Bowhunter
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Hallo Zusammen,
bei meinem vorletzten Besuch in einem großen Musikhaus spielte ich ein Paar Murphy-LAB Paulas an, u.a. auch zwei echte Murphys, also "painted and aged by Tom Murphy", für 13.000€ Stückpreis. Ehrlich gesagt, sie haben mich nicht wirklich beeindruckt, aber dazu später mehr. Der Verkäufer meinte nur, daß Gibson noch nie so geile Paulas, wie heute gebaut hat.
Die Aussage des Verkäufers machte mich etwas stutzig, da ich die scheißteuren Murphy Labs nicht wirklich geil fand - schon gar nicht für die Kohle - stelle ich die Frage, wann Gibson in seiner Firmengeschichte die besten, geilsten, hochwertigsten und bestklingendsten Paulas gebaut hat...
Zur Chronologie (mit Lücken):
1952 Die erste Les Paul wird vorgestellt, Goldtop, mit P-90 und der Steg ist eine Fehlkonstruktion; bereits 1953 korrigiert.
1956 Gibson erfindet den Humbucker (oder war es Gretsch? )
1957 Die erste Paula mit Humbuckern wird vorgestellt
1958 Zum ersten mal gibt es statt Goldtop schöne Burstlackierungen, allerdings überwiegend Plaintop.
1959 Die Wicklungszahlen der Humbucker werden standardisiert, 5000 Wicklungen pro Spule. Die Ahorndecken haben teilweise wunderschöne Maserungen.
Gibson hat zwischen 1957 und 1960 etwa 1500 Les Paul Modelle hergestellt.
von 1961 - 1967 keine Herstellung der Gibson Les Paul (die 1961 erschienene Gibson Les Paul zähle ich nicht dazu, weil sie eine SG war, und nur Les Paul Modell hieß.)
1968 Wiederaufnahme der Produktion von Les Paul Modellen
1974 -1985 "Norlin-Ära" Sandwitchbauweise und Gewicht teilweise zwischen 5 und 6 kg
1984 Das Werk in Klamazoo schließt, Umzug nach Nashwille
ab 1986 Henry Juszkiewicz kauft Gibson für 5.000.000 $; Neustart mit wenig know-how, weil die meisten Facharbeiter mit Erfahrung in Kalamazoo geblieben sind,
1993 Gründung des Gibson Custom Shops
2018 Gibson meldet Insolvenz an (unser "Kinderbuchautor" würde es vermutlich anders definieren )
2019 Gibson findet neue Investoren und macht weiter...
Okay, und jetzt zu meine Erfahrungen mit alten Gibson Paulas:
Habe mal am Sommerfest bei einem Gitarrenbauer in Oberfranken eine 1952er Goldtop gespielt, die allerdings umgebaut war. Die Pickupfräsungen für P-90 wurden auf Humbuckermaße geändert, und in der Gitarre werkelten zwei originale PAFs Bj. 1960 drin. Die Gitarre klang wirklich gut und sie kostete (Anno 2015) gerade mal 40.000€. Aber eine Gibson CC#4 "Sandy" (damals 9.000€) klang im direkten Vergleich in meinen Ohren besser... voller, runder, hatte auch mehr Sustain und schönere Obertöne.
Auf der selben Veranstaltung spielte ich auch eine original 1968er Gibson Les Paul Custom Black Beauty an, die mir kein bißchen gefiel, weil sie in meinen Ohren sehr "hart" klang. Komischerweise waren die meisten Player genau auf diese 68er Custom so scharf. Aber Geschmäcker sind ja verschieden.
Bei einem anderen Gitarrenbauer durfte ich eine echte 1960er Gibson Les Paul antesten; die Gitarre war zur Restaurierung und für ein Gutachten beim Gitarrenbauer. Ich durfte das heilige Stück kurz antesten und fand sie wirklich gut. Nicht so gut, daß mir die Luft weggeblieben wäre, aber die Gitarre war wirklich okay... kostete ja auch nur 'ne Viertelmillion Euro
Im Laufe der vergangenen zwei Dekaden hatte ich ab und zu mal die eine oder andere Paula aus den 70ern in der Hand und ich fand keine einzige von ihnen wirklich gut, noch nicht mal ein bißchen. "Tonnenschwer und klangtot", diese leichte Übertreibung sollte als Beschreibung genügen.
