Ich dachte die Phase wäre in diesem Forum hier schon langsam vorbei...
Ok, nochmal ganz deutlich: Ein Instrument für wenig Geld ist nunmal ein Instrument für wenig Geld! Natürlich kann ich auch alles auf meiner 150 € Tenson spielen, aber trotzdem existiert ein Unterschied zu meiner 300 € LP und auch zu meinen 800 € Superstrats. Wer behauptet ein billiges Instrument kann in ALLEN Belangen mit einem teuren mithalten weis es entweder wirklich nicht besser oder hat noch nie etwas teures in der Hand gehabt.
Man sollte langsam wirklich unterscheiden lernen! Bei den heutigen Standards in der industriellen Fertigung ist es kaum möglich von der Basis noch ein schlechtes Instrument zu bauen. Selbst die Harley Benton-Gitarren und Konsorten sind
brauchbar, aber eben auch nicht mehr. Das Argument: "
Kauf lieber die Billige, stell sie ein, neue PUs, neue Mechaniken und dann ist die besser wie das Original!" zieht nicht. Denn der Preis einer besseren Gitarre kommt genau da her. Wenn ich eine Gitarre kaufe, und dort sind die PUs schlecht, die Einstellung schlecht, vielleicht die Bünde nicht richtig abgerichtet und die Mechaniken halten die Stimmung nicht,
dann ist das keine gute Gitarre. Es ist vielleicht eine Basis, aber da kann man dann auch jedes zurechtgefräste Stück Holz als Basis betrachten. Hinzu kommt, das nicht jeder über das Know-How verfügt eine Gitarre ordentlich einzustellen. Allein deshalb sollte man solche Hinweise nicht so feucht fröhlich verbreiten. Eine Handwerkliche Ausbildung wäre nicht nötig wenn jeder Hans, nachdem er 3 Seiten im Internet gelesen hat, eine Gitarre, eine Auto oder was weis ich reparieren / bauen /einstellen könnte.
Auch so ein Totschlag-Argument ist: "
Das Original dazu von XXX hatte ich schon mal in der Hand, das ist schrottig." Schon mal in der Hand lässt bei mir alle Alarmglocken aufheulen. Ich hatte auch schon so einiges in Musikläden in der Hand, das heißt aber nicht das ich das Instrument genau bewerten kann. Wenn ich ein Instrument vielleicht 30 oder 60 Minuten mal gespielt hab, dann kann ich sagen ob sie mir gefällt oder nicht. Das heißt aber noch gar nichts. Wenn mir dieses Instrument nicht gefällt kann es sein, das es einfach nicht zu meinem Spielstil passt. Trotzdem kann es ein sehr gutes Instrument sein. Ich z.B. kam ewig nicht mit der Position des Volumen-Potis auf Fender-Gitarren klar. Aber das lag an meiner Handhaltung, nicht an der Fender.
"
Die Billige kommt da fast 100% ran." Ähm nein. Natürlich gibt es Firmen, die viel Geld alleine für den Namen verlagen. Das ist bekannt, das bestreitet auch keiner. Aber eine 150 € Klampfe mit 100 € Modifikationen kommt trotzdem nicht an das Original für 800 € ran. Der Punkt ist: Je teurer das Instrument, desto geringer werden die Unterschiede zum nächst billigeren. Das wird durch den oben genannten Fertigungsstandard auch immer schlimmer. Hinzu kommt, das auch in den bisher teuren und edeln Gefilden um die 1000 € mittlerweile sehr viel aus den gleichen Maschinen kommt wie im billigen Bereich.
Nehmen wir die Cort KX-Reihe als Beispiel. Die KX 5 für 250 € ist ein Topmodell. Sie hat in Tests gewonnen, sie speilt sich eiwanndfrei und sie sieht, wenn sie neben der KX-Custom liegt, auch nicht viel anders aus. Trotzdem liegen da 550 € dazwischen. Warum?
1. Die Mechaniken: DieCast Standard vs. Grover Mini Rotomatics Locking.
2. Sattel: Acryl-Mamor-Mischung vs. Graphit
3. Die Bünde: Welche Materialien es sind kann ich nicht genau sagen, allerdings sind die Bünder der KX-5 deutlich weicher. Hier sieht man schon noch ein paar Bendings Kratzer auf den Bünden, die Custom juckt das dagegen gar nicht.
