
msoada
Mod Emeritus

Setlist:
1. Nunc Fluens
2.The Space For This
3. Evolutionary Sleeper
4. Integral Birth
5. The Unknown Guest
6. Adams Murmur
7. King Of Those Who Know
8. Nunc Stans
Spielzeit: ca. 34 Minuten
Besetzung:
Paul Masvidal- Gitarre, Gesang
Sean Reinert- Drums
+ sonstige
Genre: non- existent
Review
Stellt man eine Mind Map zusammen, welche alle Ereignisse beinhalten soll, die in dem Zeitraum von 1993 bis 2008 geschehen sind, wäre das Ergebnis ein ziemlich rauchender Kopf, sowie einen prallgefüllten DinA 4 Zettel. Allein aus der jüngsten Vergangenheit würden mir Sachen wie der Georgienkrieg, acht Jahre Tyrannei des George W., sowie die Installierung von DSDS im Deutschen Fernsehen als inflationäre Superstar Erschaffungsmaschinerie, einfallen. Des Weiteren fegten unzählige musikalische Trends durch die Bundesrepublik und bei oberflächiger Betrachtung gibt es nur die bekannten Altbacken, welche auch heute noch aktuell sind und die Flut an bahnbrechenden Revolutionen der Musikwelt überlebt haben. Ein Master, Master, oder ein Raining Blood- from a lacerated sky werden auch heute noch so mitgegröhlt wie vor über zwanzig Jahren.
In dem ganzen Touwahbohu geriet eine Platte immer wieder zu sehr unter die Räder. Wahrscheinlich liegt es einfach daran, dass diese Platte für 80% der Bevölkerung viel zu anders und viel zu komisch ist. Wahrscheinlich stand dieser Platte ihre eigene Genialität im Wege. Die Rede ist natürlich von Focus, den bis 2008 einzigen Album der Band Cynic. Die Platte spaltet die Metalszene nun schon seit fast 15 Jahren, wie die Mauer damals West von Ost trennte. Entweder man liebt sie, verliert sich in ihrer unglaublich weiten Sphäre, oder man hasst sie und versteht den ganzen Trubel um dieses Robotscheiß nicht. Schließlich war Cynic nicht eine der konventionellen Bands, die man einfacher weise in die Death Metal- Schublade steckt und dort vor sich hin dudeln lässt. Nein, Cynic brauchte Zeit und ließ sich eben keinem Genre wirklich zuordnen. Angefangen von der heftigen Jazz/ Fusion Schlagseite bis zu den Robotervocals hatte Focus soviel mit Death Metal gemein, wie eben Ost mit West.
2008 ist nun das Jahr in dem Cynic, beziehungsweise Sean Reinert und Paul Masvidal, inklusive immer mal wieder wechselnder Besetzung am Bass und an der zweiten Gitarre, ihr zweites Album rausbringen um die Metalgemeinschaft ein weiteres Mal zu spalten. Die Hoffnungen, dass Cynic auch nur annähernd an Focus herankamen würden, konvergierten gegen null und nur die Neugier hielt einem so wirklich davon auf, die Entwicklung der Band nicht weiter zu verfolgen.
Was ist den Herren Reinert und Masvidal da denn nun gelungen? Das Unerwartete! Cynic haben sich zum einen weiterentwickelt, ohne dabei die Cynic Wurzeln komplett aus den Augen zu verlieren. Die Musik ist immer noch technisch, nicht wirklich greifbar, nicht wirklich Death Metal, aber wieder mal anders! Das einzige was wirklich klar auffällt ist, dass der Death Metal Anteil weiter in den Hintergrund gerückt ist, aber ebenso auch der klassische Fusion Anteil. Man trifft sich nun irgendwo in der Mitte. Es wirkt fast, als hätte man die beiden Genres in einen Pot gepackt, einmal kräftig umgerührt und ein homogenes Ganzes bekommen. Über diesen musikalischen Mischmasch schwebt erneut der Robotergesang von Paul Masvidal, welcher aber deutlich cleaner, wie noch vor 15 Jahren ausfällt. Dies, so Masvidal, liegt daran, dass er durch Aeon Spoke seine Gesangsleistung deutlich verbessert hat und sich selbst nun mehr zutraut. Zwischen den Roboterintermezzi findet dann auch hin und wieder mal ein Growl seinen Weg an die Oberfläche.
Diese Entwicklung trägt dazu bei, dass Cynic `s Musik ein wenig mehr nach Material klingt, dass auf der Erde geschaffen wurde und nicht irgendwo zwischen Pluto und Neptun. Wobei man immer noch über dem Konsens des Metaluniversums schwebt. Man fühlt sich nicht mehr ganz so weit weg, sondern eher wie von einem Mantel aus Melancholie umschlungen, der einen weich zu Boden gleiten lässt.
Jedoch mache ich mir trotz der etwas humaneren Atmosphäre keine Angst darum, dass ein Großteil der Metalsekte nichts und wieder nichts für diesen Longplayer überhaben wird. Zu fortschrittlich und Komplex gestalten sich die 34 Minuten. Spätestens King Of Those Who Know wird einem Großteil der Hörer ziemlich zu schaffen machen. Progressiv, verspielt und so gar nicht linear verhält sich das Stück und befindet sich immer im fliegenden Wechsel zwischen harten, sowie melancholischen Passagen. Da eignen sich Stücke wie Adams Murmur, oder, dass auch vorher schon bekannte Evolutionary Sleeper besser um Zugang zu der Platte zu bekommen. Hat man diesen dann, vielleicht auch erst in ein paar Jahre, gefunden, so wird man diese Platte nicht so schnell mehr aus dem CD Player bekommen. Zu einzigartig ist das Gefühl, dass einem hier offenbart wird und als Musiker dürfte das Hören gleich doppelt befriedigen, da dass was hier geboten wird, ganz hohes musikalisches Niveau ist. Paul Masvidal und Sean Reinart beherrschen ihre Instrumente wie keine Zweiten. Beide zeigen ihr Können, ohne die Songs in penetranter weise zu Selbstdarstellungen verkommen zu lassen.
Am Ende steht man da und weiß auch nach dem 50 Mal hören noch nicht so wirklich was man sagen soll, außer, dass man einer der erfrischendsten und einzigartigsten Veröffentlichungen seit 1993 in den Händen hält. Wäre Cynic nicht so selektiv würde ich sagen, dass die Platte die Metalszene revolutionieren könnte, sowie Focus es schon lange hätte tun sollen, nur leider wird auch 2008 dieses so wundervolle Erlebnis an vielen Leuten einfach vorbeigehen. Mir egal, Traced In Air ist mein Album 2008! Wir sehen uns 2023!
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