Ich weiß, es war Anfang der 2000er Jahre, als ich mal eine '59 Reissue angetestet habe... das war schon geil! Und die hatte noch nicht diese must have True historic specs
Irgendwann las ich die Bezeichnung VOS (Vintage Original Specs), was für mich so viel bedeutete, daß die Paula genau wie das Original aus den 50ern ist (Machart, Materialien, Maße, etc...).
Dann kam ein Mann namens Tom Murphy auf die Idee, Gitarren künstlich zu altern, und das aging hat lt. Aussage von Tom Murphy himself keinerlei Auswirkungen auf die Funktionalität der Gitarre. Lediglich Spielgefühl und Haptik sind anders.
Irgendwann so ab 2010 erschien auch die CC Serie und sie schlug wie eine Bombe ein; manche Modelle erzielen heute das 3-6 Fache des damaligen Preises. Und nein, True Historic Specs hatten die CCs auch nicht, zumindest nicht vor 2016.
Nach den CCs kam die "Historic" Serie... selbstverständlich alles historisch korrekt, weil die VOS es ja doch nicht war...
...nur um danach die "True Historic" Serie vorzustellen, die jetzt aber wirklich historisch 100% korrekt sein soll, also Einhornpulver und Jungfrauenblut, was auch immer...
Jetzt gibt es "Murphy LAB", also wie "Schnitzel Wieder Art", also paniert... ähm... geaged nach Murphys Law... ähm...nee, Art. Die gibt's es so ab 5.000€
Für eine echte Murphy (painted & aged by TM) muß man mindestens 13.000€ aufwärts hinblättern.
...Und zwei solche echte Murphys (painted& aged by TM) habe ich in dem Gitarrenladen angespielt. Beide Paulas wurden vermutlich eingefroren (Cryo-Tuning), die Lackrisse waren ganz anders, als Tom Murphy das Aging noch per Rasierklinge praktiziert hat. Auch der Verkäufer meinte, daß die eingefroren wurden. Die Gitarren waren nach "True Historic" Art mit Knochenleim verleimt, auch zwischen Mahagoniblock und Ahorndecke. Und genau das ist historisch nicht korrekt! Das hatten die alten 50er Jahre Paulas nicht
Mal davon abgesehen klangen die beiden Paulas für mich sehr unspektakulär... sehr dünn. Ich hatte meine Dickey Betts Paula (Bj.2001, Murphy aged) dabei, und die hatte beide Murphy LABs platt gemacht. Meine hatte nicht weniger Höhen, aber dafür mehr Mitten und allgemein viel mehr Sustain, als die sehr dünn klingenden Murphy LABs.
Für meinen Geschmack besten Gibsons stammen aus dem Jahrzent von 2000 bis 2010, natürlich Reissue-Modelle, als es True Historic Specs noch nicht gab. Immer wieder, wenn ich mal eine richtig geile Paula in den Händen halte und nachfrage, von wann die Gitarre ist, stammt die genau aus dieser Dekade.
Ein Kumpel von mir hat eine besonders gute R9, ich glaube, Bj. 2007 oder 2008; ich war dabei, als er die Gitarre damals ausgesucht hat und in der "Endrunde" nur noch zwei R9 (beide Murphy aged) waren. Und wie schon erwähnt, für mich als Referenz geltende Dickey Betts Goldtop (auch Murphy aged) aus dem Jahre 2001, die seit gut zwei Jahren in meinem Besitz ist.
Ach ja... ein Gitarrenbauer erzählte mir mal, wie die Endfünfziger Paula zu ihrem legendären Ruf kam. Die Paulas in den 70er waren so miserabel, daß damals alle eine Paula mit Humbuckern aus den 50ern haben wollten. Natürlich kosteten sie damals bei Weitem nicht das, was sie heute kosten, aber da nahm die Preisspirale ihren Anfang. That's it!
Was meint ihr dazu? Aus welchem Jahrzehnt stammen die geilsten Gibson Paulas?
