Stimmplatte bearbeiten: Anpassung durch Hochstimmen oder Herunterstimmen?

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Hallo,
da ich meine Steirische Harmonika (diatonisch-wechseltönig) mit anderen Tönen bestücken möchte, bräuchte ich "fachmännischen" Rat.
Eingangs möchte ich erwähnen, dass ich hinsichtlich Stimmplatten-Bearbeitung und Stimmplatten-Tausch schon einige Erfahrungen gesammelt habe
und (leider) auch schon einiges an "Lehrgeld" zahlen hab müssen :rolleyes:
Nun zum Thema:
Ich benötige eine Stimmplatte fis / g (also ca. 185,0 / 196,0 Hz).
Diese Platte ist m.E.n. so nicht erhältlich, sodass ich zwei Möglichkeiten in Betracht ziehe.
1. Eine fis / gis-Platte, wobei ich das gis auf g reduziere.
2. Eine f / g-Platte, wobei ich das f auf fis erhöhe.
Frage an die technisch versierten in der Runde:
Welche ist die bessere bzw. sinnvollere Variante ?
Gruß Stoager
 
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1. Eine fis / gis-Platte, wobei ich das gis auf g reduziere.
2. Eine f / g-Platte, wobei ich das f auf fis erhöhe.
Frage an die technisch versierten in der Runde:
Welche ist die bessere bzw. sinnvollere Variante ?
Hallo Stoager,

welche Variante du wählst ist m.E egal.

Wenn ich dich richtig verstanden habe willst du eine neue Stimmplatte umstimmen. Die war also noch nicht verbaut und ist auch noch nicht eingebaut. Dann kann man die ähnlich wie im Fertigungswerk auch locker um einen halben Ton rauf oder runterstimmen. Und mit ähnlich meine,ich , so wie im Werk die Stimmplatten vorgestimmt werden: flächig bearbeiten indem man entweder mit Schleifpapier , Schleifstein oder Feile die Stimmzunge auf der Oberflöche großflächig bearbeitet.

Also nicht wie beim Feinstimmen mit Stimmstichel ritzen , oder nur die Spitze anfeilen, sondern die ganze Zungenfläche miteinbeziehen und die ganze Zugenfläche bearbeiten.

Beim Raufstimmen da dann insgesamt in der Tendenz eher in Richtung Zungenspitze mehr, und beim runterstimmen insgesamt in der Tendenz eher im mittleren bis hinteren Bereich.

Dass man flächig und über einen großen Bereich schleifen /feilen soll hat den Grund dass man auf die Art nur minimal Material abtragen muss und gleichzeitig das Tonverhalten nicht groß beeinflusst... Wenn die Messmöglichkeiten vorhanden sind kann man hierbei sogar die Tondrift egalisieren.
Arbeitet man nur lokal sehr begrenzt, dann ändert man nur lokal das Biegeverhalten der Zunge und baut damit automatisch eine größere Tondrift mit ein.
Bei flächiger Arbeit ändert man am Steifigkeitsverlauf der Zunge nicht lokal, sondern über die ganze Zungenlänge und damit verhält sich die Zunge dann auch wieder so gleichmäßig wie vorher und baut auch keine lokalen "Biegescharniere" ein.

Anschließend gilt natürlich das gleiche wie beim normalen Stimmen auch : Am besten die Platte nach dem Vorstimmen auf den neuen Ton erst noch ein paar Tage liegen lassen bevor man die feinstimmt, dass sich noch Spannungen entspannen können, sofern die Platte noch gerne etwas arbeiten mag - nach ein paar Tagen hat sich da meist wieder beruhigt und man kann dann nach stimmen und das Ergebnis bleibt i.d.R. stabiler.
 
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Maxito hat schon fast alles gesagt, ich möchte noch auf die Zungenlänge hinweisen, da es eventuell bei gleicher Mensur auch bei direkt nebeneinanderliegenden Tönen verschiedene Zungenlängen geben kann. Es ist mir schon passiert daß eine neue (Original-)Platte sich nicht gut eingefügt hat, so daß ich eine mit längeren Zungen umgestimmt habe. Seitdem messe bzw. vergleiche ich immer auch die Zungenlänge wenn ich eine Platte ersetze.
 
Hallo maxito,
danke für die rasche Rückmeldung.
Ja, ich möchte eine neue noch unverbaute Platte entsprechend umstimmen.
Wenn, dann arbeite generell eher mit Schleifpapier als mit Stichel oder Feile und hätte dies sowieso mit großflächiger Bearbeitung der Stimmzunge vorgehabt.
Ich tendiere aus Sicherheitsgründen eher zum Raufstimmen, da mir die Zungenstabilität (wg. Tondrift) erhalten bleibt und ich schneller ein nachhaltiges Ergebnis erziele,
ohne dass die Tonhöhe nachher immer wieder nach oben zieht – siehe auch Toni Schwall / Handharmonika-Instrumente / Teil 4 / S.26.
Habe aber auch schon beim Runterstimmen (mittels Lötzinn) Material aufgetragen und dabei sehr sehr schnell gute Ergebnisse erzielt.
Hast du hiermit auch Erfahrungen gemacht ?
Gruß Stoager

@ diatoner
Danke für den Hinweis!
 
