Was passiert physiologisch beim Umfang-Erweitern?

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Hi zusammen,

da ich ja jemand bin, der gerne auch die physiologischen HintergrĂŒnde dessen verstehen will, was beim Singen genau passiert, hĂ€tte ich mal folgende Frage:

Es gibt ja hier (wie die Suchmaschine zeigt) bereits unzĂ€hlige Fragen darĂŒber, wie man den Stimmumfang erweitert, wie weit das nach oben und wie weit das nach unten geht etc. Und die Antworten sind logischerweise immer wieder die Betonung der Wichtigkeit von Atmung und StĂŒtze, nicht verkrampfen, nicht zu hoch belten / rechtzeitig wechseln in die Randstimme etc.

Und es wird an vielen Stellen gesagt, dass der untrainierten Stimme - egal, welchem Register man eigentlich angehört - eben oft die Höhen fehlen.

Der unterste Ton ist ja logischerweise durch die Masse der Stimmlippen begrenzt (phon. Null), da kann man ja im Prinzip nur noch dran arbeiten, diese Töne voll und prÀsent zu machen, aber wirklich weit nach unten erweitern ist ja meistens nicht drin.

Was ich aber bisher nirgends finden konnte war:

Was passiert genau physiologisch mit der Stimme, wenn man es dann durch Übung geschafft hat, sie nach oben zu erweitern (wir reden jetzt von realistischen Erweiterungen, also Ganzton bis Terz)? Gewöhnen sich die StimmbĂ€nder irgendwie an stĂ€rkere Komprimierung, oder was geschieht da?

Irgendwie muss es ja einen Grund geben, warum am Anfang die meisten SÀnger die höchsten Töne, zu denen sie rein von ihrer Veranlagung her fÀhig wÀren, nicht erreichen können.
 
Eigenschaft
 
Es ist wie mit dem berĂŒhmten Vogel im KĂ€fig. Ein Vogel hat FlĂŒgel und kann fliegen. Wenn er herauskommt aus dem KĂ€fig. IM KĂ€fig kann er es potentiell auch wird aber durch die Widrigkeiten der zu engen Umgebung daran gehindert.
Soll heissen: Die meisten AnfÀnger machen manches bis vieles beim singen falsch, ihre Stimme sitzt im KÀfig. Die Höhen kommen bei einer gesunden Stimme oft schon in der ersten Stunde durch ein paar einfache Anweisungen.
 
Die Höhen kommen bei einer gesunden Stimme oft schon in der ersten Stunde durch ein paar einfache Anweisungen.

Naja, mit meinem damaligen Gesangslehrer gab es trotzdem Töne (erst das f', dann das f#'), die ihre Zeit gebraucht haben, bis sie richtig kamen. Mittlerweile gehen sie sogar recht locker (speziell heute versuche ich das aber lieber nicht, die ErkÀltungen gehen bei uns gerade wieder herum ^^).

Hatte auch vor ein paar Tagen (zum GlĂŒck noch vor der ErkĂ€ltung ^^) die erste Stunde bei meinem neuen GL, da haben wir aber diese hohen Töne erstmal bewusst weggelassen (gingen nur bis d'). Ich hatte halt 'ne Hörprobe (=Aufnahme) dabei, wo ich bis eb', einmal bis ab' und am Schluss mit der Kopfstimme auf ab'' raufgegangen bin, und immerhin meinte er schonmal, ich wĂ€re (Zitat) "definitiv kein AnfĂ€nger mehr" (das kommt natĂŒrlich drauf an, welche MaßstĂ€be man anlegt ^^).

Irgendwas muss da ja also passieren, dass ein bestimmter Ton auf einmal leichter zu singen ist, und wenn man's mit den AnfĂ€ngen vergleicht, sogar viel leichter. Und was das ist, das wĂŒrde ich eben gerne wissen. ;)


PS: Ich hoffe, meine "Strichbezeichnungen" sind korrekt; es scheint ja irgendwie tausend verschiedene Möglichkeiten zu geben, die Oktaven zu zÀhlen.
Da ich von der Gitarre aus denke, meine ich mit

ab' = engl. Ab4
ab'' = engl. Ab5
 
OK, die Physiologie dazu kurz und knackig (ist eigentlich nicht allzu kompliziert - nur das Erlernen ist was anderes :D):

Die Tonhöhe der Stimme wird durch die Spannung und VerlÀngerung der Stimmlippen bestimmt - wie bei einer Gitarrenseite.

Daher ist es grundsÀtzlich ganz simpel: wenn du deinen Stimmumfang nach oben hin erweiterst, dann lernst du, wie du deine Stimmlippen weiter spannst / verlÀngerst. Um das so zu können, dass es der Stimme nicht schadet, ist muskulÀres Training des Stimmapparats, Erlernen der korrekten Atmung und angepasste "Resonanzraumnutzung" (physiologisch nicht ganz korrekt, tatsÀchlich handelt es sich um VerÀnderungen im Ansatzrohr und dadurch resultierendes Schallverhalten, das wir als Resonanz wahrnehmen) vonnöten.


Hoch singen in a nutshell. ;)
 
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Foxx hat es eigentlich ganz prÀgnant erklÀrt: Im Prinzip handelt es sich um ein Spannungs-Strömungssystem, das gerade in den Höhen sehr prÀzise eingestellt werden muss. Das Spannen der Stimmlippen lernt man vergleichsweise schnell, kann es in gewissen Grenzen schon intuitiv. Gerade ab f' beginnt bei MÀnnern oft der "Break" beim Singen auf mittlerer bis hoher LautstÀrke. Physiologisch gesehen reicht ab diesem Punkt das schlichte Spannen der Stimmlippen nicht mehr aus.

Die erste Möglichkeit, die man dann hat, ist den Schwingungsmodus der Randstimme zu wechseln, d.h. dass der Großteil der Stimmlippen quasi "stillsteht" und nur noch die RĂ€nder schwingen. Dann beginnt der Prozess des Spannens sozusagen von vorne, wodurch ziemlich genau eine Oktave an Range dazukommt.

Es gibt auch die Möglichkeit im gleichen Schwingungsmodus zu bleiben, das benötigt aber in jedem Fall die von Foxx genannten VerÀnderungen des Ansatzrohrs, zu denen z.B. Twang gehört.
 
Alles klar, vielen Dank!

Dann gewöhnen sich die StimmbÀnder tatsÀchlich nur an die Dehnung, oder?