Viele Grüße,
Bowhunter
bei meinem vorletzten Besuch in einem großen Musikhaus spielte ich ein Paar Murphy-LAB Paulas an, u.a. auch zwei echte Murphys, also "painted and aged by Tom Murphy", für 13.000€ Stückpreis. Ehrlich gesagt, sie haben mich nicht wirklich beeindruckt, aber dazu später mehr. Der Verkäufer meinte nur, daß Gibson noch nie so geile Paulas, wie heute gebaut hat.
Die Aussage des Verkäufers machte mich etwas stutzig, da ich die scheißteuren Murphy Labs nicht wirklich geil fand - schon gar nicht für die Kohle - stelle ich die Frage, wann Gibson in seiner Firmengeschichte die besten, geilsten, hochwertigsten und bestklingendsten Paulas gebaut hat...
Zur Chronologie (mit Lücken):
1952 Die erste Les Paul wird vorgestellt, Goldtop, mit P-90 und der Steg ist eine Fehlkonstruktion; bereits 1953 korrigiert.
1956 Gibson erfindet den Humbucker (oder war es Gretsch? )
1957 Die erste Paula mit Humbuckern wird vorgestellt
1958 Zum ersten mal gibt es statt Goldtop schöne Burstlackierungen, allerdings überwiegend Plaintop.
1959 Die Wicklungszahlen der Humbucker werden standardisiert, 5000 Wicklungen pro Spule. Die Ahorndecken haben teilweise wunderschöne Maserungen.
Gibson hat zwischen 1957 und 1960 etwa 1500 Les Paul Modelle hergestellt.
von 1961 - 1967 keine Herstellung der Gibson Les Paul (die 1961 erschienene Gibson Les Paul zähle ich nicht dazu, weil sie eine SG war, und nur Les Paul Modell hieß.)
1968 Wiederaufnahme der Produktion von Les Paul Modellen
1974 -1985 "Norlin-Ära" Sandwitchbauweise und Gewicht teilweise zwischen 5 und 6 kg
1984 Das Werk in Klamazoo schließt, Umzug nach Nashwille
ab 1986 Henry Juszkiewicz kauft Gibson für 5.000.000 $; Neustart mit wenig know-how, weil die meisten Facharbeiter mit Erfahrung in Kalamazoo geblieben sind,
1993 Gründung des Gibson Custom Shops
2018 Gibson meldet Insolvenz an (unser "Kinderbuchautor" würde es vermutlich anders definieren )
2019 Gibson findet neue Investoren und macht weiter...
Okay, und jetzt zu meine Erfahrungen mit alten Gibson Paulas:
Habe mal am Sommerfest bei einem Gitarrenbauer in Oberfranken eine 1952er Goldtop gespielt, die allerdings umgebaut war. Die Pickupfräsungen für P-90 wurden auf Humbuckermaße geändert, und in der Gitarre werkelten zwei originale PAFs Bj. 1960 drin. Die Gitarre klang wirklich gut und sie kostete (Anno 2015) gerade mal 40.000€. Aber eine Gibson CC#4 "Sandy" (damals 9.000€) klang im direkten Vergleich in meinen Ohren besser... voller, runder, hatte auch mehr Sustain und schönere Obertöne.
Auf der selben Veranstaltung spielte ich auch eine original 1968er Gibson Les Paul Custom Black Beauty an, die mir kein bißchen gefiel, weil sie in meinen Ohren sehr "hart" klang. Komischerweise waren die meisten Player genau auf diese 68er Custom so scharf. Aber Geschmäcker sind ja verschieden.
Bei einem anderen Gitarrenbauer durfte ich eine echte 1960er Gibson Les Paul antesten; die Gitarre war zur Restaurierung und für ein Gutachten beim Gitarrenbauer. Ich durfte das heilige Stück kurz antesten und fand sie wirklich gut. Nicht so gut, daß mir die Luft weggeblieben wäre, aber die Gitarre war wirklich okay... kostete ja auch nur 'ne Viertelmillion Euro
Im Laufe der vergangenen zwei Dekaden hatte ich ab und zu mal die eine oder andere Paula aus den 70ern in der Hand und ich fand keine einzige von ihnen wirklich gut, noch nicht mal ein bißchen. "Tonnenschwer und klangtot", diese leichte Übertreibung sollte als Beschreibung genügen.
