrängen.
Da hast Du vollkommen Recht.
In der traditionellen Volksmusik grenzt man sich gerne zum volkstümmlichen Schlager mit dem Ausdruck "volksdümmlich" ab. :eek:
Sollte man nicht machen

Wenn man Respekt einfordert, muß man ihn auch zollen.

Und Respekt vor jedem, der sein Instrument beherrscht und noch mehr vor dem, der damit sein Publikum erreicht.:great:
 
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Warum treffe ich immer mehr Leute, die irische Musik spielen können aber ins stolpern kommen, wenn Stücke deutscher Herkunft nachgefragt werden?
Meine Vermutung ist schlicht die, dass die (nicht nur) deutsche Volksmusik nicht mehr "lebt".

Aber vielleicht irre mich ja. Von daher meine Neugier: Gibt es "Stücke deutscher Herkunft", die häufiger/immer mal wieder nachgefragt werden? Können Leute vielleicht sogar mitsingen? Wieviel? Ein paar Beispiele könnten mir vielleicht auf die Sprünge helfen...
 
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Oh - es gibt Länder, in denen wird die "Volksmusik" durchaus gepflegt und ist auch andererorts angesehen.
Aufzählen kann man hier alles mögliche - von der Contrymusik in USA, die (zugegeben in "modernerer Form") gerade mit Brad Paisley, Keith Urban, Jason Aldeen usw. eine Reinecance erlebt; oder "Riverdance" aus Irland und noch vieles andere mehr.
Bei uns in den Deutschsprachingen Ländern ist halt die Tradition nichts mehr wert - wer traditionalistisch denkt, wird oft in den "unverbesserlich" oder schlimmer: in den "nationalistischen" Topf gesteckt - dazu kann ich nur sagen: wer sich diesen Schuh anzieht, ist selbst schuld!
Ich für meinen Teil höre genauseo gerne die Stones, Eagles, Deep Purple oder Airosmith wie ich in der passenden Stimmung mal einen alten Schlager aus den 60ern, Nena, die Oberkrainer oder die Beatles höre - auch Klassik hat Platz auf der Liste genauso wie "Weltmusik".
ICH höre und mache die Musik, die mir gefällt - gut muss sie sein - das ist alles.
OK - auf der Bühne mache ich auch mal Zugeständnisse, wir Musiker spielen ja nicht nur für uns ....
Auch Punk, Metal und alle anderen Spielarten sind gut und haben ihren Platz; der Trick dabei ist doch, dass es immer für alles "Liebhaber" gibt und geben wird. Wenn es jemandem NICHT gefällt muss er das nicht hören - ich geh auch nicht zum Eisstockschießen und rege mich dann darüber auf, dass dieser Sport langweilig ist - ich geh da einfach nicht hin.
 
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Was ein wenig die Lücke füllt, sind die Mittelalterkapellen, die in den letzten zehn Jahren sehr zahlreich geworden sind. Zugegeben, das ist eine kleine Niesche, aber die Grundeigenschaften sind die gleichen: Leichte, fröhliche Musik, die zum Mitsingen, Tanzen und Klatschen einläd, handgemacht auf kleiner Bühne.
 
das trifft es vielleicht saitentsauber: die deutsche Volksmusik lebt einfach nicht mehr.

ich glaube auch, dass es schwer ist, zu wissen, wovon jemand spricht, wenn er Volksmusik sagt. Ist damit das Musikantenstadl-Repertoire gemeint (das ja offenbar beim Volk auch ankommt), sind damit die althergebrachten Volkslieder gemeint, wie z.B. "Im Märzen der Bauer...", sind die alten Tanzstücke gemeint, die momentan u.a. von der - ich sag jetzt mal: Jungen Szene - (wieder-) entdeckt und erforscht werden*.
Oder doch noch was anderes?


*(Da gibt's tolle Geschichten von einem Buch, das in einer alten Apotheke gefunden wurde und von der einen Seite aus als Ausgabebuch f.d. "Giftschrank" verwendet wurde und von der anderen Seite als Tanzmusiknotenbuch)
 
