[Sonstiges] PLEK-Service Thomann an einer Gretsch 5420

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Kleines Vorwort:

Wie viele von Euch sicherlich bereits wissen, hat das Musikhaus Thomann Mitte des letzten Jahres ein neues großes Service-Center eröffnet.
https://www.musiker-board.de/musiker-infos-bt/536499-neue-thomann-service-center.html

Dieses beinhaltet natürlich auch recht beeindruckende Fachwerkstätten für sämtliche Instrumentengattungen. Für die bundierten Saiteninstrumente ist ein vierköpfiges Team Gitarrenbauer und -techniker unter der Leitung von Werkstattleiter und Gitarrenbauer Rudolf "Rudi" Ens zuständig. In dieser Werkstatt werden sämtliche Arbeiten und Reparaturen verrichtet, die bei solchen Saiteninstrumenten vorkommen. Von fachgerechter und kundenspezifischer Grundeinstellung über Elektronik und Modifikationen, bis hin zum ausgewachsenen Kopfplattenbruch und Lackierarbeiten.
Das beschränkt sich auch nicht auf Akustik- oder E-Gitarren, sondern zieht sich ebenfalls von der Ukulele, Mandoline oder dem geliebten Banjo bis hin zum XL-Longscale Fretless Bass und allem, was irgendwo dazwischen liegt.

Nun hat sich das Thomann Team dafür entschieden, mit der Eröffnung des neuen Service-Centers auch eine PLEK-Maschine in die Werkstatt zu integrieren.
https://www.thomann.de/de/news_msg_plek_service_bei_thomann.html

Über das computergestützte System und Verfahren werde ich mich hier aber nicht groß auslassen. Dazu findet sich viel Informatives, unter anderem auch Videos, im Netz.


Das Musiker-Board Gewinnspiel und Vorbereitung:


Ende Februar 2014 hat das Musiker-Board eine Gewinnspiel Aktion gestartet, bei der drei Teilnehmer einen kompletten Thomann PLEK-Service für ein Instrument ihrer Wahl gewinnen konnten:
https://www.musiker-board.de/board-events-bt/567768-thomann-verlost-3x-plek-service.html

Voraussetzung war eine aussagekräftige Bewerbung, welche ich mit diesem Beitrag geleistet habe:
https://www.musiker-board.de/board-events-bt/567768-thomann-verlost-3x-plek-service.html#post6894545

Das Glück ist eine launische Schlampe, daher habe ich die Aktion natürlich gespannt verfolgt und wurde letztendlich tatsächlich mit einem Gewinn belohnt. Für die Ewigkeit festgehalten in diesen Bildern:
https://www.musiker-board.de/board-...nn-verlost-3x-plek-service-6.html#post6925430

Wie aus obigen Links zu entnehmen ist, hatte meine Gretsch 5420 keine gravierenden Abnutzungen oder gar Schäden an der Bundierung. Ganz im Gegenteil, die Edelstahlbünde sind relativ frisch und wurden von mir abgerichtet und verrundet. Auch der Knochensattel war für meine Begriffe recht sauber abgerichtet und eingepasst.
Meine Erwartungshaltung an das PLEK-Verfahren war also großspurig selbstbewusst irgendwo zwischen "so viel besser kann das gar nicht werden..." und "...aber ein bisschen was geht ja immer." Nicht viel Spielraum also.
Ummeine geliebte Gretsch dann tatsächlich auf die Reise nach Treppendorf zu schicken, benötigte ich noch einen Gretsch Passformkoffer, da der alte Allround-Tweedkoffer zwar für "normalen" Transport ausreichte, ich aber um die "zärtliche Behandlung" der DHL bzgl. ihrer anvertrauten Sendungen weiß. Ebenfalls bei Thomann bestellt, traf der auch kurze Zeit später ein und ich konnte somit gleich die Umverpackung zum Versand nutzen:
https://www.musiker-board.de/board-...nn-verlost-3x-plek-service-8.html#post6950413

Und weg mit der grünen Oma! Möge die DHL Erbarmen mit der fragilen Fracht zeigen...


Vermessung:

Kurz nach dem Eintreffen der Gitarre in Treppendorf bekam ich auch schon die ersehnte Rückmeldung und einige Schnappschüsse von Rudi geliefert:
Sinngemäß "Gretsch heile und im Ganzen angekommen!".
Eingespannt in den "Transformer" schaute die Gretsch dann so aus.