Bedeutet logischerweise, um es mit Martin Semmelrogges Worten zu sagen: "Irgendwann ist natĂŒrlich Schluss." ^^

Der Vergleich mit der Gitarrensaite passt wohl ganz gut; aber eine Gitarrensaite kann eben auch reißen, wenn man sie zu weit zieht. Bei der Stimme kĂŒndigt sich die Grenze ja zum GlĂŒck schon weit vorher an ;D.
 
Im Grunde tut sich was an allen Baustellen.

Die Stimmlippen lernen grĂ¶ĂŸere Spannung aufzubauen. Das geht meist recht fix.

Die Ă€ußere Kehlkopfmuskulatur wird so trainiert, dass der Kehlkopf sich bei passiven Ă€ußeren Muskeln möglichst mittig befindet. Einige Menschen haben z.b. einen Kehlkopf-Hoch- bzw. Tiefstand welcher sich durch stimmbildnerische Übungen ausgleicht.

Schließlich, und das ist mMn das wichtigste, passt sich die Muskulatur des Körpers dem Bedarf des Singens an.
Die StĂŒtzmuskeln (RĂŒcken) ĂŒbernehmen die Statik, die Ausatemmuskulatur (Flanken, Bauchdecke) erzeugt Atemdruck und die Einatemmuskulatur (Zwerchfell, Rippenfell) regulieren die Fließgeschwindigkeit der Luft.
Alle diese Muskeln werden trainierter und lassen sich koordinierter Verwenden.
 
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Ich glaube das trifft es sehr gut. Die Änderungen an der Muskulatur im Sinne von Kraft oder Spannkraft sind eher gering und gehen schnell. Die HauptverĂ€nderung ist die FĂ€higkeit zur Koordination der Muskulatur. Du kannst es ein wenig z.B. mit Tennis vergleichen. Einige Spieler schlagen BĂ€lle mit annĂ€hernd 200 km/h ohne dabei Arme wie Arnold Schwarzenegger zu haben. Die Kraft kommt dabei weniger aus Muskelkraft, sondern vielmehr aus einem perfekt koordinierten Bewegungsablauf.

Hinzu kommt noch ein mMn nicht zu vernachlĂ€ssigender psychischer Faktor, der aber individuell sehr unterschiedlich ausgeprĂ€gt sein kann. Obwohl das Singen an sich nicht sehr kraftintensiv ist, in dem Sinne, dass man außer Atem kommt (das wĂ€re ja auch schlecht), ist die fĂŒr hohe Töne nötige Körperspannung durchaus sehr ungewohnt fĂŒr AnfĂ€nger und fĂŒhlt sich schnell "falsch" oder nach Pressen an. Das gilt gerade fĂŒr den Bereich, ab dem "gedeckt" gesungen werden muss (bei Tenören meist ab g', bei Baritonen etwas frĂŒher, bei Frauen glaub ich auch etwa ab g').

Zweiter Faktor ist die Randstimme, die im trainierten Zustand die Range immerhin um etwa eine Oktave nach oben erweitert. Gerade MĂ€nner empfinden den Gesang in der Randstimme oft als schwach und als "keinen richtigen Gesang". Aber zum einen hört sich die Randstimme meist wesentlich kraftvoller an als sie empfunden wird und zum anderen liegt das daran, dass gerade die Randstimme erst im ausgebildeten Zustand wirklich gut wird (im Sinne von twang-gestĂŒtzt, nicht "hauchig" bzw. kein Falsett).
 
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Zweiter Faktor ist die Randstimme, die im trainierten Zustand die Range immerhin um etwa eine Oktave nach oben erweitert. Gerade MĂ€nner empfinden den Gesang in der Randstimme oft als schwach und als "keinen richtigen Gesang". Aber zum einen hört sich die Randstimme meist wesentlich kraftvoller an als sie empfunden wird und zum anderen liegt das daran, dass gerade die Randstimme erst im ausgebildeten Zustand wirklich gut wird (im Sinne von twang-gestĂŒtzt, nicht "hauchig" bzw. kein Falsett).

Also, das kriege ich mittlerweile imho ganz gut hin, da ich ja ein alter Power-Metal-Fan bin und das schon lĂ€nger ĂŒbe. ;) Ich merke halt nur, dass wenn ich entweder lange am StĂŒck im Twang-Modus singe oder eben besonders stark twange, damit es immer gut hörbar ist, es irgendwann nicht mehr hinbekomme. Ich kann z. B. die höchsten Töne der Kopfstimme besser "aus dem Stand" und ohne einsingen treffen, als wenn ich vorher schon lange (sei es auch nur in der Vollstimme) gesungen habe. :rolleyes: Davon abgesehen bin ich aber auch kein allzu großer BefĂŒrworter davon, ein ganzes Lied hindurch zu twangen, das kann man imho besser als gezielten Effekt in bestimmten Passagen einsetzen.

Dass man mit der Randstimme nochmal 'ne Oktave oben drauf hauen kann, habe ich auch schon öfters gehört. Bei mir geht's mit der Randstimme inkl. Twang gerade bis Bb'' (ist klingend dann wahrscheinlich ein Bb', wenn man vom Klavier ausgeht, aber eben das Bb ĂŒber dem normalen hohen Tenor-C). Ist das dann auch ein Hinweis darauf, wie weit man theoretisch mit der Vollstimme kommen könnte (also eine Oktave tiefer)? Im Prinzip wĂ€re das dann ja die Grenze, bis zu der die Stimmlippen im geschlossenen Modus diese Mehrspannung noch aufbringen können, oder nicht?

Denn das mit dem psychischen Faktor merke ich zuweilen extrem - wenn man eben weiß, jetzt kommt gleich einer der höchsten Töne, die man in der Vollstimme singen kann, und dann verkrampft man. Wenn ich's aber schaffe, nicht drĂŒber nachzudenken (und das ist ja gar nicht so einfach, wie man denkt, man kann das Wissen ĂŒber die Grenzen der eigenen Range ja leider nicht einfach "abschalten"), dann klappen die Töne auch recht locker und entspannt. Leider ist das entsprechend auch auf Aufnahmen oft hinderlich, weil man sich da ja, obwohl man es ganz in Ruhe zuhause aufnimmt und endlos viele Versuche hat, doch unbewusst ein wenig unter Druck setzt.

g' scheint mir trotzdem tatsÀchlich eine Art magische Grenze zu sein, liegt wahrscheinlich auch noch an dem viel beschworenen "Tilt" usw.