4. Der Hals: Geschraubt vs. Geklebt. Was besser ist, ist Geschmacksabhängig. Ich erwähne es ergänzend. Geklebt ist aber, aufgrund der Trocknungszeit und somit längeren Herstellungsdauer, teurer.
5. Die PU's: Mighty Might vs. Seymour Duncan.
6. Die Brücke: TOM vs. Original Tonepros. (Das Original hat Madenschrauben, die ein verdrehen der Höhe verhindern. Jeder der mal alle Saiten von einer Tom runter hatte weis wovon ich rede. Die Brücke fällt runter oder verstellt sich... Allein der Punkt ist mir den Aufpreis wert. Davon abgesehen ist die Original-TOM aus einem anderen Material. Dieses schwingt mehr als das auf der KX-5)
7. Der Body: Von oben sehen sie gleich aus. Aber nicht von der Seite. Mahagony + Ahron-Decke vs. Linde. Der Korpus der KX-Custom ist fast so dick wie der einer Les Paul, die KX-5 ist teils
über 1 cm dünner!
Wohlgemerkt hab ich hier ein schon gutes Instrument mit dem Flagschiff der Serie verglichen. Dagegen geht es in diesem Thread hier um ein 150 € Brett, welches erst mit Mods das Niveau der KX-5 erreichen kann. Zudem hab ich sogar einige Punkte außer Acht gelassen, die sich schwer vergleichen lassen. (Elektrik, Holz des Halses,...)
Ich bitte wirklich mal alle aufzuwachen und sich für Gitarren eine
sinnvolle Einteilung zu überlegen.
Z.B.
1. Schrott - Taugt auch mit Mods nichts.
2. Brauchbar - Lässt sich spielen. Kann eine Basis zum Modden sein.
3. Mittelklasse - Für den Normalbürger ohne Modden völlig ausreichend. (D.h. keine auffälligen Schwachpunkte. Das bestimmte PUs mal am Ende sind beim Drop-Tuning ist z.B. klar. Aber nicht jeder braucht den Ultra-Tighten Sound.)
4. Oberklasse - Haben für die meisten Leute schon alles, was man sich wünscht.
5. Extraklasse - Hier sind schon Sachen verbaut die man gar nicht unbedingt braucht. Z.B. Die Cort X-Custom gegenüber der X-Custom Assassinator. Die Assassinator kostet nochmal 600 € mehr, aber Airbrushs, die Inlays usw. sind nur noch Spielerei. Auch das Original 1000-Floyd ist nur noch eine nette Zugabe.
(6.) Custom - Hier geht es nur noch darum ein
für sich angepasstes Instrument zu haben. In Klammern, weil das eigentlich schon außer der Wertung ist.
So, abschließend noch ein paar Worte:
Ich will hier niemanden angreifen. Ich möchte, das alle innerlich ihre Einschätzung verbessern und objektiver machen. Wenn es darum geht jemanden im Internet zu beraten, helfen subjektive Eindrücke nicht weiter. Hinzu kommt, das oft Dinge gut geredet werden.
Ein Beispiel aus dem realen Leben: Ich hab einen Randall RG50. 500 € China-Röhre. Einer der Verkäufer in meinem Stammladen ist der festen Überzeugung, dass diese Verstärker schlecht sind. Nach dem letzten Röhrenwechsel hat er etwas darauf herumgeklimpert und seine Meinung korrigiert: "So schlecht ist das Ding gar nicht." Ja, er klingt nach Röhre, und man bekommt ordentliche Sound raus, wenn man weis wie. Aber was man erst mit der Zeit lernt: Die Röhren altern schnell, der Clean-kanal ist zu leise, die Röhrensockel sind nur auf die Platine gelötet (mit daran hängenden Röhren!!!!), er hat zu viele Höhen und matscht wenn man den Gain aufdreht. An der 4x12'er im Laden war erwirklich geil, aber wer schließt ein 500 € Top an eine Engl XXL 4x12? Keiner. Außer man hat so eine grade rumstehen.
Natürlich kam dann, nachdem ich meine Leidengeschichte erzählt hab, ein "Hmm stimmt. Kann man sich aber auch denken." Man sieht: Selbst Erfahrende Klampfer lassen sich gern vom schnellen Eindruck täuschen.
So, das war mein heutige Vortrag über Ojektivitismus (?). Das nächste Mal reden wird über die Wandstärke von Seifenblasen. Und jetzt das Wetter.