Soll ich Musik studieren? - Mal anders

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Haloman
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Hallo liebe Forenmitglieder,
ich habe eine Frage an euch, weil ich momentan nicht weiter weiß.

Meine Vorgeschichte:

Dieses Jahr noch habe ich mich an zwei Musikhochschulen für Jazzgitarre beworben. Hätte ich die Bewerbungsfristen nicht so verpeilt, wären das vielleicht ein paar mehr gewesen. Aber in diesem Falle wären es die Hochschulen Köln und Folkwang Essen.

Bis März hab ich noch Zivi gemacht und hab erst danach geschaltet für die Prüfungen auch mal zu üben (die Prüfungen waren in Mai/Juni). Ich hatte zuvor erstmal gedacht, dass ich ÜBERHAUPT keine Beachtung von den Prüfern bekomme. Mir kam das, was und wie ich spiele, einfach zu schlecht für eine Musikhochschule vor. Aber ich wollte es versuchen, ich wusste, dass ich mich später sehr ärgern würde, wenn ich es nie versucht hätte.
Also ab ins kalte Wasser.

Als ich dann im Wartesaal war, wurde das alles nochmal bestätigt. "Boah hauen die anderen Jazzlicks runter und spielen die tolle Sachen und die spielen ja alle auf Halbakkustiks usw!" (ich komme eher aus der RockPopSchiene). Aber egal, du musst es ja versuchen.

Bis heute kann ich noch nicht begreifen, dass ich bestanden habe. Bei beiden Unis. Aber da ich jeweils(ja, ganz genau bei beiden!) nur dritter wurde und nur zwei Plätze zu vergeben sind, blieb ich halt leer da.

Ich war jetzt hochmotiviert weiter zu machen."Ja, wenn du es so weit schaffst und mehr übst schaffst du das nächstes Jahr!" Davon angespornt nahm ich mir das Ziel in die Hand erstmal nichts anderes zu studieren und mich darauf zu fixieren. Halte mich die Zeit nebenbei mit 400euro Jobs über Wasser.

Das Problem:
Ein halbes Jahr danach zweifel ich ehrlich gesagt, ob ich das überhaupt noch machen will.
Ich merk jetzt wie schwer das Leben als Musiker eigentlich ist und das man anscheinend sehr inkonstant lebt. An sich habe ich damit keine Probleme mit, aber es stellt sich die Frage, wie das mit der Bildung einer Familie und deren Versorung aussieht. Bin momentan 20 und habe keinen Plan davon, wie sich Musiker wirklich finanzieren und wofür es ausreicht. Ich steh jetzt in den Startlöchern ein Praktikum für einen anderen Studiengang zu suchen, weil ich mir die Alternative bei Nichtbestehen behalten möchte.

Also um das nicht falsch zu verstehen, ich würde gerne Musik studieren, nur ich weiß nicht, ob damit dann später glücklich werde, weil ich mir vielleicht etwas anderes davon erwartet hatte.
Nur möchte ich nächstes Jahr gerne die richtige Entscheidung treffen. Bei Nichtbestehen ist es klar, aber was soll ich machen wenn ich bestehe? Ich weiß, dass es mich sehr reizen wird, das Musikstudium anzunehmen, weil es soviel Arbeit war und Musik nun mal momentan auch zu 80% aus meinem Leben besteht.

Mit anderen Worten würde ich einfach nur gerne wissen, wie man als Profi-Berufsmusiker lebt und wie man sich über Wasser hält und wie man sich das weitere Leben gestalten kann. Ich kann zwar einige Beispiele, aber vielleicht könnt ihr mir das wenig genauer sagen, weil ich nicht gern direkt nachfragen würde, ob derjenige denn genug Geld nach Hause bringt.
Gibt es konstantere Jobs neben unterrichten?

Verzeiht die teils verwirrende Beschreibung, aber ich bin etwas durch den Wind momanten, vorallem weil viele wohl gern meine Probleme hätten...

ich danke fürs Gehör(und fürs Lesen)
und allen Antworten
 
Eigenschaft
 
Hallo Holoman,
Deine Fragen wurde hier schon vielfach beantwortet.
Der größte Teil der Berufsmusiker MÜSSEN unterrichten (und zwar als Haupt-Job) um überhaupt irgendwie über die Runden zu kommen.
Das Zweite ist, Jazz-Studium oder nicht, Musik ist zum allergrößten Teil Dienstleistung, d.h. Du hast so gut wie keine Wahl, z.B. auch Aushilfen in Coverbands, kleinere Studio-Jobs (gerne auch mal den Soundtrack fürs Musikantenstadel), eventuell Chor- oder Musikvereins-Leitungen etc. zu machen.
Wer sich drauf verläßt, er kommt mit irgendeinem Projekt groß raus, der hat schon verloren, weil er seine Zeit vergeudet.
Hier ist viel wichtiger mit ganz viel Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein und die richtigen Menschen zu kennen - oft ist das Können zweitrangig wenn die anderen Voraussetzungen fehlen.