- IMG_3848.jpg

Losgelegt wurde mit der Vermessung des Griffbretts, der Bundierung, des Sattels und der Brücke. Also aller relevanten Parameter zur weiteren Bearbeitung.

Vermessung.jpg

Vermessung1.JPG

Vermessung2.JPG

Vermessung3.JPG

Vermessung5.JPG

Deutlich zu sehen ist der in drei Achsen arbeitende Tastkopf/-sensor, der die vielen notwendigen Messpunkte computergestützt in höchster Präzision anfährt und somit die erforderlichen Daten an den Rechner liefert.
Das sich so ergebende Messprotokoll hat mich, gelinde gesagt, in schlimme Depressionen getrieben.
(Im weiteren Bericht sind nur jeweils e und E-Saite dokumentiert. Natürlich läuft das PLEK-Verfahren über sämtliche Ebenen des Griffbretts)

Messgrafik davor e1 mit Erläuterung.jpg

Messgrafik davor dicke E6.JPG

Im ersten Bild (Vermessung der Ebene dünne e-Saite) habe ich den Soll- und Ist-Zustand dokumentiert. Zu erkennen sind die erheblichen Abweichungen vom Optimalzustand. Das hätte ich so wirklich nicht erwartet. Wie gesagt, ich war bis zu diesem Zeitpunkt von meinen eigenen "Fähigkeiten" bezüglich Abrichtung und Einstellung recht überzeugt.
(BTW: Der abfallende Verlauf des Griffbrettholzes zum Hals Tonabnehmer hin ist nicht Schuld des Herstellers Gretsch, sondern basiert auf meiner eigenen unbewußten Schlampigkeit bei der Abrichtung des Griffbretts vor der Neubundierung auf einen kleineren Radius.)

Also ergeben sich für die weitere Bearbeitung der Bundierung folgende Einstellungen für die PLEK-Fräse.

Einstellung f. Abrichtung e1.jpg

Einstellung f. Abrichtung E6.jpg


Der Sattel:

Des Weiteren fragte Rudi mich, ob der Knochensattel nicht ebenfalls komplett neu gemacht (eingepasst und mit der PLEK-Maschine abgerichtet und gekerbt) werden soll, da es dort ebenfalls Optimierungsbedarf geben würde.
Diese Position war zwar nicht in meinem Gewinn enthalten,

wäre also somit ein weiterer Kostenpunkt für den geneigten Kunden,

wurde mir aber von Rudi dieses Mal "for free" angeboten, was ich natürlich dankend annahm.
Das beste Ergebnis kann man halt nur erzielen, wenn alle Komponenten aufeinander abgestimmt werden. Was bringen mir die auf den 1/100 mm perfekt abgerichteten Bünde, wenn der Sattel das Gesamtergebnis wieder zunichte macht...
Gewählt wurde ein Vintage Bone Knochensattel von Göldo, der vom Werkstatt-Team wirklich tipptopp bemaßt (keinerlei Überstände oder Grate, Übergänge glatt wie ein Babyarsch) an seinem Platz fixiert wurde.
Das Nivellieren des Sattels wurde dann wieder von der Maschine übernommen.

Abrichtung Sattel 1.JPG

Abrichtung Sattel 2.JPG

Danach wird die Saitenführung (Kerbung) in Höhe und Breite in Abhängigkeit zur restlichen Vermessung vorgenommen.

Sattelkerben 1.JPG

Sattelkerben 2.JPG

Die nun entstandenen Grate und scharfen Kanten an der Auflage des Sattels wurden wieder vom Werkstatt-Team gebrochen, befeilt, geschliffen und die Oberfläche poliert.


Das Abrichten:

(Das knochige Vorspiel hat ein Ende! Jetzt geht es zur Sache, Baby!!!)

Hier seht Ihr das Fräswerkzeug der PLEK-Maschine für die Abrichtung der Bundierung. Dank der 3D-Computervermessung weiß dieses auf den 1/100 Millimeter genau, wo und wie viel Bundmaterial abgetragen werden muß.

Fräse 1.JPG

Fräse 4.JPG

Fräse 2 nah.JPG

Fräse 3 nah.JPG

Klar zu erkennen sind die drei verschiedenen Fräs-Profile für eben auch unterschiedliche Bund-Profile. Die schmale Vintage Bundierung einer Fender Stratocaster zum Beispiel benötigt eben ein differentes Profil als die mächtigen Super Jumbos einer "modernen" Gitarre.