Ich habe es jetzt in letzter Zeit damit versucht, beim Einsingen mal mit Absicht leicht ĂŒber die Range hinauszugehen (z. B. bis a'). Der Ton liegt dann außerhalb bzw. klappt ganz selten, dafĂŒr gehen aber die anderen, wie etwa g' und g#', anschließend leichter, nur, weil man an dem Tag schon einmal "da oben war". XD

Trotzdem glaube ich, dass ich, auch wenn ich den Tilt offenbar manchmal unbewusst hinbekomme (wenn eben ein g' mehr oder weniger problemlos klappt, dann merke ich auch, da kippt was), nicht viel höher kommen werde. ;)
Das gilt gerade fĂŒr den Bereich, ab dem "gedeckt" gesungen werden muss (bei Tenören meist ab g', bei Baritonen etwas frĂŒher, bei Frauen glaub ich auch etwa ab g').

Interessant. Wenn's tatsĂ€chlich fĂŒr Tenöre ab g' so schwierig wird, wie du gesagt hast, wie schaffen die es dann, auch mit noch so viel Technik, die ganze Zeit in der Lage zu singen (z. B. zwischen f' und c'')? :D Bzw. fĂŒr MĂ€nner ist es ja eigentlich schon eine Ausnahme, wenn sie eine derart hoch liegende Range haben, die meisten liegen ja eher entweder im unteren oder oberen Bariton-Bereich.

Aber die meisten Frauen singen doch, selbst, wenn sie gesanglich noch nicht besonders viel Übung haben, auf jeden Fall oberhalb von g', mindestens bis a', oder? Zumindest hatte ich jetzt bei unserem Schulmusical den Eindruck. Da gab es halt eine, die tat sich schwer mit dem Tenor-C (c''), dafĂŒr mussten andere mit weit weniger technischer Erfahrung (=keine ChorsĂ€nger o. Ă€.) rauf bis zum d'' :D. Aber bis a' oder bb' kamen die alle mit der Vollstimme.
 
Dass man mit der Randstimme nochmal 'ne Oktave oben drauf hauen kann, habe ich auch schon öfters gehört. Bei mir geht's mit der Randstimme inkl. Twang gerade bis Bb'' (ist klingend dann wahrscheinlich ein Bb', wenn man vom Klavier ausgeht, aber eben das Bb ĂŒber dem normalen hohen Tenor-C). Ist das dann auch ein Hinweis darauf, wie weit man theoretisch mit der Vollstimme kommen könnte (also eine Oktave tiefer)? Im Prinzip wĂ€re das dann ja die Grenze, bis zu der die Stimmlippen im geschlossenen Modus diese Mehrspannung noch aufbringen können, oder nicht?
Der Umkehrschluss ist etwas gefĂ€hrlich. Wichtig ist halt auch, wie deine Tessitur oder ich sag mal "komfortable Range" aussieht. Lies dir dazu mal den Thread zur "Blubber-Range" durch und teste wie hoch deine ist. Es ist eher unwahrscheinlich, dass das Bb'' noch innerhalb deiner komfortablen Range liegt, da kommst du wahrscheinlich nur mit viel Atemdruck hin. Dass die Randstimme nicht mehr so gut klappt nach einigem Singen liegt hĂ€ufig daran, dass die Vollstimme zu weit nach oben genommen wird. FĂŒr SĂ€nger, die die Randstimme sowieso nicht verwenden ist das u.U. okay. Aber wenn du dir mal die Power-Metal-SĂ€nger genau anhörst, wirst du feststellen, dass die sehr frĂŒh in die Randstimme wechseln (egal ob Tenor oder hoher Bariton).

Die allermeisten wechseln bei etwa f'/g' in die Randstimme (Baritone eher bei f', Tenöre eher bei g'), deshalb ist das auch so eine magische Grenze, weil hier im Prinzip unabhÀngig vom Stimmfach Randstimme angesagt ist. Du kannst es selbst mal ausprobieren, indem du eine Sirene machst von deinem tiefsten Ton zu deinem höchsten und darauf achtest, ab welchem Ton du in der Randstimme bist. Es gibt sogar Leute die sagen, dass man genau daran Tenöre und Baritone unterscheiden kann, nÀmlich ob sie bei f' (Bariton) oder bei g' (Tenor) in die Randstimme wechseln.

Denn das mit dem psychischen Faktor merke ich zuweilen extrem - wenn man eben weiß, jetzt kommt gleich einer der höchsten Töne, die man in der Vollstimme singen kann, und dann verkrampft man. Wenn ich's aber schaffe, nicht drĂŒber nachzudenken (und das ist ja gar nicht so einfach, wie man denkt, man kann das Wissen ĂŒber die Grenzen der eigenen Range ja leider nicht einfach "abschalten"), dann klappen die Töne auch recht locker und entspannt. Leider ist das entsprechend auch auf Aufnahmen oft hinderlich, weil man sich da ja, obwohl man es ganz in Ruhe zuhause aufnimmt und endlos viele Versuche hat, doch unbewusst ein wenig unter Druck setzt.
Kenn ich alles, da hilft echt nur Kopf aus und nicht ĂŒber Begriffe wie Voll- oder Randstimme nachdenken. Wenn du merkst es wird eng, geh halt in die Randstimme.

g' scheint mir trotzdem tatsÀchlich eine Art magische Grenze zu sein, liegt wahrscheinlich auch noch an dem viel beschworenen "Tilt" usw.

Ich habe es jetzt in letzter Zeit damit versucht, beim Einsingen mal mit Absicht leicht ĂŒber die Range hinauszugehen (z. B. bis a'). Der Ton liegt dann außerhalb bzw. klappt ganz selten, dafĂŒr gehen aber die anderen, wie etwa g' und g#', anschließend leichter, nur, weil man an dem Tag schon einmal "da oben war". XD

Trotzdem glaube ich, dass ich, auch wenn ich den Tilt offenbar manchmal unbewusst hinbekomme (wenn eben ein g' mehr oder weniger problemlos klappt, dann merke ich auch, da kippt was), nicht viel höher kommen werde. ;)
Das mit dem Tilt ist so eine Sache. Im Prinzip ist es so, dass der Tilt bedeutet, dass du auf diesem Ton eigentlich schon in der Randstimme sein mĂŒsstest. Ab dem "Zwangs-Tilt-Punkt" noch in der Vollstimme zu singen ist extrem unangenehm. Wenn der Tilt tatsĂ€chlich kommt (ohne das du ihn bewusst einsetzt) ist es eigentlich ein Zeichen: Bis hierhin und nicht weiter (was die Vollstimme angeht).