Und es gibt einen unheimlich großen Bereich außerhalb der Musik, der abgedeckt werden muß, Du bist Dein eigener Manager, Dein eigener Buchhalter, Dein eigener Fahrer, etc. sprich, Diziplin und Selbstkontrolle sind große Zauberwörter.

Und nochmals ja, es wird eng mit einer Familie, erstens ist es richtig schwierig, wirklich die Frau zu finden, die das mittragen kann und will, zuverdienen ist wohl nicht zu vermeiden. Und ob diese Frau in dieser Situation auch noch Kinder haben möchte, das ist eine weitere Frage. Um ehrlich zu sein, ich kenne weit mehr geschiedene Berufsmusiker als verheiratete - und viele hängen finanziell fies in den Seilen nach einer Scheidung.

Im Endeffekt ist die entscheidende Frage: muß ich Musik machen oder kann ich auch anders leben. Erstere haben keine Wahl, die machen Musik und finden auch irgendwie einen Weg, zweitere sind gut beraten was anderes zu machen und trotzdem hochklassig in der Musik mitzumischen.

Ich bin dafür ein schlechtes Beispiel, weil es eine ganz andere Zeit war und weil ich finanziell einigermaßen unabhängig war und weil mein Vater hinter allem stand.
Ich habe zuerst Musik studiert (Orchester-Diplom hieß das damals...) und anschließend noch Maschinenbau, habe die Firma von meinem Opa/Vater übernommen und nebenbei (sehr sehr viel) und hochklassig Musik gemacht - war aber niemals abhängig von meiner Musik leben zu müssen. So konnte ich mich musikalisch auch ziemlich selbst verwirklichen, konnte spielen und lassen was ich mochte. Ich (sehr persönlich!!) hätte große Probleme gehabt mich als Musiker prostituieren zu müssen um jeden Monat genug Geld zu verdienen. Heute bin ich im Ruhestand und habe ganz andere Problem...
 
Zuletzt bearbeitet:
Haloman, den Ausführungen von WilliamBasie ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Wenn meine Tochter mir einst sagt, daß sie Sängerin werden will, gibt´s was hinter die Löffel :eek: (kleiner Scherz)

Ich würde niemandem raten, Berufsmusiker zu werden. Abgesehen davon, daß Du viel unterrichten MUSST - fürs Unterrichten ist nicht jeder geschaffen und es macht auch nicht jedem Musiker Spaß. Ausbaden müssen´s dann die Schüler - das ist unfair.
Du bist viel besser dran, wenn Du einem "normalen" Brotberuf nachgehst und in Deiner Freizeit Musik machen kannst. Das kann auf Semiprofi-Niveau laufen, der enzige Unterschied zu den Profis ist ja oft nur, daß die Semiprofis davon nicht leben müssen.
Natürlich mußt Du dir eine Frau suchen, die Verständnis dafür aufbringt, was Dir Musik bedeutet, und Dich auch machen lässt. Die gibt´s aber.
 
Aber muss man wirklich unterrichten? Ich meine, ich kenne genug Musiker die "Hauptberuflich" in einer Top40 Band spielen, und für den Spaß an der Musik noch in einer "normalen" Band mit eigenen Liedern.
Auch wenn ich Top40 genau NULL mag, stelle ich mir das spannender vor, damit mein täglich Brot zu verdienen, als mit unterrichten. :redface:

Könnte man, gerade im Jazzbereich, nicht auch als Studiomusiker sein Glück probieren? Damit hat man so ziemlich alle Grundlagen, um an gute Jobs zu kommen. Sicherlich schaffen es nur sehr, sehr wenige, so viel gebucht zu werden, dass man davon leben kann, aber versuchen würde ich (!) es auf jeden Fall, hätte ich die nötigen Fähigkeiten.