Warum treffe ich immer mehr Leute, die irische Musik spielen können aber ins stolpern kommen, wenn Stücke deutscher Herkunft nachgefragt werden?
Das geht mir genauso. Es ist einfacher, mit Leuten eine gemeinsame musikalische Basis zu finden, wenn man ein paar gängige irische Stücke spielt. Deutsche kann und will fast keiner spielen. Dann kommt natürlich dazu, dass die irische Tanzmusik auf der ganzen Welt gespielt wird, quicklebendig ist und viele Stücke eigentlich immer in der gleichen Tonart gespielt werden. Wenn man jetzt z. B. den Zwiefachen "Alte Kath" mit jemandem spielen wollte, geht es schon los: welche Tonart? Blasmusiker vielleicht in Bb-Tonarten, Geiger in Kreuztonarten ...
Ich habe lange in einer Band irish Folk gespielt und bin eigentlich für Volksmusik aller Art offen. In der Band gab es großen Widerstand, etwa was alpenländisches zu spielen.
Statt jetzt aber osteuropäische 7/8 u.ä. würde ich gerne auch mal Zwiefache spielen. Oder Ländler - manche haben mit ihrem ungeraden Rhythmus schon Ähnlichkeit mit schwedischen Polskas. Das ist alles recht spannend, finde ich.
Bei mir in der Gegend (und das ist auch in Klangschales Gegend - bin direkt aus Augsburg) ist die Volksmusik-Szene entweder sehr versteckt oder doch in der Hand der Trachtenvereine. Wobei bei denen, die ich kenne bei ihren Darbietungen die Musik von der Konserve kommt und es daneben noch eine Stubenmusik gibt, die dann "konzertiert". Das ist schon ziemlich tot. Und wehe man kommt mit den falschen Instrumenten an: mein Banjo ist unerwünscht, Mandoline zu leise, Gitarre eigentlich auch und E-Gitarre darf ich nicht.
Vielleicht kommt eine neue Welle aus Frankreich, Belgien und Niederlande mit Bal Folk.

Und was hat Traditionelle Musik mit Weiterentwicklung zu tun? (Mir fällt gerade auf, diese Frage könnte man auch in einem Rock-Thread stellen). Und: Warum gefällt mir meistens auch irische, französische, Rumänische Volksmusik besser als deutsche?!?!
Wahrscheinlich, weil die lebt?
--- Beiträge wurden zusammengefasst ---
Ich weiß aber auch um die begeisterte Szene, die sich z.B. beim Klangrauschtreffen zusammen findet um europäische, aber eben auch deutsche Tanzmusik zu spielen und zu feiern, sprich auch drauf zu tanzen.
Klingt spannend, da war noch nicht.

Oft hab ich nämlich als Gast auf Veranstaltungen nämlich eher den Eindruck, als wäre deutscher Volkstanz zum Museumsstück geworden und wird v.a. auf der Bühne, nicht aber auf dem Tanzboden getanzt.
Es gibt schon gelegentlich wieder Veranstaltungen, bei denen jeder in Alltagskleidung mitmachen kann und Volkstänze bei Livemusik lernen kann. Ich war allerdings leider noch bei keiner.

*(Da gibt's tolle Geschichten von einem Buch, das in einer alten Apotheke gefunden wurde und von der einen Seite aus als Ausgabebuch f.d. "Giftschrank" verwendet wurde und von der anderen Seite als Tanzmusiknotenbuch)
Die Wittenberger Apothekenhandschrift?
 
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Die Wittenberger Apothekenhandschrift?

Hier zwei klingende Beispiele von Stücken aus der Wittenberger Apothekenhandschrift:
Beispiel 1, Beispiel 2.
Zu hören sind Polonaisen. Die Handschrift beinhaltet hauptsächlich Polonaisen und Menuette.
Falls jetzt jemand einwenden möchte das sei ja gar keine Volksmusik, dem sei gesagt,
dass diese beiden Formen im 18. Jahrhundert, teilweise bis in das 19. Jahrhundert hinein quer
durch alle Bevölkerungsschichten getanzt (und gespielt) wurden.
Unabhängig davon weiß ich auch nicht ob das Volksmusik ist. Ich kann mit diesem Begriff schlicht
nichts anfangen. Tanzmusik ist es ganz sicher, alt ist es auch (was ja Volksmusik nach gängigen
Klischees auch immer sein muss). Und es lebt - ganz offensichtlich.
 
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Die Wittenberger Apothekenhandschrift, ja, meinte ich. Hast du auch schon von gehört?!

ja und den von ThB erwähnten YT-Kanal hätt ich sicher auch noch bei Gelegenheit erwähnt
 
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Oh - es gibt Länder, in denen wird die "Volksmusik" durchaus gepflegt und ist auch andererorts angesehen.
Aufzählen kann man hier alles mögliche - von der Contrymusik in USA, die (zugegeben in "modernerer Form") ...
Bei uns in den Deutschsprachingen Ländern ist halt die Tradition nichts mehr wert - wer traditionalistisch denkt, wird oft in den "unverbesserlich" oder schlimmer: in den "nationalistischen" Topf gesteckt .. .

