Wie spielt man dieses Bandoneon? (Einsteigerfrage)

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kreacher
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Hallo Musikerboard!

Ich spiele eigentlich Klavier und Orgel, habe aber seit langem das Bandoneon meines Vaters zu Hause:

bandoneon.jpg

Ich würde gerne probieren es zu erlernen, hauptsächlich interessiert mich die Richtung Tango, für die dieses Instrument ja auch prädestiniert ist, soweit ich weiß. Das Problem ist nur, dass ich niemanden kenne, der weiß wie dieses Instrument zu spielen ist, und mir die Grundtechniken erklären könnte.
Ich habe im Internet nach Grifftabellen gesucht, aber nachdem ich nicht fündig geworden bin habe ich mir selbst eine erstellt und mir die Töne des Bass und des Diskant am Klavier "rausgehört".

Meine GrifftabelleOriginalbild meines Bandoneons
Bass:bandunreleft.jpgbandrealleft.jpg
Diskant:
bandunreright.jpgbandrealright.jpg

Ich habe zu dem Instrument noch ganz viele Fragen die ich mir bisher noch nicht beantworten konnte, es wäre sehr sehr nett, wenn Ihr auf die ein oder andere Frage eine Antwort für mich parat hättet!!!

1. Was für ein Typ ist mein Bandoneon? Ich habe gelesen es gibt C oder B oder Russische Bandoneons, usw....
2. Kennt jemand vielleicht eine "bessere" Grifftabelle für mein Bandoneon?
3. Was bedeuten die Zahlen bei den Tasten?
4. Gibt es Tips und Hinweise zum Einstieg wie man Tango auf dem Instrument erlernen kann?
5. Gibt es Einsteiger-Tangoliteratur mit leichten Stücken?
6. Gibt es Bücher, die nicht nur Noten zum genauen Nachspielen anbieten, sondern einen richtigen Kurs, der einem Formen und Harmonieprinzipien im Tango näherbringt? Ähnlich wie im Jazz wäre mir das Verständnis der Musik wichtiger, damit ich auch selbstständig improvisieren lernen kann. Prinzipiell kenne ich mich mit Harmonielehre schon gut aus, sowohl klassisch als auch im Jazzbereich, wichtig wäre, das die Eigenheiten, die den Tango und die argentinische Musik ausmachen irgendwie erklärt würden.
7. Welche Techniken gibt es für die linke Hand, spielt man dort auch "akkorde" aus mehrern Tasten?
8. Gibt es Skalen/Läufe, die man sich auf der rechten Hand merken kann/sollte? Ich finde das System der Anordnung der Töne ist schwierig zu merken, da nicht nur beim Ziehen/Drücken unterschiedliche Töne kommen, sondern zudem auch noch unterschiedliche Intervalle nach oben oder nach unten zwischen den Tönen liegen...:gruebel:
9. Gibt es ähnlich wie es im Jazz Jazzstandards gibt, auch im Tango "Tangostandards", d.h. Leadsheetsammlungen bekannter Tangos?

Sorry, dass das jetzt so lang geworden ist, Ich bin auf jedenfall dankbar um jeden einzelnen Tip, den Ihr mir geben könnt!

Liebe Grüße,
Andreas

PS: Falls der Thread besser in Spieltechnik aufgehoben sein sollte, könnt Ihr ihn gerne dorthin verschieben.
 
Eigenschaft
 
Lieber Andreas
das ist wohl eher eine Chemnitzer concertina (http://en.wikipedia.org/wiki/Chemnitzer_concertina) und kein Bandoneon. Wenn Du unter diesen Begriffen Onkel Google fragst, findet er eine Vielzahl von Seiten, die Deine Fragen beantworten:

http://concertinamusic.com/keyboard/

http://home.allgaeu.org/kwenger/konzertina/index.html?/kwenger/konzertina/info.html


Dix Stimmplatten haben einen sehr guten Ruf, von dem her hat das Instrument eine gute Substanz, die Frage ist halt bei so alten Instrumenten wie der innere Zustand ist.