Und dritter bei zwei Unis als "Rocker" unter lauter Jazzern ist doch mal ein Ansporn - so falsch sollte deine Wahl dann nicht sein. :great:
Ob du das mit dir vereinbaren kannst, ist wichtig. Es bringt dir nix, wenn du anfängst Gitarre zu studieren, und dann merkst, als Top40/Studio/Lehrer-Gitarrist willst du nicht arbeiten. :redface:
 
Hallo Haloman,

man sollte das machen, was sich für einen selbst "richtig" anfühlt.
Um zu entscheiden was man möchte, hilft oft sich diese Sachen aufzuschreiben, nicht nur pro/contra, sondern auch ausführlicher was man sich vorstellt, welche Bedenken oder Hoffnungen man hat.
Lehnst Du es ab, weil Du Angst hast, hinterher keinen Job zu haben oder arm zu sein?

Meine Klavierlehrerin hat mir vor kurzem mal gesagt, dass sie mit dem was sie macht, absolut glücklich ist und nichts anderes machen möchte, auch wenn das heißt, dass sie keinen Mercedes E vor dem eigenen Haus stehen hat. Für sie ist es das Schönste, sich mit der Musik zu beschäftigen und anderen diese Freude näher zu bringen.

Diese Einstellung ist durchaus beneidenswert. Ich bin fast doppelt so alt wie Du, aber tatsächlich überlege ich, meinen gut bezahlten Job für ein Studium im Musikbereich aufzugeben.
Warum?! Nun, wie man so schön sagt, lebt man nur einmal und ich wurde leider nicht als Kind/Jugendlicher gefördert, hatte aber immer schon einen starken Hang zur Musik.
Allerdings haben mich Selbstzweifel immer davon abgehalten, mich stärker dieser Leidenschaft zuzuwenden.

Über die Berufsaussichten mache ich mir ehrlich gesagt keine Gedanken. Ich arbeite in einem Job, den es zu meiner Lehrzeit noch gar nicht gab, sprich, Du kannst Dein Leben nicht planen, es kommt wie es kommt. Ich sehe das eher so, dass man dann dass, was man dann musikalisch gelernt hat, ein Schatz ist, von dem man sein restliches Leben profitieren kann und das meine ich nicht finanziell.
Und wer hindert Dich daran, noch etwas anderes zu studieren, so wie William?

Gruß

Torsten
 
... Und wer hindert Dich daran, noch etwas anderes zu studieren, so wie William? ...
Ich schrieb ganz deutlich, das waren andere Zeiten! Ich bin 1950 geboren.
Wenn Du heute nach zwei abgeschlossenen Studien eine entsprechende Anstellung suchst hast Du NULL-Chancen, weil Du einfach zu alt bist.

Außerdem war bei mir immer die Option in die Familien-Firma einzusteigen, daß ich die unmittelbar nach dem Studium dann übernehmen mußte (weil mein Vater krankheitsbedingt ausfiel) war auch nicht unbedingt ein Vorteil und schon gar kein Zuckerschlecken...


Eigentlich habe ich keine Lust das vielfach geschriebene noch mal wiederzukäuen...
Studioarbeit findet zu 80% (wenn nicht mehr) am Arbeitsplatz eines Informatikers statt, einen der "Restposten" zu ergattern ist Verdrängungs-Kriegsschauplatz.
Wir haben hier endlos viele arbeitslose Musiker, vor allem Schulmusiker - eine total beschissene Situation aber Realität. Wir haben das an anderer Stelle schon ausgiebigst diskutiert. Im Prinzip könnte man die Musikerausbildung einstellen und er wären immer noch genügend vorhanden und genügend arbeitlos.

Ich verstehe Euere Euphorie wirklich nicht.
 
Ich verstehe Euere Euphorie wirklich nicht.

Jetzt sei doch nicht so streng ;)
Ich kann schon verstehen, daß gerade junge Menschen, die noch ganz am Anfang einer beruflichen Planung stehen, ihren Traum vom Musikerdasein in die Realität umsetzen wollen. Wir wollten das doch auch und auch damals hieß es meistens: "Spinnst Du ? Lern was Anständiges!" Für meine Eltern ist "Rockmusiker" oder "Jazzsängerin" bis heute kein richtiger Beruf, obwohl sie sogar musikalische und aufgeschlossene Menschen und überhaupt nicht kleinkariert sind.

Aber wie gesagt - man darf keine materiellen Ansprüche haben, sollte sich mit viermal die Woche Spaghetti und einem kleinen Zimmer/Appartement begnügen können. Dann kann man sich über Wasser halten. Alles andere halte ich mittlerweile auch für illusorisch. Eine Familie ernähren ? Ohne Unterrichten unmöglich - und selbst dann wird das Geld immer sehr knapp sein.
 
ich würde gerne Musik studieren, nur ich weiß nicht, ob damit dann später glücklich werde, weil ich mir vielleicht etwas anderes davon erwartet hatte.
Gegenfrage: was erwartest Du denn eigentlich konkret?

