Themen rund ums Gitarrenspiel wirtschaftswissenschaftlich reinterpretiert

  • Ersteller DieWiedergeburt
  • Erstellt am
:great: Schade! Der Bush war so sympathisch! :D (Beispiel inkongruenten Verhaltens! ;))

Aber im Ernst: ich denke daran liegt es nicht. Eher daran, dass manche Themen mit der Zeit Erosionserscheinungen bekommen oder auch dass er intellektuell zu anspruchsvoll für seichte Board-Unterhaltung ist ...
 
Die optimale Bandgröße und -zusammensetzung

Hier mal ein Thema mit etwas größerem Praxisbezug. Es knüpft zum Teil an die vorherigen Ausführungen von X-Riff an und ist dem hardrockschlumpf gewidmet, der auf das Thema etwas länger als gedacht warten musste.

Eine professionelle Band ist (nicht nur aber auch) ein Zusammenschluss zum Zwecke der Einkommenserzielung. Vor diesem Hintergrund kann man sich dem Problem der optimalen Bandgröße aus zwei Perspektiven annähern, der der Einkommenserzielung/Leistungserstellung und der der Einkommenverteilung.

Perspektive der Einkommensverteilung: Der nach Abdeckung aller sonstigen Kosten erzielte Überschuss (z. B. durch CD-Verkäufe, Auftritte) muss nach irgendeinem Schlüssel auf die Zahl der Mitglieder aufgeteilt zu werden. Unter der Annahme dass, es keinen sachlichen Grund dafür gibt, dass Mehrpersonen-Bands prinzipiell mehr Einkommen erzielen als kleinere Bands gilt hier, dass die Band (also die Zahl der festen Kernmiglieder) so klein wie möglich gehalten werden soll. Im Optimalfall wäre man also Solokünstler.

Ein Beispiel hierfür ist Yngwie Malmsteen, der im Prinzip alles selber macht und nur bei Bedarf für Studioaufnahmen oder Auftritte mal eben ein paar Musiker anheuert.

Gegen große Bands mit gleichberechtigten Mitgliedern spricht - nehmen dem kleiner werdenden Anteil am Residualgewinn - auch der rapide ansteigende Koordinationsaufwand und das höhere Konfliktpotential, da die Gefahr von Grüppchenbildung besteht und bei Entscheidungen im Prinzip jeder jeden blockieren kann. Es ist daher wohl kein Zufall, dass selbst größere Bands immer einen oder zwei Leader aufweisen, die das letzte Wort haben, z. B. Steve Harris bei Maiden, Joey Demaio bei Manowar, Portnoy/Petrucci bei Dream Theater, James Last beim JLO.

Das Extrem der Einmann-Band setzt freilich vorraus, dass man als Einzelner auch in der Lage ist das gewünschte Musik-Produkt herzustellen, was häufig nicht der Fall ist. Oft ist das ganze mehr als die Summe seiner Teil, dh. es existieren Synergieeffekte. Was wäre Lennon ohne Mcartney, Elton John ohne seinen Texter Taupin, Simon ohne Garfunkel, Ulrich ohne Hetfield usw.

Aus der Perspektive der Leistungserstellung gilt deshalb, dass die Kernmitglieder aus den Haupt-Komponisten bestehen sollte. Reine Instrumentalisten zum einspielen o. ä. können besser bedarfsabhängig günstig angemietet werden.

Auffällig ist hier, dass diese Praktik im Bereich der Pop-Musik (Christina Aguilera, Mariah Carey, P. Diddy, ...) sehr dominant ist, während in der Rock- und Metal-Scene auch die Instrumentalisten i.d.R. feste Bandmitglieder sind. Über die Gründe müsste ich erst noch nachdenken.

Unterhalb des professionellen Levels ist es günstig wenn die Bandmitglieder möglichst verschiede und zugleiche Bandrelevante Human-, Sozial- und Sachkapitalien einbringen können. Zum Beispiel

- Sachkapital: Besitz eines Vans oder einer PA (man kann oft in Interviews lesen, dass bestimmte Musiker nur in Bands reingekommen sind, weil sie was entsprechendes besessen haben),
- Sozialkapital: Kontakte zu örtlichen Veranstaltern, befreundeten Bands, usw.
- Humankapital: Ahnung von Marketing, technisches Know-How, kommunikative Fähigkeiten, usw.

