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Godehard
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Als ich mir ein E-Piano zulegen wollte, war ich enttäuscht über die Klänge, und das auch bei teuren Instrumenten. Mit Kopfhörer sowie über die eingebauten Boxen. Selbst der Klang eines einfachen Klaviers hat mir besser gefallen als ein synthetisches Steinway.
Die Frage: Liegt das an mir? Da gerade der Klang subjektiv empfunden wird, sicherlich zum Teil ja. Andere Leute empfinden es anscheinend nicht so.
Da ein Teil an mir liegt, habe ich mir den anderen Teil angeschaut.
Machen wir also einen Ausflug zur Klangerzeugung und Wiedergabe von Flügeln/Klaviere:
Kurz habe ich das schon in meinem Review zu pianoteq erläutert:
https://www.musiker-board.de/threads/pianoteq-7-5-review.735025/#post-9399425
Jetzt möchte ich das etwas ausführlicher beleuchten.
Folgende Fragen habe ich mir gestellt um mein Unbehagen der getesteten Klänge besser zu verstehen zu können :
Zu Frage 1: Wovon hängt der Klang eines Klaviers/Flügels ab?
Ich bin kein Klavierbauer und habe leider kein echtes Klavier, dennoch sind mir einige Dinge eingefallen:
Die Punkte 1 bis 4 sind variabel. Wobei der Punkt 1 mit einem Bösendorfer Imperial 290 mit 570kg sicherlich etwas schwerer zu bewältigen ist als mit einem Yamaha b1 mit 176kg. Diese Punkte beschreiben sozusagen das Umfeld des Instrumentes.
Die Punkte 5 bis 20 sind fest. Sie beschreiben das Instrument selbst. Sie können durch den Austausch der Komponenten geändert werden. Das ist dann die Aufgabe des Klavierbauers ( oder begabten Heimwerkers). Die Stimmung und das Temperament können auch verändert werden. Das ist dann die Aufgabe des Klavierbauers oder Klavierstimmers(und des Hobbystimmers).
Zu Frage 2: Wie wird ein Klavier/Flügelklang erzeugt?
Erstmal ganz einfach:
Jetzt wird es etwas komplizierter. Es schwingen nicht nur die Saiten, die angeschlagen worden sind. Auch die Nachbarsaiten fangen an zu schwingen. Ebenso bilden sich die sogenannten Obertöne.
Diese Obertöne bilden den Klangkörper. Macht mal folgendes Experiment: Erzeugt einen Ton mit einem Instrument, welches nur einen einzigen Ton abgeben kann, z.B. mit einer Flöte oder auch einer Stimmgabel. Erzeugt den gleichen Ton mit einem Sinusgenerator. Der ist ja bekanntlich in jedem ordentlichen Haushalt vorhanden. Wie, ihr habt keinen? Naja, so geht es auch:
https://onlinetonegenerator.com/
Hört Ihr den Unterschied? Das sind unter anderem die Obertöne.
Was sind die Obertöne? Sie sind ein Vielfaches der Grundschwingung, also beim Kammerton a‘ mit 440Hz, sind die Obertöne a‘‘ 880Hz, a‘‘‘ 1320Hz…
Jetzt werden die Obertöne beim Klavier/Flügel nicht nur von den angeschlagenen Saiten gebildet, sondern auch von den mitschwingenden Saiten.
Das alles zusammen ergibt den Klang des Instrumentes.
Nun ist es so, dass kein Ton gleich klingt. So ein Flügel ist ein chaotisches Instrument. Es lässt sich nie genau vorhersagen, wie der angeschlagene Ton klingen wird. Vergleichen wir mal das angeschlagene c mit der Erde: Mal ist der Mount Everest einen Kilometer niedriger, die lange Anna bei Helgoland 50m weiter weg von der Insel, oder der Vesuv befindet sich neben dem Eiffelturm. Das sind alles mehr oder weniger Nuancen, und genau diese Nuancen machen es aus, dass ein Instrument lebendig klingt.