Wegen Lehrmaterialien sind folgende Links noch nützlich:

https://www.musiker-board.de/steiri...etc-akk/190157-bandoneon-statt-akkordeon.html

https://www.musiker-board.de/literatur-akk/523307-schule-fuer-bandoneon.html

Nachtrag: die Zahlen wurden für die sog. Wäscheleinen Notation verwendet, eine spezielle Notation für diatonische Instrumente.

Nach-Nachtrag: im Tango gibt es berühmte Tangos, die immer wieder gespielt werden: El choclo, Cumparsita, Libertango etc., im Gegensatz zum Jazz sind die Tangos ausnotiert, d.h. es gibt nicht Improvisation über Harmonien wie im Jazz.
 
Hallo nochmal,
@accordion: Vielen vielen Dank für deine wirklich äußerst hilfreiche Antwort!!! Das hat schon sehr viele Fragen für mich beantwortet, bzw. erschließbar gemacht.
Vom Spielzustand her macht das Instrument einen sehr sehr guten Eindruck auf mich. Jeder Ton spricht einwandfrei an, die Mechanik macht einen guten Eindruck auf mich und der Balg scheint auch dicht zu sein. Einzig bin ich mir nicht sicher, ob das Instrument teilweise verstimmt ist oder ob Unterschiede zu anderen Grifftabellen wegen einer unterschiedlichen Konzeption bedingt sind:

Ich habe noch Probleme, herauszufinden, was für eine Typ meine Concertina genau ist. Die beiden Grifftabellen, welche ich (u.a. durch deine verlinkten Seiten) gefunden habe und die am nächsten an meine herankommen sind diese hier:

Grifftabelle-1 und Vergleich : Vergleich 1 Komplett.jpg

Grifftabelle-2 und Vergleich: Vergleich 2 Komplett.jpg

Man sieht, jeweils der Kern der Tabellen ist gleich, bzw. ähnlich, aber am Rand gibts dann doch deutliche Unterschiede. Ich muss am Wochenende wenn ich wieder zu Hause bin aber auch nochmal nachprüfen, ob im Zuge des Aufschreibens beim Raushören vielleicht noch Fehler aufgetreten sind, z.b. bei der Taste 1 im Diskant bin ich mir dann doch ziemlich sicher, dass es ein Fis statt dem Gis sein muss.

Ich habe gelesen, dass sich die Chemnitzer Concertinas über die Zeit entwickelt haben, am Anfang ware es nur der Kern 1-10 und dann sind immer mehr Töne hinzugekommen. Dann habe ich vermutlich ein späteres Modell, da bei meinem Modell die Töne bis 20 gehen. bei den anderen beiden nur bis max. 17. Außerdem ist der Bass bei den Concertinas ja nicht akkordisch sondern einstimmig. Bei den späteren Concertinas wurde der Bass manchmal aufgedoppelt, was auch bei meiner der Fall ist.

Daher noch folgende Fragen:

b1. Ich bin mir jetzt aber einfach nicht ganz sicher, ob meine Concertina einfach teilweise extrem und teilweise leicht verstimmt ist, oder ob die Unterschiede in den Grifftabellen von der Evolution/Auslegung der Notation beim Hersteller herrühren. Ich habe leider bisher noch keine andere Concertina/Tabelle gefunden, die noch näher an die von mir rankommt. Vielleicht ist jemandem von euch schon mal was in der Richtung begegnet?

b2. Spielt hier im Forum eigentlich noch jemand Concertina? Wenn ja, was für eine Musikrichtung spielt ihr? Ich beginne nämlich langsam zu verstehen, warum mein Vater das Instrument nie erlernt hat/erlernen konnte;-) Er konnte sich ja damals garnicht so einfach wie heute im Internet informieren. Und dann wirkt die Anordnung der Töne schon stark sinnfrei auf mich....:confused: Naja, vermutlich muss man das stur auswendig lernen.

b3. Ich war schon am überlegen, ob ich die Concertina verkaufe und mir dafür ein Bandoneon zulege, die sind vermutlich aber vom Preis her deutlich teurer, oder? Wie viel Preisunterschied wäre da wohl ca. drin, um ein Bandoneon in ähnlichem Zustand zu kaufen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Bandoneon ist noch schwerer als eine Konzertina zu erlernen.
Beim Bandoneon mußt Du sowohl von der Griffweise rheinisch/argentinisch - deutsch/Einheits- unterscheiden, wobei der Unterschied gar nicht so groß ist und das Hörerlebnis auch nicht geschmälert wird. Jedoch unterscheiden sich die beiden preislich. Die "rheinische Lage" ist um etliches teurer.

