Allahu akhbar! RCF ART 722A auf orientalischen Hochzeiten

  • Ersteller mix4munich
  • Erstellt am
mix4munich
mix4munich
Helpful & Friendly User
HFU
Zuletzt hier
15.04.24
Registriert
07.02.07
Beiträge
7.019
Kekse
48.036
Ort
Schwabhausen
Allahu akhbar! Mit der RCF ART 722A unterwegs auf orientalischen Hochzeiten

Seit Anfang 2009 betreue ich einen tunesischen Sänger, der im Moment oft für orientalische Hochzeiten gebucht wird. Dabei wird er begleitet von ein bis zwei Keyboardern und einem bis drei Trommlern. Einige von diesen Jungs sind Profis und leben von der Musik. Nachdem ich neulich schon von einem Event berichtet habe, bei dem die mitgebrachte Anlage fast zu klein war – siehe http://www.musikertalk.com/last-night-a-spooky-saved-my-life--t14983.html –, habe ich bei den folgenden Veranstaltungen deutlich schwereres Geschütz aufgefahren – immer noch so kompakt, dass ich es in meinen kleinen Kombi bekomme, aber mit höllisch Dampf dahinter!

Zur Anlage: Das Mischpult ist ein Yamaha EMX 5016CF, also ein Powermischer mit 8 vollwertigen Monokanälen, incl. Yamahas Ein-Knopf-Kompressor und parametrischen Mitten, vier weitere Kanäle können entweder stereo oder mono genutzt werden, die Mitten sind hier auf festen Frequenzen, und es fehlen Inserts und die PAD-Schalter. Trotzdem: Bei mehreren Keyboards sind so ein paar Stereokanäle sehr nützlich. Weiter sind zwei Effekte eingebaut und eine kräftige Endstufe mit 2*500W RMS an 4 Ohm, die man trickreich routen kann. Ausserdem mit an Bord: Limiter pro Endstufe, die ihre Funktion mit einer roten LED anzeigen. Gut zu wissen, dass man ordentlich Gas geben kann, ohne dass die Endstufe zerrt. Ich nutze die Endstufen für den Monitor und für den „Nearfill“, einen rumgedrehten Monitor, mit dem die Tanzfläche beschallt wird. Mehr zu dem Mischer z.B. hier: http://www.musikertalk.com/erfahrungsbericht-yamaha-emx-5016-cf-t11216.html

Weiter nutze ich ein Sennheiser Funkmikro ew1935 für den Sänger, Shure Beta 58A für den oder die Backgroundsänger (meist zwei) und an Instrumentalmikros meine Sennheiser e905, e906 und in einem Fall e606 für die ganzen Percussioninstrumente.

Die Monitore kommen von Electro Voice (die iEliminator ME) und die Front-PA von RCF, das Modell RCF ART 722A, eine leichtgewichtige Box mit 12er im Bass und Zweizollhorn für die Höhen und Hochmitten. Obwohl die Box keine 20 kg wiegt, macht sie mit ihren 950W RMS (!) ganz schön Terz – 700W für den Bass, 250W für den Zweizöller. Das ganze kombiniert mit einer gut abgestimmten Prozessorelektronik, welche (wahrscheinlich) für noch mehr Wohlklang sorgt und die Treiber schützt. In jedem Weg sind Limiter vorhanden, die aber so gut wie nicht zum Ansprechen gebracht werden können, weil es dann einfach infernalisch laut wird! In der Hauptsache geht es heute um diese Box. Sie eignet sich dank ihrer Bauform als Monitor, ist aber eigentlich als Topteil oder für den standalone-Betrieb gedacht. Laut Datenblatt bringt sie maximal 130 dB SPL in 1 Meter Entfernung – diese Angabe kann man glauben, sie macht einen Höllenterz! Das Schöne daran ist aber, dass die Box von den o.a. Limitern geschützt wird, die darüber wachen, dass es nicht zuviel wird – soll heissen, selbst wenn man die Box prügelt wie nix Gutes, das kleine Biest kann ganz gut auf sich selbst aufpassen. Soweit so gut, das sind alles Sachen, die man noch aus den Datenblättern ablesen kann. Auch dass sie nicht zuviel wiegt und daher gut zu handhaben ist, dass es einen Hochständerflansch gibt, und dass überall gute und bequeme Griffe vorhanden sind, kann man alles noch sehen.

