Stücke länger im Gedächtnis halten

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hejira
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Hallo zusammen,

ich wollte mal ganz allgemein fragen, ob es irgend eine Technik/Vorgehensweise gibt, mit der man Stücke länger im Gedächtnis halten kann. Mein Hauptproblem ist, dass ich nach relativ kurzer Zeit ein eingeübtes Stück zwar noch aus dem "Handgedächtnis" spielen kann, aber nicht mehr sagen könnte, welche Taste als nächstes kommt, wenn man mich an irgend einer Stelle unterbrechen würde. Es kommt auch relativ oft vor, dass ich einfach so mitten im Spiel plötzlich nicht mehr weiter weiß und nochmal ganz von vorne anfangen muss. Aus diesem Grund habe ich nie mehr als vier oder fünf Stücke, die ich ohne größere Vorbereitung mehr oder weniger fehlerfrei spielen kann (eben die, an denen ich zur Zeit arbeite).

Das Vergessen passiert wie gesagt relativ schnell und auch bei Stücken, die ich Monate lang geübt habe. Das einzige, was dagegen zu Helfen scheint ist, regelmäßiges Aufzufrischen - praktisch heißt das, die Stücke neu auswendig zu lernen. Das wird allerdings immer schwieriger, je größer das Repertoire wird. Irgendwann kommt man ja überhaupt nicht mehr dazu, neue Stücke zu lernen. Momentan arbeite ich übrigens hauptsächlich an den schwierigeren Sachen aus dem Wohltemperierten Klavier. Das Problem habe ich allerdings immer, nur fällt es hier besonders ins Gewicht.
 
Eigenschaft
 
Ab einer gewissen Anzahl von Stücken oder alternativ einer gewissen Anzahl Dinge, die man außer dem Klavierspielen noch so tut, kann man sich nicht mehr alle Stücke merken. Ich hab das eine Zeit lang auch versucht, aber am Ende muss man sich doch fragen: Wozu?
Es spricht nichts dagegen, nach Noten zu spielen. Einfach hinstellen und los. Wenn man dann noch die Hälfte aus dem Kopf kann, ist es ja okay, dann guckt man halt nicht so genau hin, aber wenns dann wirklich irgendwo hakt, schaut man einfach eben nach.
 
Mein aktuelles "Projekt" ist das Präludium XVIII, WTC, Band II. Sowas kann ich aber beim besten Willen nicht vom Blatt spielen. Ich lerne das halt Takt für Takt auswendig und wenn ich mir die Noten später wieder anschaue, kann ich das nicht mehr zusammenbringen mit dem, was meine Hände tun. Vielleicht ist mein Problem auch, dass ich recht schlecht bin im Notenlesen?
 
Wenn man dann noch die Hälfte aus dem Kopf kann, ist es ja okay, dann guckt man halt nicht so genau hin, aber wenns dann wirklich irgendwo hakt, schaut man einfach eben nach.

Tja man muss halt nur so schnell die besagte Stelle finden ;)
Mir geht es beim üben manchmal so, dass ich ein Stück schon teilweise auswendig kann und nicht so schnell den Anschluss finde, wenn ich den Faden verloren habe. Setze mir so kleine virtuelle Anker, wo ich bei "Fadenverlust" wieder einsteigen kann ohne von vorne anzufangen.
 
Also ich kann überhaupt garnicht vom Blatt spielen. Das ist aber noch ein bisschen was anderes, finde ich jedenfalls: Unter "vom Blatt spielen" verstehe ich, ein möglicherweise unbekanntes Stück vorgesetzt zu bekommen und das direkt weitgehend richtig spielen zu können.
Wenn ich ein Stück spiele, dann lerne ich es ja ohnehin vom Blatt - somit weiß ich später, was da steht, auch wenn ich es in dem Moment nicht vollständig lesen kann. Wenn ich dann spiele, lese ich mit, aber eigentlich nur um zu wissen wo ich bin. Und wenns dann wirklich irgendwo hakt, muss ich halt möglichst vorher sehen, dass ich wirklich lese was da steht. Das klappt bei mir ganz gut.
Zum Lernen hat Musicanne natürlich auch recht: Da kann (und sollte) man sich Startpunkte suchen, an denen man einsteigen kann. Das passiert aber bei komplizierteren Stücken fast schon von allein, weil man es ja nie im Ganzen spielt, sondern stückweise lernt...
 
