Teufel an der Wand

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Moin ihr Lieben,

Ich weiß nicht, wie es euch geht angesichts der momentanen Weltlage.
Mir geht es nicht so besonders und wie so oft schreibe ich mir das von der Seele.
Dabei geht mir immer wieder ein altes Gedicht (1984) von Heinz Rudolf Kunze durch den Kopf.
Vor allem der Schluss hat mir immer viel bedeutet.

Im Angesicht des Grauens
die Stimme des Vertrauens
zu wählen, ist Verbrechen.
Zur Not singt harte Lieder.
Danach erst laßt je wieder
uns von den Blumen sprechen.


Also ein hartes Lied. Ich freue mich über Feedback. Und mich interessiert, ob ihr diese Stimmungslage kennt. Und was euch dann hilft..

Éinen lieben Gruß

Die Mama

( P.S.Einer der wenigen Texte, die ich in einer Session geschrieben habe. Quasi ohne Absetzen des Stiftes. Vielleicht interessant ?)


Teufel an der Wand


Bald kriegen wir Seniorenteller,
bald kriegen wir ihn nicht mehr hoch.
Unser Herz schlägt immer schneller,
denken wir an unseren Tod.

Vögel ziehen in den Süden ,
Menschen ziehen in den Krieg.
Weil sie sich gern selbst belügen,
glauben sie fest an den Sieg.

Doch wir werden uns verlieren
und der Welt ist es egal.
Unser Strampeln und agieren
ist bedeutungsvoll banal.


Und der Winter wird kalt,
und der Winter wird lang.
Und der Schatten des Krieges
malt den Teufel an die Wand.


Ich wüsste so gern einen Ausweg,
doch ich weiß nicht mal, wo ich bin.
Gestern war ich neu geboren
und heute such ich nach dem Sinn.

Sind wir alle nur Kulisse,
in diesem Film, der Leben heißt?
Es gibt nichts mehr zu vermissen,
wenn dir dein roter Faden reißt.

Ja, wir werden uns verlieren
und der Welt ist es egal.
Unser Strampeln und agieren
ist bedeutungsvoll banal.


Und der Winter wird kalt,
und der Winter wird lang.
Und der Schatten des Krieges
malt den Teufel an die Wand.


Bilderfluten schon sein Stunden,
ich lieg still in meinem Blut.
Man leckt so lang seine Wunden,
wie man glaubt, es wird noch gut.

Und der Winter wird kalt,
und der Winter wird lang.
Und der Schatten des Krieges
malt den Teufel an die Wand.
 
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lieber Mama,

ich kenne dieses schöne Gefühl, schreiben zu können, ohne absetzen zu müssen. Ich verstehe auch absolut den Drang, so einen Frischling ungeschminkt der Welt präsentieren zu wollen. Das verstehe ich nur zu gut. - Da dieser Text nicht von mir ist… bin ich als Leser allerdings leider früher , hartnäckiger und wankelmütiger am Boden.;)

Natürlich empfinde ich vieles, was hier phantasievoll erzählt wird, auf meine Art sehr ähnlich! Doch mein Wankelmut sagt mir plötzlich, dass er mehr „ Vögel ziehen in den Süden“‘-Verse lesen möchte…

Oder ist das gar kein Wankelmut sondern der Test pure Lebenslust? Wo aber ist hier dein herzliches Lachen, mit dem du meist mehr als die Hälfte unserer schönen Telefonate füllst?

Es ist garantiert nicht verschwunden! ;) Aber das Crux des blitzschnellen Schreibens ist, dass Talente wie Du leider mit dem Text fertig sein können, ehe sich die Wolke verziehen konnte, unter welcher der recht graue Text entstand. Man kann dem verhangenen Himmel natürlich niemals entkommen, aber selbst in diesiger Luft bleibt doch viel Schönes noch schön. Oder wird gar im düsteren Licht noch schöner?

Und was ist mit dem Schrecklichen? - Je heller der Hintergrund, umso wirkungsvoller meist die Blut-Tropfen im Vordergrund. Oder?

Lg
 
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Hi lieber Jongleur,

Ich höre in deinen Worten, das du dich gut einfühlen kannst in meine Schreibsituation. Das tut gut. :heartbeat:
Ja, es ist ein Frischling. Und ich weiß noch gar nicht, ob er so bleibt.
Es kann gut sein, das da noch Lichtflecken dazu kommen. Kontraste geben ja Tiefenschärfe .
Ich freue mich im Moment daran, das ich Texte tatsächlich etwas roher, ungelenker oder besser gesagt unbehauener, erstmal los lassen kann.
Und mich viel schneller an die Musik wage. Ich habe den Song schon als Skizze vertont, ich wusste ziemlich genau, was mir vorschwebte. In Open D .
Das feier ich gerade.
Und er berührt mich beim Singen. Das habe ich nicht so oft. Vor allem nicht so auf Anhieb. Aber mal schauen. Ist ja auch manchmal dem Adrenalin bei dem kreativen Akt geschuldet.
Was für mich bedeutsam ist : Irgendwas wird anders beim Schreiben. Ich glaube ja, das es mit meinen gewachsenen musikalischen Fähigkeiten zu tun hat. Ich fange an, Songs zu schreiben und nicht mehr in erster Linie einen Songtext.
Und das mit fast 60.
Klar, habe ich auch früher Songs geschrieben. Aber eigentlich doch mehr Musik zu meinen Texten gemacht. Und das ist doch ein Unterschied. Habe ich früher nicht wirklich wahrgenommen.😀