Wenn ich Kinderarzt werden will habe ich ein klar definiertes Ziel, und um dieses zu verwirklichen gibt es einen festgelegten Weg.
Wenn ich große Schiffe bauen/konstruieren möchte, dann geht das auch nur durch bzw. nach einem Studium.

Aber um als Musiker seinen Lebensunterhalt zu verdienen gibt es sehr viele sehr verschiedene Wege und Möglichkeiten ... daher die Frage: wieso Studium? Welches Ziel hast Du?
 
Erstmal vielen Dank, dass sich soviele auf das Thema gemeldet haben. Ich konnte die letzten Tage nicht antworten, da ich vielfach unterwegs war.

@nighthelper
Wenn ich so ganz ehrlich bin, dann weiß ich gar nicht mal so ganz genau, was ich damit anstelle. Ein Traum wäre es ja Rockstar zu werden, aber bei der Chancenverwertung denk ich noch gar nicht daran.
Musik und Musikmachen hat mir bisher immer das Gefühl gegeben, jemand zu sein und etwas zu machen. Es macht mir soviel Spaß und erfüllt mich, dass ich gerne damit mein Geld verdienen möchte. Ich habe keine Probleme mit Unterrichten, ich war jetzt ein halbes Jahr an einer Musikschule, es macht mir sogar sehr Spaß! Aber ich wollte einfach nur genauer wissen, was es noch für Möglichkeiten gibt.
Wäre da nicht die Angst, meine Familie nicht versorgen zu können, würde ich sagen :
Ich würde Studioarbeit machen, in diversen Bands spielen und auch regelmäßig Áuftritte haben, touren, komplett schmerzfrei bin ich nicht, daher würde ich Schlagersachen auch vorerst ablehnen, aber man weiß ja nie, unterrichten. Ich halte mich nicht für einen Virtuosen und glaube auch nicht, dass ich in den nächsten Jahren die bahnbrechenden musikalischen Ideen bringen werde. Halt das "Standardpflicht"-Programm eines Musikers.

Die Sache ist einfach die, dass ich das Musikerdasein auch mal nüchtern betrachten wollte. Wenn ich mal wieder ein super Konzert besucht habe oder mein Gitarrenlehrer davon schwärmt, dann bin ich so geflashed davon. Ich will und muss mich halt auch sachlich mit diesem Thema beschäftigen.

Ich werde jetzt nicht konkret auf alle Antworten gehen, weil ich denke, dass alles seine Richtigkeit hat, vorallem weil ihr aus Erfahrung sprecht. Ich werde in nächster Zeit versuchen weiter mich zu finden und mir im Klaren zu werden, ob ich meiner Leidenschaft nachgehen soll( da bekommt das Wort seine gerechte Bedeutung) ...

Ich halte euch dann mal auf dem Laufenden ;)
 
Könnte man, gerade im Jazzbereich, nicht auch als Studiomusiker sein Glück probieren?

Die Antwort darauf ist: Nein, nein und nochmals nein.
Jazzer werden nicht als Studiomusiker gebucht. Also, ok, werden sie schon, aber nur die Top 10 jedes Landes, wenn nicht sogar jedes Kontinents. Die Chancen, damit auch nur einen müden € zu verdienen sind genau so hoch, wie die, Rock/Pop-Star zu werden.

Wie ja schon gesagt wurde, das Musikgeschäft ist für "eigentliche" Musiker Dienstleistung. An sich 100% Dienstleistung. Wenn man sehr viel Glück hat, mischen sich mal 5% eigener Kram mit rein. Und das war's dann.

Ok, damit kann man sich ja abfinden und folglich in einer Top 40 Band spielen - die anderen Dienstleistungsjobs in diesem Gewerbe sind nämlich erneut von den Top 10 der Branche besetzt, und keine Sorge, so schnell geben die ihre Stühle nicht her. Wenn's überhaupt mal passiert, muss man als Nr. 11 gerade zufällig (!) zur Stelle sein.
Und dann kommt man ganz schnell zu der Frage: Will ich mit 55 noch in einer Top 40 Band spielen? Gibt es, wenn ich 55 bin, überhaupt noch Top 40 Bands, die eine Gitarre benötigen? Und man hat bis dahin, soviel ist sicher, definitiv *nicht* genug Kohle reingeschaufelt, um danach die Beine baumeln zu lassen.
Abgesehen davon muss man ja erst einmal eine Top 40 Band finden, die einen braucht.