Diese Schallwellen verbreiten sich nun im Raum, reflektieren und überlagern sich, das Chaos geht weiter…
Nachdem ich alles geschrieben hatte fand ich folgendes, ihr müsst bis zum Bild runterscrollen und dann immer auf „next“
https://www.modartt.com/pianoteq#pane_technology
Da wird das alles sehr gut beschrieben.
Zu Frage 3: Wie kommt der Klang in das E-Piano?
Mir sind genau zwei Methoden bekannt.
Methode 1:
Die einzelnen Klänge werden alle berechnet, das sogenannte Physical Moddeling. Es werden dabei keine Aufnahmen von Klängen verwendet, die gesamte Tonerzeugung besteht aus mathematischen Modellen.
Das Problem:
Es lässt sich eben nicht alles in Echtzeit berechnen.
Es gibt einen schönen Bericht darüber, ich meine in Bezug auf pianoteq, dass eine Sekunde mehrere Tage Berechnung dauern würde. Ich finde diesen Bericht leider nicht mehr. Ich glaube, in der Historie von pianoteq taucht er irgendwo um 2018 oder 2012 auf. Also wenn jemand was findet…
Pianoteq, eine Software, die genauso wie Roland dieses Verfahren einsetzt, benutzt allerdings zum Erstellen des Physikalischen Modells, und nur dazu, teilweise Samples. Zu Roland habe ich diesbezüglich keine Informationen.
Der Vorteil:
Es kann, wenn gewünscht, alles in Echtzeit angepasst werden. Alle Punkte von 1 bis 20 können, (ok, Nummer 4 nicht) wenn die Möglichkeit besteht, angepasst werden, und noch viel mehr. Ich kann, wenn die Möglichkeit gegeben ist, mein eigener Klavierbauer werden und neue Instrumente aus alten entstehen lassen. Neue Räume können geschaffen werden. Wenn es z.B. ein akustisches Abbild vom Kölner Dom gibt, so kann ich dort mein Instrument platzieren. Die Mikrofone zum Aufnehmen des Klanges können frei positioniert werden.
Dadurch, dass „nur“ ein paar Parameter geändert werden müssen, ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten…
Natürlich vorausgesetzt, dass das zugrundeliegende Modell gut ist. Und genau das ist die große Schwierigkeit.
Methode 2:
Dazu wird das Instrument über Mikrofone aufgenommen. Je besser der Klang werden soll, desto umfangreicher werden die Aufnahmen. Sie können in unterschiedlichen Lautstärken aufgenommen werden. Je mehr Lautstärkeaufnahmen, desto besser der Klang später, da weniger angepasst werden muß. Je länger die Aufnahme jedes Tones, um so besser die Qualität hinterher.
Das Problem mit der Aufnahme:
Je genauer die Aufnahmen werden, desto größer werden die Samples.
Es gibt keine Mikrofone, die exakt aufnehmen.
Wo sollen die Mikrofone positioniert werden, um den Klang einzufangen?
Wie viele Mikrofone sollen verwendet werden?
In welchem Raum soll aufgenommen werden?
Die Folgerung: Es gibt nicht DIE Aufnahme von DEM Instrument
Das Problem mit der Wiedergabe:
Wenn nicht nur ein Ton, sondern Akkorde gespielt werden, dann können nicht nur die einzelnen Töne übereinander gelebt werden. Die mitschwingenden Saiten und die Obertöne ändern sich, somit das gesamte Klangverhalten. Es ist inzwischen so, dass meistens die Samplings mit Prozessoren weiter aufbereitet werden, um die o.g. Probleme besser in den Griff zu bekommen.
Der große Vorteil:
Ein echtes Klavier/Flügel klingt lebendig. Demzufolge klingt eine gute Aufnahme auch lebendig. Stellen wir uns eine Landschaft vor, die fotografiert und gemalt wird. Das Foto wirkt echter als selbst ein gutes Gemälde. Es ist fast unmöglich, ein wirklich lebendiges Bild zu malen. Deshalb ist es schwierig, ohne Samples einen lebendigen Klang zu erreichen.
