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Veröffentlichung eines Jazzstandards immer Bearbeitung - kein Cover?

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Mal an die Jazzmusiker hier:

ich habe gerade ein neues Album aufgenommen und darauf sollen neben hauptsächlich eigenen Stücken auch zwei Jazzstandards. Auf meinen bisherigen Alben hatte ich ausschliesslich eigene Stücke, daher musste ich mich mit so etwas zum Glück nie befassen. Nun bin ich mit den zwei Verlagen der Songs in Korrespondenz, die die Urheberrechte dieser Songs vertreten und versuche die Genehmigung zur Veröffentlichung einzuholen.

Die meisten Jazzstandards sind im Original ja eher selten wirkliche Jazzkompositionen, sondern entstammen oft Filmmusiken oder Musicals, man spricht ja nicht umsonst von Musicalstandards. Jazztypisch ist, das man dem betreffenden Song seine eigene Perönlichkeit und eigene Note, durch spezielle Reharmonisierung, spezielle Grooves, etc. verleiht. Auch Stilimmanent im Genre Jazz sind Improvisationen. Diese fügen nach meinem Verständnis damit der Originalkomposition automatisch etwas hinzu. Ist das also in jedem Fall rechtlich eine neue Bearbeitung?

In einem Formular (Sony Music) soll ich meiner Version nun einen neuen Titel oder Titelzusatz geben, wenn es eine Bearbeitung ist. Wenn es ein 1:1 Cover ist, entfällt dieser Eintrag. Die Vergabe eines neuen Titels oder Titelzusatzes ist aber doch absolut unüblich, wenn ich an die Millionen veröffentlichten Jazzstandards berühmter Interpreten denke. Es ist ja gerade der Witz an der Sache, einen Titel in verschiedenen Interpretationen (Bearbeitungen) verschiedener Künstler zu vergleichen. Im Netz finde ich zum Thema Bearbeitung/Cover unzählige Fälle aus der Popmusik aber überhaupt nichts aus dem Jazzbereich.

Es gibt doch wirklich Millionen von Aufnahmen von Jazzcover/-Bearbeitungen, Standards, die keine Zusatztitel aufführen. Ist das einfach Grauzone und niemand macht sich da die Mühe und hofft, dass es da keine Probleme gibt?


P.S. Ursprünglich hatte ich auch eine McCartney Nummer aufgenommen. Nach Anfrage gestattet aber Sony, die die Verlagsrechte dafür hat, wohl seit längerem keine Bearbeitungen mehr und als 1:1 Cover geht meine Version vermutlich nicht durch. Deshalb kommt dieser Track nun leider nicht auf mein Album
 
Eigenschaft
 
Es gibt doch wirklich Millionen von Aufnahmen von Jazzcover/-Bearbeitungen, Standards, die keine Zusatztitel aufführen. Ist das einfach Grauzone und niemand macht sich da die Mühe und hofft, dass es da keine Probleme gibt?
Als Erklärungsversuch vom juristischen Laien, einmal anders herum betrachtet. Sony versucht offenbar, neben dem Erzielen eigener Einkünfte, berechtigte geldwerte Vorteile an die Urheber oder deren Rechtsnachvolger, wie etwa Erben, weiterzuleiten.

Das zu beurteilen, hängt, wie immer, am Einzelfall. Da Jazz eher keine typisch deutsche Stilrichtung ist, wird man international gucken müssen, mit den begleitenden Verwicklungen. Daher vermutlich die Fragen nach Titel usw.

Auch das Problem der sog. Miturheberschaft (Deine) könnte songweise bestehen ...

sollen neben hauptsächlich eigenen Stücken
Und da wäre dann dieselbe Situation nur anders herum. Schlägt Dein Album ein und möchten Viele Deine Stücke komplett oder auszugsweise nachspielen, freust Du Dich vielleicht auch einmal über den einen oder anderen Eurocent ;)
 
Schlägt Dein Album ein
Jazz-Alben schlagen in der Regel nicht ein, ist ja in der Regel eher Kunst und oft Instrumental
berechtigte geldwerte Vorteile an die Urheber oder deren Rechtsnachvolger, wie etwa Erben, weiterzuleiten.
finde ich absolut gut und unterstützenswert. Mir gehts nur drum, das überhaupt veröffentlichen zu dürfen.
Eine eigene Interprätation eines bekannten Standards ist ja bei vielen Jazzern, neben den eigenen Kompositionen eine Art Vistitenkarte. So viele der ganz großen Vorbilder haben auch ein Standard-Album gemacht (ohne Titelzusätze etc.) Bei meinem ersten Album wurde ich z.B. von einem Kritiker gefragt, warum ich kein Standard darauf hätte, das wäre doch so üblich. (Antwort: habe zu viele eigene Sachen)
 
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Ich denke, unterm Strich wirst Du wohl echten jurustischen Rat einholen müssen. Es kommt ja auf den Einzelfall an. Ist leider nicht so vorhersehbar, verallgemeinerbar, übertragbar wie in der Mathematik oder vielen Naturwissenschaften ...
 