Diese Zusatzqualifikationen sind vor allem in den Anfängen von ambitionierten Bands bares Geld Wert und können den Ausschlag geben, ob man bei gegebenem musikalischen Potential, ("nur") lokale, nationale oder internationale Berühmtheit erlangt. Wie an anderer Stelle erwähnt kann man sich unabhängig von der musikalischen Leistung auch auf der Business-Seite ne Menge verbauen.

PS: Ich bitte um kurze Rückmeldung, ob das hier noch irgendwen interessiert.
 
Ich bin [im Moment] stiller Mitleser.

Wenn Du auf die Hits schaust, siehst Du, wie oft der Thread aufgerufen wird.

Greetz relact
 
Das freut mich, relact, immerhin einer... ;-)

Es ist zwar so, dass ich diese geistigen Ergüsse AUCH für mich, quasi zur "Übung", schreibe, aber mit ein wenig Input von außen, egal in welcher Form, wird die Sache ERHEBLICH motivierender für mich.

Mir ist im Rückblick z.B. aufgefallen, dass es bisher kaum inhaltliche Kritik gegeben hat. Die ist durchaus erwünscht und angebracht, wenn Themen unverständlich, unvollständig oder sachlich inkorrekt abgehandelt wurden. Also, liebe Mitleser, haltet euch nicht hinterm Berg mit eurer Meinung!
 
Ich verweise an dieser Stelle einmal alle Interessierten auf meinen neuen Thread, der versucht Musiker-relevante Themen aus Sicht psychologischer und soziologischer Theorien zu interpretieren.

https://www.musiker-board.de/vb/mus...-psychologischer-perspektive.html#post3506346

Momentan sammle ich noch interessante Themen für den Thread, wenn ihr also Vorschläge oder Wünsche habt, meldet euch einfach kurz bei mir!
 
Warum sich die Musikpiraterie nicht eindämmen lässt - eine Modellrechnung

Ich gebe hier eine rein ökonomische Begründung, warum für die Musik-Raubloader die Kosten-Nutzen-Rechnung praktisch immer aufgeht! Die Argumentation ist direkt (mit etwas anderen Zahlen) übertragbar auf den Bereich Filmdownloads und Softwaredownloads.

Die Nutzenberechnung läuft mit geschätzten, aber nicht gänzlich unplausiblen Zahlen so:

Bruttonutzen einer gesaugten CD = ca. 15 EUR (das Geld wird eingespart!)
Chance des Erwischtwerdens = ca. 1:10000
Schadensersatz falls erwischt = ca. 10.000 EUR
Erwarteter Schaden = Schadensersatz x Schadenswahrscheinlichkeit= 1/10000 x 10000EUR= 1EUR
Nettonutzen = Bruttonutzen - erwarteter Schaden = 15EUR - 1EUR = 14 EUR

Ggf. ist noch für Personen, die risikoadvers sind (also Angst vorm erwischt werden haben) ein zusätzlicher Risikoabschlag vom Nettonutzen abzuziehen. In diesem Fall müsste er mindestens 14 EUR betragen, um die Person vom downloaden abzuhalten.

Am Ende gilt: Solange der Nettonutzen positiv ist, gibt es für die individuelle Person rein ökonisch einen Anreiz illegal downzuloaden. Der amoralische homo oeconomicus lädt also immer down.

Damit dies nicht mehr der Fall ist müsste folgendes eintreten:
- Chance des Erwischtwerdens muss rapide ansteigen und /oder
- Die Schadensersatzzahlungen müssen rapide ansteigen und/oder
- Die CDs müssten so billig werden, bis sich der Nettonutzen des Ladens auf 0 verringert.