Was man nicht sehen kann – was man gehört haben muss, um es glauben zu können – ist der unglaublich kräftige Kickbass, der aus diesem Böxchen rauskommt. Ich besitze ja seit einigen Jahren eine PA von Electro Voice, die iEliminator-Serie, aus der auch die Monitore sind – 15/2er Top plus 18er Bassbox, und schon die klingen nicht schlecht. Und die kleine RCF schiebt kalt lächelnd den ganzen EV-Stack weg! Und das, obwohl sie vielleicht gerade mal ein Fünftel davon wiegt (Endstufe und deren Rack für das EV-System mit eingerechnet). Echten Tiefbass bringt sie natürlich nicht, irgendwo hat die Physik ihre Grenzen, aber sie erzeugt einen körperlich fühlbaren Druck, der sich gewaschen hat. Und das alles bei bestem Sound, klar, laut, deutlich. Einen ähnlichen Effekt erlebt, wer zum ersten Mal eine RCF ART 310A hört – man will nicht glauben, wieviel Bass aus dem Zehnzöller rauskommt. Dasselbe, nur auf einem nochmals höheren Level, erlebt man auch mit der RCF ART 722A. Die Übertragung eines kompletten Drumsets jedenfalls ist mit der 722A kein Problem – es wird ordentlich klingen, massiv Kick bringen und nicht kaputt gehen. Bei Passivboxen ist das immer so ein Spiel mit Risikotaste – macht der Sub das jetzt noch mit oder nicht? Moderne Aktivboxen haben einfach eine Schutzschaltung, der die Treiber vor Überlast und Verzerrung schützt. Das Arbeiten dieser Schaltung wird bei der RCF durch eine zweifarbige LED angezeigt – gelb heisst, dass alles noch okay ist, die Schaltung ist zwar bereit, aber nicht aktiv. Rot heisst, dass limitiert wird. Es ist uns nicht gelungen, diese Schaltung ansprechen zu lassen, und das bei einem Raum von 10 mal 30 Metern – also richtig groß für zwei so kleine Boxen! Dabei hat der Zweizöller den Sound auch richtig schön weit getragen, selbst weiter hinten war immer noch ganz gut Pegel. Erst, als der Saal sich mit Gästen gefüllt hat, wurde es hinten leiser. Was ja auch eigentlich ganz gut ist, denn vorne wollen die Leute tanzen, und hinten können sie sich unterhalten.

Zum Sound der Box: Im positiven Sinne unauffällig. Es ist alles da, es wird gut aufgelöst, sie provoziert kein Feedback. Ich habe den EQ des Mischers lediglich ein wenig auf die Raumakustik angepasst, für das Mikro selbst im Kanal-EQ eine minimale Bassabsenkung, und das war es dann. Es klang klar und deutlich, satt und brilliant mit mühelos durchsetzungsfähigen Mitten. Keyboards und diverse Percussionsinstrumente wurden ebenfalls laut und deutlich übertragen. Die Musiker jedenfalls waren echt happy, und der Sänger, der ohnehin die meiste Zeit vor den Boxen rumturnte, war vom Sound einfach nur begeistert.

Bei den verwendeten Keyboards habe ich dezent die Mitten abgesenkt, um im Spektrum mehr Platz für Sänger und Percussionsinstrumente zu schaffen. Letztere knallten dank des Sennheiser e606 ganz gut in den oberen Mitten (in den unteren Mitten habe ich auch sie dezent zurückgenommen). Und der Gesang stand so richtig schön vornedran statt nur mittendrin. Es entspricht dem orientalischen Soundideal, alles knietief in Hall und Echos zu tunken. Da ich es in meinen Mixes eigentlich eher aufgeräumt mag, musste ich mich da erstmal dran gewöhnen. Inzwischen bin ich soweit, dass der Satz „Mach' den Sound klarer, gib' da mehr Hall drauf!“ kein Grinsen mehr entlockt – es ist einfach eine andere Kultur mit anderen Klangvorstellungen.

Viele Grüße
Jo
 
Eigenschaft
 
da hab ich was anzumerken. bei der tt22a ist es so, dass wenn die gelbe limiter led leuchtet, der peak-limiter einsetzt. die rote ist der rms-limiter. soll heißen, bei roter led muss man schon extrem aufpassen. bei deiner 722a müsste das doch gleich sein oder?
 
Sehr toll geschrieben! Leider kann ich dich zZ nicht bewerten :redface:

Immer wenn ich sehe, dass du einen neuen Thread im PA Forum eröffnet hast, hat dieser Thread bei mir eine "Der wird gelesen - Garantie". Nein wirklich, da kann man immer etwas dazu lernen und es ist amüsant zum lesen :great:

Einzigster Nachteil: Deine Erzählung führen zu Kaufwünschen :D

Gruß :)
Lukas
 
Sehr schöne Beschreibung. Thanks. :great:
...Obwohl die Box keine 20 kg wiegt, macht sie mit ihren 950W RMS (!) ganz schön Terz - 700W für den Bass, 250W für den Zweizöller....

Kleine Korrektur, das stimmt so nicht.
Es sind nur 750 W gesamt oder einzeln 500W für den Bass und 250 W für den Zweizöller...;)

Hab mir gerade mal das RCF Programm angeschaut und etwas irritiert feststellen müssen, dass ja die beiden Boxen ART 522 A und ART 722 A identische Leistungsdaten!!! aufweisen und sich nur durch die Gehäuse unterschieden (in Bezug auf Form, Maße, Griffe und Flugpunkte). Die Preise sind ja auch identisch.
Von daher sind die Typbezeichnungen etwas irritierend. Oder gibt es noch andere Unterschiede?
 