Interessant. Wenn's tatsĂ€chlich fĂŒr Tenöre ab g' so schwierig wird, wie du gesagt hast, wie schaffen die es dann, auch mit noch so viel Technik, die ganze Zeit in der Lage zu singen (z. B. zwischen f' und c'')? :D Bzw. fĂŒr MĂ€nner ist es ja eigentlich schon eine Ausnahme, wenn sie eine derart hoch liegende Range haben, die meisten liegen ja eher entweder im unteren oder oberen Bariton-Bereich.

Aber die meisten Frauen singen doch, selbst, wenn sie gesanglich noch nicht besonders viel Übung haben, auf jeden Fall oberhalb von g', mindestens bis a', oder? Zumindest hatte ich jetzt bei unserem Schulmusical den Eindruck. Da gab es halt eine, die tat sich schwer mit dem Tenor-C (c''), dafĂŒr mussten andere mit weit weniger technischer Erfahrung (=keine ChorsĂ€nger o. Ă€.) rauf bis zum d'' :D. Aber bis a' oder bb' kamen die alle mit der Vollstimme.

Du kannst es dir so vorstellen: tiefe Stimmen haben Stimmlippen mit grĂ¶ĂŸerer Masse. Um einen bestimmten Ton (auf speech-level Atemdruck) zu singen, braucht es eine ganz bestimmte Schwungmasse. Ein tieferer SĂ€nger muss also um einen bestimmten Ton zu singen einen grĂ¶ĂŸeren Teil seiner Stimmlippen "festhalten" als ein höherer SĂ€nger. Deshalb stehen die Stimmlippen des tieferen SĂ€ngers tendenziell immer unter höherer Spannung. Ab einem bestimmten Punkt, und der ist gerade etwa bei f'/g' ist die Schwungmasse einfach so gering, dass sie auf speech-level-Atemdruck nicht mehr in Schwingung versetzt werden kann.

Der Unterschied an diesem Punkt ist dann halt nur, dass die Stimmlippen eines Basses, der ein f' singt unter wesentlich höherer Spannung stehen als die eines Tenors, der ein f' singt. Trotzdem ist die Schwungmasse bei beiden zu gering, um noch weiter ausgedĂŒnnt zu werden. Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Randstimme: Die Randstimme erlaubt sozusagen das Singen mit einem kleinen Teil der Stimmlippen ohne dabei den Rest festhalten zu mĂŒssen. Deshalb wird beim Wechsel in die Randstimme das Singen erstmal plötzlich deutlich weniger angespannt, weil die Stimmlippenspannung dann wieder klein ist und der AusdĂŒnn-Vorgang von vorne beginnen kann.

2. Belt: Beim Belting wird die Schwungmasse wieder vergrĂ¶ĂŸert und der Ton dann nicht mehr durch Verkleinern der Masse erhöht, sondern durch Erhöhung des Atemdrucks. Der Unterschied zwischen Bass und Tenor ist an dieser Stelle aber, dass die Stimmlippen beim Bass auch bei grĂ¶ĂŸerer Schwungmasse noch so stark unter Spannung stehen, dass ein astronomischer Atemdruck nötig wĂ€re, um die Stimmlippen noch in Schwingung zu versetzen. Dieser wĂŒrde wahrscheinlich den Kehlkopf schĂ€digen. Der Tenor hingegen steht noch nicht so stark unter Spannung, sodass er sich eine dezente Erhöhung des Atemdrucks erlauben kann und diese auch noch ausreicht, um die Stimmlippen in Schwingung zu versetzen. Bei Frauen ist der Effekt halt noch ein wenig intensiver, deren Spannung ist auf f' noch so gering, dass sie relativ leicht noch ein paar Töne darĂŒber belten können. Deswegen liest man auch oft, dass das Belting primĂ€r fĂŒr Frauen von Belang ist, denn selbst die höchsten MĂ€nnerstimmen haben maximal eine halbe Oktave "Belting-Range", wĂ€hrend Frauen durchaus eine ganze Oktave haben können.

Im Übrigen halte ich es aber fĂŒr einen weit verbreiteten Irrglauben, dass Tenöre spielend im Bereich zwischen f' und c'' belten können. Das erfordert eine große Anstrengung und fĂŒhrt auch nicht selten zu geschĂ€digten Stimmen. In der Klassik (wo auch gebeltet wird) ist es oft so, dass eine Tenor-StĂŒck nur ein oder zwei einzelne high notes ĂŒber f' hat und sich der Rest des StĂŒckes unterhalb von f' aufhĂ€lt (gutes Beispiel das bekannte "Nessun Dorma"). Im Rock gibt es Songs die tatsĂ€chlich in diesen Höhen ĂŒber lĂ€ngere Passagen gebeltet werden. Die SĂ€nger solcher Songs haben aber auch hĂ€ufig Stimmprobleme (Prominentes Beispiel: Chester Bennington).

Ansonsten ist es eigentlich meistens so, dass bei lĂ€ngeren Passagen in diesem Bereich die twang-gestĂŒtzte Randstimme verwendet wird, auch von Tenören (gutes Beispiel: Power-Metal).

Irgendwie gibt es da so einen falschen Ehrgeiz, dass viele meinen jeder Tenor mĂŒsse auch ein C-Tenor sein. Insbesondere die schweren Tenöre (die bei Weitem am hĂ€ufigsten sind), belten halbwegs komfortabel eher so bis a'. Die sehr schweren Baritenöre tun sich oft beim g' schon schwer.

Nur die (seltenen) höheren Tenöre und Frauen belten etwas angenehmer in diesen Höhen, wobei viele Frauen aber auch angeben (siehe auch Blubber-Range-Thread), dass das Belten ĂŒber c'' doch zu anstrengend wird.

Letztendlich kann ich dir nur raten, wenn du gerade das Singen lernst, lern erstmal einen ausgeglichenen Mix! Ich weiß selbst, dass Belten meist einfacher ist, aber man tendiert doch leicht dazu zu hoch zu belten und vernachlĂ€ssigt oft das Ausbilden der Randstimme (was du ja glĂŒcklicherweise schon machst). Zum Anderen legt man sich leicht die schlechte Angewohnheit zu, schon ab dem unteren Passagio (das bei den meisten ab c' beginnt) zu belten. Belten ist mMn eine "advanced technique" fĂŒr geĂŒbtere SĂ€nger/-innen, die zudem nur fĂŒr höher veranlagte Stimmtypen wirklich Sinn macht. Als Bariton gewinnst du mit Belten maximal 1-2 Vollstimmentöne dazu.