Zu Frage 4: Wie kommt der Klang aus dem E-Piano?
Zum einen über Kopfhörer. Über gute Studiokopfhörer hören wir (fast) genau das, was das E-Piano produziert. Nun klingen auch Studiokopfhörer nicht gleich. Deshalb ist es empfehlenswert, beim Testen von E-Pianos immer den gleichen Kopfhörer zu benutzen.
Nun soll es Leute geben, die nicht nur über Kopfhörer spielen wollen.
Bei einem Upright-Piano und im Flügel sind im Korpus Lautsprecher eingebaut, die für eine gute Wiedergabe sorgen sollen.
Bei einem Klavier/Flügel gibt nicht nur der Resonanzboden den Klang ab, sondern das ganze Instrument.
Bei einem normalen E-Piano sind es die Lautsprecher. Mindestens sind es zwei, oft aber mehr, teilweise bis zu acht werden verbaut. Damit die Schwingungen auch an der Klaviatur gefühlt werden können, werden bei manchen Geräten auch dort Lautsprecher verbaut (Roland macht das z.B. beim LX708). Manche bauen sogar einen Resonanzboden ein, um den Klang authentischer zu machen, z.B. Kawai mit dem CA99.
Das alles sind Hilfsmittel. Die Klangausgabe eines Klaviers/Flügels wird allein physikalisch bedingt dadurch nicht erreicht.
Das große Problem fand ich beim Testen, dass der Klang nicht aus dem Instrument heraus kam. Das lässt sich nur sehr schlecht beschreiben. Losgelöst vom Piano ist das ein Phänomen, das teilweise bei nicht so guten Instrumenten anzutreffen ist. Ich habe z.B. zwei Cistern, bei der einen bleibt der Klang „drinnen im Instrument“ bei der anderen kommt der Klang aus dem Instrument raus. Das habe ich aber erst gemerkt, als ich die zweite Cister bekommen habe. Mein Musiklehrer hat beide gespielt und ich war ein paar Meter entfernt ihm gegenüber. Da ist es mir erst aufgefallen.
Letztendlich ist der Klang immer Geschmackssache. Vielen gefallen die eingebauten Klänge in den E-Pianos.
Es gibt noch andere Wege zum Klavierklang zu kommen:
Das Software Piano
Hier werden die Klänge von einem Computer mit spezieller Software erzeugt. An den Computer ist meistens eine USB-MIDI-Klaviatur angeschlossen, die keine eigene Klangerzeugung haben muss. Am Lautsprecher-oder Kopfhörerausgang des Computers kann dann das Klavier gehört werden. Da die normalen Soundkarten oft nicht gut sind, wird gerne auch eine USB Soundkarte dafür genommen.
Es gibt Software die sowohl mit Physical Moddeling arbeitet als auch mit Samples:
Das Problem:
Die Klaviatur muss teilweise für die entsprechende Software angepasst werden.
Das System muss in Echtzeit laufen. Wenn der Ton 100 ms später als der Tastendruck kommt, macht es nur bedingt Spaß.
Auf dem Computer sind auch noch andere Programme installiert. Ein reibungsloser Ablauf ist nicht immer gegeben, weder bei der Installation noch beim späteren Betrieb.
Ein E-Piano ist nach ein paar Sekunden bereit. Das Hochfahren eines Computers dauert normalerweise länger.
Der große Vorteil
Es gibt div. kostenlose Programme: https://www.pianoo.de/free-piano-vst-kostenlose-software-pianos/#empfehlungen
Die große Flexibilität. Ich kann durch neue Bibliotheken die Klänge erweitern.
Die Qualität ist je nach Programm vergleichbar mit den eingebauten Klängen.
Das war‘s, der kleine Ausflug.
Ich hör jetzt auf mit dem verbessern und abändern, sonst wird der Text nie veröffentlicht
Eines fehlt aber noch. Der Weg den ich gegangen bin um Klavier zu spielen.
