Stimmführung in einem EDM-Stück

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ma-bog
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Hallo,

ich beschäftige mich mit der korrekten Stimmführung in einem EDM Stück. Grundsätzlich sollten ja die Regeln, die auch in der Klassik gelten, anwendbar sein.

Anhand diverser Lehrbücher habe ich mich ein wenig in die Materie eingelesen (Verbot von parallelen Quinten etc.). Was ich aber nicht verstanden haben, wie die Regeln zu verstehen sind, wenn völlig verschiedene Instrumente die einzelnen Stimmen wiedergeben z.B. Moog-Bass, Synthesizer Pad für dreistimmige Akkorde, darüber ein (menschlicher) Gesang oder ein völlig unterschiedlicher Synthesizer Lead Sound.

Sind nun die Stimmführungsregeln nur für das dreistimmige Synthesizer Pad anzuwenden, weil die anderen beiden Linien aufgrund ihres unterschiedlichen Klangs klar hörbar sind oder ist dies als fünfstimmiger Satz zu sehen, bei dem das Synthesizer Pad die "inneren" Stimmen sind.

Im ersteren Fall wäre man hinsichtlich des Basses und den Vocals "freier" (Der Bass würde einfach den Grundton spielen und die Gesangslinie auf die Begleitung abgestimmt, aber nciht nach den Kontrapunktregeln, im zweiten Fall wäre man hinsichtich des Pad sounds freier (weil die Toleranz z.B. bei versteckten Parallelen in den inneren Linien etwas größer ist), müsste aber den Bass und den Vocal Sound aufeinander abstimmen.

Vom Gehör her klingt es für mich besser, wenn ich mich nur auf die Akkorde konzentriere und den Bass unabhängig von der Stimmführung des Pads einfach den Grundton des Akkords spielen lasse (also Variante 1), aber diesbezüglich habe ich in keinem Theoriebuch etwas gefunden. Es so zu machen, wie es sich am besten anhört, ist natürlich sinnvoll, ich würde aber gerne auch theoretisch richtig vorgehen bzw. die dahinter stehende korrekte Theorie verstehen (also die Antwort: "mach es so, wie es sich gut anhört" würde mir jetzt nicht so richtig weiterhelfen...).

Vielen Dank
 
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Hallo ma-bog,

ich würde sagen: vierstimmiger Satz + Melodie (wenn dein Synthesizer nur 3 Töne gleichzeitig spielen soll)

- Dein Moog-Bass übernimmt die Rolle des... Basses.
- Dein Synthesizer die von Tenor, Alt u. Sopran.
- deine Vocals oder der Lead Sound ist die Melodie

Ich kann leider nur für die Lockerungen der Stimmführung in der Romantik sprechen:

- sämtliche Parallelen, die zwischen den Innenstimmen und der Melodie auftreten, sind erlaubt.
- bilden allerdings Sopran und Melodie oder Bass und Melodie eine Quint- oder Oktavparallele muss man sich das gut überlegen, ob diese Parallelen dem Satz schaden.
- Strebetöne dürfen gedoppelt werden, sollten aber unterschiedlich und dennoch Sinnvoll fortgeführt werden.
- Alle Parallelen im Satz selbst (Synthesizer und Bass) sind verboten.

Gruß
Tamara
 
"Lehrbuchmäßig" sind Quint-, Oktav- und Primparallelen zwischen allen Einzelstimmen zu vermeiden - die alte Argumentation war ja gerade, dass die "Parallelisierung" die "Indivualität" der Stimmen zerstört.

Aber:

a) In der Praxis der Musik wurde diese Regel schon immer, und in der Romantik immer mehr (siehe @Tamia), nur auf "tragende Stimmen" ganz hart angewendet, bei "Füllstimmen" wurde viel mehr erlaubt, und bei "Registerergänzungen" (die manchmal auch als "Stimmen" bezeichnet werden, aber keine sind) ist aus Prinzip Parallelführung vorgesehen.
Was sind nun aber "tragende Stimmen", was "Füllstimmen", was "Registerergänzungen"?
* Registerergänzungen sind genau die "Klänge", die man über längere Zeit (mindestens eine ganze Phrase) parallel führen will, um einen bestimmten "Sound" zu erreichen;
* tragende Stimmen sind "lehrbuchmäßig" die Außenstimmen; und eine Melodiestimme, wenn sie nicht Außenstimme ist.
* Füllstimmen alle anderen. Aber gerade hier hängt es von Instrumentierung ab: Alles, was man "als eigene Stimme hören soll", ist auch "tragend"; das entscheidet der/die Komponist/in! - manchmal auch Interpret/in oder Arrangeur/in -, wenn eine "interessante Innenstimme" hörbar gemacht werden soll.

b) Die Entscheidung, parallele Quinten und Oktaven zu verbieten, aber z.B. parallele Terzen, Sexten oder auch Sekunden zuzulassen, ist in "bestimmten Tonsprachen" so getroffen (und war z.B. vor 500 und mehr Jahren grundsätzlich anders). In der heutigen Zeit, wo praktisch jedes Stück seine eigene Tonsprache definieren darf (und wegen dieser Freiheit eigentlich auch muss), kann man sich andere Regeln geben (die aber eben auch eine in sich sinnvolle "Sprache" ergeben sollen!) - und dann gelten eben die Regeln dieser Tonsprache.

H.M.
 
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b) Die Entscheidung, parallele Quinten und Oktaven zu verbieten, aber z.B. parallele Terzen, Sexten oder auch Sekunden zuzulassen, ist in "bestimmten Tonsprachen" so getroffen (und war z.B. vor 500 und mehr Jahren grundsätzlich anders). In der heutigen Zeit, wo praktisch jedes Stück seine eigene Tonsprache definieren darf (und wegen dieser Freiheit eigentlich auch muss), kann man sich andere Regeln geben (die aber eben auch eine in sich sinnvolle "Sprache" ergeben sollen!) - und dann gelten eben die Regeln dieser Tonsprache.

Das möchte ich nochmal unterstreichen. Die "klassichen Satzregeln" wurden für Gesangssätze erdacht. Sie sollen zB dazu führen, dass man einzelne Stimmen verfolgen kann und dass die Stimmen überhaupt erstmal gut singbar sind.

Je nachdem welche Satztechnik du anwendest, wirst du einen bestimmten Klang bekommen. Der klassiche vierstimmige Satz ist kein allgemeingültiges Gesetz. Er ist ein Werkzeug um einen funktionierenden Satz zu schreiben. Es gibt ja auch noch etiche andere Arten einen Satz zu schreiben.

Wenn du jetzt ein Synthpad schreibst, dann musst du dir an sich erstmal garkeine Gedanken über Stimmführung machen. Ich würde sogar mal behaupten dass man ein interessanteres Pad bekommt wenn man sich um klassiche Stimmführung nicht schert. Du kannst natürlich jede Satztechnik stilistisch einsetzen. Ein vierstimmiger Satz mit allerlei Durchgängen kann sicher als Fremdkörper in einem EDM Track funktionieren.
 

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