Meiner Meinung nach ist bei der Gesangsausbildung fast schon der entscheidende Faktor, dass man den Bereich zwischen den beiden Passagios (also etwa c' bis f') im Mix singen kann und eben nicht beltet. Wenn man das kann ist das ein großes Zeichen dafĂŒr, dass man das "Einpflegen der Randstimme" beherrscht, was so ziemlich das wichtigste Konzept beim Gesang ist.

Versuch ein GefĂŒhl dafĂŒr zu bekommen (anhand der StĂ€rke der Angespanntheit), wann du in die Randstimme wechseln solltest, ohne zu wissen, wann du es solltest oder welche Töne ĂŒberhaupt vorkommen in dem Lied. DafĂŒr kann es ganz nĂŒtzlich sein einfach mal ein paar Songs nachzusingen, die im Original von Frauen gesungen werden. Bei MĂ€nner-Songs tendiert man nĂ€mlich leicht dazu die Wechsel in die Randstimme zu "imitieren".
 
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Vielen Dank fĂŒr deine ausfĂŒhrliche Antwort, broeschies!
Das Problem ist halt, dass der benötigte Atemdruck ja gewissermaßen bestĂ€ndig zunimmt. Ab wie viel Atemdruck nennt man das Ganze dann Belt, und ab wie wenig ist es noch lediglich "Vollstimmen-Singen mit Kopfresonanz"?

c' ist bei mir definitiv nicht unteres Passagio, da muss ich mich schon zwingen, wenn ich auf einem c' schon in die Randstimme gehen will. Das geht erst ab e', und selbst das fĂŒhlt sich mittlerweile (durch Übung, die Vollstimme nach oben zu erweitern) meist noch unnatĂŒrlich tief an.

Im Bereich c' bis f' kann ich also mit Vollstimme recht komfortabel singen, auch, wenn diese Töne öfters in einem Lied vorkommen. Mein derzeitige Gesangslehrer hat fĂŒr den ĂŒblichen, weit verbreiteten Stimmumfang schon Töne ab d'-e' als "hoch" bezeichnet, deshalb habe ich ihn auch meine Versuche solche Töne wie g' betreffend noch nicht hören lassen können (außer auf MP3-Aufnahmen). Ich habe dann in der letzten Stunde mal "You're In My Heart" gesungen, auch von Ten, das turnt den ganzen Refrain durch auf d' rum, nachher auch auf e', ohne Probleme, und er fand's gut ^^. "Hallelujah" von Leonard Cohen ist auch so ein Beispiel, wo man - wie in vielen Cover-Versionen des Songs ĂŒblich - im Refrain auch mal nach oben geht und dann eben e' und f' braucht.

Das f' ist eigentlich nur anstrengend, wenn es wirklich permanent auftaucht, wie etwa hier (ab 0:43)
http://www.youtube.com/watch?v=QaC101wGTZ0

Dazu sei angemerkt: Heute spielen die das StĂŒck eine kleine Terz tiefer ^^, aber das ist ja auch ĂŒber 10 Jahre spĂ€ter.

Wenn der Tilt tatsÀchlich kommt (ohne das du ihn bewusst einsetzt) ist es eigentlich ein Zeichen: Bis hierhin und nicht weiter (was die Vollstimme angeht).

Den kann man tatsĂ€chlich derart bewusst einsetzen? Dann ist mir noch nicht gelĂ€ufig, wie. Vielleicht habe ich entsprechend auch wieder mal den falschen Begriff benutzt. Ich habe halt nur gemerkt: Je weniger ich drĂŒber nachdenke (wie du ja selbst gesagt hast), desto leichter klappt z. B. ein g'. Und dann merke ich auch - wenn ich den Ton dann einmal habe und ihn auch halten kann - dass sich das im Hals komplett anders anfĂŒhlt, eben nicht verkrampft, auch nicht kratzig o. Ă€., mit anderen Worten völlig unbedenklich. Nur, wenn ich drĂŒber nachdenke und eben versuche, etwas bewusst zu machen, um den Ton zu erreichen, dann ist es wahrscheinlicher, dass es schief geht. ;)

Oder ist mit "Tilt" das unfreiwillige "Wegrutschen" in die Randstimme gemeint? Das passiert mir eigentlich erst, wenn ich in einem Anflug von Übermut oder eben beim Einsingen mal ein a' oder bb' versuche. :D Das mache ich aber logischerweise fast nie, denn am Punkt dieses "Wegrutschens" hat man ja gar keine Kontrolle mehr ĂŒber den Ton. Da merke ich schon selbst, dass es keinen Sinn hat. Wenn das also mit "Tilt" gemeint ist, dann meine ich was anderes.

Ich merke halt eher bei so Tönen wie g': Es gibt das verkrampfte GefĂŒhl im Hals und es gibt das GefĂŒhl, dass plötzlich irgendwas kippt und es geht leichter, obwohl man ganz klar erkennbar immer noch in der Vollstimme ist.

FĂŒr SĂ€nger, die die Randstimme sowieso nicht verwenden ist das u.U. okay. Aber wenn du dir mal die Power-Metal-SĂ€nger genau anhörst, wirst du feststellen, dass die sehr frĂŒh in die Randstimme wechseln (egal ob Tenor oder hoher Bariton).

Okay, vielen Dank, das erklÀrt einiges:
1) der SĂ€nger von Ten (s. oben) verwendet fast nie die Randstimme, und wenn, dann twangt er nicht. Also kann er sich beim Belten auch mehr "verausgaben".
2) was du ĂŒber Power Metal-SĂ€nger sagst, deckt sich mit dem, was ich von Robert Lunte aus "Four Pillars of Singing" gehört habe. Der geht ja schon ab e' in die Randstimme, und ich könnte mir tatsĂ€chlich vorstellen, dass das viele Power Metal-SĂ€nger ebenfalls so machen. Sirenen & Co. gibt's bei Pillars ja sowieso.

