Ich habe auch so meine Schwierigkeiten mit manchen elektrischen "Details" und wenn ich die beiden Zitate (s.o.) lese , muss ich mich fragen, warum man die Verwirrung, die bestimmt auch noch andere durch die falsche Definitionsgebung haben, nicht einfach dadurch beseitigt, dass man technische und physikalische Definition einheitlich macht. Das dürfte doch eigentlich kein grösseres Problem sein, oder spricht etwas grundsätzlich dagegen ?!
Ja und nein. Wenn man
noch genauer hinschaut, ist die Definition nämlich eigentlich gar nicht so falsch. Ab hier bitte nicht weiterlesen, wenn man nicht einen noch größeren Knoten im Gehirn haben möchte
Also: Es gibt positive und negative Ladungen, bzw. Teilchen, die eine positive oder negative Ladung haben können. Was man hierbei jetzt positiv nennt und was negativ, ist erstmal egal, und das ist tatsächlich Definitionssache.
Beide Ladungsarten können sich grundsätzlich bewegen. In einem Gas oder Elektrolyt z.B. bewegen sich positiv geladene Teilchen (Kationen) zum Minuspol (Kathode)
und negativ geladene Teilchen (Anionen) gleichzeitig zur Anode, dem Pluspol. Solange man sich diese beiden Teilchensorten anschaut, ist die Welt noch in Ordnung, denn Teilchen bewegen sich in beide Richtungen, wohingegen die
Ladung der Teilchen im mathematischen Sinne nur in eine Richtung fließt.
Denn: Sagen wie, die technische Stromrichtung sei in einem Beispiel von links nach rechts: + ---> -
Die positiv geladenen Teilchen transportieren also (positive) Ladung in genau dieser Richtung. Nennen wir die Ladung mal Q, die Anzahl der Teilchen, die pro Sekunde
von links nach rechts geht, N. Dann ist der Strom I = Q * N.
Gleichzeitig wandern negativ geladene Teilchen von rechts nach links. Die Ladung dieser Teilchen ist negativ (-Q), und da die Teilchen sich genau andersrum bewegen, ist N auch negativ. I = (-Q) * (-N) = Q * N.
D. h., egal ob die
Teilchen sich nach links oder rechts bewegen, die Stromrichtung ist u.U. die gleiche, da sowohl die Richtung der Bewegung als auch die Ladung eine Rolle spielen.
Als man sich mit der Elektrizität zum ersten Mal beschäftigt hat und entdeckt hat, dass da Teilchen sich bewegen, hat man zunächst hauptsächlich die Atome "gesehen", die sich da bewegen (denn die konnte man in Form von Niederschlägen auf den Elektroden nachweisen!). Und man hat sich da erstmal mit Gasen und Flüssigkeiten beschäftigt, wo sich immer beide Arten von Teilchen bewegen können. Von der Stromleitung in Metallen hat man damals noch nicht soviel verstanden, denn die Elektronen sind ja viel kleiner und waren damals einfach noch nicht nachzuweisen (ich kürze hier die Geschichte der Physik vorsätzlich ab - bitte keine Haarspaltereien deswegen...).
Vermeintlich kompliziert wird es jetzt eigentlich nur in metallischen Drähten. Dort gibt es auch positiv und negativ geladene Teilchen, aber nur die negativen (hier die Elektronen) können sich in Metallen nennenswert bewegen. D.H. Metalle ("Drähte") stellen eigentlich einen Sonderfall dar, in dem sich ausnahmsweise nur die negativ geladenen Teilchen bewegen. Die Ladungstransportrichtung ist immer noch richtig und stimmt mit der technischen Definition des Stroms überein (von + nach -). Lediglich, wenn man sich den Stromfluß jetzt als Teilchentransport vorstellen will, bereitet es einem Schwierigkeiten, dass hier alle beteiligten Teilchen wegen ihrer negativen Ladung im wahrsten Wortsinne "gegen den Strom schwimmen".
Und richtig kompliziert wird es dann in Halbleitern, wo sich auch nur Elektronen bewegen können - man sich aber im Valenzband den Trick mit den "Löchern" hat einfallen lassen (das ist sozusagen eine Stelle, wo ein Elektron fehlt - und wo eine negative Ladung fehlt, ist das das gleiche wie eine positive Ladung). Da hat man wieder positive und negative "Teilchen", wobei die positiven nur virtuell existieren.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die technische und physikalische Definition der Stromrichtung
ist einheitlich. Dort, wo man sich (wie in weiten Teilen der Elektronik üblich) auf den Transport von Elektronen konzentriert, ist aber die vorherrschende
Bewegungsrichtung der Teilchen andersrum.
Wenn man dieses Dilemma beseitigen wollte, dann müsste man
sämtliche Definitionen, die Ladungen etc. beinhalten, ins Gegenteil verkehren: Elektronen müssten dann positiv geladen sein, Protonen negativ, alle Batterien müssten andersrum beschriftet werden, alle Netzteile, Schaltpläne dieser Welt (die es schon gibt) wären dann mit einem Schlag falsch. Um diese Verwirrung zu vermeiden, wird es wohl bleiben, wie es ist.
Vielleicht hilft es, wenn man sich die Elektronen als Lehman-Papiere vorstellt: die haben praktisch einen negativen Wert. Wenn ein Bankenrettungsfonds jetzt Lehman-Papiere übernimmt, wandern die Papiere ("Elektronen") von der Bank zum Fonds. Aber selbst, wenn der Fonds nichts für die Papiere bezahlt, fließt dadurch effektiv Geld ("Ladung") vom Fonds zur Bank
