akkord- und harmonie-konzept (funk und soul)

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MangoMongo
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Hi zusammen,

ich lese jetzt seit zwei tagen recht intensiv auf diesem forum (kreuz und quer) und bin begeistert von den vielseitigen und reichhaltigen erfahrungsschätzen die hier ausgetauscht werden :great:
jetzt hab ich auch mal ne frage, ich bin mir allerdings nicht sicher, ob hier bei "Griff- und Spieltechnik" die richtige stelle ist. wie auch immer: es wäre toll, wenn ich mit eurer hilfe ein klein wenig erleuchtung zu dem thema erhalten würde ...

es geht um die spielweise des gitarristen der menahan street band (in diesen videos zu sehen mit dem unglaublichen charles bradley). hier ein paar links:
http://www.youtube.com/watch?v=6slbqEMiKsI
http://www.youtube.com/watch?v=F63vjGlJvO8&feature=relmfu
http://www.youtube.com/watch?v=yBdTVmSVq14

HIER NUN MEINE EIGENTLICHE FRAGE:
Könnt ihr mir ein paar Hinweise darauf geben, mit welchem konzept der gitarrist hier spielt? also ich meine damit die genretypischen akkorde, harmonien, riffs, effekteinstellungen, kniffe etc.

mein eigenes wissen ist recht begrenzt, aber um euch mal eine vorstellung zu geben, welche art von antworten mir weiterhelfen würden, beantworte ich schon mal das (für mich) erkennbare.

SOUND:
Ich vermute, dass der Gitarrensound wohl maßgeblich über die Halbakustische Gitarre selbst kommt, viele Effekte kann ich nicht hören, vermutlich angezerrte Röhre und Reverb aufgedreht, er benutzt recht häufig den tremolo-haken. evtl. ein kompressor um die funktypischen "tschak tschak" sounds beim abgedämpften anschlag hinzubekommen?

AKKORDE:
keine ahnung welche akkorde er benützt, aber es sind viele ungewöhnliche dabei, die sehr jazzig klingen. oft klingt es so, als ob er einen akkord als verzierung nacheinander in mehreren versionen spielt und mit kleinen licks und fills verbindet. ich wette, man könnte die songs auch mit standardchords a la E F G Dm und so weiter spielen, aber wahrscheinlich sind das alles so Dm7xy11 und Emaj9#xxx .... hat jemand einen guten tipp, wo ich mir wissen zu solchen jazzigen/souligen/funkigen akkorden aneignen kann?

ICH BITTE UM ERGÄNZUNGEN UND TIPPS JEDER ART :D
 
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Detaillierte Antworten auf ALLE Deine Fragen würden ein kleines Lehrbuch füllen. Deshalb in Kürze die Basics dazu:

1. Vom Vollgriffler zum 3-Note-Comping

Es ist Dir sicher bekannt, dass "normale" Akkorde aus 3 Tönen bestehen. Da auf der Gitarre jeder Ton doppelt vorkommt und man ja zuerst immer die "Vollakkorde" und ihre Griffe optisch lernt lernt, fällt es oft schwer, sich davon zu lösen. Dies aber ist wichtig, da aus Gründen der klanglichen Transparenz in der Band die Gitarrenbegleitung selten aus mehr aus 3 Tönen gleichzeitig besteht.

2. Das 3-Note-Comping auf identischen Saiten

Eine spezielle Eigenart mancher Begleittechniken ist es, immer die 3 selben Saiten zu verwenden. Dies hat klangliche Gründe, da ja jeder Gitarrist weiß, dass sich das Klangspektrum beim häufigen Wechsel zwischen höheren und tieferen Saiten immer wieder verändert. Um hier mehr Ruhe und Konstanz reinzubringen, spielt man weite Teile der Begleitung auf den immer selben 2 bis 3 Saiten.

3. Was man dazu braucht

Ganz "einfach": Man muss zunächst sämtliche Basis-Akkorde (Dur, Moll, Dur7, Moll7) auf 3 Saiten beherrschen. Natürlich leiten diese sich optsich/griffetchnisch von verschobenen Vollakkorden mit Barree ab - nur das halt der Barre wegfällt und damit einige zunächst ungewohnte Griffe entstehen. Ungewohnt aber nur deshalb, weil der Barrefinger fehlt, der vorher der bequemen optischen Orientierung diente. Davon muss man sich aber unbedingt lösen!