Desweiteren achte auf die Anzahl der Tasten und der Chöre. Es gab nämlich 1-chörige, 2-chörige als Oktav oder Schwebung, 3- und 4-chörige. Ein Umbau ist nicht möglich (bzw. so teuer, daß es sich nicht lohnt). Das einzige ist die Reduktion von Chören, was aber dennoch kein befriedigendes Ergebnis bringt.

Und jetzt kommt das nächste: Zink- oder Aluminiumstimmplatten? Der hörbare Unterschied ist sehr gering und mMn hört das nur der absolute Kenner. Zink hat den Nachteil, daß es ausblühen kann. Ist eine Stimmplatte betroffen, wird die Reparatur sehr teuer und der Klang wird nachher anders sein. Also nichts für Puristen.

Zu den Bandoneons:
Alfred Arnold (AA) lecken sich alle die Finger. Es gibt auch einige, wo zwar AA drauf steht, aber kein AA drin ist. Gefälschte Plaketten gibt es auch.
Ernst Louis Arnold (ELA) baute auch sehr schöne Bandoneons. Stehen im Preis etwas nach.
Von Arno Arnold findet man viele Bandoneons der 50er Jahre. Sie haben oft eine Registerschaltung, einzelne Stimmplatten und haben ihren eigenen Klang. (bei weitem nicht so begehrt).
Dann gibt es noch eine Vielzahl weiterer Markennamen, unter denen man oft gute Bandoneons günstig findet.

Die Preise sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Selbst die Einheitsbandoneons werden richtig teuer.

Ich selbst habe ein AA 144 (144 Töne = Einheitsbandoneon) 3/2 (3 Chöre Diskant, 2 Baß), bei dem ich den Schwebeton runtergestimmt habe (war eh fast 0). Dadurch habe ich einen streichenden Ton (man denke an die Violine). Klingt sehr schön und macht Spaß, wenn ich denn mal Zeit habe.

Viele Grüße

Ippenstein
 
Vielen Dank Ippenstein für deine Antwort, die Einschätzung und Infos!

Dass Bandoneon nochmal ein Stück komplexer zu erlernen ist, habe ich schon vermutet, meine Überlegung dabei war nur, dass für Bandoneon zumindest schon umfangreicherer Schulen und Bücher im Bereich Tango und Argentischer Musik vorhanden sind. Für Concertina habe ich da bisher noch gar nichts gefunden (geschweige denn für "meine" Concertina). In den Links die 'accorion' oben gepostet hat sind sehr interessante Lehrwerke, das alles aber auf Concertina zu übertragen ist vermutlich aber noch mal mehr Arbeit..
Zudem ergeben sich ja durch den größeren Tonumfang auch noch Spieltechniken die sich m. E. nach auf der Concertina gar so nicht spielen lassen, wie das Oktavierte Spielen wie in diesem Video: http://www.youtube.com/watch?v=qRWXywM0gVE

Vielleicht ist es aber auch eine Überlegung für mich mir das autodidaktisch ohne Lehrwerk beizubringen und sozusagen mein Klavierwissen zu übertragen. Ich habe ja nicht direkt vor Hauptinstrumentmäßig auf Bandoneon/Concertina umzusteigen. Ich würde aber gerne über die Zeit ein paar Tangos erlernen. Ich habe ein Tango Fakebook gefunden, in dem Tangothemen mit Akkordbegleitungen ausführlich notiert sind, damit könnte ich vermutlich schon zum Anfang mal arbeiten.
Vom Klang her klingt meine Concertina ja wirklich schön und sehr nach Bandoneon, zumindest für meine Ohren;)


Bleiben mir nur noch die Fragen b1 und b2... Und falls jemandem noch andere Tips zum Spielen auf der Concertina einfallen bin ich auch sehr dankbar:great:
 
Ich kann zwar nicht wirklich spielen aber als Bandonionbaumeister bekommt man doch so einiges mit.