Vollkommen richtig! :great: Ich kann Dir nur beipflichten.
Interessant ist zum Beispiel, dass die aus Deutschland ausgewanderten Leute ihre Musik in den verschiedenen Kontinenten pflegen und dort Volkslieder und Volksgut pflegen, das hier zum Teil nicht mehr bekannt ist.
Ich erinnere an Blumenau in Brasilien, die deutsche Tradition des Oktoberfestes in Chile (Brauerei Kunstmann in Valdivia) sowie die deutschen Klubs in den Vereinigten Staaten.

Selbst muss ich mich an die eigene Nase fassen, dass ich einen Großteil des alten Liedgutes auch nicht kenne, mir den aber über mein Akkordeon jetzt erarbeite. Ja, es macht Spass und Freude.
(Und für alle Mitleser: ich höre alles von Weltmusik über Punk, Cajun, Zydeco, Jazz bis hin zu Volksmusik! Was ich nicht mag, sind Schlager und volkstümliche Musik)

Warum ist bei uns die Volksmusik verpönt?
Ich hatte dazu schon einiges im Akkordeonforum geschrieben, hier nochmals kurz in Stichworten:
-die Nazizeit, die zahlreiche Traumatisierte hinterließ (auf die Gründe einzugehen, würde hier den Rahmen sprengen)
-anschließend die -Besatzungszeit und das damit verbundene Aufkommen des "Neuen", Rock´n´Roll, die damalige Jugend wollte weg vom "alten Mief der Vorkriegs- und Kriegszeit", Rebellentum, Aufbruch...
-der Touristenrummel: wie begeistert sind Touris von "Volksmusik"? Geht mal hier in München am Hofbräuhaus vorbei, Ihr werdet staunen. Oder der Nepp der Wies´n ...

Ich hatte neulich bei Amazon.com wegen eines Geschenkes für Verwandtschaft in den USA gestöbert, was da als Volksmusik angeboten wird...
Ohne Worte.

Im Prinzip haben wir in Deutschland wunderbares Liedgut! Und ich bin mir sicher, dass im Laufe der Zeit eine Renaissance stattfinden wird. Eine Renaissance mit Adaptionen, Anpassungen, Anlehnungen.
Erste Ansätze sind ja schon da. Lassen wir uns überraschen. :)
 
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Volksmusik war oft nicht Musik eines "Staatsvolks", sondern etwas, was wir heute "regional" nennen würden - ausser Deutschland sind auch Spanien und Italien gute Beispiel. Manchmal war sie auch überregional - und dann oft in Kulturräumen verbreitet, die mit den heutigen Staatsgrenzen nichts zu tun haben.

Für die nationale Volksmusik hat die Romantik mit ihren Liedern eine prägende Rolle gespielt - und dieser Teil der Tradition ist nicht unbeschadet über die Zeit gekommen. Dasselbe gilt für eine spezielle - nicht nur instrumentale - Musik, zu der Männer in feldgrauen Uniformen marschiert sind.

Die Lücke wurde (vor allem in den bzw. dank der Medien) in der BRD gefüllt von einer gepimpten und geglätteten Variante eines Teils der alpenländischen Volksmusik.

Für viele junge Leute war das keine Option - da stimme ich Puckiliese zu. Mit der Besatzung hatte es m.M.n. nicht direkt zu tun; die frz. Besatzungszone hat wohl kaum Spuren hinterlassen, wie m.W. auch die französische Volksmusik vor sich hin siechte. Auch dort wurde die angelsächsische Szene bestimmend - mit Ausnahme des Schlagers, der viel besser "alterte" als die deutsche Volksmusik. Und auch dort war es vermutlich eher ein Schnitt als eine langsame Entwicklung.

Wenig überraschend wurde im Zug des Wiederauflebens der Volksmusik - das nicht überbewertet werden sollte - oft an der regionalen Tradition angeknüpft - auch am Dialekt, der gleichzeitig in anderen Genres wieder bzw. wieder vernehmlicher zu hören war. Einige der bekannteren Interpreten - z.B. Zupfgeigenhansel - taten das nicht oder nur nachrangig, setzten sich aber durch die Auswahl der Lieder von Teilen der Tradition ab.