Mal 'ne dumme Frage - was sagt denn die GEMA dazu? Wikipedia sagt in https://de.wikipedia.org/wiki/Coverversion folgendes:

"War das Original veröffentlicht und bei einer Verwertungsgesellschaft (in Deutschland: GEMA) registriert, ist kein Einverständnis des Urhebers des Originals erforderlich; die Anmeldung der wiedergegebenen Coverversion bei der Verwertungsgesellschaft genügt."
 
Von der Beantwortung solcher Fragen leben wahrscheinlich nicht wenige Juristen! Dieses Forum dürfte damit überfordert sein, auch, aber nicht nur, wegen fehlender Hörproben.

Die zustimmungsfrei verwertbare freie Benutzung ist somit im Musikbereich insgesamt sehr begrenzt. In aller Regel wird die Veröffentlichung und Verwertung einer Bearbeitung, eines Arrangements oder einer Coverversion nur mit Zustimmung des Urhebers möglich sein.

https://themen.miz.org/urheberrecht/musik-verwenden-bearbeiten-und-aufnehmen
 
nach meinem Verständnis
Ich fürchte, es ist irrelevant, ob wir Dein Verständnis teilen. Im Zweifelsfall - das, was Du mit "Grauzone" ansprichst - könntest Du auf der einen und eine international tätige und erfahrene Anwaltskanzlei auf der anderen Seite stehen. Es sei denn, Du schaffst es irgendwie, dass Deine Bearbeitung abgesegnet wird.
 
unterm Strich wirst Du wohl echten jurustischen Rat einholen müssen.
das würde mein Budget sprengen (da läge ich ungefähr nochmal beim gleichen Betrag wie die Pressung), da verzichte ich lieber auf fremde Kompositionen und mach ausschliesslich wieder meinen eigenen Kram.
Es sei denn, Du schaffst es irgendwie, dass Deine Bearbeitung abgesegnet wird.
etwas anderes wird mir jetzt, da ich die Büchse der Pandora geöffnet habe nicht übrig bleiben oder eben die fertige Aufnahme nicht aufs Album zu machen.

ich fürchte, es ist irrelevant, ob wir Dein Verständnis teilen. Im Zweifelsfall - das, was Du mit "Grauzone" ansprichst - könntest Du auf der einen und eine international tätige und erfahrene Anwaltskanzlei auf der anderen Seite stehen. Es sei denn, Du schaffst es irgendwie, dass Deine Bearbeitung abgesegnet wird.
Genauso ist es. Ich frage mich, wer die Veröffentlichungs- bzw. Bearbeitungsgenehmigung bei Jazzstandards überhaupt einholt. Ich weiß von vielen altgedienten Kollegen, die schon zahllose Alben herausgebracht haben, dass sie es lediglich bei einer korrekten Gema-Meldung belassen haben. In einem Fall weiß ich davon, dass die Genehmigung vom Verlag eingeholt wurde und dass es da mit einer kurzen formlosen und freundlichen korrespondenz getan war.
Ich kann jetzt aus eigener Erfahrung sagen, dass man als nicht großartig bekannter Musiker, besser keine Standards aufnimmt, für die die Sony die Verlagsrechte hat oder zumindest die Anfrage stellt, bevor man aufnimmt (meine Doofheit)

Hier ein kleiner Vorgeschmack:

Betreff:Bearbeitungsanfrage “Never Let Me Go” (Evans/Livingston)

Sehr geehrter Herr XXXXXXXX,
wir bestätigen, dass uns von Ihnen ein Angebot gemacht wurde, die Genehmigung für die Veröffentlichung des o.g. Werkes in einer Bearbeitung zu erteilen.
Hierfür müssen wir zunächst die Zustimmung der Originalberechtigten einholen.