Da die Musikindustrie diese Zusammenhänge genau kennt und bemerkt hat, das sich das ökonomische Anreizgefüge für sie ungünstig darstellt hat sie

Gegenstrategien auf anderen Felde eingeleitet:

- Die Moralschiene: Menschen sind keine homo oeconomicüsse, sondern handeln auch aufgrund moralischer Wertmaßstäbe. Kampagnen wie "Raubkopierer sind Verbrecher" zielen genau auf Einstellungsänderungen und Sensibilisierungen in diesem Bereich ab.
- Vom Produkt (CD) zur Dienstleistung (Live): Da die Musikverteilung per Internet schlecht zu kontrollieren ist (Vollzugsdefizit), muss jetzt vermehrt das Produkt Live-Musik als Einnahmequelle herhalten.
- Zusatznutzen zur CD: CDs enthalten nun immer mehr Zusatzleistungen, wie DVDs, Codes für spezielle Internetseiten, o. ä. da klar ist, dass die Musik alleine immer weniger Leute zum Kauf veranlasst.



PS: Liest hier eigentlich noch jemand mit?
Eine interessante Idee, mit wohl auch nicht komplett aus der Luft gegriffenen Zahlen.
Jedoch würde mich zuerst mal interessieren, wo du die Zahl der Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, her hast.
Und zwei markante Denkfehler sind aus ökonomischer Sicht vorhanden:

1. Das Geld für eine nichtverkaufte CD wird vom User nicht eingespart, die daraus entstehende Zahl und auch der damit bezifferte Schaden der Musikindustrie ist utopisch, ich bringe mal ein etwas übertriebenes Gegenbeispiel:
jeder durchschnittliche User können im Monat ca. zwischen 100-500 Alben problemlos herunterladen, ohne zwingendermaßen den kompletten Tag vor dem Rechner zu verbringen.
Es gibt zB. diverse Komplettsammlungen von Bands, sog. Diskographien in einem File. Bedeutet, ich kann mir jeden zweiten Tag 5-10 Bands aussuchen, anfangen, die komplette Diskographie von vielleicht insgesamt jeweils 30-80 CD's herunterladen und peu á peu über den Monat vielleicht ein Zehntel schaffen.

Dieses Geld von ca. 700-1500€ pro Monat könnte die Musikindustrie nie von mir als Durchschnittsverdiener erwarten, bedeutet, eine downgeloadete CD mit einer nichtverkauften gleichzusetzen und damit einen Schaden zu beziffern, ist völlig realitätsfern und dient lediglich der Kriminalisierung eines womöglich gar nicht so schwerwiegendem Schaden. Das die Zahlen der Musikindustrie in den Keller gehen, mag durchaus an der Piraterie liegen, aber es gibt dazu noch völlig aus der Luft gegriffene Milchmädchenrechnungen, um die Sache noch stärker zu dramatisieren und bei Fiskus und Judikative Handlungsbedarf zu erzeugen.

2. Mir erschließt sich allerdings nicht deine Rechnung, bei der du die Strafe von 10.000 € durch die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, teilst. Zum einen ist das Äpfel mit Reiszwecken vergleichen und zum anderen ebenfalls fern der Realität. Denn: Wenn ich nur eine CD herunterlade, sinkt die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, rapide. Es werden ausserdem zum Großteil nur die Uploader verfolgt, und wenn ich als Downloader ins Visier gerate, dann werden sicherlich mehr als eine illegal erworbene CD auf meinem Rechner gefunden. Und dann muss ich schließlich für jede CD Schadensersatz zahlen, der Schaden ist für mich wesentlich höher, auch wenn nur 1000€ fällig werden und ich muss die Summe komplett auf einmal aufbringen, was mich natürlich praktisch in eine ziemlich unangenehme Situation bringt.

P.S.: Guck dir mal meinen Kurzfilm in meiner Sig an, könnte dich vielleicht zu dem Thema interessieren. :)
 
Die Wahrscheinlichkeit des Erwischtwerdens habe ich einfach geschätzt, dh. ausgedacht ;-). So richtig viele scheint es ja nicht zu erwischen. Damit sich das Downloaden - unter meinen Annahmen - nicht mehr lohnt müssten sie schon mehr als jeden 150sten Downloader erwischen, was ziemlich unrealistisch ist.