Und wo wir gerade dabei sind, möchte ich noch kurz etwas zum Unterschied in der Bearbeitung zwischen normalen Neusilberbünden und Edelstahlbünden zum Besten geben.
Der Preisunterschied beider Verfahren von momentan 20 Euro erklärt sich schlicht daraus, daß Edelstahlbünde aufgrund ihrer Härte und Beschaffenheit einen höheren Arbeitsaufwand bedeuten. Die Fräse muß also nicht nur anders eingestellt und gefahren werden, sie braucht auch mehr Durchgänge für dasselbe Ergebnis. Der imho wirklich geringe Aufpreis erklärt sich also durch längere Arbeitszeiten und erhöhte Werkzeugabnutzung. Rudolf erklärte mir übrigens, daß Neuschliff und Härtung einer "verbrauchten" Frässcheibe bei der PLEK-Mutterfirma in Berlin den Wert einer guten Mittelklasse Gitarre hat.

Hier also die Bunddrahtfräse in Aktion. Vom eigentlichen Werkzeug ist nicht viel zu sehen, daher oben die Bilder des Fräswerkzeugs. Rudi hat es aus verschiedenen Perspektiven festgehalten.

Plek1.JPG

Plek2.JPG

Plek4.JPG

Plek5.JPG

Plek7.JPG


Ergebnis und Finish:

Damit ist die Arbeit der PLEK-Maschine fast getan. Es folgt eine erneute Computervermessung (siehe oben) des gesamten Ergebnisses. Und das sieht dann als Messprotokoll so aus.

Messgrafik danach dünne e1.JPG

Messgrafik danach dicke E1.jpg

NochFragen? Keine? Setzen...
Sämtliche engen Toleranzen sind eingehalten und der Computer gibt grünes Licht für die grüne Gretsch.
Die Bünde wurden final verrundet und poliert, ein neuer Satz D'Addario EXL 110 aufgespannt und eine komplette Grundeinstellung der Gitarre durchgeführt.


Back to Berlin!

Sehnlichst erwartet traf die Gitarre im typischen Thomann Karton mit mächtig Füllmaterial bei mir ein.
Karton auf, Koffer raus, Schnappschlösser geöffnet und da ist sie. Genauere Begutachtung wird auf später verlegt aber der erste Überblick ist mehr als ordentlich. Also Oma auf den Schoß, kurz durchgestimmt und rein akustisch ein paar Licks und Akkorde angespielt:
Ganz schlimmes Schnarrgeräusch aus Richtung Korpus! Eine gesunde Panikmacht sich breit. Ich vermute zuerst das Pickguard (bzw. dessen Schraubbügel), das mir schon öfter Probleme bereitet hat, dann werden Potiknöpfe und Pickuprahmen samt Tonabnehmer geprüft (mit den Fingern fest fixiert, um Vibrationen zu unterbinden). Der Bigsby-Arm vielleicht? Der rappelt nämlich gerne, wenn die Kontermutter nicht fest genug sitzt. Auch die Feder kann in der "falschen Position" ein nervendes Geräusch verursachen (vor allem, wenn die Plastikscheibe fehlt und der Saitenzug gering ist).
Brücke sieht gut aus, ist ja eine gesicherte (Locking Bridge), was soll da groß rappeln?

Das verfluchte Einstellrädchen auf dem M4 Gewinde unter den Diskantseiten ist minimal locker und berührt die Brücke nur tendenziell!

Gegen die Brücke geschraubt ist das Geräusch sofort weg. Erstaunlich, das ich nicht direkt darauf gekommen bin. Das ist nämlich auch nicht das erste Mal. Ohne Druck der Brücke (durch das Locking System ist diese auf dem M4 Gewinde fixiert und nicht auf die Rändelmutter als Auflagepunkt angewiesen) lösen sich diese Rändelmuttern gerne. Und durch den Hohlkorpus der Gitarre verstärkt klingt das dann, als würde jemand am Stuhl sägen.
Das waren 15 Minuten, zwei Zigaretten und leichter Schweiß auf der Stirn. Jetzt ist alles gut.


