wer singt noch deutsche Volkslieder?

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Ist ja nur ein Beispiel, kann ja hier nicht alles posten. Will ich auch nicht, mir geht es nicht um Werbung für die Band, sondern darum, was man mit Volksmusik z.B. auch anstellen kann.
Die Aussage sollte nicht sein, das ist der heißeste Scheiß aus Russland, muss man kaufen.
Wenn das Beispiel schlecht war, ok, mea culpa.
 
So kann "Volksmusik" oder "volkstümliche Musik" durchaus auch klingen.
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Glaube ich nicht. Solche Titel hören die Leute nebenbei, aufm Handy, im Auto oder so. Sie sitzen oder gehen nicht irgendwo und singen das Lied, schon gar nicht zusammen.

Damit ist kein Urteil über seine Qualität beabsichtigt.
 
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Ok, ist ein Punkt, obwohl es interessant wäre. :)
 
Ich glaube doch. In Rußland, Ukraine und anderswo im Osten wird - zumindest auf den Dörfern - schon noch gesungen, und zwar traditionell im Chor aber auch solo nach- und mitgesungen. Die sind da noch ungefähr knapp hundert Jahre zurück - im positiven Sinne. Das sagt meine Nachbarin (30 Jahre alt), die aus der Ukraine stammt und der das Singen um sie herum fehlt.
 
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Solche Titel hören die Leute nebenbei, aufm Handy, im Auto oder so. Sie sitzen oder gehen nicht irgendwo und singen das Lied,
Gehen wir davon aus, dass Text und Melodie der Kalevala-Aufnahme tatsächlich "Russian trad." sind, würde ich es so sagen: Solche Bearbeitungen von Volksliedern hören die Leute nebenbei. Die Volkslieder selbst (speziell das Lied in dieser Aufnahme) sind von der Melodik und wohl vom Text her (ich bin kein Slavist!) so angelegt, dass "die Leute" sie sehr wohl in Abwesenheit eines Radios oder Wiedergabegeräts singen könnten.
Ich bin z.B. Ire - die Thin Lizzie-Version von "Whiskey in the Jar" höre ich nur aus Versehen im Autoradio. Singen tue ich es (gegen Ende praktisch jeden Gigs) sehr viel schlichter und ergreifender. Als Volkslied eben.
Cheers,
Jed
 
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@diatoner In meinem ersten Beitrag - der im letzten verlinkt ist - hatte ich die Gültigkeit meiner Aussage auf Westeuropa beschränkt. Das war gestern mitgedacht - ich weiß zu wenig über den (riesengroßen...) Rest der Welt. Aber das bißchen, dass ich aus Ländern jenseits der Oder so mitbekommen, lässt mich vermuten, dass die durchaus auch auf dem Weg sind, den wir schon hinter uns haben ...

@Jed Irgendwie habe ich ja darauf gewartet ;-) Irland bzw. die irische Kultur ist einer der Fälle in Westeuropa, die ich im Hinterkopf hatte, als ich schrieb:
Ausnahmen bestätigen die Regel.
 
Vor zwei Jahren zum Kulturaustausch in der ukrainischen Partnerstadt, da hat eine junge Band mit moderner Instrumentierung "Volkslieder" gespielt. Hat mir gut gefallen, einige Gäste haben mitgesungen und plötzlich auch getanzt (Paartanz wie Walzer im Dreivierteltakt). Da haben wir Deutschen große Augen gemacht, denn es war eigentlich eine Vernissage - also in Dt. eine ernsthafte Angelegenheit :eek:
Eins der Lieder hab ich dann in einer volktümlicheren Version im Netz gefunden und musste feststellen, dass die moderne Interpretation der Band die Seele des Songs sehr behutsam bewahrt hat... mit großer Selbstverständlichkeit 👍
 
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Die Volkslieder selbst (speziell das Lied in dieser Aufnahme) sind von der Melodik und wohl vom Text her (ich bin kein Slavist!) so angelegt, dass "die Leute" sie sehr wohl in Abwesenheit eines Radios oder Wiedergabegeräts singen könnten.
Mag sein. Wenn ich es richtig verstanden habe, dann ist aber der Punkt, um den’s geht: Hierzulande wird nicht mehr gesungen.

Es singen viel weniger Leute als vor 60 Jahren, und meist auch nicht „einfach so“, sondern zu eigens dafür gemachten Gelegenheiten: Chor, Messe, Musikkapelle.