Mein Ding ist die pianoteq-Software. Mit ihr kann ich so ziemlich alles am Klavier ändern, was überhaupt geändert werden kann. Sogar den Mikrofontyp und die Positionen der Mikrofone können angepasst werden.
Pianoteq hat auch div. historische Instrumente berechnet. Ich spiele am liebsten Pianos und Pianofortes aus dem 17. und 18. Jarhundert.
Aber auch das ist Geschmackssache.
Bei mir wurde durch den Klang der alten Instrumente das Interesse an der klassischen Musik geweckt.
Ein Tipp: Spielt doch mal Mozart mit einem Flügel/Pianoforte aus seiner Zeit und genießt den Unterschied zu modernen Flügeln.
Noch eine Bemerkung zu den alten Instrumenten:
Es gibt das KIViR" (Keyboard Instrument Virtual Restoration) Projekt. Historische Instrumente, die teilweise defekt waren, wurden wieder zum Leben erweckt mit dieser Technik. Konnten einige Töne nicht mehr gespielt werden, so war das nicht so schlimm. Es wurden Physikalische Modelle erstellt. Die fehlenden Töne konnten aus den Modellen berechnet werden.
Ich hoffe, die Entstehungsprozesse einigermaßen korrekt wiedergegeben zu haben. Mir ist jetzt deutlicher geworden, warum es so schwer ist, einen naturgetreuen Klang herzustellen.
Ich kann nur sagen: Respekt vor dem, was bis jetzt auf dem Gebiet geleistet wurde.
LG Godehard
Die Frage: Liegt das an mir? Da gerade der Klang subjektiv empfunden wird, sicherlich zum Teil ja. Andere Leute empfinden es anscheinend nicht so.
Da ein Teil an mir liegt, habe ich mir den anderen Teil angeschaut.
Machen wir also einen Ausflug zur Klangerzeugung und Wiedergabe von Flügeln/Klaviere:
Kurz habe ich das schon in meinem Review zu pianoteq erläutert:
https://www.musiker-board.de/threads/pianoteq-7-5-review.735025/#post-9399425
Jetzt möchte ich das etwas ausführlicher beleuchten.
Folgende Fragen habe ich mir gestellt um mein Unbehagen der getesteten Klänge besser zu verstehen zu können :
- Wovon hängt der Klang eines Klaviers/Flügels ab?
- Wie wird ein Klavier/Flügelklang erzeugt?
- Wie kommt der Klang in das E-Piano?
- Wie kommt der Klang aus dem E-Piano?
Zu Frage 1: Wovon hängt der Klang eines Klaviers/Flügels ab?
Ich bin kein Klavierbauer und habe leider kein echtes Klavier, dennoch sind mir einige Dinge eingefallen:
- Raum in dem das Instrument steht
- Position des Instruments im Raum
- Position des Hörers
- Spieler
- Form des Instruments
- Korpus
- Material des Instruments
- Saitenlänge
- Saitenmaterial
- Saitenanzahl
- Art des Hammerfilzes
- Härte des Hammerfilzes
- Entfernung Hammer Saite
- Dämpfer
- Resonanzboden
- Stimmstock
- Steg
- Deckelstatus(geschlossen, halboffenen, offen)
- Stimmung
- Temperament
Die Punkte 1 bis 4 sind variabel. Wobei der Punkt 1 mit einem Bösendorfer Imperial 290 mit 570kg sicherlich etwas schwerer zu bewältigen ist als mit einem Yamaha b1 mit 176kg. Diese Punkte beschreiben sozusagen das Umfeld des Instrumentes.
Die Punkte 5 bis 20 sind fest. Sie beschreiben das Instrument selbst. Sie können durch den Austausch der Komponenten geändert werden. Das ist dann die Aufgabe des Klavierbauers ( oder begabten Heimwerkers). Die Stimmung und das Temperament können auch verändert werden. Das ist dann die Aufgabe des Klavierbauers oder Klavierstimmers(und des Hobbystimmers).
Zu Frage 2: Wie wird ein Klavier/Flügelklang erzeugt?