Fakt ist, die meisten Power Metal-SĂ€nger, die ich kenne, sind so gut, dass es mir nicht möglich ist, festzustellen, wo genau ihr Übergang liegt. Ich bin mir aber auch nur bei einem wirklich sicher, dass er twangt:

Chris Bay von Freedom Call: http://www.youtube.com/watch?v=1rGzYDDv44c&feature=related

Bei Joacim Cans von HammerFall gehe ich auch davon aus, aber bei den beiden DragonForce-SĂ€ngern bin ich mir zum Beispiel schon nicht mehr sicher. Die twangen sicherlich auch bei den ganz hohen Tönen, sind aber nach meinem GefĂŒhl trotzdem bereits hohe Tenöre, die durchaus irgendwo zwischen a' und c'' noch in der Vollstimme singen. Zumindest klingen sie da deutlich weniger quĂ€kig als die beiden oben genannten.

Dass die Randstimme nicht mehr so gut klappt nach einigem Singen liegt hÀufig daran, dass die Vollstimme zu weit nach oben genommen wird.

Naja, daran allein liegt's aber leider nicht. Wenn ich versuche, "Sugar Baby Love" in der Originaltonart komplett durchzusingen (die Randstimmen-Parts gehen bis g''), klappt's mit der Randstimme danach an dem Tag auch nicht mehr so gut - wobei allerdings natĂŒrlich auch bei dem Lied in der Strophe noch einige Male e' und f' vorkommen, vielleicht tragen die dann ja in dem Fall doch dazu bei, dass man speziell bei dem Lied schneller erschöpft. Trotzdem, ich habe da immer eher das GefĂŒhl, es liegt mehr am g'' als an den Vollstimmen-Tönen. :) Allerdings ist das ja auch bereits ein Ton, der selbst im Power Metal nur selten gebraucht wird.
 
Vielen Dank fĂŒr deine ausfĂŒhrliche Antwort, broeschies!
Das Problem ist halt, dass der benötigte Atemdruck ja gewissermaßen bestĂ€ndig zunimmt. Ab wie viel Atemdruck nennt man das Ganze dann Belt, und ab wie wenig ist es noch lediglich "Vollstimmen-Singen mit Kopfresonanz"?

c' ist bei mir definitiv nicht unteres Passagio, da muss ich mich schon zwingen, wenn ich auf einem c' schon in die Randstimme gehen will. Das geht erst ab e', und selbst das fĂŒhlt sich mittlerweile (durch Übung, die Vollstimme nach oben zu erweitern) meist noch unnatĂŒrlich tief an.
Im Prinzip gibt es drei Punkte, die fĂŒr die Randstimme relevant sind: 1. das untere Passagio, nĂ€mlich die Stelle, an der die Stimme erstmals bricht, 2. das obere Passagio, nĂ€mlich die Stelle, ab der man nur noch durch Belting in der Vollstimme bleiben kann und 3. der Grenzton der Vollstimme, das ist im Prinzip der Ton, ab dem man ohne Tilt nicht mehr in der Vollstimme bleiben kann. Die Punkte 1 und 3 verschieben sich je nach Schwere der Stimme. Lyrische und hohe Stimmen (Frauen und Tenöre) haben oft ein etwas höher liegendes unteres Passagio und natĂŒrlich auch einen höheren Grenzton in der Vollstimme. Tenöre haben das untere Passagio nach Aussagen auf The Range Index etwa bei e', Baritone eher bei c'/d'. Es gibt aber auch Ausnahmen. Sehr schwere Tenöre können das untere Passagio auch schon bei c' haben.

Ab wann genau es Belt ist lĂ€sst sich allgemein schwierig definieren. Es ist schon so, dass der Atemdruck bei höheren Tönen auch im Mix steigt (allerdings nur leicht). Bei gut trainierter Stimme ist diese Erhöhung aber so gering, dass du sie nicht mehr als solche wahrnimmst. Die Erhöhung beim Übergang in den Belt nimmst du aber auch bei trainierter Stimme deutlich wahr.

Oder ist mit "Tilt" das unfreiwillige "Wegrutschen" in die Randstimme gemeint? Das passiert mir eigentlich erst, wenn ich in einem Anflug von Übermut oder eben beim Einsingen mal ein a' oder bb' versuche. :D Das mache ich aber logischerweise fast nie, denn am Punkt dieses "Wegrutschens" hat man ja gar keine Kontrolle mehr ĂŒber den Ton. Da merke ich schon selbst, dass es keinen Sinn hat. Wenn das also mit "Tilt" gemeint ist, dann meine ich was anderes.
Ja es ist recht typisch, dass man im untrainierten Zustand bei den Tönen, an denen Tilt angebracht wĂ€re, in die Randstimme rutscht, das allein ist aber noch kein Zeichen dafĂŒr, dass der "Tilt-Punkt" schon erreicht ist.

Zum Thema Power-Metal und Twang: Wenn du den Übergang in die Randstimme nicht hörst, ist das ein ziemlich eindeutiges Zeichen dafĂŒr, dass sehr frĂŒh gewechselt wird (ab etwa f' halt), denn nur in einem wirklich ausgeglichenen Mix ist der Übergang nicht hörbar.

Twang an sich muss nicht quĂ€kig klingen. Twang in Extremform klingt quĂ€kig, ja! Aber Twang so wie es im Gesang verwendet werden sollte, klingt vor allem schneidend und durchsetzungsfĂ€hig. Wenn es quĂ€kig klingt, ist es ein Zeichen dafĂŒr, dass zu viel/zu stark getwangt wird oder zu wenig hintere Weite zum Ausgleich des im Twang-Modus steigenden Kehlkopfes verrwendet wird.
 
Da kann man am Twang sicherlich auch viel herumexperimentieren, ist ja eine Sache von MischverhĂ€ltnissen. Manche bevorzugen vielleicht auch einen Klang mit recht wenig Twang, der noch verhĂ€ltnismĂ€ĂŸig nahe am Falsett ist, wenn's weicher klingen, aber sich trotzdem durchsetzen soll; andere stehen vielleicht auf diesen quĂ€kigen Klang und twangen mit Absicht sehr stark (gerade bei extrem hohen Tönen, weil die dann noch einen Tacken höher klingen, als sie eigentlich sind - damit auch jeder Depp mitbekommt, wie groß ihre Range doch ist ^^).