Ergebnis Bundabrichtung:

Die eingestellte Saitenlage (mit der Fühlerlehre gemessen etwa 1,6mm dicke E-Saite und 1,2mm dünne e-Saite) ist für meine Verhältnisse sehr niedrig aber völlig schnarrfrei in sämtlichen Lagen und Bünden. Jede Saite wird in jedem Bund angespielt (Spinne) und jeder Ton klingt sauber und völlig ohne Nebengeräusche aus. Das wäre bei dieser Saitenlage vor dem pleken sicherlich schon mal nicht gegangen.
Gewohnheitsgemäß (und um etwas mehr Druck auf der Bücke und damit auch mehr Ton zu haben) stelle ich die Saitenlage auf meine obligatorischen 2mm E-Saite und 1,6mm e-Saite ein.
Die Gretsch spielt sich butterweich! Selbst Akkorde und Drei-/Vierklänge in hohen Lagen intonieren super sauber und ohne Zirpen oder gar absterbende Töne. Auch da hatte ich vorher gewisse Probleme mit unterschiedlich lang ausklingenden Saiten.
Schnelle Läufe und Wechsel gehen ganz einfach von der Hand. Das macht einfach nur richtig Spaß.

Weniger blumig schwafeln, mehr Bilder.

1.Bund 2.jpg

1.Bund nah.JPG

Die Makroaufnahmen sind interpoliert (alte Digitalkamera mit sehr einfachem optischen Zoom) , daher wirken sie eventuell etwas seltsam.
Das sehr saubere, runde Bundprofil ist aber meines Erachtens gut zu erkennen.
Kein Trapez, keine Plateaus, bestens poliert. Das bedeutet genauste Intonation und geringen Kraftaufwand bei Bendings. Inwiefern ich dieses Bild bei eigenem Finish erreiche, kann ich nicht sagen, da ich noch nie Makros davon gemacht habe. So jedenfalls würde ich mir meine Bundkronen zumindest wünschen. Besser geht imho eigentlich auch nicht.

Aufder Diskantseite sieht das ähnlich aus.

1.Bund dünne e-Saite.jpg

1.Bund dünne e nah.JPG

Die groben Spuren an den Bunddrahtenden stammen von der Neubundierung (also dem Ablängen mit der Feile), nicht von der PLEK-Maschine. Das beinflusst die Bespielbarkeit nicht, sieht aber als Makroaufnahme martialisch aus.

Hier haben wir Bund 11 und 12 im Profil.

12.Bund.jpg

und nochmal per Picasa reingezoomt

12.Bund nah.JPG

Ob die feinen, regelmäßigen Schleifspuren auf dem Bund (in den Spiegelungen zu erahnen) vom finalen Krone verrunden, der PLEK-Maschine selbst oder vom Polieren kommen, kann ich nicht sagen. Sie sind mit bloßem Auge nicht erkennbar und haben mit ziemlicher Sicherheit keine Auswirkungen auf die Bespielbarkeit.
Abschließend dazu noch ein Eindruck ab dem 15. Bund abwärts.

Noch mehr Bünde.jpg


Der neue Sattel:

Wie ich oben bereits andeutete, ist der Sattel in seinen Abmaßen wirklich perfekt eingepasst. Die Übergänge zum Hals sind kaum merklich und er sitzt in gesamter Breite und Länge vollflächig ohne spür- oder sichtbare Spalte oder ähnlichem auf. Das klingt vielleicht etwas seltsam und sollte als selbstverständlich erachtet werden, ist es aber beileibe nicht. Auch nicht zwangsläufig bei hochpreisigen Modellen.
In der Massenfertigung werden vorgefertigte Sättel in die Nuten gesetzt und bestenfalls grob angepasst. Das mag in der Bespielbarkeit der Gitarre zwar kaum einen Unterschied machen, ist aber haptisch einfach unschön.
Auch hat Rudi das von mir eingelegte Ahornfurnier entfernt, mit dem ich den alten Sattel unterfüttern musste. Nun liegt der Sattel also wieder satt und eben direkt in der Halsnut im Holz.
Akustiker werden das von ihren Stegeinlagen kennen: Liegt sie nicht plan und vollflächig in der Stegnut auf, macht sich das unter Umständen in unterschiedlich lauten Saiten bemerkbar. Das ist bei Sätteln nicht anders, da sich über diese die Schwingungsenergie der einzelnen Saiten direkt auf den Hals übertragen.

Hier also ein paar Fotos des neuen toten Rindes.