Bleibt, wie ebenfalls schon erwähnt, das Unterrichten. A) Ein Scheißjob, wenn man es nicht an eine städtische Musikschule schafft (und selbst dort ist es gar nicht mehr so goldig). B) Wieso sollten die denn gerade *dich* nehmen? Es gibt mehr als genug Bewerber.

Ich finde es ja deshalb auch total schwachsinnig, dass Hochschulen mit Jazz/Rock/Pop Studienangebot (inkl. der Wahl jeglichen Schwerpunkts) nach wie vor Hochkonjunktur haben und wie Pilze aus dem Boden sprießen.
Ja was sollen denn die ganzen Studienabsolventen machen? Da biste in einer Stadt mit, na, 500.000 Einwohnern und jedes Jahr gibt's 3-5 qualifizierte Gitarristen, die in jeder Stilistik spielen und unterrichten können? Wo sollen denn die Jobs und Schüler herkommen? Antwort: Genau, nämlich exakt nirgendwoher, denn da tummeln sich bereits die Absolventen der letzten 10 Jahre und haben auch keine gescheiten Jobs!

Bis auf die Top 10 des Gewerbes krebsen einfach alle umher, neiden sich ihre Jobs, etc etc. Es ist einfach nicht mehr lustig.

Ich weiß übrigens, wovon ich rede, denn ich bin selber studierter Jazz/Rock/Pop Gitarrist, der seinen Lebensunterhalt seit ca. 20 Jahren fast ausschließlich mit dem Kram verdient. Die derzeitige Situation ist einfach scheiße. Punkt.

Wenn du Musik wirklich unfassbar ernst nimmst, dann mach es trotzdem. Irgendwie geht das dann schon.
Wenn du aber irgendwelche anderen Interessen hast, die sich auch beruflich nutzen ließen, würde ich derzeit zumindest ganz ganz doll überlegen, ob das nicht die bessere Wahl wäre, zumal du dann in deiner Freizeit musikalisch wirklich nur das machen könntest, worauf du wirklich stehst (was den meisten professionellen Musiknutten, mich eingeschlossen, nur sehr selten gelingt).

Gruß
Sascha
 
... Und dann kommt man ganz schnell zu der Frage: Will ich mit 55 noch in einer Top 40 Band spielen? Gibt es, wenn ich 55 bin, überhaupt noch Top 40 Bands, die eine Gitarre benötigen? Und man hat bis dahin, soviel ist sicher, definitiv *nicht* genug Kohle reingeschaufelt, um danach die Beine baumeln zu lassen.
Abgesehen davon muss man ja erst einmal eine Top 40 Band finden, die einen braucht ...
Das ist ein weiterer wichtiger Punkt!!
Das Alter bzw. das Älterwerden wird in jungen Jahren nicht beachtet bis verdrängt.

Wenn ich Berufsmusiker geworden wäre, dann wäre bei mir schon seit 2-3 Jahren Ende der Fahnenstange - meine Augen taugen nicht mehr wirklich zum Notenlesen, schon gar nicht bei ungünstiger Beleuchtung, ebenso ist nächtliches Autofahren ein Risiko für mich und andere und meine Arthrose legt langsam meine Gelenke/Gliedmaßen lahm... - die "kaputten Bandscheiben der Schlagwerker" behindern mich schon 25 Jahre.

Auf jeden Fall setzt spätestens mit 40 der Trend ein, nicht mehr ständig jedes Wochenende 2-3 mal unterwegs sein zu wollen, gerade in den Top-40-Bands sind die Verschleißerscheinungen enorm.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich selber bin der Typ "geregeltes Einkommen und Freizeit zur Selbstverwirklichung nutzen". So gern ich Musik auch mag und Gitarre spiele, würde ich mein festes Einkommen mit hohen Aufstiegschancen niemals aufgeben. Liegt aber wohl daran das IT auch ein Hobby von mir ist und ich es mit meiner Berufswahl nicht besser hätte treffen können daher gehe ich sogar gerne arbeiten :) Kann mir auch so genug Zeit freischaufeln, kann unter der Woche viele Stunden spielen + am Wochenende. Könnte theoretisch 7 Tage die Woche Bandprobe machen, man muss natürlich einige Abstriche machen aber das ist ja klar.

Wenn ich die Skills hätte sodass ich ohne Vorbereitung an einer Musikschule unter die besten 3 komme, wäre ich 1) überglücklich und 2) würde ich mir eine Band mit 2-3 Bandprobe suchen, mit regelmäßigen Gigs, würde nebenbei noch Songs schreiben und hier und da mal nen Studiojob über Connections abwickeln für ein Nebeneinkommen wo es im Endeffekt egal ist ob jetzt Aufträge fehlen. So sehe ich das halt aber finanzielle Sicherheit gibt mir ein unglaublich gutes Gefühl sodass ich viele andere Dinge total entspannt angehen kann.
 