Nicht nur, aber häufig werden die Saiten 2-4 verwendet. Sehen wir uns einige Beispiele an (Saiten 4,3,2, von tief nach hoch beziffert):

555 = C-Dur/Am7
756 = F-Dur/Dm7
1098 = C-Dur/Am7
998 = Em/Cmaj7
878 = Gm/Ebmaj7
756 = F-Dur/Dm7
555 = C-Dur/Am7

In Abhängigkeit von den Tönen des Bass' in der Band können diese Griffe noch weitere Chords sein. Wegen der Übersichtlichkeit sind jeweis nur 2 Varianten genannt.


Aufgabe: Diese Chords flüssig in langsamen Vierteln spielen, so als würdest Du eine Linie mit einzelnen (Solo-)Tönen spielen. Dabei den Namen des Chords nennen.

4. Was macht der Gitarist im YT-Beispiel Nr. 1

Im Grunde spielt er "nur" die Akkorde des Songs (Saiten 4,3,2) :

F: 756
C: 555
Dm: 776

und nach einigen Durchgängen

Bb: 12 10 11
Am: 10 9 10
(8) = Zwischenton C auf Saite 1
Gm: 8 7 8

5. "Wie spielt er einen Akkord nach oben?"

Indem er ihn in verschieden Lagen wiederholt. Einfaches Beispiel für C: (wieder Saiten 4,3,2)

555
987
12 10 11


Natürlich kommen hier dort noch einzelene Zwischentöne zum Einsatz.

IM Grunde sind das uralte Spieltechniken, die im Rock'n Roll der 50er und der frühen Soulmusik der 60er-Jahre häufig anzutreffen waren und seitdem in vielfältigem Formen, Sounds und Stilen vorkommen.

Übrigens: Einen Kompressor brauchst für den Funk-Anschlag nicht. Das Tak-Tak kommt mir der Spieltechnik von selbst.

---------- Post hinzugefügt um 02:02:38 ---------- Letzter Beitrag war um 01:33:09 ----------

2. Teil:

Präge Die sämtliche Akkorde nach Typen auf den Saiten 4,3,2 in allen Lagen mit ihren Grundtönen und gängigsten klanglichen Zusammenhängen ein. Beispiel:

D-Typ: 423 - Grundton Dur auf der H-Saite / auch: Hm7 ohne Grundton / E11 ohne Grundton
A-Typ: 222 - Grundton Dur auf der G-Saite / auch: F#m7 ohne Grundton / H11 ohne Grundton
G-Typ: 543 - Grundton Dur auf der D-Saite / auch: Em7 ohne Grundton/ A11 ohne Grundton
D-Moll-Typ: 323 - Grundton auf der H-Saite / auch: Bmaj7 ohne Grundton
 
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Nothing to add. Größte Offenbarung für mich durch einen Lehrer war damals, dass ich im Bandkontext ziemlich oft den Grundton bewusst auslassen kann - das eröffnet ganz neue Möglichkeiten.
 
Du musst erst einige Beiträge anderer Benutzer bewertet haben, bevor du Hans_3 erneut bewerten kannst.

Tja... dann also so, weil ich leider nichts so konstruktives zum Thema beitragen kann... Gelungene Zusammenfassung! Danke...
 
Wow, vielen Dank für die ausführlichen Tipps! ich werde mich in den kommenden Tagen mal hinsetzen und dieses Thema in Praxis und Theorie verinnerlichen!
 
5. "Wie spielt er einen Akkord nach oben?"

Indem er ihn in verschieden Lagen wiederholt. Einfaches Beispiel für C: (wieder Saiten 4,3,2)

555
987
12 10 11

Sorry, war schon spät gestern. Da muss natürlich stehen:

14 12 13

Um eine bessere Linie hinzubekommen, kann man das mit Zwischentönen anreichern:

H----5---6---7--9--13---------------------------------------------------------
G----5-------8------12-------------------------------------------------------
D----5-------9------14-------------------------------------------------------


Und natürlich kann man im nächsten Schritt auch die Zwischentöne wiederum harmonisieren, z.B.

H----5---6----7---9----13-------
G----5---5----8---9----12-------
D----5---7----9---9----14-------

Ebenfalls gern verwendet als sog. Double Stops:

Variante 1: Mittleren Ton nicht spielen (dämpfen) = es ensteht eine Folge von Sexten.
Variante 2: Unteren Ton nicht spielen = es entsteht eine Folge von Terzen (wenn man diese etwas süßliche Note hineinbringen will)
 

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