
egoldstein
HCA Synthesizer
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Ich finde es interessant, dass du einem Instrument eine Seele zuschreibst und es damit vermenschlichst, es aber gleichzeitig für taktlos hältst, ein nicht mehr zu rettendes und damit "totes" Instrument zu verbrennen.Sorry aber jedes Instrument so also auch ein Akkordeon hat in meinen Augen eine Seele und wer meint das demonstrativ zu verbrennen und das dann auch noch zur Schau zu stellen sollte sich schämen!
Eine Feuerbestattung ist neben, wenn nicht sogar vor der Beerdigung, mit die häufigste Form der Bestattung. In Deutschland haben Feuerbestattungen einen Anteil von etwa 60%, sind damit also in der Mehrheit. In anderen Ländern wie Großbritannien, Dänemark, Kanada, Indien und allen voran Japan sind Feuerbestattungen ebenfalls deutlich verbreiteter als Beerdigungen.
Das Verbrennen mag heutzutage nicht überall öffentlich sein, war aber früher durchaus ein größeres Ereignis, das auch "demonstrativ" vollzogen wurde. Das Präsentieren der Überreste wird in Japan heute noch als Kotsuage praktiziert, wo die nicht verbrannten Knochen von den Angehörigen in einer Kette weitergereicht werden, bis sie in der Urne ankommen. Hierzulande mag es etwas diskreter sein, wenn nur die fertige Urne sichtbar ist, aber dennoch symbolisiert diese die Überreste des Verstorbenen und stellt diesen gewissermaßen auch zur Schau.
Die Verbrennung des Akkordeons erfüllt in der Hinsicht durchaus die Kriterien der Feuerbestattung und wird im Anfangspost auch so genannt. Nur ist der Verstorbene eben kein Mensch, sondern ein (durch eine vermeintliche Seele vermenschlichtes) Instrument.
Der Threadersteller mag - wie die meisten Nutzer hier - kein eigenes Krematorium besitzen und wenig Erfahrung mit Bestattungen haben, insofern ist die Durchführung etwas krude, aber auch nicht unbedingt kruder als Feuerbestattungen in früheren Epochen. Der Threadtitel ist zugegeben etwas reißerisch; ein Ausrufezeichen braucht es da nicht.
Die gewählte Form der Durchführung mit genug Brennmaterial und ausreichender Hitze war sicherlich auch mit einem gewissen Aufwand verbunden. Wenn es nur darum ginge, einen unliebsamen Gegenstand zu ruinieren, hätte es etwas Feuerzeugbenzin und ein Streichholz auch getan. Insofern kann man dem Threadersteller auch nicht vorwerfen, er hätte sich keine Mühe gemacht.
Vor der Verbrennung hatte der Threadersteller das Akkordeon für gut zwei Jahre, wenn man das Datum des im Anfangspost verlinkten Threads heranzieht. In der Zeit hat er wohl einschätzen können, ob das Akkordeon noch zu retten ist oder nicht. Schließlich hat er sich dann dafür entschieden, dass die Zeit abgelaufen und eine Restauration nicht möglich ist.
Wäre es da besser gewesen, das beseelte Instrument auf dem Dachboden noch ein paar Jahrzehnte verrotten zu lassen? Oder es in den Müll zu werfen, wo es letzten Endes auch verbrannt worden wäre, nur mit wesentlich weniger persönlicher Beteiligung? Hätte man das Akkordeon stattdessen in einem Sarg beerdigen sollen, weil Beerdigungen besser sind als Feuerbestattungen?
Alles in allem finde ich die rituell gestaltete Feuerbestattung da nicht respektloser oder barbarischer als die Alternativen.