Die meisten Concertinaspieler mit denen ich zu tun habe/hat, haben meist nur Volksmusik/Schlager/Tanzmusik gespielt.

Wenn man schnell Erfolg haben will, dann nach dem o.g. Zahlensystem lernen. Man muss natürlich in Zukunft in jeder Literatur die Zahlen eintragen.
Lernen nach Noten ist sehr langwierig allerdings kann man dann einfach auf Literatur zurück greifen.

Zu beginn des lernen sollten die Lieder in A-Dur sein weil man da ohne sich groß zu verrenken spielen kann -> Diskant Zeigefinger auf Taste 5, Mittelfinger auf 6, Ringfinger 7 und kleiner auf 8
im Bass kleine auf 5 .... 6 7 8 . Egal ob man jetzt drück oder zieht, Bass und Diskant passen mit den 4+4 Tönen immer zusammen.
 
Ich kann zwar nicht wirklich spielen aber als Bandonionbaumeister bekommt man doch so einiges mit.

Wow, ja das glaube ich:) Danke für deine Tipps!

Ich habe in den letzten Tagen meine Concertina mal ein wenig genauer angesehen und gespielt und habe dabei auch schon einige Dinge bemerkt. Dabei ist mir auch aufgefallen, dass da die Akkorde A,D und E sehr auffällig in der rechten und linken Hand versteckt sind!
Habe mir für den Anfang Concertinanoten von der Seite http://www.concertinamusic.com/music/porunacabeza1.gif besorgt, das erleichtert das Nachvollziehen, wie man die Fingersätze setzten muss um ganze Melodiestücke nur auf Zug oder nur auf Druck zu spielen. Habe dabei auch erst festgestellt, dass die mittleren zwei Oktaven des Diskant ja wirklich fast vollständig auf Zug und auf Druck vorhanden sind, sehr nützlich:great:. Merke dabei auch dass, man sich mit der Zeit einige Anordnungen der Töne merken kann, mit vielem hat man aber doch schon große Schwierigkeiten. Kann mir nun vorstellen, dass das beim größeren Tonumfang von einem Bandoneon wirklich nochmal viel mehr Arbeit bedeutet. Aber ich werde es langsam angehen und trotzdem versuchen möglichst von Anfang an nach Noten zu spielen, da man davon langfristig einfach mehr hat.

Freue mich weiterhin über Tipps von (Chemnitzer Concertina)Spielern oder solchen, die etwas zu dem Thema wissen! Und ich werde hier sicher auch bald von meinen eigenen Fortschritten und Erfahrungen mit der Spieltechnik auf diesem Instrument berichten!
 
Hallo Kreacher, erstmal muss man bermerken das es sich bei deiner Konzertina nicht um eine Chemnitzer Konzertina handelt sondern um eine Carlsfelder Konzertina.Der Unterschied liegt entscheidend im Bass.Die Chemnitzer Konzertina ist im Bass dem Bandoneon ähnlich(in 4 Reihen angeordnet) bei deiner also der Carlsfelder Konzertina sind das 3 Reihen im Bass daran kann amn der erkennen.Es handelt sich bei deiner Konzertina zu 99 % um eine F.Lange vorm. Uhlig mit 106 Tönen.
Es gibt dafür Schulen habe ich schon bei ebay gesehen.Dieser Typ Konzertina wird noch im Vogtland und Franken gespielt.Musst du mal nachforschen im Netz.
Wenn du aber Tango spielen möchtest wirst du schon rein vom Tonumfan nicht um ein 142 töniges Bandoneon in Reihnischer Tonlage II/II chörig herumkommen.Diese sind ausschliesslich für den Export nach Südamerika gebaut worden.Ich selber stamme aus Cottbus lebe aber in Pomerode/Brasilien und handele mit solchen Instrumenten die ich hier aus der Region bekomme bzw. aus Uruguay bekomme.Den Beiträgen vorher möchte ich mich anchliessen das AA natürlich ab begertesten ist(hat auch was mit der Menge und der Werbung zu tun die Alfred Arnold in den 1920/1030 igern betrieben hat).Ich selber kann nicht bestätigen das ELA in irgendeiner Weise AA in etwas nachsteht.Habe zur Zeit ein Germania/ELA von 1928 hier Aluplatten, 142 tönig mit vollem Perlmutt Blumendekor, da kommt so schnell nicht irgendein AA ran selbtst wenn er Zinkplatten hat.Aber diese Instrumente sind sehr teuer ja das kann ich bestätigen.Wenn du dir heute einen Neuen 142 tönigen mach lässt bei diversen Manufaktuern vor allem um Carlsfeld bist du schnell 5000 Euro los.