zu deinem 1. Einwand: Dein Argument ist in sich richtig, jedoch hier nicht anwendbar: Ich berechne nicht den Schaden der Musikindustrie, sondern den Nutzen aus Konsumentensicht. Das sind zwei Dinge, die man trennen muss.
Für den Schaden der Musikindustrie ist es in der Tat so, wie du sagst: Er wird regelmäßig überschätzt, weil nur ein Bruchteil derjenigen, die illegal downloaden die Musik auch kaufen würden, wenn sie sich wirksam gegen illegale Downloads schützen ließe. Ökonomisch heißt das, dass nur ein Teil der durch illegale Downloads ausgedrückten Nachfrage auch mit tatsächlicher Kaufkraft ausgestattet ist.

zu deinem 2. Einwand: Ich teile nicht! Sondern ich berechne den sog. Erwartungswert (Schadenswahrscheinlichkeit MAL Schadenshöhe). Sinngemäß gibt der Erwartungswert an, mit welche Schadensersatzzahlung man bei unendlicher Wiederholung des Vorgangs durchschnittlich rechnen müsste. Ein rationaler Downloader, der keine Angst vorm Risiko hat, würde diese Maßzahl zur Grundlage seiner Entscheidung machen, ob er raubsaugt oder es lässt.

Den Fall den du beschreibst, enthält zum einen eine funktionale Abhängigkeit der Schadenswahrscheinlichkeit von der Anzahl der Downloads und er beschreibt das Verhalten eines risikoadversen Akteurs (im Gegensatz zu meinem risikoneutralen), der die Wahhrscheinlichkeit erwischt zu werden sehr hoch gewichtet und für den deshalb der zu erwartende Schaden höher ausfällt. Diese Annahmen sind plausibel und realitätsnäher als die meinigen. Meine Darstellung entspricht hier eher dem modelltheoretisch simpelsten Fall, der möglich ist. Um deine Annahmen abzubilden, müsste man hingegen etwas differenzierter modellieren. Aber auch dann könnte es gut sein, dass der Nettonutzen positiv bleibt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Okay, aber nochmal zu 1.
Der Fall liegt doch für den User genauso und kann nur zusammen mit der ihm möglichen Downloadmenge in Relation gesetzt werden. Schließlich spart er nicht 700,- ein, da er dieses Geld sonst nicht ausgeben würde, da schlicht nicht vorhanden. Es beschränkt sich dann natürlich nur noch auf den wesentlich theoretischeren Wert des geldwerten Vorteils, der durchaus von juristischer Relevanz sein kann, nicht jedoch in Zusammenhang mit minimierterem Schaden, der mit einer geringen Wahrscheinlichkeit in Zusammenhang gebracht wird.
 
Meine Formulierung "er spart das Geld ein" ist hier zugegebenermaßen etwas unglücklich und führt wenn man sie wörtlich nimmt zu genau den Einwänden mit denen du mich gerade konfrontierst. Korrekterweise müsste ich sagen: Er zieht aus dem Download einen subjektiven Nutzen, der - wenn ich ihn in Geldeinheiten bewerte - äquivalent ist zu 15 EUR. Diesen subjektiven Nutzen zieht er - leicht vereinfachend gesagt - aus jedem Album das er runterlädt, auch wenn er mehr runterlädt, als er real bezahlen könnte.

Darüberhinaus könnte man auch hier deinen Einwand aufgreifen und differenzierter modellieren, so dass der Nutzen den man aus einem Download zieht eine Funktion der Anzahl der Downloads ist. Nämlich dergestalt, dass der Nutzenzuwachs aus jedem weiteren Download abnimmt, bis irgendwann der Punkt erreicht ist, wo sich ein weiterer Download nicht mehr lohnt, weil der Zuwachs bei der erwarteten Schadensersatzzahlung größer ist, als der Nutzenzuwachs aus dem Dowload.
 
Zu der Kostenrechnung:

Ich denke das ist auf keinen Fall der Grund - ich sehe den großen Unterschied im Service.


Auf der einen Seite haben wir CDs die man im Plattenladen kaufen oder mit Wartezeit bestellen muss, die man nicht vollständig vorhören kann (im lauten Plattenladen einmal reinhören ist lange kein Ersatz dafür), die unpraktisch in der Handhabe sind, die teilweise mit Kopierschützen versehen sind die verhindern dass man die Musik auf seinem MP3 Player oder auf seinem Rechner hören kann, die Platz im Regal wegnehmen.