Erstmal ganz einfach:
- Eine Taste auf der Klaviatur wird gedrückt.
- Diese bewegt einen Hammer mit einem Filzkopf
- Der Filzkopf schlägt gegen die entsprechenden Saiten
- Die Angeschlagenen Saiten beginnen zu schwingen
- Über den Steg werden die Schwingung an den Resonanzboden, den Korpus und das Gehäuse abgegeben
Jetzt wird es etwas komplizierter. Es schwingen nicht nur die Saiten, die angeschlagen worden sind. Auch die Nachbarsaiten fangen an zu schwingen. Ebenso bilden sich die sogenannten Obertöne.
Diese Obertöne bilden den Klangkörper. Macht mal folgendes Experiment: Erzeugt einen Ton mit einem Instrument, welches nur einen einzigen Ton abgeben kann, z.B. mit einer Flöte oder auch einer Stimmgabel. Erzeugt den gleichen Ton mit einem Sinusgenerator. Der ist ja bekanntlich in jedem ordentlichen Haushalt vorhanden. Wie, ihr habt keinen? Naja, so geht es auch:
https://onlinetonegenerator.com/
Hört Ihr den Unterschied? Das sind unter anderem die Obertöne.
Was sind die Obertöne? Sie sind ein Vielfaches der Grundschwingung, also beim Kammerton a‘ mit 440Hz, sind die Obertöne a‘‘ 880Hz, a‘‘‘ 1320Hz…
Jetzt werden die Obertöne beim Klavier/Flügel nicht nur von den angeschlagenen Saiten gebildet, sondern auch von den mitschwingenden Saiten.
Das alles zusammen ergibt den Klang des Instrumentes.
Nun ist es so, dass kein Ton gleich klingt. So ein Flügel ist ein chaotisches Instrument. Es lässt sich nie genau vorhersagen, wie der angeschlagene Ton klingen wird. Vergleichen wir mal das angeschlagene c mit der Erde: Mal ist der Mount Everest einen Kilometer niedriger, die lange Anna bei Helgoland 50m weiter weg von der Insel, oder der Vesuv befindet sich neben dem Eiffelturm. Das sind alles mehr oder weniger Nuancen, und genau diese Nuancen machen es aus, dass ein Instrument lebendig klingt.
Diese Schallwellen verbreiten sich nun im Raum, reflektieren und überlagern sich, das Chaos geht weiter…
Nachdem ich alles geschrieben hatte fand ich folgendes, ihr müsst bis zum Bild runterscrollen und dann immer auf „next“
https://www.modartt.com/pianoteq#pane_technology
Da wird das alles sehr gut beschrieben.
Zu Frage 3: Wie kommt der Klang in das E-Piano?
Mir sind genau zwei Methoden bekannt.
Methode 1:
Die einzelnen Klänge werden alle berechnet, das sogenannte Physical Moddeling. Es werden dabei keine Aufnahmen von Klängen verwendet, die gesamte Tonerzeugung besteht aus mathematischen Modellen.
Das Problem:
Es lässt sich eben nicht alles in Echtzeit berechnen.
Es gibt einen schönen Bericht darüber, ich meine in Bezug auf pianoteq, dass eine Sekunde mehrere Tage Berechnung dauern würde. Ich finde diesen Bericht leider nicht mehr. Ich glaube, in der Historie von pianoteq taucht er irgendwo um 2018 oder 2012 auf. Also wenn jemand was findet…
Pianoteq, eine Software, die genauso wie Roland dieses Verfahren einsetzt, benutzt allerdings zum Erstellen des Physikalischen Modells, und nur dazu, teilweise Samples. Zu Roland habe ich diesbezüglich keine Informationen.
