Zither oder Tischharfe?

Hikka
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Hallo, mir ist dieses Instrument zugelaufen. Da es keine Akkorde hat, ist es eine Zither oder eine Tischharfe?

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Eigenschaft
 
Eine Zither ist es nicht. Tischharfen kenne ich nicht, aber vielleicht kann da @Lisa2 weiterhelfen.
 
Guten Morgen zusammen :)

Das Instrument gehört wie die Akkordzither zur großen Familie der griffbrettlosen Zithern.
Es stammt aus der Zeit vor der Wende und wude von der Firma Hopf hergestellt, die damals in irgendeiner Form Staatseigentum war und nach der Wende von einem Enkel des Gründers zurück erworben wurde.
https://www.hopf-zithern.de/geschicht.htm

Das im ersten Post zu sehende Instrument wird von der Firma Hopf als "Kinderzither" bzw. "Schülerzither" angeboten.
https://www.hopf-zithern.de/kinderzi.htm
Es entspricht dem voll chormatisch besaiteten Melodieteil einer 6-Akkord-Guitar-Zither. Daher ist es möglich, die Unterlegnoten für Akkordzithern zu nutzen.
Bei 6-Akkord-Guitarr-Zithern ist je Ton eine Saite aufgezogen. Im Gegensatz dazu sind bei 6-Akkord-Mandolin-Zithern je Ton 2 Saiten aufgezogen.

Viele Grüße
Lisa
 
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Danke für Eure Beiträge.
Meine Oma hatte sowas,hat aber nie drauf gespielt.
Jetzt hab ich angeregt durch da zufällige Lesen hie ein bischen gegoogelt und endlich herausgefunden zuwas so ein Instrument gut ist:cool:

Geerbt habe ich zwar nicht das Instrument, aber das zugehörige Daumenplektrum, das sich sehr gut für mein Gitarrenspiel eignet.
Jetzt kenn ich den Namen Zitherring und kann endlich solche Plektren nachkaufen
https://www.thomann.de/de/geipel_thumb_pick_nickel_silver_1.htm
 
Vielen Dank für die Erkärung. Ich hab garnicht dran gedacht bei Hopf mal nachzusehen. Diese Bauart war mir bisher noch nicht über den Weg gelaufen. Nur die "Schülerzithern" die jeder als Kinderzither bezeichnet gibt es ja häufig.

Was hat eine Tischharfe denn anders, das sie zur Tischharfe wird? Oder ist eine Tischharfe auch nur eine Zither?
 
Die Tischharfe, so habe ich es Ende der 1970ger von Karl Lorenz gelernt, wurde auf seine (Karl Lorenz) Anregung hin von Christoph Löcherbach Ende der 1940ger oder Anfang der 1950ger Jahre entwickelt und dabei dem Psalterium nachempfunden. Christoph Löcherbach wohnte damals im Bergischen Land oder im Sauerland, Karl Lorenz leitete in Remscheid die Musikschule und ließ die Instrumente für den dortigen Instrumentalkreis bauen. Bei ihm lernte ich die Tischharfe kennen und spielen. Seine Frau Thilde Lorenz-Ringlage hatte mehrere Spielhefte für die Tischharfe geschrieben.

Wir-Spielen-Tischharfe-Lorenz-Thilde.jpg


Wie auf dem Cover zu sehen, wird das Instrument quer vor dem Spieler auf den Tisch gelegt.
Die Punkte markieren den Tonika-Dreiklang.
Das alles erinnert mich heute, nachdem ich viele Informationen über Saiteninstrumente gesammelt habe, auch an eine Kantele. Die von Bernhard Deutz gebaute Form sieht meiner alten ererbten Tischharfe verblüffend ähnlich. Das Psalterium wird als Urform der Zither angesehen. In Finnland hat sich das einfache Volksinstrument zu einem anspruchsvollen Konzertinstrument entwickelt. Vor ich weiß nicht wieviel Zeit habe ich mal in einem diesem Thema gewidmeten Thread Videos gesammelt, in denen dieses Instrument meisterhaft gespielt wird.
Als ich die Tischharfe in Remscheid kennenlernte, war Christoph Löcherbach längst in den Schwarzwald übersiedelt und hatte dort die Klangwerkstatt Markt Wald gegründet. Hier die Geschichte der Werkstatt auf der Webseite der Nachfolger.
Im Laufe der Zeit veränderte sich das Design der Tischharfe ein wenig und irgendwann verschwand der Name aus dem Prospekt der Klangwerkstatt Markt Wald. Heute findet man das ehemals Tischharfe genannte Instrument als "Psalter" auf der Webseite.

Was hat eine Tischharfe denn anders, das sie zur Tischharfe wird? Oder ist eine Tischharfe auch nur eine Zither?
Zither ist ein Oberbegriff. Auch die Tischharfe gehört zur Familie der griffbrettlosen Zithern.

Ich gehe davon aus, dass der Begriff "Tischharfe" nicht geschützt ist und daher heute für verschiedene Instrumente genutzt werden kann. Leider kann ich Karl Lorenz nicht mehr fragen, wie es zu diesem Namen kam. Ich denke, dass er es so nannte, weil es harfenartig gezupft wird und dabei auf dem Tisch liegt. Für die zwischen dem ersten und zweiten Weltkrieg sehr bekannten Akkordzithern wurde eine völlig andere Spieltechnik gelehrt. Außerdem wurde und wird mit der Bezeichnung Zither von vielen die Konzert-Zither assoziiert. Von diesen Instrumenten musste die Tischharfe also abgegrenzt werden. Warum man damals nicht Psalter als Bezeichnung wählte? Keine Ahnung. Vielleicht wegen der dem Instrument anhaftenden Geschichte? Ein neuer Name erleichtert die Einführung eines Instruments, weil er viele Menschen aufhorchen und nachfragen lässt. Heute kommt möglicherweise der Name "Psalter" besser an, weil die Mittelaltermusik sehr beliebt ist. ... Spekulationen ...