Dagegen hat ein Archiv im Internet das jede Band, jedes Album ohne Einschränkung zur Verfügung stellt, nur zwei Klicks entfernt und sofort zu haben.

Hätte man vor zehn Jahren einmal angefangen ein umfassendes, benutzerfreundliches Musikarchiv aufzubauen mit umfassenden Servicefunktionen wie Radiostationen, Communityfunktionen usw. das gegen Abo (oder einem sonstigen, fairen Bezahlsystem) nutzen kann gäbe es heute kein Filesharing. Wozu auch? Es wäre viel zu umständlich.

Und das wird irgendwann auch passieren, wenn die Industrie irgendwann auf den Trichter kommt mit der Zeit zu gehen oder stirbt und durch andere Unternehmen ersetzt wird.


Illegal ist einfacher und benutzerfreundlicher, das ist in meinen Augen der Hauptgrund für die weitreichende Nutzung von Filesharingnetzen.
Das ist der Punkt an dem man ansetzen müsste, nicht nur die finanzielle Seite, denn so rechnen die wenigsten Musikliebhaber.
 
Im Kern gebe ich dir Recht, ob das Filesharing unterbunden geblieben wäre, wage ich zu bezweifeln.
Allerdings machen Musik und Filmindustrie den großen Fehler, die Filesharer als Kriminelle und nicht als potentielle Kunden zu begreifen, um deren Gunst man in Konkurrenz mit der Filesharingszene treten sollte und eben Anreize zu schaffen, mit denen man am Markt besser überleben kann.
 
Zu der Kostenrechnung:
Ich denke das ist auf keinen Fall der Grund - ich sehe den großen Unterschied im Service.

Auch der Service, die Downloadinfrastruktur, der Angebotsumfang und die Benutzerfreundlichkeit stellen Nutzenkomponenten dar, die man in meine NUTZEN (!)-Rechnung hineininterpretieren kann. Sie heben oder senken den in Geldeinheiten bewerteten Nutzen. Es gut, dass du auf diese Aspekte nochmal ausdrücklich hinweist, sie sind aber mit meiner Rechnung durchaus vereinbar.

M. E. hat die Industrie hat den technologischen Wandel im Bereich der Musikdistribution um ca. 5 Jahre verschlafen. Ich erinnere mich noch an die Napsterzeit: Kommerzielle Downloadportale gabs kaum oder nur in schlechter Qualität, während Napster ein riesiges Angebot bereitstellte, dass schnell und komfortabel abrufbar war. Um da nicht ein bischen was illegal zu saugen musste man sich schon zusammenreißen. Mittlerweile haben die kommerzielen Portale aber deutlich aufgeholt.
 
Mittlerweile haben die kommerzielen Portale aber deutlich aufgeholt.

Sehe ich eigentlich nicht so. Ich hab bis jetzt noch keinen Abo Dienst gesehen der ein vollständiges Sortiment in jedem Land anbieten konnte. Dazu meist schlecht zu bedienen und nicht selten mit DRM verseucht.

5 Jahre ist etwas untertrieben. 10 Jahre kommt eher hin - und um den Markt wirklich zu treiben müsste die Industrie 5 Jahre voraus sein.

Die unvollständigen Sortimente sind wohl in der Rechtslage begründet, aber die komplette Industrie hat ihre überdimensionale politische Macht (man schaue sich die vergleichsweise mickrigen Umsätze im Vergleich zur Größe der Lobby an. Kann sich jemand vorstellen dass sagen wir mal die deutlich größere Folienindustrie so tief in die Gesetzgebung eingreifen kann?) nicht genutzt um daran etwas zu tun - im Gegenteil.


Amazon und Apple sind wohl noch die Besten Vertreter, beide mittlerweile widerwillig DRM frei, aber haben trotzdem vollständig überzogene Preise. Daneben ist die Abrechnung pro Stück sowieso widersinnig. Jede Nutzung in der digitalen Welt ist Kopie, an welcher Stelle des ewig währenden Kopiervorgangs soll ich jetzt genau meine 99 Cent zahlen?
Wie macht man das der Internetgeneration klar, die Information in ihrem Wesen schon längst als solche auffasst und nicht mehr als "irgendwie das gleiche wie eine CD oder ein Buch, nur hier auf dem Computerdingsbums"?
 