Der Songs hat mich übrigens beim Schreiben begleitet


View: https://youtu.be/qCrm40r9aWU?si=Ph-3iLPehH4ffWsf


Einen lieben Gruß
 
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Ich höre in deinen Worten, das du dich gut einfühlen kannst in meine Schreibsituation. Das tut gut. :heartbeat:
Was denkst du warum wir beim Telefonieren so oft lachen. Weil es für uns so gut wie keinen Grund zum Streiten gibt. ;)
Ich freue mich im Moment daran, das ich Texte tatsächlich etwas roher, ungelenker oder besser gesagt unbehauener, erstmal los lassen kann.
Kann ich mir vorstellen! Lass mich mal raten: Weil gerade eine ungelenke Zeile plötzlich einen überraschenden musikalische Einfall wecken kann.Manchmal komponiert man sie tatsächlich, manchmal reicht allein ein Hauch von Rhythmus und Harmonik und schon ändert sich die formale Struktur des Textes und geht mitten im Texten andere Wege.

Wenn man zu lange auf fremde Musik schreibt, wird man auf tröge Weise elegant! Wenn man sich selber lauschen darf, wird diese Falle wieder durchlässiger.

Wenn ich bei Dir unreine Reime sehe, freue ich mich für dich. Das klingt nach entspannten Schreib-Fieber.
Ich wüsste so gern einen Ausweg,
doch ich weiß nicht mal, wo ich bin.
Gestern war ich neu geboren
und heute such ich nach dem Sinn.
Bald kriegen wir Seniorenteller,
bald kriegen wir ihn nicht mehr hoch.
Unser Herz schlägt immer schneller,
denken wir an unseren Tod.

Ja. Das verstehe ich sofort. Man hat auf einmal das Gefühl, plötzlich völlig Unverbrauchtes zu spielen. Und dieses Gefühl färbt auch sofort auf das Texten ab.

Ging mir übrigens einst bei Joni Mitchell so. Zuerst faszinierte mich ihre offenen Akkorde und ihre ungewöhnlichen Rhythmen. Und als ich dann ihre Texte las, fand ich plötzlich eine neue Welt des Erzählens. Vielleicht waren die frischen Bilder in mir von ihrer offenen Stimmung gepriemt. in ihr, in mir, in der halben Welt! ;)
 
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Der Test passt sehr zur aktuellen Lage (und der Einfluss vom "Provinz"-Lied ist gut zu erkennen, nachdem ich das gehört habe).


Ich finde gerade die Strophen und die Bridge haben unendlich viel Kraft.
Beim Refrain verliert der Text etwas Kraft - die Redewendung "den Teufel an die Wand malen" habe ich immer so verstanden, dass jemand etwas übertrieben negativ sieht, aus einer kleinen Gefahr ein Riesending macht. Das passt hier aus meiner Sicht nicht so gut, denn es ist doch gerad alles tatsächlich richtig übel.

Wenn im Text die Heftigkeit der Lage genannt werden soll, vielleicht in diese Richtung entwickeln?

und der Teufel der Kriege
scheut sich nicht mehr davor
vor dem Schuss in die Wiege
und dem schlimmsten Terror
 
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@Frank_de_Blijen

Diese Frage hat mich beim schreiben auch beschäftigt.👍 Ich wollte aber auf keinen Fall dramatisieren, es ist, wie du ja sagst, alles heftig genug. Aber auch nicht untertreiben. Und ein gängiges Bild verwenden. Was auch kraftvoll ist.
Gerade beim Singen ist es das. Und es ist eine gute Hook.
Mittlerweile hab ich es einigen vorgesungen und gerade die Zeile scheint hängen zu bleiben.
Ich hoffe, das ich es demnächst mal als Skizze aufnehme.
 
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Ich finde gerade die Strophen und die Bridge haben unendlich viel Kraft.
Beim Refrain verliert der Text etwas Kraft - die Redewendung "den Teufel an die Wand malen…“
Genau, eben diese Energie, die die gereihten gradlinigen Aussagen der einzelnen Zeilen haben. Jeder Satz ein Statement.

Vom Sprachrhythmus her gewinnt der Chorus sogar nochmal an Intensität, weil auch die erste Zeile eine betonte Endsilbe bekommt. Sehr gut!

Das Fragezeichen bei der Nutzung der Teufels-Redewendung seh ich auch.
Und der Winter wird kalt,
und der Winter wird lang.
Und der Schatten des Krieges
malt den Teufel an die Wand.
Hier könnte man ein paar Varianten probieren.

- man kann auf das Wort Krieg verzichten und wegen des Reimes die ersten beiden Zeilen tauschen

Und der Winter wird lang
und der Winter wird kalt
Und auf den verkohlten Wänden
ist der Teufel angemalt

- man kann auf das „malen“ verzichten. Der Hörer hat es sowieso im Kopf

…Winter wird lang
Und das Schattenspiel des Krieges
zeigt den Teufel an der Wand

oder

…Winter wird lang
Und im Schattenspiel des Krieges
tanzt der Teufel an der Wand

Dies mätscht (Neudeutsch) dann auch mit dem Songtitel.
Teufel an der Wand

Edit:
Mein Favorit wäre die dritte Variante
 
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