So, das waren ein paar unsystematische Gedanken, ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit - vor allem, was den Osten betrifft. :redface:

So, damit der Osten nicht ganz aussen vor bleibt:



Hier noch mal - East meets West 1967

 
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Bei mir in der Gegend (und das ist auch in Klangschales Gegend - bin direkt aus Augsburg) ist die Volksmusik-Szene entweder sehr versteckt
Na da kann ich dir weiterhelfen
http://volksmusik.bezirk-schwaben.de/termine/alle-termine/

Ich war vor 2 Wochen in Violau auf einem großen Event, ist auch bei dir in der Gegend.
Ihr in Bayern habt ja sogar den Luxus, daß sich das Land hauptamtlich Volksmusikforscher (im schwäbischen Krumbach) leistet, die auch Feldforschung betreiben

Traditionelle Musik hat hierzulande ein Nieschendasein, aber sie lebt tatsächlich noch.
Es gibt verschiedenste Aktivitäten, um die Volksmusik auch wieder in die Wirtshäuser zu bringen, z.B. Aufspielen beim Wirt oder den Wirtshausdanz
siehe hier http://www.volksmusik-bw.de/

Das Volkstanzvorführungen oft musealen Charakter haben, kann ich nachvollziehen. Volkstanz ist ja (bis auf wenige) auch kein Vortragstanz, sondern zum Mitmachen da.

Dann kommt natürlich dazu, dass die irische Tanzmusik auf der ganzen Welt gespielt wird, quicklebendig ist und viele Stücke eigentlich immer in der gleichen Tonart gespielt werden. Wenn man jetzt z. B. den Zwiefachen "Alte Kath" mit jemandem spielen wollte, geht es schon los: welche Tonart? Blasmusiker vielleicht in Bb-Tonarten, Geiger in Kreuztonarten ...
Dann fängt man bei D an und spielt los bis man auf ES ist. :m_vio::m_trumpet:
Hauptsache, es macht Spaß und man kann dazu tanzen.
Zwiefache sind genauso quicklebendig! UND das gibts nur bei uns !!!

Beispiele für lebendige Volksmusik:
http://www.antistadl.de/

http://www.staeffelesgeiger.de/

http://www.danzmaeg.de/

https://www.drumherum.com/

http://www.dudelquetsch.de/html/winneweh.html

Um nur ein paar wenige zu nennen.
Verzeiht mir, wenn ich nur über den Südwesten schreibe, aber hier ist meine Musik - und ich - zuhause.
Volksmusik ist regional und darum auch regional sehr unterschiedlich. Wie sieht's in anderen Teilen der Republik aus?

wie sehen sie sich selbst und ist Tradition nun die Bewahrung der Asche oder doch die Weitergabe des Feuers?
Ich geb das Feuer weiter.

Gruß,
Jonny
 
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Hei, hab mich gerade angemeldet, find das Thema interessant.
Bei mir in der Gegend (und das ist auch in Klangschales Gegend - bin direkt aus Augsburg) ist die Volksmusik-Szene entweder sehr versteckt oder doch in der Hand der Trachtenvereine. Wobei bei denen, die ich kenne bei ihren Darbietungen die Musik von der Konserve kommt und es daneben noch eine Stubenmusik gibt, die dann "konzertiert". Das ist schon ziemlich tot. Und wehe man kommt mit den falschen Instrumenten an: mein Banjo ist unerwünscht, Mandoline zu leise, Gitarre eigentlich auch und E-Gitarre darf ich nicht.
Vielleicht kommt eine neue Welle aus Frankreich, Belgien und Niederlande mit Bal Folk.
Ich kenn mich im Süden nicht wirklich aus. Aber in Franken kenn ich schon einige extraordinäre Folkmusiker. Gerade die neuere Folkmusik ist mit Bands wie Boxgalopp doch gut vertreten. Die Biermösln machen in Bayern doch auch feine Volksmusik. Und wenn sich an unseren Instrumenten einer stört - vielleicht gibts ja noch einen, der stört. Dann seid ihr schon ein Duo!
Ob eine Musik "lebt", finde ich hängt davon ab, wie sie gespielt wird (man könnte auch fragen, ob der Musiker noch "lebt"), das gilt aber m.E. für alle Musikrichtungen.
Die Frage nach schöner deutscher Musik hat mich früher auch auf die paar schönen Stücke zurückgeworfen, die ich während meiner Volkstanzgruppenbegleitzeit gelernt hab. Aber in den letzten Jahren ist so viel Material aus Archiven aufgetaucht, dass nun wirklich kein Mangel mehr herrscht.
Wenn wir die Szene etwa in Irland/Schottland, in Skandinavien und in Deutschland vergleichen, stellen wir fest, dass die gespielte Musik in etwa gleich alt ist (entstanden etwa ab dem Spätbarock) und zu den gleichen Gelegenheiten gespielt wurde, oft sogar in ähnlichen Besetzungen - manche Stücke tauchen in weit entfernten Gegenden wieder auf, manche Themen werden in verschiedenen Musikkulturen etwas anders variiert. Es gibt viel mehr Gemeinsamkeiten als wir glauben.
 
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