Der Vorteil:
Es kann, wenn gewünscht, alles in Echtzeit angepasst werden. Alle Punkte von 1 bis 20 können, (ok, Nummer 4 nicht) wenn die Möglichkeit besteht, angepasst werden, und noch viel mehr. Ich kann, wenn die Möglichkeit gegeben ist, mein eigener Klavierbauer werden und neue Instrumente aus alten entstehen lassen. Neue Räume können geschaffen werden. Wenn es z.B. ein akustisches Abbild vom Kölner Dom gibt, so kann ich dort mein Instrument platzieren. Die Mikrofone zum Aufnehmen des Klanges können frei positioniert werden.
Dadurch, dass „nur“ ein paar Parameter geändert werden müssen, ergeben sich ungeahnte Möglichkeiten…
Natürlich vorausgesetzt, dass das zugrundeliegende Modell gut ist. Und genau das ist die große Schwierigkeit.
Methode 2:
Dazu wird das Instrument über Mikrofone aufgenommen. Je besser der Klang werden soll, desto umfangreicher werden die Aufnahmen. Sie können in unterschiedlichen Lautstärken aufgenommen werden. Je mehr Lautstärkeaufnahmen, desto besser der Klang später, da weniger angepasst werden muß. Je länger die Aufnahme jedes Tones, um so besser die Qualität hinterher.
Das Problem mit der Aufnahme:
Je genauer die Aufnahmen werden, desto größer werden die Samples.
Es gibt keine Mikrofone, die exakt aufnehmen.
Wo sollen die Mikrofone positioniert werden, um den Klang einzufangen?
Wie viele Mikrofone sollen verwendet werden?
In welchem Raum soll aufgenommen werden?
Die Folgerung: Es gibt nicht DIE Aufnahme von DEM Instrument
Das Problem mit der Wiedergabe:
Wenn nicht nur ein Ton, sondern Akkorde gespielt werden, dann können nicht nur die einzelnen Töne übereinander gelebt werden. Die mitschwingenden Saiten und die Obertöne ändern sich, somit das gesamte Klangverhalten. Es ist inzwischen so, dass meistens die Samplings mit Prozessoren weiter aufbereitet werden, um die o.g. Probleme besser in den Griff zu bekommen.
Der große Vorteil:
Ein echtes Klavier/Flügel klingt lebendig. Demzufolge klingt eine gute Aufnahme auch lebendig. Stellen wir uns eine Landschaft vor, die fotografiert und gemalt wird. Das Foto wirkt echter als selbst ein gutes Gemälde. Es ist fast unmöglich, ein wirklich lebendiges Bild zu malen. Deshalb ist es schwierig, ohne Samples einen lebendigen Klang zu erreichen.
Zu Frage 4: Wie kommt der Klang aus dem E-Piano?
Zum einen über Kopfhörer. Über gute Studiokopfhörer hören wir (fast) genau das, was das E-Piano produziert. Nun klingen auch Studiokopfhörer nicht gleich. Deshalb ist es empfehlenswert, beim Testen von E-Pianos immer den gleichen Kopfhörer zu benutzen.
Nun soll es Leute geben, die nicht nur über Kopfhörer spielen wollen.
Bei einem Upright-Piano und im Flügel sind im Korpus Lautsprecher eingebaut, die für eine gute Wiedergabe sorgen sollen.
Bei einem Klavier/Flügel gibt nicht nur der Resonanzboden den Klang ab, sondern das ganze Instrument.
Bei einem normalen E-Piano sind es die Lautsprecher. Mindestens sind es zwei, oft aber mehr, teilweise bis zu acht werden verbaut. Damit die Schwingungen auch an der Klaviatur gefühlt werden können, werden bei manchen Geräten auch dort Lautsprecher verbaut (Roland macht das z.B. beim LX708). Manche bauen sogar einen Resonanzboden ein, um den Klang authentischer zu machen, z.B. Kawai mit dem CA99.
Das alles sind Hilfsmittel. Die Klangausgabe eines Klaviers/Flügels wird allein physikalisch bedingt dadurch nicht erreicht.