Ich weiß, es war Anfang der 2000er Jahre, als ich mal eine '59 Reissue angetestet habe... das war schon geil! Und die hatte noch nicht diese must have True historic specs
Irgendwann las ich die Bezeichnung VOS (Vintage Original Specs), was für mich so viel bedeutete, daß die Paula genau wie das Original aus den 50ern ist (Machart, Materialien, Maße, etc...).
Dann kam ein Mann namens Tom Murphy auf die Idee, Gitarren künstlich zu altern, und das aging hat lt. Aussage von Tom Murphy himself keinerlei Auswirkungen auf die Funktionalität der Gitarre. Lediglich Spielgefühl und Haptik sind anders.
Irgendwann so ab 2010 erschien auch die CC Serie und sie schlug wie eine Bombe ein; manche Modelle erzielen heute das 3-6 Fache des damaligen Preises. Und nein, True Historic Specs hatten die CCs auch nicht, zumindest nicht vor 2016.
Nach den CCs kam die "Historic" Serie... selbstverständlich alles historisch korrekt, weil die VOS es ja doch nicht war...
...nur um danach die "True Historic" Serie vorzustellen, die jetzt aber wirklich historisch 100% korrekt sein soll, also Einhornpulver und Jungfrauenblut, was auch immer...
Jetzt gibt es "Murphy LAB", also wie "Schnitzel Wieder Art", also paniert... ähm... geaged nach Murphys Law... ähm...nee, Art. Die gibt's es so ab 5.000€
Für eine echte Murphy (painted & aged by TM) muß man mindestens 13.000€ aufwärts hinblättern.
...Und zwei solche echte Murphys (painted& aged by TM) habe ich in dem Gitarrenladen angespielt. Beide Paulas wurden vermutlich eingefroren (Cryo-Tuning), die Lackrisse waren ganz anders, als Tom Murphy das Aging noch per Rasierklinge praktiziert hat. Auch der Verkäufer meinte, daß die eingefroren wurden. Die Gitarren waren nach "True Historic" Art mit Knochenleim verleimt, auch zwischen Mahagoniblock und Ahorndecke. Und genau das ist historisch nicht korrekt! Das hatten die alten 50er Jahre Paulas nicht
Mal davon abgesehen klangen die beiden Paulas für mich sehr unspektakulär... sehr dünn. Ich hatte meine Dickey Betts Paula (Bj.2001, Murphy aged) dabei, und die hatte beide Murphy LABs platt gemacht. Meine hatte nicht weniger Höhen, aber dafür mehr Mitten und allgemein viel mehr Sustain, als die sehr dünn klingenden Murphy LABs.
Für meinen Geschmack besten Gibsons stammen aus dem Jahrzent von 2000 bis 2010, natürlich Reissue-Modelle, als es True Historic Specs noch nicht gab. Immer wieder, wenn ich mal eine richtig geile Paula in den Händen halte und nachfrage, von wann die Gitarre ist, stammt die genau aus dieser Dekade.
Ein Kumpel von mir hat eine besonders gute R9, ich glaube, Bj. 2007 oder 2008; ich war dabei, als er die Gitarre damals ausgesucht hat und in der "Endrunde" nur noch zwei R9 (beide Murphy aged) waren. Und wie schon erwähnt, für mich als Referenz geltende Dickey Betts Goldtop (auch Murphy aged) aus dem Jahre 2001, die seit gut zwei Jahren in meinem Besitz ist.
Ach ja... ein Gitarrenbauer erzählte mir mal, wie die Endfünfziger Paula zu ihrem legendären Ruf kam. Die Paulas in den 70er waren so miserabel, daß damals alle eine Paula mit Humbuckern aus den 50ern haben wollten. Natürlich kosteten sie damals bei Weitem nicht das, was sie heute kosten, aber da nahm die Preisspirale ihren Anfang. That's it!
Was meint ihr dazu? Aus welchem Jahrzehnt stammen die geilsten Gibson Paulas?
Viele Grüße,
Bowhunter
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