Hallo Heijra,

meiner Meinung und Erfahrung nach bedarf es schon eines sehr intensiven Übeprogramms und darüber hinaus intensiver Beschäftigung mit den Stücken, um viele und lange Stücke im Gedächtnis zu behalten. Das hieß bei mir mehrere Stunden Üben pro Tag und harmonische Analysen machen. Letzteres ist meine Herangehensweise gewesen, hilft aber wahrscheinlich nicht jedem.

Zu Bach: Es ist durchaus üblich, auch bei Profis, die Präludien und Fugen mit Noten zu spielen. Leider wirst du nicht weit kommen, wenn du versuchst, Takt für Takt auswendig zu lernen, zumal ein musikalisches Thema und die "Antworten" (Kontrapunkte) sich i.d.R. über mehr als einen Takt erstrecken. D.h. es wird nicht sehr musikalisch klingen.

Was man beim Thema Auswendigspielen vielleicht bedenken sollte: Als Zuhörer möchte ich die Musik genießen und keine Gedächtniskunststücke vorgeführt bekommen.
 
Tja das Problem kennt wohl fast jeder.
Nen Patentrezept gibt es da nicht. Ich habe das Problem oft bei schnellen Sachen. Ich muss dann auch wieder neu ansetzen und es schnell spielen . Wenn ich es langsam versuche, klappt es oft nicht... Schon Interressant, wie unser Gedächnis so arbeitet.

Ich habe ne Doku über Dream Theater gesehen. Wer die Jungs kennt, weis wie anspruchsvoll, vertrackt, schnell und vor allem lang die Stücke sind, welche die Herren dann zum besten geben. Als wenn das nicht schon reichen würde spielen die Jungs im Schnitt um die drei Stunden und wechseln die Setlist von JEDER Show drastisch. Sie müssen also um die 5-6 Stunden Musik perfekt abrufen könnnen. Ich konnte das nie verstehen, wie sowas gehen soll. Wobei Sie natürlich eigene Stücke spielen, welche man sich schon besser merken kann. Neuerdings spielt Rudess auch mit einem Monitor, welcher ihm Noten anzeigt.
In der Doku kann man dann sehen, wie sich selbst diese Ausnahmemusiker vor jedem Gig bestimmte Stellen von den Songs wieder anschauen und diese sehr konzentriert üben. Selbst hier zeigt sich, dass Musik einfach auch ein Handwerk ist. Talent hin oder her, man muss einfach sehr viel investieren.
 
Versucht doch einfach mal, die Hände einzeln auswendig zu spielen. Du wirst schnell merken, du kannst nichts ;-).

Ich muss z.B. das Intro von Locomotive Breath auch immer wieder üben (bewusst durchspielen), damit es nicht irgendwann aus meinem Gedächtnis verbannt wird. Typischerweise kriege ich dann so 90% hin und irgendeine Stelle fehlt und/oder muss dazu improvisiert werden. Festgestellt habe ich z.B. auch, dass eine andere Umgebung zu solchen Blokaden führen kann. Zu Hause am Klavier eingeübt, im Proberaum am Stagepiano, mit anderer Sitzposition, 2. Keyboard oben etc. plötzlich Probleme.

Grüße
Dirk
 
Ich lerne das halt Takt für Takt auswendig und wenn ich mir die Noten später wieder anschaue, kann ich das nicht mehr zusammenbringen mit dem, was meine Hände tun.

Versuch doch einfach mal, erstmal nach Noten zu spielen und ohne den Zwang, das irgendwann auswendig zu können, daraus Musik zu machen. Das Auswendiglernen geht danach meistens leichter, weil man dann die Stücke nicht nur im motorischen, sondern auch im Hörgedächtnis hat und obendrein die Struktur der Musik begreift. Also: Zuerst Musik draus machen, dann auswendig lernen.
 
Das Problem kennt wahrscheinlich jeder. Es liegt daran, wie man übt (immer oder zu früh mit beiden Händen üben, zu große Abschnitte nur wiederholt 'durchspielen' etc.).