Auf jeden Fall setzt spätestens mit 40 der Trend ein, nicht mehr ständig jedes Wochenende 2-3 mal unterwegs sein zu wollen, gerade in den Top-40-Bands sind die Verschleißerscheinungen enorm.

Wie recht Du hast *seufz*.
Ich will das auch nicht mehr. Ich würde das auch körperlich nicht mehr schaffen - schließlich dauert so ein Top40-Gig auch schon mal bis 2, 3 Uhr morgens. Es ist wahnsinnig anstrengend, laut, dann noch die Fahrerei. Mit 20 oder 30 fand ich das toll und aufregend, aber jetzt hätte ich keine Kraft mehr dazu.
Ich bin froh, daß ich nun komplett auf Jazz und Worldmusic umgestiegen bin, da geht es doch wesentlich entspannter zu....
 
Noch ein Punkt, der den meisten vielleicht nicht sofort einfällt: Man hat, wenn man denn tatsächlich einigermaßen beschäftigt ist, einfach kaum noch Zeit, gewissen anderen Aktivitäten nachzugehen.
Die Wochenenden sind schonmal weg. Tja, wann soll ich dann mit meinen Nichtmusikerkumpels feiern gehen? Wann soll ich mal mit meiner Spaßband spielen, wenn ich am selben Tag auch gut Kohle verdienen kann?
Theaterjob? Erstmal 'ne super Sache. Aber dann kommt man auch in der Woche noch um 00.00h nach hause. Was ist dann mit Feierabendsport, Weib, Kind und wasauchimmer?

Und nochwas: Längere Urlaube? Gleich mal abhaken, wenn man nicht wahnsinnig werden will! Aus meiner eigenen Historie, es war 2001, das letzte DM-Jahr. Anfang des Jahres beschloss ich, dass es mal nötig war, eine zumindest etwas längere Auszeit zu nehmen, sprich, ein Monat Urlaub sollte her. Im Kalender war der September ein unglaublich mauer Arbeitsmonat, außerdem perfekt, um in der Nachsaison durch die griechische Ägäis zu eiern (Inselhopping, pennen am Strand, das ganze Programm). Naja, da dachte ich, dass ich mir mal den ganzen September einfach freihalten würde und habe sehr frühzeitig angefangen, für den September eintrudelnde Jobangebote an die gierigen Kollegen weiterzureichen. Waren zuerst auch nicht so viele. Außerdem, nachdem ich dann schon 2-3 Jobs abgegeben hatte, wär's natürlich Quatsch, die dann noch folgenden anzunehmen, also wurden auch die abgehakt.
Langer Rede kurzer Sinn: Aus dem einen abgesagten Job wurde per Zufall ein zweiwöchiges Engagement (welches dann natürlich auch mein Vertreter spielte) und es kamen noch ein paar andere Gigs hinzu. Unterm Strich wäre der September also ganz locker der mit Abstand arbeitsreichste Monat des Jahres geworden. Weiß nicht genau, was ich so verdient hätte, niedrig gerechnet vielleicht 4000 (DM), eher mehr. Kosten für meinen Urlaub: Ca. 2000 DM. Tja, nur muss man da ja dummerweise die 4000 verpassten Märker draufschlagen, unterm Strich schlägt dann so ein Monat mit -6000 zu Buche. Ein Ottonormalarbeiter wäre im günstigsten Fall bei +/- Null gelandet (Lohn - Urlaubskosten), ein paar Jahre vorher hätte es vielleicht sogar noch Urlaubsgeld gegeben.
Auch andere (nicht künstlerisch tätige) Selbständige stehen nicht vor ganz so argen Problemen.
Kunde zum Kfz-Schrauber: "Hey, kannste nächste Woche am Mittwoch mein Auto bebasteln?"
Schrauber: "Nee, Mittwoch ist schlecht, was ist mit Donnerstag?"
Kunde: "Ok, alles klar!"
Veranstalteranfrage an Band: "Könnt ihr am Freitag 'ne 3000er Party bespielen?"
Band: "Nee sorry, da spielen wir schon, was ist mit Samstag?"
Veranstalter: "Is' richtig, ich leg' meine ganze Party um, nur wegen so'ner popeligen Band...".

Ist also wirklich nicht unbedingt immer eine wahre Pracht, das Musikerdasein...