Die Genehmigung wird auch im Falle der Zustimmung der Originalberechtigten nur unter folgenden Bedingungen erteilt werden:


1.Der Texter/Bearbeiter kann in keiner Form im Sinne des GEMA-Verteilungsplanes beteiligt werden und somit nur Ansprüche seinem Auftraggeber gegenüber geltend machen. Die Rechte an dem neuen Text, der Bearbeitung und allen daraus entstehenden Remixen gehen zu 100% in das Eigentum der Sony Music Publishing (Germany) GmbH über.


2. Bei einer Veröffentlichung dieser Version in den USA wird eine noch festzulegende Vorauszahlung fällig, die verrechenbar gegen die mechanischen Lizenzen ist.


3.Das Genehmigungsverfahren kann erst dann endgültig eingeleitet werden, wenn uns dieses Schreiben 30 Tage nach Erhalt gegengezeichnet wieder vorliegt und die im Anhang befindliche Liste lückenlos ausgefüllt zurückgeschickt wurde.


4.Nach Erhalt der Zustimmung der Originalberechtigten werden wir umgehend die entsprechenden Bedingungen über die Nutzung des o.g. Werkes an Sie übersenden. Erst nach Erhalt Ihres schriftlichen Einverständnisses mit unseren Bedingungen, gilt die Genehmigung als erteilt.
Rein vorsorglich weisen wir Sie darauf hin, dass bis zur Erteilung unserer Genehmigung eine Nutzung des Werkes unsere Rechte verletzen würde, und wir gegen eine solche unberechtigte Nutzung entsprechend vorgehen müssten.
Sie verpflichten sich insofern, eine ungenehmigte Nutzung des o.g. Werkes zu unterlassen.
Zum Zeichen Ihres Einverständnisses mit dem Vorstehenden bitten wir Sie, dieses Schreiben an uns mit der Unterschrift des Bearbeiters zurück zu senden.


Mit freundlichen Grüßen


SONY MUSIC PUBLISHING (GERMANY) GMBH

hierauf folgt noch eine lange Tabelle, wo ich dann unter anderem dem Werk einen neuen Titel oder Titelzusatz geben soll, falls es sich um eine Bearbeitung handelt. Der Betreff ist aber schon "Bearbeitungsanfrage" insofern scheint das ja schon geklärt. Punkt 1 ist ja sowieso völlig unstrittig und völlig OK. Interessant wirds bei Punkt 2. Eine Veröffentlichung in den USA würde ich natürlich dann ausschliessen aber letztlich soll ich etwas unterschreiben und die Kosten werden danach festgelegt, das kann ja wohl nicht sein. 3. heißt das wird dann vermutlich dauern. 4.Da bin ja mal auf die Bedingungen gespannt. Auf mehrfache Rückfrage habe ich leider bisher keine Antwort auf meine Fragen bekommen und ohne diese möchte ich das eben nicht unterschreiben bzw. ausfüllen. Das heißt vermutlich "nimms oder lass es".

Das Album ist jetzt fast seit einem Monat fertig und wartet eigentlich nur noch auf diese Genehmigungen und ich fürchte das könnte echt noch dauern. Beim zweiten nicht eigenen Stück handelt es sich um die Horace Silver Nummer, "Sister Sadie" für die Kabalt-Musik die Verlagsrechte hat. Die Nummer ist eigentlich schon weit weg vom Original. Komplett anderer Groove, keine Breaks, andere Tonart, A-Teil stark verändert, B-Teil-Melodie komplett anders. Ich hatte sie erst vermeintlich selber geschrieben, bis mir auffiehl, dass ich da aus der Erinnerung doch einiges übernommen hatte und es sich bei den ersten prägenden 2 Takten und der Form komplett um Sister Sadie handelt obwohl diese Bluesphrase auch unter Public Domain fallen könnte. Ich wollte mich nicht mit fremden Federn schmücken und alles richtig machen und jetzt habe ich den Salat. Bei Kobalt Music gabs ein Online Formular, welches ich brav ausgefüllt habe aber auch hier ist seit 3 Wochen Funkstille, obwohl hier eine Bearbeitungszeit von bis zu 10 workingdays versprochen wurde.

Sorry für den Roman, wer es bis hier geschafft hat hört vermutlich meinen Frust raus
 
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Yeah, endlich sind beide Genehmigungen durch. Hat gedauert, kostet aber zum Glück nichts. Alles jetzt in juristisch trockenen Tüchern.
 
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Danke für den informativen thread. Hat mir sehr geholfen. Viel Erfolg...
 

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