Sattel1.jpg

Sattel2.jpg

Sattel3.jpg

Sattel4.jpg

Sattel5.jpg

Der vorher verbaute Sattel war ein gebleichtes Stück Knochen (ein Rohling von Rall-Online), das optisch mehr den billigen Kunststoffsätteln ähnelte. Der neue Göldo Vintage Bone Sattel sieht mit seinem "viele Zigaretten und Kaffee"-Zahngelb deutlich authentischer aus. Das ist aber reine Geschmackssache. Rudi verbaut auf Wunsch alles, was sich als Sattel eignet.
Das errechnete und ausgeführte String Spacing ist besser nicht zu machen. Ist dieses unregelmäßig, ist das nicht nur optischer Minuspunkt, sondern kann durchaus auch die Bespielbarkeit einschränken, weil es sich eben auf die Saitenführung über die gesamte Mensur auswirkt.
Die Kerbung ist dem Saitenverlauf hinter dem Sattel zu den Mechaniken angepasst, läuft also nach dem vorderen Auflagepunkt etwas schräg zur Längsachse des Halses. Damit erreicht man eine verbesserte Stimmstabilität, da die Saite (wie bei geraden Kerben üblich) hinter dem Sattel nicht in einem steilen Winkel zu den Mechaniken abgeknickt wird.
Gerade bei Bendings und erst recht bei Gitarren mit Vibrato-Systemen und 3L+3R Kopfplatten werden somit die Reibungspunkte stark minimiert.

Die Kerbentiefe und -breite ist ebenfalls optimal gewählt. Sie entspricht ziemlich genau meinen bisher angewandten Maßen (dritter Bund gegriffen, Abstand zwischen Bundoberseite erster Bund bis Saitenunterkante E-Saite 0,20mm, dünne e-Saite 0,15mm, Fühlerlehre geht leicht saugend durch).
Was auch in den Bildern sehr schön ersichtlich ist, ist das die Saiten in der Tiefe vorbildlich nur zu 30-50% AUF dem Sattel in der Führung liegen und nicht komplett darin verschwinden. Das beeinträchtigt nämlich wiederum erheblich die Stimmstabilität.

Und da möchte ich gleich kurz einhaken und etwas klarstellen. Auch vorgekerbte Sättel, wie sie zuhauf erhältlich sind, müssen nicht nur in der Gesamthöhe nivelliert , sondern individuell auf jedes Instrument angepasst werden! Das bedeutet, daß jede Sattelkerbe einer Nachbearbeitung bedarf. Wer sich einen solch vorgekerbten Sattel ohne notwendige Fein- und Nacharbeit auf die Gitarre klebt, erreicht keinesfalls das erreichbare Optimum. Und zu dieser Aussage stehe ich.

Als das sind übrigens Gründe, warum ein versierter Gitarrenbauer/-techniker für diese Arbeit etwas Geld verlangt. Es ist keinesfalls etwas für "geübte Bastler" (Diese Selbsteinschätzung hört man ja gerne in unserem Fachbereich) und schon gar nicht für "Anfänger". Selbst wenn man schon selbstbewusst etliche Sättel in seinem Gitarristenleben getauscht hat, bedeutet das nicht, daß man es richtig macht. Ein guter Sattel ist meines Erachtens nach die wichtigste Komponente und eine Grundvoraussetzung für ein gutes Setup, Stimmstabilität und Intonation. Ist der nur suboptimal eingepasst und abgerichtet, tut man sich selbst keinen Gefallen. Und die Gitarre wird nie so klingen, wie sie eigentlich könnte.
Das wollte und musste ich jetzt mal erwähnen.


Mein Resümee:

Es bleibt eigentlich nicht viel zu sagen, da ich im Verlauf des Berichts bereits meiner Begeisterung freien Lauf gelassen habe. Die Bespielbarkeit und das Finish ist traumhaft. Das musste ich Rudolf gestern auch noch mal telefonisch bestätigen, worüber er sich sichtlich gefreut hat.
Natürlich ist der Preis für diese Arbeiten (in meinem Fall immerhin knapp 285 Euro mit Sattel und Saiten) kein Pappenstiel. Ich kenne die üblichen Preise für manuelles Abrichten, Anfertigen und Einpassen eines Sattels und Grundsetups zur Genüge.
Was man allerdings hier an Gegenwert bekommt, ist schlicht jeden Cent wert. Insofern ist das viel bemühte Preis-/Leistungsverhältnis in diesem Fall laut meiner bescheidenen Meinung nach unschlagbar. Eine solche Arbeit lässt man schließlich auch nicht alle Nase lang machen. Ein einmal so eingerichtetes und optimiertes Instrument verspricht für lange, lange Zeit uneingeschränkte Spielfreude (die Betonung liegt auf "uneingeschränkt").
Rechne ich jetzt also mal die zig Werkzeuge zusammen, die ich mir im Laufe der Jahre für solche Arbeiten zulegen musste, dazu die Zeit, die Nerven und den Schweiß, bin ich sicherlich locker im vierstelligen Bereich unterwegs.
Dabei nicht vergessen, wie viele Arbeiten doppelt oder dreifach ausgeführt werden müssen, um ein ansprechendes Ergebnis zu erreichen (viele, viele Übungsstücke und verhunzte Arbeiten, bzw. viele Nacharbeiten).

Natürlich werde ich nicht meine Gitarren wegen jeder Kleinigkeit nach Treppendorf schicken, um sie auf die PLEK-Maschine spannen zu lassen. Der Aufwand bzgl. Verpackung und Versand ist verhältnismäßig groß. (Leichter hat es der, der zumindest in der Nähe wohnt und sein Instrument selbst abgeben und abholen kann).
Das Ergebnis allerdings spricht dafür, sein geliebtes Instrument wenigstens alle paar Jahre mal gründlich durchchecken und ggf. einer wieder notwendigen Optimierung unterziehen zu lassen.
Und der wirklich nette, hilfreiche und kompetente Umgang mit Rudi und seinem Team ist ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Pluspunkt. Die Wahl seines Gitarrentechnikers ist eben auch Vertrauenssache.
 
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Ich hab ja selbst schon bei Martin und Fodera eine PLEK-Maschine live gesehen (sogar "in Arbeit"), allerdings solche Feinheiten wie die eigentlich Fräsvorrichtung für die Bünde und das genaue Bearbeiten des Sattels konnte ich nicht so schön wie auf den Fotos begutachten.

Sehr interessanter Bericht!
 
Puh, dein Bericht wird wohl irgendwann in naher Zukunft für gähnende Leere in meiner Brieftasche sorgen.

Noch ist meine Kleine nicht notwendigerweise fällig, und Bünde abrichten würde auch locker reichen, aber da ich eh Edelstahlbünde auf meiner Main Guitar haben will, mach ich das dann in einem Rutsch. Und da kommt kohlemäßig ganz schön was zusammen. Allerdings hänge ich extrem an dieser Gitte, weshalb ich das mit Sicherheit nicht bereuen werde.

Besten Dank an dich für diesen tollen ausführlichen Bericht, und an auch an die Rudolf, der sich nicht zu schade war detaillierte Bilder davon zu machen.

Gruss
Eggi
 
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Super Bericht, Olli. Und das bestätigt einmal mehr, warum auch meine nächste Strat zu smartin geht bzgl. Neubundierung und vor allem - supergenaue Abrichtung. Weil das ist nun mal das A und O eines Bundinstrumentes. :D
 
Danke für den tollen Bericht! Würde mich nicht wundern, wenn die PLEK-Maschine nach diesem Bericht nicht auf Vollauslastung laufen würde! Bin selbst schon fieberhaft am überlegen, ob ich nicht meiner Strat diese kleine Welness-Kur angedeihen lassen sollte :)
 
Schön, das es Euch gefällt.

Ich möchte diesen Bericht auch ausschließlich auf Thomann beziehen. Das offensichtlich nicht jede Firma mit PLEK umgehen kann, zeigt ja ein aktueller Fall im Technik-Sub:
https://www.musiker-board.de/modifi...ichten-lassen-hinterher-ist-man-schlauer.html
Nur mit der Maschine ist es also nicht getan, es gehört auch ordentlich Know-How dazu.
Sicher, dass da geplekt wurde? Ich tippe eher auf Azubi oder Mitarbeiter mit Unlust.
 
Vielleicht kann mich jemand etwas aufklären. Wie lange "hält" so eine Behandlung ?

215 € sind ja nicht gerade wenig (https://www.thomann.de/de/thomann_plek_service_2.htm)

Der Sommer naht. Mit ihm auch ggf. der "Halsverzug". Zu Hause muss man dann wieder etwas "von Hand" nachstellen. Ist dann nicht das vorher (teuer) erkaufte / geplekte weg ?
 