Das ist, wie @Petyus schreibt, auch nicht groß verwunderlich:

In alten Zeiten gab es mehrere Situationen, wo die Menschen beisammen waren, und gar während der Arbeit, oder Reisen, oder zwischen Essen und Trinken, (Tanzen und Springen) leere Zeitintervalle für gemeinsame Singen fand.
Diese leeren Zeitintervalle gibt’s nicht mehr, weil man sie einfach mit Konservenmusik ausfüllen kann. Und die ist besser, weil sie immer neu und à jour und außerdem von Profimusikern gemacht ist. Man kann auch nicht alle paar Wochen komplett neue Lieder lernen, wenn man kein spezielles Interesse dafür hat – und das haben die meisten nicht (und hatten es „in alten Zeiten“ ebenfalls nicht). @Petyus fährt fort:

Und auch gab es (vielleicht eben darum) ein gemeinsame Liederschatz, ein Kreis von den Liedern, der von der Ganzen Publikum bekannt war.
Deshalb ist auch kein allgemein bekannter Liederschatz vorhanden.

Volkslieder als Alltagsbestandteil gibt’s hierzulande (schon länger) nicht mehr. Was es als Nische gibt ist die Aufführung ehemaliger Volkslieder in aus dem Alltag herausgehobenen Situationen.
 
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Es singen viel weniger Leute als vor 60 Jahren,
Diese leeren Zeitintervalle gibt’s nicht mehr, weil man sie einfach mit Konservenmusik ausfüllen kann.
Je mehr ich über das Thema nachdenke, desto mehr komme ich zu dem Ergebnis, dass es diese Tradition in meiner Gegend offenbar gar nicht gibt (gegeben hat). Meine Gegend, das ist plattes Land in N/W Deutschland. Gaannz N/W. Geht noch ein bisschen nördlicher, westlicher nicht, da ist Holland.

Meine Erinnerung reicht zurück bis Anfang der 70er Jahre und da, und auch noch bis in die späten 80er, hatte mein Heimatort noch einen richtig dörflichen Charakter. Das hat sich heute weitgehend geändert. Durch die Welle der Spätaussiedler und Ähnliches hat sich die Einwohnerzahl seit damals mehr als verdreifacht. Ist sicher immer noch keine Stadt aber es macht schon einen Unterschied, ob in einer Gemeinde, wie damals ca. 3000, oder wie heute fast 10.000 Menschen leben.

Es gibt Traditionen, die damals (sehr begrenzt sogar heute noch) gepflegt wurden. Als Beispiele seien einmal genannt, Maibaum aufstellen, Kränze zu diversen Ehejubiläen binden, Kilbern (neugeborenes Kind begrüßen). Also Gelegenheiten, bei denen eine Gruppe von Menschen zusammenkommt und über mehrere Stunden zusammensitzt und (mehr oder weniger) arbeitet. Gesungen wurde da nie. Mir fällt nicht einmal traditionelles, regionaltypisches Liedgut ein, das zu dem Zweck geeignet wäre. Und ich bin mir sicher, dass das, was wir da vor gut 50 Jahren gemacht haben, in genau der gleichen, wie es bei uns heisst, "althergebrachten" Weise, auch 100 Jahre vorher schon genau so gemacht wurde.

Ich gehe daher davon aus, dass die Zeiten, in denen hier in Gesellschaft (Volks) Lieder gesungen wurden, noch sehr viel länger zurückliegen müssen oder, dass es sie tatsächlich nie gab.

Offenbar sind (waren) Volkslieder durchaus weniger verbreitet, als man gemeinhin annimmt.

Möglicherweise ist es aber auch eine lokale (regionale) Besonderheit, da hier generell eher nur gesprochen wird, wenn man tatsächlich etwas mitzuteilen hat. Reden, um zu Quatschen, hat bei uns gar keine Tradition. Nicht einmal unter Alkoholeinfluss :cool:. Und Menschen, die schon wenig sprechen, fangen wohl selten überhaupt an, zu singen. Und wer sich jetzt vorstellt, dass bei solchen Gelegenheiten einfach stumm und stur vor sich hingearbeitet wurde: Naja, ganz so schlimm war es wohl nicht. An ausgelassene Fröhlichkeit kann ich mich aber auch nicht wirklich erinnern.

Keep on musizierin`
 
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Diese leeren Zeitintervalle gibt’s nicht mehr, weil man sie einfach mit Konservenmusik ausfüllen kann
Sehe ich auch so, und zwar seit den 30er Jahren. Paradoxerweise haben die Nazionalsozialisten gleichzeitig die leeren Zeitintervalle (heute Freizeit) exzessiv mit dem Singen von DEUTSCHEN Liedern gefüllt (größtenteils wohl keine Volkslieder) und gleichzeitig dem Deutschen Volke als Erziehungsmaßnahme die Göbbelsschnauze verordnet (Einführung des Radios).
 