Gruß
Lisa
 
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Warum man damals nicht Psalter als Bezeichnung wählte? Keine Ahnung.
Ich glaube, Curd Sachs war Schuld!
Er erkannte zurecht, dass es nur vier Möglichkeiten gibt, Saiten so anzuordnen, dass sie wohldefinierte und deutlich hörbare Töne in ausreichender Zahl von sich geben, um damit Musik zu machen:
1. viele Saiten in einem Schallkörper zu verankern und an einem offenen Rahmen zu spannen
2. mehrere Saiten über einen Schallkörper an eine an zwei Arme befestigte Querleiste zu führen, und mittels eines Steges die Schwingungen der Saiten auf den Schallkörper zu übertragen
3. wenige Saiten an einem Hals entlang über den Schallkörper zu führen und mittels eines Steges die Schwingungen der Saiten auf den Schallkörper zu übertragen, wobei die wenigen Saiten am Hals gegriffen werden, um jeder Saite mehrere Töne zu entlocken
4. eine beliebige Anzahl Saiten von einer Seite eines Schallkörpers zur anderen zu spannen.

Um diese komplexen Anordnungen für uns Laien anschaulicher zu machen, benannte Sachs jede Gattung nach einer im frühen 20. Jahrhundert in Mitteleuropa bekannten Vertreter der jeweiligen Gattung:
1. Die Harfen
2. Die Leier
3. Die Lauten
4. Die Zithern.
Denken wir an die vertraute Konzertharfe, erkennen wir die alt-ägyptishe und die neu-keltische Harfe als "enge Verwandte." Ebenso bei der stilisierten Leier, die wir als Symbol für die Musik kennen. und den ost-afrikanischen bzw. alt-germanischen Leiern, oder mit der Renaissancelaute und deren Verwandte die Gitarre, das Banjo oder das Sitar.
Beim Wort "Zither" allerdings denken wir an Grinzing, and den "Dritten Mann" und die alpenländische Stubnmusi. Wir erkennen nur schwer die Verwandtschafe zum Kantele, zum Gusli, zur Autoharp. denn leider ist die alpenländische Zither kein reiner Vertreter einer Gattung; sie ist vielmehr ein Hybrid aus den Gattungen "Zithern" (Saiten über einen Kasten gespannt) und "Lauten" (Saiten über ein Griffbrett geführt, welches eigentlich vom Hals der "Lauten" übernommen wurde.) Die Gattung "Zithern" hat zwei Untergattungen, nämlich "griffbrettlose Zithern" und "Griffbrettzithern." Die Konzertzither ist ein "Griffbrettzither" (wie auch die Hummel, die épinette des Vosges oder der lap dulcimer.) Das Psalterium wäre ein würdigerer Vertreter der Grundgattung - aber es ist schon im Mittelalter ausgestorben und hätte Sachs' Publikum nichts bedeutet.
Sachs hat auch übersehen - oder in Kauf genommen - dass das deutsche Wort Zither erst in der jüngeren Neuzeit gebraucht wird, um ein halsloses Kasteninstrument zu bezeichnen. Noch zu Goethes und Heines Zeiten bezeichnete das Wort Zither - wie auch das verwandte englische Wort Cittern - eine Untergattung der "Lauten", nämlich die "Kastenhalslauten." Noch heute kommt dieser alte Sprachgebrauch vor, und zwar bei der Thüringer Waldzither und der Schweitzer Halszither - beides "Kastenhalszithern!"

Cheers,
Jed
 
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@Jed Interessante Überlegungen

Allerdings war den Initiatoren der "Tischharfe" das Psalter bekannt und Karl Lorenz wies ausdrücklich auf den Bezug hin, wenn er das Instrument vorstellte. Vielleicht wurde das sogar im Vorwort des Notenheftes erwähnt. Wenn es mir in die Hände fällt, sehe ich nach.

Ein weiterer Vater der Tischharfe war Walter Overmann, zu dem Karl Lorenz Kontakt hatte. Er war Jugendherbergsvater und hatte sich in Breckerfeld an der Glörtalsperre eine Werkstatt für Zupfinstrumentenbau eingerichtet. Das ist gar nicht so weit weg von Remscheid. Möglicherweise war er sogar der erste Zupfinstrumentenbauer, mit dem Karl Lorenz Instrumente austüftelte.

Ich fand einen Hinweis, dass die Tischharfe wohl zu den Instrumenten gehörte, die 1955 auf einer Tagung der Landesarbeitsgemeinschaft Musik vorgestellt wurden. In einem meiner Instrumente kann auf dem durch das Schalloch zu sehenden Etikett die stark verblichene Jahreszahl 1958 entziffert werden. Das passt also zusammen.

Der Film, aus dem das berühmt gewordene Zitherstück stammt, kam 1949 auf. Ob bereits 5 bis 6 Jahre später zu befürchtende Assoziationen an den Film bei der Namensfindung eine Rolle spielte, wage ich zu bezweifeln, die Abgrenzung von Akkordzither und Konzertzither war dagegen sicher wichtig. Das wäre aber eben auch mit der Bezeichnung "Psalter" möglich und korrekt gewesen.

Gruß
Lisa
 
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