Über beschreibende Begrifflichkeiten lĂ€sst sich immer streiten; ich finde halt, bei HammerFall und Freedom Call klingen die hohen Parts einfach höhenreicher, ob man es jetzt schneidender, quĂ€kiger oder sonst was nennt. ;)

Bei DragonForce hingegen hatte ich immer den Eindruck, obwohl die bisherigen SÀnger beide grundsÀtzlich höhere Stimmen haben als Chris Bay oder Joacim Cans, dass sie bei den hohen Tönen im VerhÀltnis etwas dunkler, voller... eben mehr nach "noch Vollstimme" klingen. ;)

Um das im Twang-Modus nachzumachen, rĂ€t z. B. ein Herr Lunte immer zum Kehlkopf-Absenken (und dabei mit der Zunge gegen die unteren SchneidezĂ€hne zu drĂŒcken), um mehr Platz in der Pharynx zu schaffen. Aber da, wie du ja gerade gesagt hast, beim Twang der Kehlkopf eigentlich steigt, ist das irgendwie recht anti-intuitiv...
 
Um das im Twang-Modus nachzumachen, rĂ€t z. B. ein Herr Lunte immer zum Kehlkopf-Absenken (und dabei mit der Zunge gegen die unteren SchneidezĂ€hne zu drĂŒcken), um mehr Platz in der Pharynx zu schaffen. Aber da, wie du ja gerade gesagt hast, beim Twang der Kehlkopf eigentlich steigt, ist das irgendwie recht anti-intuitiv...

Nein, Rob Lunte hat da genau recht. Um die "QuĂ€kigkeit" zu vermeiden und den etwas dunkleren Klang zu erzeugen ist ein Absenken des Kehlkopfes notwendig. Der Kehlkopf steigt durch Twang, dadurch wird der Klang automatisch etwas heller. Dem muss man sozusagen durch das aktive Absenken des Kehlkopfes entgegenwirken. Das Steigen des Kehlkopfes beim Twang ist sozusagen ein "unerwĂŒnschter Nebeneffekt".

EDIT: Hab mir grad mal ein paar Dragonforce-Sachen auf YT angehört. Weiß jetzt nicht welcher SĂ€nger das war, aber in den Songs wurde definitiv frĂŒh in die Randstimme gewechselt. Zu bspw. Hammerfall gibt es so wie ich das höre v.a. 3 Unterschiede:

1. Der Hammerfall-SĂ€nger twangt einfach stĂ€rker mit mehr Spannung, dadurch kommt auch bei Hammerfall nie etwas, was sich nach Scream anhört, wĂ€hrend bei Dragonforce auch schonmal angezerrt wird. Es kann sein dass bei Dragonforce minimal spĂ€ter in die Randstimme gewechselt wird (ich meine da ein vollstimmiges g' gehört zu haben). Aber allerspĂ€testens ab b' ist auch der Dragonforce-SĂ€nger in der Randstimme. Ich wĂŒrde auch nicht sagen, dass der SĂ€nger von Dragonforce höher ist als Joacim Cans, ich wĂŒrde beide tendenziell als dramatische Tenöre einschĂ€tzen, was auch gut dazu passt, dass ein a' in Vollstimme noch halbwegs akzeptabel geht.

2. Bei Dragonforce (zumindest bei den Studio-Songs die ich angehört hab) ist gerade bei den hohen Stellen eigentlich immer eine Zweitstimme mit drauf, die eine Oktave tiefer singt. Dadurch hat man hÀufig den Effekt eines tieferen Timbres.

3. Was noch hinzukommt ist, dass mir die Dragonforce-Songs tendenziell insgesamt ein wenig tiefer angelegt scheinen als die von Hammerfall. Dadurch kommt die Randstimme natĂŒrlich auch insgesamt weniger zum Einsatz.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Rob Lunte: Ich habe ja auch nicht gesagt, dass der Mann Unrecht hat. Ich habe nur gesagt, dass es schwer nachzumachen ist, weil's eben gegen das geht, was man instinktiv machen wĂŒrde. Aber das ist ja beim hohen Singen in der Vollstimme nicht anders, da will der Kehlkopf von Natur aus ja auch nach oben und man muss ihm das genauso abtrainieren. ^^

@DragonForce: Interessante Beobachtungen; dann ist es den beiden SĂ€ngern offenbar wirklich gelungen, besser zu kaschieren, dass sie in die Kopfstimme wechseln - oder einfach bessere Aufnahmebedingungen, der Sound ist nĂ€mlich imho bei DragonForce im Durchschnitt etwas besser als auf den frĂŒhen HammerFall-Alben.

Aber von der absoluten Tonhöhe her sind die eigentlich gleich; bei HammerFall ist der höchste mir bekannte Ton ein f#'' ("Templars of Steel"), bei DragonForce war es das bisher auch ("Operation Ground and Pound"), seit dem neuesten Album mit dem neuen SĂ€nger ist es sogar ein g'' ("Holding On"). Wobei bei diesen hohen Tönen natĂŒrlich klar ist, dass getwangt wird, und das höre dann auch selbst ich. ;)

Dementsprechend stimmen HammerFall auch einen Halbton runter, DragonForce nicht (höchstens live machen sie das). Passt also.
 
@Rob Lunte: Ich habe ja auch nicht gesagt, dass der Mann Unrecht hat. Ich habe nur gesagt, dass es schwer nachzumachen ist, weil's eben gegen das geht, was man instinktiv machen wĂŒrde. Aber das ist ja beim hohen Singen in der Vollstimme nicht anders, da will der Kehlkopf von Natur aus ja auch nach oben und man muss ihm das genauso abtrainieren. ^^
Das ist genau das, was die meisten MĂ€nner zuerst mal lernen mĂŒssen. Die meisten MĂ€nner (gerade die mit schweren Stimmen) sind in der Regel "Naturbelter", also fangen intuitiv an zu belten, wenn die Stimme bricht. Rob Lunte nennt es ganz passend "removing the fear of singing in M2", wobei mit M2 halt Randstimme gemeint ist. Wenn man diese "Furcht" entfernt hat, wirds auch wesentlich leichter den Atemdruck zu dosieren und dann auch vollstimmig an die höheren Töne ranzugehen. Das ist halt wieder dieser "psychische Faktor": Viele MĂ€nner haben "Angst" vor der Randstimme, weil sie denken sie klĂ€nge schwach, dĂŒnn oder gar weiblich.

@DragonForce: Interessante Beobachtungen; dann ist es den beiden SĂ€ngern offenbar wirklich gelungen, besser zu kaschieren, dass sie in die Kopfstimme wechseln - oder einfach bessere Aufnahmebedingungen, der Sound ist nĂ€mlich imho bei DragonForce im Durchschnitt etwas besser als auf den frĂŒhen HammerFall-Alben.