Das große Problem fand ich beim Testen, dass der Klang nicht aus dem Instrument heraus kam. Das lässt sich nur sehr schlecht beschreiben. Losgelöst vom Piano ist das ein Phänomen, das teilweise bei nicht so guten Instrumenten anzutreffen ist. Ich habe z.B. zwei Cistern, bei der einen bleibt der Klang „drinnen im Instrument“ bei der anderen kommt der Klang aus dem Instrument raus. Das habe ich aber erst gemerkt, als ich die zweite Cister bekommen habe. Mein Musiklehrer hat beide gespielt und ich war ein paar Meter entfernt ihm gegenüber. Da ist es mir erst aufgefallen.
Letztendlich ist der Klang immer Geschmackssache. Vielen gefallen die eingebauten Klänge in den E-Pianos.
Es gibt noch andere Wege zum Klavierklang zu kommen:
Das Software Piano
Hier werden die Klänge von einem Computer mit spezieller Software erzeugt. An den Computer ist meistens eine USB-MIDI-Klaviatur angeschlossen, die keine eigene Klangerzeugung haben muss. Am Lautsprecher-oder Kopfhörerausgang des Computers kann dann das Klavier gehört werden. Da die normalen Soundkarten oft nicht gut sind, wird gerne auch eine USB Soundkarte dafür genommen.
Es gibt Software die sowohl mit Physical Moddeling arbeitet als auch mit Samples:
- Das Sampling, z.B. VSL Concert D-274 Standard Library
- Das Pysical Moddeling, z.B. pianoteq
Das Problem:
Die Klaviatur muss teilweise für die entsprechende Software angepasst werden.
Das System muss in Echtzeit laufen. Wenn der Ton 100 ms später als der Tastendruck kommt, macht es nur bedingt Spaß.
Auf dem Computer sind auch noch andere Programme installiert. Ein reibungsloser Ablauf ist nicht immer gegeben, weder bei der Installation noch beim späteren Betrieb.
Ein E-Piano ist nach ein paar Sekunden bereit. Das Hochfahren eines Computers dauert normalerweise länger.
Der große Vorteil
Es gibt div. kostenlose Programme: https://www.pianoo.de/free-piano-vst-kostenlose-software-pianos/#empfehlungen
Die große Flexibilität. Ich kann durch neue Bibliotheken die Klänge erweitern.
Die Qualität ist je nach Programm vergleichbar mit den eingebauten Klängen.
Das war‘s, der kleine Ausflug.
Ich hör jetzt auf mit dem verbessern und abändern, sonst wird der Text nie veröffentlicht
Eines fehlt aber noch. Der Weg den ich gegangen bin um Klavier zu spielen.
Mein Ding ist die pianoteq-Software. Mit ihr kann ich so ziemlich alles am Klavier ändern, was überhaupt geändert werden kann. Sogar den Mikrofontyp und die Positionen der Mikrofone können angepasst werden.
Pianoteq hat auch div. historische Instrumente berechnet. Ich spiele am liebsten Pianos und Pianofortes aus dem 17. und 18. Jarhundert.
Aber auch das ist Geschmackssache.
Bei mir wurde durch den Klang der alten Instrumente das Interesse an der klassischen Musik geweckt.
Ein Tipp: Spielt doch mal Mozart mit einem Flügel/Pianoforte aus seiner Zeit und genießt den Unterschied zu modernen Flügeln.
Noch eine Bemerkung zu den alten Instrumenten:
Es gibt das KIViR" (Keyboard Instrument Virtual Restoration) Projekt. Historische Instrumente, die teilweise defekt waren, wurden wieder zum Leben erweckt mit dieser Technik. Konnten einige Töne nicht mehr gespielt werden, so war das nicht so schlimm. Es wurden Physikalische Modelle erstellt. Die fehlenden Töne konnten aus den Modellen berechnet werden.
Ich hoffe, die Entstehungsprozesse einigermaßen korrekt wiedergegeben zu haben. Mir ist jetzt deutlicher geworden, warum es so schwer ist, einen naturgetreuen Klang herzustellen.
Ich kann nur sagen: Respekt vor dem, was bis jetzt auf dem Gebiet geleistet wurde.
LG Godehard