[...] die komplette Industrie hat ihre überdimensionale politische Macht (man schaue sich die vergleichsweise mickrigen Umsätze im Vergleich zur Größe der Lobby an. Kann sich jemand vorstellen dass sagen wir mal die deutlich größere Folienindustrie so tief in die Gesetzgebung eingreifen kann?) nicht genutzt um daran etwas zu tun - im Gegenteil.
Hier gibt es einen fundamentalen Unterschied in der Art des hergestellten Produktes: Beim einer (raubkopierbaren) digitalen MP3-Datei handelt es sich um ein sog. öffentliches Gut (KLICK), da aufgrund des anhaltenden Vollzugsdefizits niemand wirksam von der unberechtigten Nutzung ausgeschlossen werden kann (Nicht-Exkludierbarkeit). Außerdem kostet das Vervielfältigen nichts (Nicht-Rivalität im Konsum). Hier stellt sich die Frage, wie unter diesen Bedingungen eine Deckung der Herstellungskosten (des Künstlers) sichergestellt werden kann. Denn werden diese langfristig nicht gedeckt, so wird das Gut "Musik" eben nicht mehr angeboten.

Bei Folien ist dieses Problem nicht in dieser Form vorhanden, dort handelt es sich um ein klassisches privates Gut. Es kann nicht kostenlos vervielfältigt werden und andere können wirksam von unberechtigter Nutzung ausgeschlossen werden. Somit besteht auch kein politischer Handlungsbedarf.


Daneben ist die Abrechnung pro Stück sowieso widersinnig. Jede Nutzung in der digitalen Welt ist Kopie, an welcher Stelle des ewig währenden Kopiervorgangs soll ich jetzt genau meine 99 Cent zahlen?
Das scheint mir eher eine technisch-definitorische (wenn nicht gar philosophische!) Frage zu sein, an welcher technischen Schnittstelle nun die Vervielfältigung "eigentlich" erfolgt. Entscheidend ist halt, dass eine Entlohnung der Leistung an irgendeiner Stelle erfolgen muss, ob per Einzelzahlung oder Kulturflatrate ist demgegenüber zweitrangig.
 
So, heute komme ich mal auf ein seit längerem angenkündigtes Thema zurück, nämlich dem der "Coporate Identity", was gerade im Metalbandsektor eine hohe (kommerzielle) Bedeutung hat.

Definition: Der Grundgedanke des Corporate-Identity-Ansatzes ist, dass nicht nur echte Personen eine einzigartige, wiedererkennbare Identität/Persönlichkeit haben, sondern, dass in Analogie dazu, auch Organisationen jeglicher Art (Firmen, aber eben auch Musikbands) eine unverwechselbare "Persönlichkeit"/CI erwerben können. Damit wandelt sich ihre öffentliche Erscheinung von eine anonymen, abstrakten Instanz unter der man sich nicht so recht was vorstellen kann, zu einem klar konturiertem Image, das man mit der Organisation verbindet. Die CI macht also Bands unabhängig von den einzelnen Mitgliedern "identifizierbar".

Diese Unternehmenspersönlichkeit kann man analytisch in verschiedene Komponenten herunterbrechen, von denen jede einzelne ein Stückchen dazu beiträgt, dass beim Konsumenten/Fan eine einheitlichee Organisationpersönlichkeit wahrgenommen wird. Zu diesen einzelnen Komponenten zählen:

- corporate design (visuelles Erscheinungsbild),
- corporate behaviour (einheitliches Verhalten) und die
- corporate communications (Kommunikationsregelungen).

Konkret geht es also um die eingesetzte(n) Symbolik, Rituale, Verhaltensnormen, materiellen Artefakte, etc. Beispielhaft erläutere ich dies an meinen Lieblingen "Manowar", die ganz gezielt im Laufe ihrer Karriere eine Corporate Identity aufgebaut haben. Zur Einstimmung eine Bildergeschichte der Band, um zu sehen, dass das Image, was die Band heute innehat keineswegs von Beginn an vorhanden war, sondern Schritt für Schritt aufgebaut wurde.