Die Konzertina ist eigentlich ein reines Volksmusikinstrument und garnicht für den Tango gedacht (was natürlich trotzdem mgl. ist auf diesem Instrument zu spielen).

Ich würde dir empfehlen solch eine Schule zu nehmen und das wie schon vorher erklärte Wäscheleinensystem zu erlernen.Tonarten in A und G und D sind am leichtesten zu spielen.Dann wirst du sicherlich nach einer gewissen Übungsphase schon die ersten kleinen Stücke können.Beachte aber falls du wirklich später auf ein 142 ig töniges oder 144 iger Einheirsbandoneon umsteigen willst sind nur 56 Töne identisch (das war die Urkonzertina mit 56 Tönen von Uhlig worauf alles späteren Konzertians und Bandoneons erweitert wurden in verschiedenster Tonbelegung und Layout) das heisst du musst dann alles wieder von Anfang lernen.

Viel Erfolg und Spass mit deinem Instrument.Manuel in Pomerode/Brasilien

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Achso habe einen Link gefunden wo du Literatur beziehen kannst für deine Carlsfelder Konzertina:

http://home.allgaeu.org/kwenger/konzertina/index.html?/kwenger/konzertina/literatur.html

Viele Grüsse nochmal
 
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Hallo Andreas,

ich spiele auch (schon einige Jahrzehnte) verschiedene Instrumente. Eine Konzertina bzw. Bandonion war jedoch bis vor gut 4 Jahren nicht darunter. Das Instrument an sich begeistert mich jedoch schon seit über 20 Jahren, da ich aus einer Gegend komme, in der die Konzertina früher weit verbreitet war. Ich bin - nachdem ich das Internet wegen Informationen zu diesen Instrumenten durchforschte -auch auf deine Frage gestoßen, habe die verschiedenen Antworten gelesen und muss jetzt auch etwas "Senf" dazu geben :), da nicht alles stimmt, was so gesagt wurde.
Die Konzertina ist so um 1835 herum entwickelt (erfunden) worden und hatte ursprünglich nur 4-5 Knöpfe auf jeder Seite. Das genügte dem damaligen Anspruch auf "akkordische" Gesangsbegleitung. Schnell merkte man aber, dass die wenigen Töne nicht ausreichten, Melodiespiel nicht möglich war .. usw. ... und erweiterte diese. Um es kurz zu machen - irgendwann hatte die Konzertina 3 Reihen auf jeder Seite von denen die Grundbelegung mit den Ziffern bis ca. Nr. 14 auf fast allen Instrumenten gleich (mit Vorbehalt!) ist. Auch diese Instrumente mit 66, 80, 96 Tönen erfüllten nicht alle Anforderungen und so kam es weiter zu Erweiterungen. Dabei wurde aber nicht mehr einheitlich verfahren. Es kristallisierten sich die Carlsfelder und die Chemnitzer Konzertina heraus. Hinzu kam noch, dass Heinrich Band ebenfalls Erweiterungen vornahm und so das Bandonion (= vollchromatisch) entstand. Du hast (im Gegensatz zu weiter oben gemachten Aussagen) eine Chemnitzer Konzertina. Das kann man leicht an der Nummerierung der Diskantseite (rechts) feststellen. Lautet die Zahlenfolge (wie bei dir) 1,2,3,4, 0 ist es eine Chemnitzer, beginnt sie mit 0,1,2,... ist es eine Carlsfelder. Ob auf der linken Seite 3 oder 4 Reihen Knopftasten sind, ist völlig egal. Das ist nur eine auf dieser Seite vorgenommene weitere Erweiterung die schon auf die "Einheitskonzertina" schließen lässt.