Das Plek-Verfahren bezieht sich ja nach meinem Verständnis eigentlich auf die Bünde. Im Sinne eines ganzheitlichen Set-Ups werden dann eben noch so Dinge wie Hals und Sattel auf die abgerichteten Bünde angepasst.
Sprich, von den abgerichteten Bünden hast Du sicher auf Dauer was. Das wird eben genau so lange gut sein, bis Du eben wieder abrichten lassen musst wegen Rillen oder Abnutzung.
Sollte sich der Hals wirklich mal verziehen, dann musst Du den eben wieder entsprechend anpassen. Erfahrungsgemäß wird sich der Hals durch veränderte Witterung/Heizgewohnheiten ja aber nicht so verziehen, dass man das nicht mit ner 1/4 Umdrehung in die eine oder Richtung wieder ausgleichen kann. An den sauber abgerichteten Bünden ändert das ja wie gesgt nichts.

Ist jetzt aber nur mein laienhaftes Verständnis von dem ganzen Verfahren.
 
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Sehr detaillierter Bericht, vielen Dank! Daumen hoch auch an die Jungs von T für die vielen Fotos.

Sicher, dass da geplekt wurde? Ich tippe eher auf Azubi oder Mitarbeiter mit Unlust.

Ja, nur eben mit 12" Radius statt 16"... ich tippe eher darauf, dass eine JS1000 vor meiner in der Maschine war und sie die Einstellungen danach nicht angepasst haben. Oder eben besoffener Azubi...
 
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Vielleicht kann mich jemand etwas aufklären. Wie lange "hält" so eine Behandlung ?...Der Sommer naht. Mit ihm auch ggf. der "Halsverzug". Zu Hause muss man dann wieder etwas "von Hand" nachstellen. Ist dann nicht das vorher (teuer) erkaufte / geplekte weg ?

Ich denke nicht, dass es weg ist. Wenn ich eine vorsichtige Analogie wage zu smartins perfekten Arbeiten an meiner Strat, dann ist es ja so: Es werden Hals, Sattel und Bünde bzw. deren Höhen aufeinander perfekt abgerichtet und eingestellt, Höhenunterschiede der Bünde werden egalisiert oder sogar ausgeschlossen (?). OK, smartin ging bei meiner Start sogar soweit, dass er das Griffbrett zur Halskrümmung "gegenschliff", um die Krümmung noch weiter zu minimieren.

Die sich wetterbedingte Halskrümmung ändert daran nichts, dass der oben beschriebene Kontext in sich gleich gut / optimiert bleibt. Und die muss man sich ja sowieso wieder individuell einstellen.

Eher spielt man sich dann wieder mit der Zeit seine eigenen "Unwuchten" in die Bünde.
 
Nur so am Rande.
eine PLEK kann auch das Griffbrett abrichten, wenn man den will.
 
Hi Daddy´

Da bin ich mal gespannt ob sich Gerd traut seine BJ 1962 Strat - die demnächst wieder fällig ist - dem Rudi zu überlassen. Daraus ergeben sich aber auch 2 Fragen.

1) Gibt es eine Aussage wie viel Zeit er braucht? (Gerd gibt die Gitarre nicht aus der Hand, es kann also nur klappen, wenn er in der Nähe bleiben darf ...)

2) Lassen sich Termine ausmachen? Dann könnte man es mit einem Tag Treppendorf Tourismus verknüpfen.

Was mir aufgefallen ist ... Immer wenn ich einen Sattel sehe der "ge-pleckt" wurde (z.B. Gibson), dann sind die Kerben sehr nah an der Oberfläche und nicht so tief wie wir es bei Handarbeit gewöhnt wären. Die Saite liegt mehr "oben drauf" als "drin". Stimmt dieser Eindruck?

Gruß
Martin
 
Hi Martin,

bezüglich Frage 1 und 2 schreibe ich Rudi nochmal an. Ich bin ihm eh noch eine Mail schuldig. Gleich für morgens Termin machen, dann Großstadt Treppendorf unsicher machen (oder bei Thomann mit weiteren Custom Shop Fender eindecken:D) und abends wieder abholen würde sich ja anbieten. Ich denke schon, daß das einige Zeit in Anspruch nimmt. Nur abrichten oder muß da mehr gemacht werden?