Ganz früh noch ohne Corporate Identity
King20of20Disco.jpg


Etwas später mit beginnender Corporate Identity
Manowar.jpg

manowar.jpg


Mittendrin
Manowar.jpg


Heute
Manowar-band-sp02.jpg


Da hat sich also einiges im Laufe der Zeit getan bei Manowar. Es folgt ein Überblick über zentralen Identitätskomponenten der Band. Ausführliches Bildmaterial an dem man die Aussagen prüfen kann findet sich hier: http://s249.photobucket.com/albums/gg225/metaladje/Manowar/

Symbolik (Artworks auf CDs, Postern, T-Shirts, Videos, Livedeko):
MANOWAR.jpg

Es dominieren Darstellungen von nackten Frauen, muskulösen Kriegermännern, Leder und Felldresse, Eisen und Stahl, Schwerter und Thors Hammer, Götterkult, Elementargewalten (Feuer, Blitz und Donner), in die Höhe gereckte Fäuste. Insgesamt also eine martialische, auf Männlichkeit, Dominanz, Erotik und urgewaltliche Sinneseindrücke abzielende Symbolik mit Anleihen aus dem Mythologie und Fantasybereich (Man beachte hierzu die neue Zusammenarbeit zwischen Manowar und Wolfgang Hohlbein: Asgard Saga http://www.hohlbein.net/de/bg/_main/2009_01.htm)

Rituale (vor allem Live sehr gerne unter Anleitung von Herrn Demaio zelebriert):
http://www.youtube.com/watch?v=SHRLwixVhUg
Kollektives Mänowargepose mit über dem Kopf verschränkten Armen, gemeinsames Singen der Bandhymnen, Fans auf die Bühne holen, Busen entblößen, mit der Harley auf die Bühne fahren, Demaio-Ansprachen um den Zusammenhalt aller Manowarfans zu fördern, Saiten vom Bass reißen, aber auch mittlerweile regelmäßige Fan-Conventions zählen dazu.

Verhaltensnormen (in Gestalt von verbindlichen Sprachregelungen und Selbstdarstellungsregeln für Bandmitglieder): Steter Verweis auf den Kampf für den True Metal, Alles für die Fans tun, Born to drink, rock and fuck. Derartige Ansagen müssen natürich immer mit fest entschlossener Stimme und entsprechend martialischer Gestik vorgetragen werden:

Joey und Eric (glaubwürdige Rollenträger, trotzdem zum Schlapplachen. Jeweils nur ganz kurze Clips, 30-60 Sek.)
http://www.youtube.com/watch?v=cJ9sWHnYG6g&feature=related
http://www.youtube.com/watch?v=0hNEQh50fso&feature=rela
zu geil: Metal Motherfuckers of Deutschland unite!
http://www.youtube.com/watch?v=pkK7BwrTg40&feature=related

Schön zu sehen sind auch die enormen Glaubwürdigkeitskontraste zwischen Eric und Joey auf der einen Seite und Karl Logan (zum Teil auch Scott) bei denen die Manowarrolle extrem aufgesetzt wirkt. Nicht umsonst hat Herr Demaio die beiden daher von der Pressearbeit weitestgehend enthoben (keine Interviews mit den beiden auf Youtube):

Karl Logan (Für mein Empfinden ein unglaubwürdiger Rollenträger, bei dem durch Körpersprache, Mimik, Gestik und Sprechweise deutlich wird, dass er nur sein Sprüchlein aufsagt.)
http://www.youtube.com/watch?v=lzJDgtW34Js
http://www.youtube.com/watch?v=hebJ4vDdhFI&NR=1


Mythen/Geschichten (Transportiert über Texte, Interviews und auch Liveansage): "Ich würde für den Metal sterben", "They tried to put us down, but they will never win", langjährige Selbstinszenierung der Band und der Fans als vereinte "Metal Warriors" oder auch "Warriors of the world united", Lauteste Band in der Welt ("All men play on ten"), "Other bands play, Manowar kill". Übergeordnetes Motiv scheint hier der vehemente Wunsch nach Selbsterhöhung und -Selbstidealisierung zu sein, gekoppelt mit dem Einnehmen einer Märtyrer-Rolle. Manowar haben als einzige den "gerechten Kampf" für den Metal aufgenommen haben und dabei allen Widrigkeiten (Plattenfirmen, Trends, Wimps and Posers) getrotzt - so besagt es zumindest der Bandmythos.