Aber von der absoluten Tonhöhe her sind die eigentlich gleich; bei HammerFall ist der höchste mir bekannte Ton ein f#'' ("Templars of Steel"), bei DragonForce war es das bisher auch ("Operation Ground and Pound"), seit dem neuesten Album mit dem neuen SĂ€nger ist es sogar ein g'' ("Holding On"). Wobei bei diesen hohen Tönen natĂŒrlich klar ist, dass getwangt wird, und das höre dann auch selbst ich. ;)

Dementsprechend stimmen HammerFall auch einen Halbton runter, DragonForce nicht (höchstens live machen sie das). Passt also.
Ja, wie gesagt, von der Stimmlage wĂŒrde ich beide als schwere Tenöre einschĂ€tzen. Der Hammerfall-SĂ€nger hat allerdings auch eine sehr "penetrante" Randstimme, das ist ja auch so ein bisschen sein Markenzeichen. Wenn man sich andere Power-Metal-Bands anhört wie Rhapsody oder Stratovarius (auch beides schwere Tenöre), dann merkt man, dass diese die Randstimme auch nicht ganz so penetrant singen.

Von der "absoluten Tonhöhe" sind fast alle MĂ€nner (und oft auch Frauen) gleich. Genau wie es im Bereich f'/g' so eine magische Grenze gibt, existiert die auch eine Oktave höher bei f''/g''. Hier wird das Singen plötzlich deutlich anstrengender und erfordert höheren Atemdruck. Deshalb hört man oft selbst von Frauen, dass fĂŒr sie etwa in diesem Bereich die absolute Tongrenze liegt (wenn sie nicht gerade ein ausgebildetes Pfeifregister haben). Aber auch tiefe Baritone (wie ich z.B.) erreichen diese Höhe in der Randstimme. Insgesamt gibt es ganz ganz ganz selten Songs im Contemporary-Bereich, die höher gehen als g''.
 
Aha, Fabio Leone von Rhapsody twangt also auch? Bei dem hĂ€tte ich's am wenigsten vermutet, der klingt fĂŒr meine Ohren immer noch am "klassischsten" (könnte aber auch nur an der Klischee-Opern-Vorstellung liegen, weil er halt Italiener ist ^^). Rhapsody sind ja allgemein, auch, was die Gitarren-, Keyboard- und Orchesterarbeit angeht, stĂ€rker von der Klassik bzw. auch vom Barock beeinflusst als andere Symphonic- / Power Metal-Bands. Und vielleicht mag ich mich ja irren, aber in der Klassik wird doch imho ĂŒberhaupt nicht mit Twang gesungen, zumindest nicht fĂŒr Tenöre, oder (Altus und Kontratenöre sind ja was anderes)? WĂ€re mal interessant zu wissen, wo der in die Randstimme wechselt. Ich hör's nĂ€mlich mal wieder nicht. :D

Was den absoluten Stimmumfang angeht, so habe ich da bisher Àhnliches gehört bzw. Àhnliche Erfahrungen gemacht. Ich habe mir in einen Song ein g#'' gesetzt, insgesamt komme ich im Moment bis bb''.

Deshalb hatte ich ja auch in einem anderen Thread schonmal gefragt, ob's da einen Zusammenhang zur Vollstimmen-Obergrenze gibt. Offenbar keinen direkten, aber wie du mir ja schon gesagt hast, einmal bb' getroffen heißt, ich mĂŒsste grundsĂ€tzlich dazu irgendwie in der Lage sein, und dann kommt's ja auch hin, dass die Randstimme einem nochmal eine Oktave drauf gibt. Nur fĂ€llt mir das bb'' in der Randstimme halt vieeel leichter als das bb' in der Vollstimme... :confused:

Könnte aber auch daran liegen, dass der Randstimmen-Umfang etwas leichter zu erweitern ist als der der Vollstimme. :D Womit wir auch wieder irgendwie beim Thema gelandet wÀren - aber ich schÀtze mal, beim Umfang-Erweitern der Kopfstimme passiert physiologisch was Àhnliches, die Stimmlippen gewöhnen sich auch in die Zusatzspannung, die ganze Hilfsmuskulatur gewöhnt sich an den nötigen Atemdruck, und - falls es verwendet wird - Twang wird auch trainiert.
 
Ja, Fabio Leone twangt sogar ziemlich dolle. Und Opern-SÀnger twangen oberhalb von f' auch ziemlich dolle. Der Punkt, warum man es da nicht so hört ist wieder das Senken des Kehlkopfes. Der Twang hat halt zwei klangliche Effekte:

1. Er macht den Klang schÀrfer, schneidender und brillianter
2. Er macht die Resonanz insgesamt kleiner, weil er den Kehlkopf erhöht, das Timbre wird dadurch weniger "voll".

Der Effekt Nummer 1 ist sozusagen der "gewĂŒnschte" Effekt. Dem Effekt Nummer 2 versucht man durch das Senken des Kehlkopfes entgegenzuwirken. Im Pop-/Rock senkt man den Kehlkopf gerade so weit, dass der Klang nicht unangenehm quĂ€kig ist. In der Klassik hingegen wird grundsĂ€tzlich mit einer sehr tiefen Kehlkopfstellung gesungen, der Kehlkopf wird hier im Twang-Modus deshalb nochmal deutlich stĂ€rker gesenkt als im Pop/Rock. Dadurch wird Effekt Nummer 2 nahezu komplett ausgeglichen und der "quĂ€kige" Klang, der fĂŒr viele charakteristisch fĂŒr Twang ist, verschwindet. Das Ă€ndert aber nichts an der Tatsache, dass auch Klassiker twangen.

Es gibt auch Klassiker die nicht twangen, das ist aber schlicht und einfach schlechte Technik. Solche Klassik-SÀnger neigen in der Höhe sehr stark zum sogenannten "Knödeln", sie besitzen nur wenig Brillianz in ihren hohen Belts und der Klang wird dumpf (eben weil ihnen der Twang fehlt).

Dass das Umfang erweitern in der Randstimme leichter geht als in der Vollstimme ist völlig normal. Die Randstimme vergibt einfach viele technische Unsauberkeiten. Zudem ist es ja so, dass die Randstimme der "natĂŒrliche" Modus ist ein Bb'' zu produzieren, wĂ€hrend die Vollstimme NICHT der natĂŒrliche Modus ist, ein Bb' zu produzieren.
 

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