Super,
@Claus. Das sind eine Menge guter Tips. Wenn man den Stoff abarbeitet, sollte man auf jeden Fall eine gute Basis zum Verstehen von Jazz haben und das Handwerkszeug zum Improvisieren.
Wenn man aber, wie ich das aus glombis Post herauslese, gern improvisieren will, finde ich den Weg über all diese Themen zu lang. Dafür braucht man Jahre und hat, wenn man Pech hat, noch keinen Ton frei gespielt.
Drop 2, Upper Structures sind zB fortgeschrittene Themen, die man finde ich sehr viel später erst braucht. Aber du hast das ja sicher auch nicht als "notwendige Voraussetzungen" gemeint. Vielleicht können wir das ja nochmal gruppieren ... Stride zB ist cool, aber dürfte für die meisten Klavierspieler auf dem Level so anspruchsvoll sein, dass sie nicht mehr viel Aufmerksamkeit für rechts übrig haben. Technisch einfache Begleitrhythmen dagegen können sicher inspirierend sein.
Also wie kommt man möglichst schnell zum freien Spielen?
Ich würde die Themen oben durchaus bearbeiten, parallel aber auf _jeden Fall_ schon anfangen mit Improvisieren. Dafür sollte man sich erstmal klar werden,
welche Stilrichtung man möchte. Impro geht ja auch über Volkslieder, Tango oder Fiddle Tunes, die nur drei Harmonien haben. Oder Dixieland, oder Blues - das macht es erstmal einfach, das harmonische Handwerkszeug dafür draufzuhaben. Für Jazz braucht man dafür sicher etwas länger als für Reggae.
Dann würde ich sehr viel von dieser Stilrichtung hören, damit es in Fleisch und Blut übergeht. Richtig eintauchen, dann ist die Chance groß, dass im Kopf Musik entsteht. Als nächsten Schritt tatsächlich, wie
@glombi schreibt, singen - ohne Instrument. Zu bekannten Stücken eine zweite Stimme, zu Harmonien (zB Backing Tracks) halbe Noten, Melodien, ganz viel rumprobieren. Und ohne Instrument, weil man singend keine technischen Hürden hat. Pfeifen geht natürlich auch.
Tatsächlich habe ich manchmal auf ganz gute melodische und rhythmische Ideen im Kopf. Ich bekomme sie nur nicht aufs Klavier umgesetzt.
Da bist Du schon über den Schritt oben hinaus, super.
Am Instrument würde ich es mir erstmal so einfach wie möglich machen und erstmal nur die Melodie mit der rechten Hand spielen. Ein paar Standard-Licks können nicht schaden, zB beim Blues oder Tango lernt man da schnell, die Stilistik gut rüberzubringen. Aber wie Du schreibst, wird man dadurch nicht unbedingt zum guten Improvisateur. (Wobei ein Publikum ja in der Regel nicht merkt, ob es Licks, vorbereitete Soli oder improvisierte Soli sind ... aber Du willst ja spielen, was Dir in den Kopf kommt).
Wichtig finde ich dagegen, das Prinzip guter Melodien zu lernen. Also erstmal Akkordtöne auf die schweren Taktzeiten, Durchgangstöne und Umspielungen auf die leichten. Schau Dir an, wie gute Melodien in Deiner Stilistik aufgebaut sind. Nur als Beispiel, All of me hat am Anfang einfach Dreiklänge abwärts mit ein paar Nebentönen. Versuche sowas auf Deine Akkordfolgen nachzumachen.
Sing also, was Dir einfällt und versuche rechts mitzuspielen. Kleinere Intervalle wie Sekunden und Terzen triffst du bestimmt auf Anhieb, wenn Du die Tonart kennst. Orientier Dich ruhig erstmal an Akkorden, die Du kennst, spiel in C-Dur und A-Moll, und nutze einfache Akkordprogressionen von Stücken, die Du gut kennst. Es können auch gern Tonwiederholungen sein, die rhythmisch interessant sind. Einfache Strukturen mit rhythmischen Varianten, Verschiebungen - man muss nicht immer Skalen hoch und runter juchteln, wie Du schon schreibst, ist der Rhythmus extrem wichtig, um zu strukturieren.
Klappt das einigermaßen, dann spiel links den Bass dazu. Oder auch Akkorde.
Wie das in youtube-Kanälen umgesetzt ist, kann Claus sicher besser beurteilen. Christian Fuchs zB hat super Inhalte, ich blicke nur nicht durch, wie er das strukturiert.
Machen muss man natürlich trotzdem selbst. Impro lernen ist viel rumprobieren, aber es macht von Anfang an Spaß