Habe aber auch schon beim Runterstimmen (mittels Lötzinn) Material aufgetragen und dabei sehr sehr schnell gute Ergebnisse erzielt.
Hast du hiermit auch Erfahrungen gemacht ?
Das habe ich selber noch nie ausprobiert- Und ich würde mal sagen, hängt von der Zungengröße ab. Je größer die Zunge desto eher kann man das machen, ohne dass sich groß was verändert. Je kleiner die Zunge, desto wichtiger wird auch der vordere Zungenbereich. Und Lötzinn nimmt immer eine gewisse Fläche ein und hat vom Material her dämpfende Eigenschaften.

und ich schneller ein nachhaltiges Ergebnis erziele,
Das ist natürlich ein Argument, dem ich nicht widersprechen kann! :D

Ich tendiere aus Sicherheitsgründen eher zum Raufstimmen, da mir die Zungenstabilität (wg. Tondrift) erhalten bleibt

Das würde ich jetzt nicht als besonders gefährdet sehen. Zumindest bei Zungen, die im vorderen Bereich nicht versteift oder mit Ballastgewichten beschwert sind, hängt die Tondift eh von den lokalen Profilabweichungen gegenüber der idealen Schliffkurve ab. Wenn also die Zunge im mittleren bereich nen Tick dicker ist als die nach der idealen Kurve sein müsste, dann geht der Ton im mittleren Lautstärkebereich nach oben . Ist se eher weiter vorne dicker als die Idealkurve dann treibt der Ton bei piano nach oben weg und geht mit zunehmender Lautstärke dann runter. Und genauso gehts nach unten, wenn der jeweilige Bereich dünner ist als die Idealkurve.

Von daher ist s erst mal egal ob man eher weiter vorne oder weiter hinten arbeitet - man muss so oder so die gesamte Kurve im Blick haben, sonst verändert man automatisch auch die Tondrift mit. Allerdings ist es noch die Frage, ob die Veränderung sich im Spielbetrieb bemerkbar machen würde oder ob das im allgemeinen untergeht.

Du kannst ja mal im vorderen "Drittel" das Ding umstimmen und dann schauen, ob die Tondrift merklich zugenommen hat... wenn ja. Musst du die hinteren Bereichen mit anpassen, wenn nein, dann ists ok und passt so. Mit merklich meine ich, ob s dir auffällt - mit Messgerät kann man in der Regel immer was messen.. ist halt die Frage wieviel man davon beim Spielen hört.

ohne dass die Tonhöhe nachher immer wieder nach oben zieht – siehe auch Toni Schwall / Handharmonika-Instrumente / Teil 4 / S.26.

Ich glaub ich muss mal wieder in den Schwall reinlesen... allerding habe ich mein Exemplar grad ausgeliehen... geht also grad nicht :oops:...Aber nach meinen Erfahrungen und auch den Erfahrungen meines Stimmungsmachers treibt der Ton im Laufe des Spielbetriebs , sofern die Stimmplatte sonst i.O ist, immer nach oben.
Das würde sich auch mit der Theorie decken. Denn Stahl wird mit jeder Biegung etwas fester und härter und mit der Zunahme an Härte nimmt auch der Elastizitätsmodul minimal zu. Im Metallbereich spielt das überhaupt keine Rolle, aber Stimmzungen reagieren schon auf minimalste Abweichungen und melden Festigkeitszunahme mit höherer Frequenz weiter.

Dass das nicht pauschal immer bei jeder Stimmzugne so ist, hängt halt auch damit zusammen, dass auch andere Effekte mit reinspucken - wie z.B. wie sauber ist die Vernietung/Verschraubung ... gibts da minimale Setzeffekte etc...Sobald sich irgendwas setzt oder wegverformt wird auch bloß minimals ergibt das sofort einen Steifigkeitsverlust und damit einen Frequenzabfall.

Drum ist nach meiner Erfahrung: wenn ich sauber gearbeitet habe, ist es egal ob ich rauf oder runtergestimmt habe - Wie stark die Zunge "nacharbeitet" hängt von der Größe der Fläche ab, die ich malträtiert habe und wie stark ich verändert habe. Ob rauf oder runter gestimmt, hat bei mir bisher keine Unterschiede ergeben.
 
