Stagepiano Roland RD-170 Review

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Review: Stagepiano Roland RD-170​


Zur Person: Angefangen hat das Musizieren, wie sicherlich bei vielen meiner Altersklasse, mit Konzertgitarre (Höfner) im Kindesalter, E-Gitarre (Gibson SG und Fender Showman AMP) und erster Tastenkontakt in früher Jugend, worauf ich - konsequenterweise - nach knapp 10 weiteren Jahren aufs Schlagzeugspielen (Yamaha Recording Custom) umsattelte und mich deswegen berufen fühle, anderen einen Überblick über mein Stagepiano Roland RD-170 (heutiger Straßenpreis: um 950 EUR) zu verschaffen, auf dem ich mich seit etwa zwei Jahren redlich bemühe, recordingtaugliches abzuliefern. Liveeinsätze sind eher selten und auf besondere Anlässe beschränkt.

Das RD-170 http://www.musik-service.de/Digitalpiano-Roland-RD-170-Stage-Piano-prx395719192de.aspx ist also ein (mir liebes) Nebeninstrument, dem, falls nötig, ein Yamaha Motif-Rack unter die Arme greift; das Motif Rack steht aber hier nicht zur Debatte - ich werde es auch in die folgenden Betrachtungen (mit einer Ausnahme) nicht einbeziehen.

1. Klang​

(wer meint, oben bei andi85s Review zum RD-150 alles schon erfahren zu haben, der irrt)


a) akustisches Piano: gut bis ausreichend

Anders als beim RD-150 ist lediglich das erste gesampelte Grand Piano SP-typisch dunkel und, na ja, ein wenig mulmig. Das von mir fast ausschließlich verwendete zweite Sample klingt ‚untenrum' viel transparenter, ohne im Diskant zu kreischen, wenn man den ‚Brilliance-Fader' in der mittleren bis unteren Position hält. Bravo Roland, da können selbst die (unbearbeiteten) A-Piano Presets des Yamaha Motif-Rack nicht mithalten! Auch nach der Beurteilung eher versierter Dritter kommt keines der Yamaha-Presets an den Roland-Sound heran.

Aber: so hervorragend wie mir das angesprochene Flügel-Sample vorkommt, so enttäuschend und mau empfinde ich die anderen drei Akustik-Synthesen (‚GP 1', ‚Honky Tonk' und ‚Dasweissnurroland'). Deshalb die Abwertung.

Die weiteren vier "Stack-Pianos" mögen für den ein oder anderen interessant sein, ich selbst habe sie nie gebraucht. Außerdem halte ich sie für Ressourcenverschwendung, denn die Klänge lassen sich mit den A-Pianosounds und den übrigen Presets genauso layern.


Das schon von andi85 beschriebene ‚Knallproblem' tritt bei dem RD-170 nicht mehr auf, jedenfalls nicht in der beschrieben Dramatik. Es läßt sich recht gut mit der m.E. wirksamen Einstufung der Anschlagsdynamik in den Griff bekommen.

b)Vintage-Synthese befriedigend


Zunächst zu den E-Pianos: Es stehen zwar insgesamt 8 layerfähige Grundsamples (vier "Rhodes" und vier weitere E-Pianos (darunter eine Nachahmung des A 200 Wurlitzer) zu Verfügung, aber, ganz ehrlich, absolut überzeugend klingt keines. Fans des im Baß knurrigen und im Diskant glockigen Vintage E-Pianos werden sich das Ergebnis schönreden müssen. Mit Layer-Unterstützung (E-Piano Sektion) und einem guten Siderack-FX bekommt man aber so eben ein einigermaßen glaubwürdiges Suitcase-Rhodes hin.


Die Orgeln (ebenfalls 8 Grundsamples), wenn man sie denn unter 'Vintage' abhandelt, sind recht gut gelungen. Man nehme das erste "Jazz-Orgel" Preset (100 %) und ein "Orgel" Preset (zu etwa 30 %), die Anschlagsdynamik auf ‚low' und schwupps, ist das Intro zu Deep Purples ‚Child in Time' spielfähig. Klar, das ist noch lange keine Hammond B-3/Lesliekombination, aber den Tastenclick und auch die Balls des Lesley haben die Roländer recht gut hinbekommen, wenn man bedenkt, daß es sich ja um ein Stage-Piano und nicht um einen B-3/Leslie-Clone handelt.


c) Rest : gut bis befriedigend

Die "Strings" sind alle recht gut, die "Voices"-Synthese ist leider nicht so berauschend, wenn auch deswegen nicht unbrauchbar (klingt nach allem, nur nicht nach Chor). Übriges kann sich auf jeden Fall sehen, pardon, hören lassen - eben Stagepianomaß . Brass ist auch interessant, wenn auch nicht authentisch. Schade, daß die sonst sehr gute Bass-Sektion keinen Slap-Bass enthält. Der Frettless-Bass klingt übrigens durchaus überzeugend.