Gruß
Sascha
 
hi
ich bin wohl etwas jünger als einige, die hier recht ausführlich und nüchtern ihre erfahrungen niedergeschrieben haben aber ein paar jahre habe ich schon auf dem buckel (jahrgang 80)
ganz kurz zu meinem werdegang:
mit 5 in die städtische musikschule: früherziehung->heimorgel gruppenunterricht->einzelunterricht->klassisches klavier->dann privat:jazz und popular klavier->improvisation
nebenbei abitur ->zivildienst->vordiplom bwl
->mit 25 entscheidung berufsmusiker zu werden
-> keinen studienplatz bekommen (schulmusik war für mich keine alternative)

was man hervorheben könnte ist die tatsache, dass ich die entscheidung zum berufsmusiker unabhängig vom studienplatz getroffen hatte.
ich war zwar nie besonders aktiv in sachen "sozializing" habe aber dennoch über die jahre menschen kennengelernt, die mir bei meinem weg helfen konnten und mich weiter gebracht haben.
seit 4 jahren überlege ich doch nochmal an die uni zu gehen und jazz zu studieren allerdings haben mich bisher die fehlenden zeitlichen kapazitäten abgehalten(zumindest im kopf)

seit ich 14 war habe ich in rund 20 bands fest gespielt oder ausgeholfen und schätzungsweise zwischen 400 und 500 auftritte absolviert.
in sachen stilrichtung war ich dabei niemals festgelegt (nur klassische konzerte habe ich eher nicht gegeben ;-) )

genug der worte - mir ging es nur darum zu erklären inwiefern mich musik schon lange begleitet.

der status quo ist folgender:
ich spiele fest in einer showband (ich hatte das glück einen keyboarder ersetzen zu können und dabei zufällig in einer der top10 bands von deutschland zu landen)
und habe dadurch ein geregeltes einkommen (damit meine ich einen fixen betrag, der monatlich überwiesen wird. dieser betrag richtet sich zwar nach dem erfolg der showband, wurde bisher aber immer nur nach oben korrigiert)
mit dieser band habe ich zwischen 70 und 80 jobs im jahr plus proben. also etwa 10 termine im monat, wobei 4 davon unter der woche abends stattfinden und die restlichen freitag samstag oder feiertags

zudem spiele ich in der erstbesetzung einer mobilen unplugged band, die zwischen 30 und 40 auftritte im jahr liefert, von denen ich selbst etwa 2/3 wahrnehmen kann.
sagen wir zwei termine im monat.

dann bin ich noch der pianist eines gospelchors, der einen weiteren job pro monat bringt
und ich nehme sonstige gelegenheiten als tastendrücker war, die sich spontan ergeben.

so komme ich im durchschnitt auf etwa 10 auftritte pro monat, wobei es bspw im mai und juni 18 waren und im august dann eher 5..

die kernarbeitszeit liegt zwischen freitag und sonntag
unter der woche ist es eher ruhig.

ich habe zwischendurch mal 6 monate an einer musikschule unterrichtet, dies aber wieder aufgegeben, da kosten und nutzen in keinem gesunden verhältnis standen und meine frei planbare zeit immens eingeschränkt wurde.

zur zeit gehe ich unter der woche meinem hobby (sport) nach ; trainiere selbst , trainiere andere und nehme am ligabetrieb teil.
ausserdem unterrichte ich zwei schüler privat.
in der übrigen zeit bereite ich proben vor und übe mein instrument...manchmal tue ich einfach nichts.

momentan könnte ich keine familie ernähren (und muss das auch nicht)
aber ich lebe von der musik und bin damit glücklich.
natürlich gibt es momente, in denen mich die fahrerei oder auch die show nerven. diese momente sind jedoch der kleinere teil.
im großen und ganzen habe ich einfach nur spaß an dem was ich mache und ich finde es extrem spannend zu erforschen was mir die zukunft noch bringen wird.
hier im rhein/neckar gebiet gibt es zahlreiche positive bsp für berufsmusiker
eines haben alle gemeinsam: sie sind schon recht lange im geschäft und sie arbeiten absolut professionell.
die negativen beispiele findet man natürlich auch - und wenn man sich näher mit diesen menschen beschäftigt erkennt man auch schnell warum es nicht läuft.

ich will dir keine ratschläge geben. du musst selbst herausfinden was du von dir und deinem leben möchtest und das darf heute etwas völlig anderes sein als morgen.
ein weg wird sich immer finden - soviel ist sicher.

gruß
ron
 
Du scheinst viel zu ackern aber auf der anderen Seite reicht es dennoch laut deiner Aussage nicht um eine Familie zu ernähren. Da würde ich auf jedenfall gut überlegen denn nicht jeder hat die Chance in einer Top 10 Band zu spielen.