Ich persönlich habe mir eine solche Einheitskonzertina zugelegt. Diese hat beidseitig 4 Reihen und wurde (nachdem man das Belegungswirrwar um 1924 herum vereinheitlichen wollte) auf einen Tonumfang von 128 Tönen festgelegt. In diesem Jahr hat man auch das "Einheitsbandonion" auf 144 Töne festgelegt.
Der Tonumfang deiner Chemnitzer beträgt 104 Töne und ist schon recht umfangreich.
Zum Musizierstil sei anzumerken, dass man sich bei Tango´s auf Konzertinas wahrscheinlich schwer tun wird. Obwohl du mit 104 Tönen (und ich mit einer erweiterten Einheitskonzertina - 136-tönig) schon viel anstellen kannst, wirst du bei den "richtigen" Tangos nie alle Töne, geschweige denn in günstiger Grifflage finden. Die Konzertina ist ein Instrument, auf dem sich Walzer, Ländler, Schottisch, Rheinländer, Polka usw. in 4-6 Tonarten griffgünstig spielen lassen. Meine Einheitskonzertina ist in A.
D.h. die Tonarten E,A,D,G und etwas C-Dur liegen sehr gut. Willst du in Richtung B-Tonarten gehen wird es schnell problematisch.
Wie einige hier schon gesagt haben, ist das Bandonion dann die richtige Wahl, wenn du Tango usw. spielen willst. Für die sog. "Volksmusik" und einige Schlagermelodien reicht deine Chemnitzer aber vollkommen aus. (Üben - üben - üben!)
Für das Einheitsbandonion gibt es übrigens die Bandonionschule von Peter Fries noch im Handel zu kaufen. Sie ist sehr umfangreich, erklärt aber auch recht gut. Eine Tabelle mit der Knopfbelegung ist auch dabei.
Für die Chemnitzer Tastaturbelegung habe ich leider noch keine Tabelle gefunden. Deren Belegung ist ziemlich mit der der Einheitskonzertina vergleichbar (aber .......). Da sich für die Einheitskonzertina absolut nichts fand, habe ich selbst eine Schule und ein Liederheft dazu geschrieben (das aber nur am Rand).
Eines noch zum Schluss: Obwohl ich schon über 30 Jahre Musik mache, hat mich die Konzertina in den ersten 6 Monaten geschafft. Vergiss alles, was du über Tonleiteraufbau und Fingersatz kennst - Du musst die Griffbelegung von Grund auf (und wenn du es übertreiben willst - für jede Tonleiter 4fach) erlernen. Nach dieser Zeit stellten sich allerdings (bei täglichem Üben!) recht schnell Fortschritte ein ....
Ich hoffe, ich konnte etwas Licht ins Dunkel bringen.
Grüße aus Franken
 
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Hallo Kreacher, zufällig lese ich - etwas "verspätet"- deine Fragen, und habe im großen Buch "KARL-ORIWOHL" nach dem Griffsystem nachgeschaut: Es ist eine perfekte DEUTSCHE KONZERTINA 104-tönig in SCHEFFLERSCHER TONLAGE. Quelle Oriwohl Ausg. von 1997, Seite 196. Wie ein Kollege sagte, am einfachsten geht A-Dur zu spielen.
Wer aber nicht viel Zeit aufwenden will, kommt i.A. mit einem chromatisch-gleichtönigen Instrument schneller voran. Das gibt es als chromatisches Bandoneon - besonders in Frankreich (leboncoin.fr und Ebay.fr), oder English Concertina, oder Duet-Concertina.

Viele Grüße aus Freiburg.
 
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