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Und Lötzinn nimmt immer eine gewisse Fläche ein und hat vom Material her dämpfende Eigenschaften.
Geht bei Piccolos natürlich nicht, aber sonst klappt m.M.n. das prima, da das eventuell zuviel aufgetragene Zinn ganz rasch und sehr sanft wieder abtragbar ist.
Und wenn der Untergrund leicht aufgerauht wurde, hält das Zinn bombenfest.
Mangels hochwertiger Testgeräte bzw. Messmethoden kann ich hier leider keine umfangreichen Akustik-Ergebnisse liefern.

Danke dir vielmals für die umfangreiche Auskunft !!!

Habe jedoch noch eine Frage, wobei ich nicht ganz sicher bin, ob ich einen neuen Faden aufmachen soll ...
Da es dennoch ein sehr technisches Thema ist, bleibe ich dennoch hier.

Thema Steirische, jedoch hinsichtlich Wecheltönigkeit der Stimmplatten (auf Zug bzw. Druck) und was dabei technisch möglich ist.
Zusätzliche Halbtöne (welche bauartbedingt) auf der Steirischen Harmonika ja normalerweise nicht vorhanden sind, beschäftigen mich nach längerer Zeit mal wieder.

Nun sind ja bei den diatonischen/wechseltönigen Harmonikas auf Druck und Zug des selben Knopfes (Taste) ja Großteiles verschiedene Töne vorhanden.
Und dabei sind Ton-Differenzen von bis 5 chromatischen Halbtöne keine Seltenheit...

Aber das hier …

Stimmung G C F B (4-Reihig)
Halbton-System Stelzl
1619640854022.png

2. Reihe dis‘ / cis‘‘ = Differenz 10 Halbtöne


Stimmung G C F B (4-Reihig)
Halbton-System Hafner
1619640898556.png

3. Reihe e / fis‘ = Differenz 14 Halbtöne


Wie ist sowas auf einer Stimmplatte technisch bzw. akustisch machbar ?
Ich weiß schon wie das technisch aussieht, aber die Physik lässt sich ja nicht wirkich auf den Kopf stellen,
denn das Verhältnis, Stimmplatte/Zunge/Kanzellengröße ist ja nicht ganz außer Acht zu lassen.
Und schön klingen (Ansprache, Tondrift, ...) sollen bei Bedarf ja jeweils beide Zungen.
Meiner Meinung nach kann dies nur ein (schwacher) Kompromiss sein.

Quelle: Schmidt Harmonika https://www.steirische-harmonika.at/tonbelegung/
 
Wie ist sowas auf einer Stimmplatte technisch bzw. akustisch machbar ?
machbar ist das Problemlos, denn die Tonfrequenz ergibt sich aus der Dicke der Zunge und der Zungenlänge. Damit kann man die Töne für beliebige Größen Steuern und einrichten.

Es ist sogar sinnvoll, wenn die Zungen gleich groß sind an der Stelle. Denn wenn man den Knopf drückt , dann hat man einen Ton mit bestimmter Lautstärke und Kraft - und wenn man jetzt die Druckrichtung wechselt, dann sollte gefälligst ein Ton mit gleicher Lautstärke und kraft ertönen.. nur halt mit anderer Tonhöhe. Und damit sollte diese Stimmzunge sinnvollerweise auch die gleiche Größenordnung haben wie die andere... Man muss halt über die Zungendicke dann die Tonhöhe steuern.

denn das Verhältnis, Stimmplatte/Zunge/Kanzellengröße ist ja nicht ganz außer Acht zu lassen.

Die Kanzelle muss im Querschnitt zur Zungenbreite passen und in der Tiefe ungefähr zu Tonhöhe passen ... ungefähr heißt nicht auf den 1/10 mm sondern so grob ungefähr zur Oktave passend aus der der Ton kommt! Innerhalb der gleichen Oktave kommts dann auf ein paar Millimeter hin oder her nicht drauf an. Der Kanzellenquerschnitt wird in der Regel auch nur danach bemessen wieviel Luftdurchsatz brauch ich und wie weit schwingt die Zunge aus. Das sind die eigentlichen Auslegungsparameter.

Und was die Kanzellenlänge angeht, so sind die in aller Regel weit davon entfernt eine passende Resonanzlänge zum Ton zu haben. Speziell im Bass müssten die Dinger dann seeehr viel länger ausfallen.

Resonanzprobleme mit der Kanzellenlänge gibt es normal nur bei den höheren Piccolotönen - da kommt man dann so in etwa in die Gegend der Resonanzlänge und muss da mitunter aufpassen, dass man sich nicht gerade eine Resonazauslöschung zusammenbastelt... aber das hört man dann meist sofort und drum findet man da öfter mal dass die Kanzellen innen noch ein Stückweit mit Wachs ausgegossen sind. Aber bei allen anderen Tönen ist man nicht in der Nähe einer Resonanzlänge. Von daher gibts da nix besonders zu beachten.
 
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Danke dir !
 

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