OT: In welcher Band spielst du Ron?
 
Hallo Ron, vielen Dank für Deine ehrliche Auskunft!!
Es ist ja von besonderem Interesse hier, daß auch junge Musiker berichten, die die Arbeit noch mit anderen Augen sehen (können).

... momentan könnte ich keine familie ernähren (und muss das auch nicht)
aber ich lebe von der musik und bin damit glücklich ...
Ich will nicht unken, wünsche Dir auch allzeit nur das Beste - aber wie sieht es mit Rücklagen aus, Du bist selbstständig, was würde passieren, wenn Du plötzlich unvorhergesehen ein halbes Jahr/ein ganzes Jahr nicht spielen könntest...?
 
..hi
ich sehe mich zur zeit immernoch im aufbau
will sagen: über die letzten jahre habe ich herausgefunden, dass man sich als musiker ein gesundes netz aufbauen muss um dauerhaft zu bestehen.
dieses netzwerk entwickelt sich bei mir glücklicherweise stetig in die richtige richtung, so dass ich von monat zu monat immer weiter in die zukunft planen kann.
momentan bedeutet das etwa 9 monate...vor einigen jahren war ich froh wenn ich 4 wochen in die zukunft gucken konnte. damals hatte ich aber auch noch einen nebenjob.

zum thema rücklagen: ich könnte von meiner rücklage gut 6 monate - mit einschränkungen 12 monate leben.
 
... momentan bedeutet das etwa 9 monate...vor einigen jahren war ich froh wenn ich 4 wochen in die zukunft gucken konnte. damals hatte ich aber auch noch einen nebenjob.

zum thema rücklagen: ich könnte von meiner rücklage gut 6 monate - mit einschränkungen 12 monate leben...
Toll!! Auch da halt ich Dir die Daumen, daß das so bleibt, bzw. sich kontinuierlich steigern kann.

...viele können das leider nicht - aber das liegt gelegrntlich auch an hausgemachten Problemen bzw. an mangelnder Disziplin...
 
Wenn man vieles hier so liest, muss man froh sein, dass es Leute gibt, die nicht darauf hören, denn würden sie darauf hören, gäbe es leider keine professionalisierte Musik mehr.

Natürlich ist Berufsmusiker ein Job, der sich wirtschaftlich wahrscheinlich noch weniger lohnt als in die Altenpflege zu gehen und der Hartz schaut ständig über die Schulter. Aber andererseits ist Berufsmusiker deutlich spannender als Buchhalter oder Reiseverkehrskauffrau. Letztendlich gingen viele Ratschläge hier in die Richtung "Lern was Anständiges, such dir eine nette Frau, setze dich mit 2,3 Kindern in ein Eigenheim und drehe die Heizung auf 3" Das ist aber nicht unbedingt das, was jeder Mensch unter einem erfolgreichen Leben versteht, nur weil der gesellschaftliche Mainstream das tut.

Ich wollte in Köln Jazzgitarre studieren und denke, dass ich die Aufnahmeprüfung auch gepackt hätte (war zu der Zeit schon ganz gut, hab ja auch nix anderes gemacht als spielen), aber meine Eltern haben mir gesagt, dass sie dieses Studium nicht finanzieren würden und haben Druck ausgeübt, dass ich was anderes machen sollte und ich Idiot habe mich drauf eingelassen. Ein Mathematikstudium und 10 Berufsjahre später bin ich zwar finanziell gut dran, aber finde jetzt meinen Beruf nicht übermäßig aufregend und intellektuell nicht besonders fordernd (bin an einer Schule gelandet, da hat man wenigstens genug Zeit zum Spielen nebenbei). Natürlich ist Musik weiterhin ein Hobby, was einen Teil meines Lebens bestimmt, ich spiele auch weiterhin regelmäßig live und mache CDs, aber eben nur in der Freizeit, die i.A. den kleineren Teil des Alltags ausmacht. Ich bereue, dass ich mich nicht gegenüber meinen Eltern durchgesetzt habe. Dafür bin ich jetzt als Beamter finanziell bis an mein Lebensende wohlversorgt. Sinn?

Deswegen rate ich Dir: Mache das Musikstudium. Das ist aufregend. Das Leben als Musiker ist dann wahrscheinlich nicht mehr ganz so aufregend, aber immer noch aufregender als das wohlabgesicherte Beamtenleben oder sowas. Und es gibt auch einige Fächer, die man, sollte das mit der Musik schiefgehen, immer noch nachstudieren kann und dann findet man trotz zweier Studien einen Job, z.B. Mathe, Physik oder einige Dipl.-Ings.
 

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