Ergebnis: Den Manowar-Kriegern ist es mit ihrer CI m. E. recht gut gelangen eine treue, zusammenhaltende (und kaufwillige) Fanbase aufzubauen und sich imagemäßig eine eigene Nische zu schaffen. Dass dieses groß angelegte CI-Konzept bei Manowar ganz gewiss die Funktion hat, sich im Aufmerksamkeitswettbewerb des Musikbusiness hervorzutun (wozu Musik alleine nicht [mehr] genügt) brauche ich wohl nicht weiter zu erwähnen. Insofern: Gute Arbeit!

Abschließend mein Bekenntnis: Ja, ich bin Manowarfan!:great:
 
Zuletzt bearbeitet:
mein Gott, bin ich froh , dass ich nicht BWL studiert hab .... :(
wie kann man nur ? .....solch eine emotionale Sache wie Gitarre spielen so ökonomisch nur zerfetzen? :(
 
wie kann man nur ? .....solch eine emotionale Sache wie Gitarre spielen so ökonomisch nur zerfetzen? :(
Wieso?

Dass Manowar und die meisten anderen Bands ihre Masche durchziehen sollte auch dem letzten Vollpfosten irgendwann klar geworden sein. Das ist meiner Meinung nach auch ncihts schlimmes, unterhalten lassen kann ich mich ja trotzdem von dieser Show. Musik und die damit vermittelte Lebens- und Wertvorstellung ist ein Produkt und ich kaufe es gerne.


Oder warum meinst du haben linksradikale Bands so viele Platten verkaufen? Als Antikapitalist ist man auch nur eine weitere Zielgruppe.

Und vor dem Hintergrund ist es nur verständlich dass man da analysiert und um dafür Rückschlüsse für die eigene Band zu ziehen. Von Rammstein bis Kraftwerk (bei denen besonders, wahr Meister im Aufbauen und Bewahren eines Images), von Britney Spears über Tool bis zu Metallica. Ohne das hätte es bei denen allen nicht mit dem Erfolg geklappt.
 
ich kann jetzt nur für mich sprechen, aber ich bin froh , dass ich mein Gitarrenspiel und Songwriting nur von meinen Gefühlen leiten lasse und nicht von Euro- oder Dollarnoten in den Augen
 
Deswegen verdienst du auch kein Geld damit...

...ist auch für Privatmusiker OK so, für Musiker, die im Business Erfolg haben wollen (oder auch nur nicht untergehen wollen) gelten aber andere Regeln. Da werden wie MatthiasT schon sagte Images absichtsvoll geschaffen (z. B. Teenybands, Lordy, Slipknot, Kiss, Alice Cooper) weil sie ein verkaufsfördernder Faktor sind. Auch der vermeintlich so authentische Metalsektor ist davon betroffen, was ich am Beispiel Manowar versucht habe aufzuzeigen. Das hat zudem nicht nur schlechte Seiten: Ich hab schon musikalisch astreine Bands untergehen sehen, weil es mit dem Erfolg einfach nicht klappen wollte, hätten die ein markanteres Image gehabt hätten sich die Erfolgschancen vermutlich erhöht.
 
Deswegen verdienst du auch kein Geld damit...

...ist auch für Privatmusiker OK so, für Musiker, die im Business Erfolg haben wollen (oder auch nur nicht untergehen wollen) gelten aber andere Regeln. Da werden wie MatthiasT schon sagte Images absichtsvoll geschaffen (z. B. Teenybands, Lordy, Slipknot, Kiss, Alice Cooper) weil sie ein verkaufsfördernder Faktor sind. Auch der vermeintlich so authentische Metalsektor ist davon betroffen, was ich am Beispiel Manowar versucht habe aufzuzeigen.

...da ist ja auch das "drumrum" also "Images" wichtiger als die Musik selbst.
 

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