Diese leeren Zeitintervalle gibt’s nicht mehr, weil man sie einfach mit Konservenmusik ausfüllen kann. Und die ist besser, weil sie immer neu und à jour und außerdem von Profimusikern gemacht ist.
Das sehe ich auch so. Die Aufnahme- und Funktechnologien sind wohl ein entscheidender Faktor im "Untergang" des "Volksliedes".
Kürzlich schloss ich mein drittes Lebensvierteljahrhundert ab. Ich war ein spätes Kind meiner Eltern. Das heißt, dass meine Erinnerungen an das, was mir meine Eltern über deren Kindheit und Jugend erzählt haben, bis in die 10er und 20er Jahre des letzten Jahrhunderts zurückreichen. Meine Eltern waren ein interessantes Paar: mein Vater war Sohn eines Landarbeiters, meine Mutter Tochter eines in der Großstadt lebenden Ingenieurs.
Beide waren Musikalisch, und das hieß damals, dass sie ganz selbstverständlich musikalisch gefördert wurden - weil die Gesellschaft Musiker brauchte. Die Dörfler konnten sich keine Profiorchester für ihre Tanzveranstaltungen leisten, und das klassische Orchester und der Chor der Stadt waren auf Nachwuchs aus dem privaten Musikunterricht angewiesen. (In Berlin oder London mag es auch damals anders ausgesehen haben - aber meine Eltern wuchsen in Irland auf, welches damals bloß eine englische Provinz war.) Meine Mutter lernte ganz bürgerlich bei Musiklehrern Klavier, Violine und Gesang; mein Vater ganz ländlich von einem Nachbarn Geige, Handharmonika und Mundharmonika.
Ich war also Erbe zweier Musikkulturen - aber beiden Kulturen basierten darauf, dass deren musikalische Mitglieder so gut wie möglich Musik machen mussten, wenn die Gesellschaft Tanzen oder unterhalten werden wollte.
Bei mir ist davon etwas hängen geblieben. Von beiden Eltern habe ich gelernt, dass die Musik eher etwas ist, das man macht, als etwas, das man konsumiert (sofern man mit der entsprechenden Feinmotorik bzw. Stimme ausgestattet ist). Noch in meiner Kindheit (späte 1940er Jahre) waren in den Wohnzimmern, die ich besuchen durfte, eher Klaviere als Grammophone anzutreffen. Das heißt, die Musik war noch nicht ganz vom Aktiven ins Passive gekippt. Radio hatten wir damals schon (der 2. Weltkrieg wäre ohne Radio nicht vorstellbar gewesen!) aber irgendwie betrachtete ich die Radiomusik eher als Vorlage für mein eigenes, kindliches Musizieren.
Seit den 1960er Jahre hat sich die Tontechnik exponentiell verbreitet. Musikfreie Räume wurden einer nach dem anderen erobert - zunächst die Fahrstühle, dann die Supermärkte, die Autos ...
Bald war jedem musikalische interessierten Jugendlichen klar: jeder weiß von den Medien her, wie gute Musik klingt; wenn ich nicht so gut werde wie Menuhin oder Buddy Holly, kann ich's gleich lassen. Keiner braucht mich wirklich!

Nicht dass ihr denkt, ich gäbe den Medien die monokausale Schuld - aber für heute Abend reicht es!

Cheers,
Jed
 
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Also, meine Ausgangsfrage ging ja eher dahin, wie man diese Musik weitertragen kann. Nix gegen Alte, aber die (gerade im Heim) tragen die Musik nicht mehr weiter, sondern nehmen sie mit ins Grab. Und gerade dieses Weitergeben ist den Iren ja gut gelungen. Da nehmen alle Teil - Alt und Jung. Hier stößt man bei den Jungen auf Ablehnung und Vorurteile.
Bis vor 10 Jahren war ich bestimmt 30x im Urlaub auf Menorca in einem privaten Ferienhaus. Die Truppe die sich dort zusammenfand hat immer gerne Volkslieder gesungen. Ich sorgte für eine Guitarre und brachte vervielfältigte Texte mit. Soviel Spaß und Stimmung habe ich nirgends sonst gefunden. Wir sind nie auf die Idee gekommen zu "hinterfragen" ob das nun Nazi -oder Heino-Material war oder welche Ansichten Harry Belafonte hatte. Soweit kommts noch, daß mir einer vorschreibt was ich zu singen habe.
Weitertragen kann ich dies Kulturgut nicht mehr aus Altersgründen, (80J) Sollte mich aber ein Jungspund bitten einen Titel zu singen, hätte ich immer "Grandfathers clock" parat.
Saludos
Uvdil.
 
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Weitertragen kann ich dies Kulturgut nicht mehr aus Altersgründen, (80J) Sollte mich aber ein Jungspund bitten einen Titel zu singen, hätte ich immer "Grandfathers clock" parat.
Neben "Opa's Uhr" ist "Oma's Spinnrad" der andere amerikanische Schlager, was auch in Mode war. Auch bei Ungarndeutschen. Manchmal singen auch die heutige Volksliederkreise:


In diesem Essay stelle ich die Entwicklung zweier alter Schlager zu Volksliedern vor. Es ist nur in ungarischer Sprache verfasst, aber die zitierten Beispiele veranschaulichen den Prozess.
http://mikolastudio.hu/kaboca/slager_nepdal/slager_nepdal_dolgozat.pdf
 

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