2. Tastatur gut bis sehr gut​

Eines vorweg: wahre Pianisten werden die Tastatur wahrscheinlich schlecht finden, weil sie (zu Unrecht) eine A-Pianotastatur erwarten; dafür wurde das Manual aber ganz offensichtlich nicht hergestellt.

Die gewichtete Graded Hammer-Tastatur entspricht den zu spielenden Sound-Presets und muß deshalb (auch) zu einem relativ schnellen Orgelspiel (kein Glissando) befähigen. Das meistert die eher weiche Roland-Tastatur mit ihrem etwas außergewöhnlichen Repetitionsverhalten ganz hervorragend. Wie sagte andi85 in seinem RD-150 Review (siehe oben) : "Klang und Tastatur sind gut aufeinander abgestimmt." Genau das ist die des RD-170 auch.

3. Technisches​

a) Effekte Chorus und Hall: Klanglich in Ordnung, die Abstufung (Grade 1-8) ist annähernd exponentiell - sehr schwierig, das hinzufummeln. Mein Tip:"Weniger ist Mehr".

Die Stimmungen sind von gleichschwebend über bach'sche Wohltemperierung bis hin zu "Werckmeister" einstellbar. Die Saitenresonanzsimulation ist absolut in Ordnung. Mit dem DP-8 Pedal besitzt man eine "echte" Halbpedal-Funktion; sehr nützlich und bei Stagepianos nicht immer selbstverständlich.

b) Soundschrauben Allenfalls über den Layer, sonst keine Möglichkeiten, abgesehen von MIDI

c) Bedienung/MIDI: Hervorragend. das RD-170 zeigt hier keine echten Schwächen: für fast alles einen ‚eigenen', den Status anzeigenden beleuchteten und daher selbst im Dunkeln sicher zu treffenden Tastenschalter. Gegenüber anderen Stagepianos bleibt das Manual weitgehend von der MIDI-Ansteuerung verschont. So soll es sein! Leider fehlt eine Midi-Through-Buchse.

d) Sonstiges Wie beim RD-150 (siehe oben). Auch hier ein 2 Spur-Sequencer, der bei Ausschalten des Pianos aber nicht gelöscht wird, da Speicherinhalte, anders als z.B. bei Yamaha, nicht flüchtig sind.


4. Was sonst noch fehlt

Das RD-170 ist äußerst solide. Das Gehäuse ist vollumfänglich aus Metall, die Lackierung ist sehr widerstandsfähig, die Seitenteile bestehen aus (astreinem) Holz - kein Joghurtbecher-Image.
Der Notenhalter ist, wie andi85 schon sagte, ein Witz.


5. Fazit

a) Bühnentauglichkeit: läßt sich uneingeschränkt bejahen, bis auf das elende Gewicht und die Unhandlichkeit z.B. gegenüber einer LMK von Döpfer. Sonst fehlt es an Nichts.

b) Wohnzimmertauglichkeit: das RD 170 ist durchaus wohnzimmertauglich, die Abnahme (Verstärkung und Wiedergabe) wohl eher nicht.

Finger weg von sog. Keyboardverstärkern - wer wirklich zu Hause nicht nur über Kopfhörer spielen sondern wirklich hören will, was das RD 170 tatsächlich kann, der kommt um gute (Nahfeld-)Monitore und einen Sub (aktiv getrennt) nicht herum.

c) Preis-Leistung Nichts zu meckern. Für unter 1.000,- EUR derzeit wohl das Beste am Markt.

d) Schlusswort. Am liebsten würde ich mir jetzt ein zweites, neues kaufen und vakuumverpacken, damit ich in später Zukunft über das, was ich jetzt habe, wiederum verfügen könnte. Vielleicht noch ein interner Roland-Vergleich: m.E. schlägt das RD-170 seinen Nachfolger RD 300 SX in sämtlichen Disziplinen um Längen.


Ach so, ja: Nein, ich stehe nicht auf der Pay-Roll von Roland-Industries.
 
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