Du wirst immer Probleme damit haben, wenn Du nicht wirklich beide Hände EINZELN auswendig spielen kannst. Das hat mir meine Lehrerin früher öfters böse vor Augen geführt, wenn sie plötzlich verlangte, die linke oder rechte Hand ab Stelle XY alleine auswendig zu spielen.

Das Handgedächtnis allein ist ein schlechtes Gedächtnis. Du musst dir geistig vorstellen können, welche Taste als nächste kommt. Wenn ich kleine Abschnitte einzeln übe, schließe ich nach einiger Zeit die Augen und versuche, die Tasten vor meinem geistigen Auge zu sehen. Das mache ich dann auch einzelhändig mit dem ganzen Stück, wenn ich es kann.

Das muss man üben, aber es geht.

So trainierst Du zusätzlich zum Handgedächtnis Dein visuelles Gedächtnis, das viel verlässlicher ist.
 
Ich glaube, das ist von Typ zu Typ aber auch verschieden. Ich selbst lerne Stücke schneller (zumindest die meisten Stücke), wenn ich erstmal beide Hände zusammen spiele. Ab und zu hilft es mir, Hände einzeln zu üben, um bestimmte Schwierigkeiten anzugehen, aber zuerst die Hände einzeln zu lernen, und sie dann zusammenzusetzen funktioniert bei mir überhaupt nicht. Dann doch eher zuerst beide zusammen, um einen Eindruck vom Gesamtklang (und nicht zuletzt vom Körpergefühl) zu bekommen, und erst später, um die Technik zu verfeinern, stellenweise einzeln.
 
Ich schließe mich Colorido an: In meinen Augen (und Ohren) macht es keinen Sinn, das Auswendigspielen der einzelnen Hände zu forcieren. Allerdings ist einzeln üben sehr zu empfehlen! Bei einem Großteil der Klaviermusik ergeben sich die Harmonien erst aus dem Gesamtklang beider Hände. Ich bin kein Experte in der Gehirnforschung, aber ich denke, dass beim Auswendigspielen linke und rechte Gehirnhälfte (für rechte und linke Hand) nicht quasi "unabhängig" voneinander funktionieren. Deshalb empfehle ich, sich am Klang zu orientieren; das (innere) Ohr zu benutzen, um auswendig zu lernen.
 
Bei mir ist es so, dass ich garnicht gezielt auswendig lerne, sondern es kommt von allein. Wenn ich ein Stück fehlerfrei spielen kann, habe ich es vollständig im Kopf. Ich könnte die Noten nicht aufschreiben oder die Hände einzeln spielen, aber ohne darüber nachzudenken was genau ich gerade tue kann ich das Stück vortragen.
Wenn ich es mehrere Wochen nicht gespielt/gehört habe, brauche ich dennoch 2-3 Anläufe um es komplett spielen zu können. Ich denke, das lässt sich auch nicht verhindern, selbst wenn man es gezielt trainiert.
 
Bei mir ist es so, dass ich garnicht gezielt auswendig lerne, sondern es kommt von allein. Wenn ich ein Stück fehlerfrei spielen kann, habe ich es vollständig im Kopf. Ich könnte die Noten nicht aufschreiben oder die Hände einzeln spielen, aber ohne darüber nachzudenken was genau ich gerade tue kann ich das Stück vortragen.
Wenn ich es mehrere Wochen nicht gespielt/gehört habe, brauche ich dennoch 2-3 Anläufe um es komplett spielen zu können. Ich denke, das lässt sich auch nicht verhindern, selbst wenn man es gezielt trainiert.

das ist die gängigste, aber schlechteste form etwas auswendig zu spielen. es besteht u.a.immer die gefahr eines "black-outs"...
 
Das Thema wird gerade auf ähnliche Weise im Klassikforum diskutiert, hier vor allem die Methode von "Leimer-Gieseking", die ja sehr bekannt ist.
Es gibt mMn zwar keine Patentrezepte, die für jeden gleichermaßen gelten, aber es lohnt vielleicht, hier mal reinzuschauen, da gerade ein User nach dieser Methode lernt und Positives zu berichten weiß:

https://www.musiker-board.de/vb/klassik/367370-methoden-des-klavierspiels.html

Frohe Weihnachten!
 

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