Was mir aufgefallen ist ... Immer wenn ich einen Sattel sehe der "ge-pleckt" wurde (z.B. Gibson), dann sind die Kerben sehr nah an der Oberfläche und nicht so tief wie wir es bei Handarbeit gewöhnt wären. Die Saite liegt mehr "oben drauf" als "drin". Stimmt dieser Eindruck?

Ja, wie ich oben auch schrieb
Was auch in den Bildern sehr schön ersichtlich ist, ist das die Saiten in der Tiefe vorbildlich nur zu 30-50% AUF dem Sattel in der Führung liegen und nicht komplett darin verschwinden. Das beeinträchtigt nämlich wiederum erheblich die Stimmstabilität.

Siehe auch hier:
http://rockinger.com/index.php?page=ROC_Workshop_Sattel

Grundsätzlich: Ein korrekt gekerbter Sattel hat folgende Merkmale:
  1. Die Mittellinien der Kerben haben den gleichen Abstand zueinander.
  2. Die Kerben sind in der Auflagefläche glatt.
  3. Die Kerben sind gerade so breit, dass die Saiten nicht darin festklemmen.
  4. Die Saiten liegen nur zur Hälfte ihres Querschnitts in der Kerbe, d.h. jede Kerbe ist halb so tief wie der jeweilige Saitendurchmesser.
 
Alles klar, ich hatte es der Plek Maschine zugeschrieben und nicht der Reibung an der Seite der Saite.

Wieso glaubst du ein Treppendorf Rundgang hätte Gefährdungspotential - ausgerechnet bei mir :cool: Ich kaufe praktisch nie ... :)

Gruß
Martin
 
Ja, nur eben mit 12" Radius statt 16"... ich tippe eher darauf, dass eine JS1000 vor meiner in der Maschine war und sie die Einstellungen danach nicht angepasst haben. Oder eben besoffener Azubi...
Kurz zum besseren Verständniss: Es ist nicht möglich und auch nicht nötig die Einstellung der Plek Maschine nach einer Bearbeitung zurückzusetzen oder anzupassen. Jede Gitarre wird vor der Bearbeitung ausgemessen und so weiß die Maschine welcher Radius auf dem Griffbrett drauf ist. Möchte man aber bewusst den Radius ändern, dann muss man die Einstellung anpassen. Ändert man den Radius nicht, werden die Bünde automatisch mit dem Original-Radius gefräst. Hätte also der Techniker die Gitarre geplekt, hätte er bewusst den Radius ändern müssen. Fazit: die Gitarre wurde nicht geplekt. Vermutlich waren die Bünde im Bereich der e und b Saite abgenutzt und der Techniker hat nur diese Stellen abgeschliffen. Dadurch hat er den Radius auf 12" geändert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vermutlich waren die Bünde im Bereich der e und b Saite abgenutzt und der Techniker hat nur diese Stellen abgeschliffen. Dadurch hat er den Radius auf 12" geändert.

Das erklärt einiges aber für diese Ignoranz muß man schon ordentlich Doppelkorn im Frühstücks-Kaffee haben (oder eben Kaffee im Doppelkorn). :D
 
rudi: er behauptet er hätte gePLEKt, glaube ich eigentlich auch - es war absolut perfekt gemacht, mit Saitenlage "nahe Null". Nur eben mit 12" statt 16" und dadurch ungleichmäßige Saitenhöhe. Ich weiß halt nicht wie es zustande kam, vielleicht hat das derjenige auch bewusst gemacht mangels besseren Wissens, keine Ahnung. Davor war es eine Hügellandschaft mit tiefen Rillen in den Bünden (nach 10+ Jahren intensiven Bühneneinsatz beim Vorbesitzer), es wurde nicht nur "ein wenig nachgeschliffen", sondern komplett bearbeitet.
 
ok, ich habe nur gehofft, dass es ihm "durchgerutscht" ist, aber wenn die Gitarre gePLEKt wurde, dann war´s gezielt. Schade.
Kann ja wieder korrigiert werden, wenn genug Bundmaterial vorhaned ist. Auf jedem Fall werden die Bünde durch erneutes Abrichten flacher. Hoffentlich wird alles wieder gut.
 
Das wird gerade versucht. Flach sind die Bünde schon, ich hoffe dass das noch ausreicht. Wenn er die Ränder nicht groß anfasst und nur dazwischen schleift, könnte es gerade noch klappen. Die Hoffnung stirbt nie... werde berichten.
 

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