Danke für die Korrektur - tatsächlich liefern die Endstufenmodule der Box 500 W für den Bass und 250 W für den Hochtöner.

Ich muss gestehen, mit der Serie 500 von RCF bin ich noch nie in Berührung gekommen. Tatsächlich wusste ich bis vor wenigen Wochen noch gar nicht, dass es die gibt. Ich denke, Harry oder Rockopa besitzen die oder haben sie mal besessen, bin mir aber nicht ganz sicher. Für mich sieht es nach dem Betrachten der technischen Daten eher wie ein Designupdate oder ein kleines Upgrade auf robustere oder günstiger zu fertigende Innereien bei der 722 aus. Fakt ist, dass sie einen ganz schönen Terz veranstalten kann.

...
Einzigster Nachteil: Deine Erzählung führen zu Kaufwünschen :D
...

:D Danke! Dann kauf Dir schonmal prophylaktisch meinen neuen Bass, den Ibanez BTB 785, denn über den wird in der näheren Zukunft von mir ein Review folgen. Ganz anders als der BTB 675, aber auch ein sehr tolles Teil!

Viele Grüße
Jo
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Jo,

danke für den ausführlichen Bericht "orientalisch...."
Da mich die ART722 auch interessieren habve ich Dir p.m. geschickt.

Für alle:
Ich war auf der MuMe FfM im April.
Ich stand auch dort vor 522 und 722 - dort wurde mir erklärt (zuerst auf engl. weil die deutschen Kollegen alle belegt waren) daß die Leistungsdaten auf dem Papier gleich sind. Aber:
522 hat größeres Gehäuse (ident. mit 525), geht aber als 12" tiefer wie die 722 - leuchtet mir auch ein.
Zusätzlich ist da ein minimal anderer Hochtöner drin (wenn man Prospekt vergleicht stimmt das auch).
Um es kurz zu machen. Die 5er ist noch ein wenig baßtauglicher - eher Standalone, "braver" abgestimmt, während die 72x er eher auf den Betrieb mit Subwoofern als Unterstützung konzipiert sind. Die Unterschiede sind nicht spektakulär, aber im Blindtest reproduzierbar.

O-Ton Messe:
Zur TT22A: Die ist nicht lauter wie 722, bringt aber selbst da noch Feinzeichnung und Transparenz, wo 722 schon nicht mehr kann. Ein paar Euro für's Holzgehäuse, ein paar mehr für den hochwertigeren Hochtöner und (vermutlich) ein paar Euro mehr für strenger selektierte Elektronik (Rauschen / Wiedergabe) - das hat aber keiner bestätigen wollen.
 
Hallo Mix4Munich,

Deine testberichte lese ich sehr gerne,und es hat bis jetzt wirklich sehr geholfen,Vielen dank.Meine frage ist,hast Du schon mal EV ZXA5 oder JBL PRX 515 oder MRX 515 schon mal getestet?Für Deine kommentar bin ich sehr dankbar,über diesen Boxen.Vielen dank nochmals und Frohe Weinachten.

www.musiker-board.de/vb/boxen-endstufen/366477-ev-zxa5-oder-jbl-prx-515-a.html

Beste Grüße
özi
 
Hi, die letzte Nachricht habe ich eben erst gesehen - leider kenne ich die beiden Boxen aber nicht. Zumindest die von EV würde mich auch persönlich interessieren, aber bislang hat sich einfach noch nicht die Gelegenheit ergeben.

Viele Grüße
Jo
 
Hat jemand Erfahrungen mit der RCF ART 722A und Subwoofern (Trennung bei ca. 100 Hz) ?

Topo :cool:
 
also für meinen privaten Geschmack:
ich hatte sie für Geburtstagsfeier (gemäßigt, trotzdem mit Sub-Untertützung) und im live-Einsatz mit viel Gebläse und vocals:

in v.g. Fall würde ich bei live (wieder) die tiefen Bässe von der Box fernhalten, macht ja auch Sinn und nicht bass-dr oder Baßgit "unten" mit zu verstärken. 100 Hz ist da eine gute Wahl. Sie wird da spürbar entlastet und bringt in geeigneter Kombi ein sauberes, transparentes und doch durchsetzungsfähiges Klangbild, das auch in die Raumtiefe gut trägt (natürlich immer in Abhängigkeit zu Größe, Gewicht, Preis).
Nicht nur mir, der ganzen Band hat's gefallen als zu vorgerückter Stunde mal einzelne Musiker im Saaal umhergingen.

Wenn nur vocals /Bläser /Akustik-Instrumente übertragen werden sollen kann man sie bedenkenlos fullrange fahren.

Betreibt man die Box im Gespann mit aktiven RCF-Subs werden ja auch die Bässe bei 85 oder 125 Hz getrennt; bei der TT22A ist ein schaltbarer Hochpaß mit 90Hz vorhanden; also sind die 100 Hz schon i.O.

Ich sehe hier aber dieselben Prinzipien wie bei einer passiv-Box, die schützt man ja im fullrange-PA-Betrieb auch vor tiefen Bässsen, die sie nicht übertragen kann.

Je nach Anspruch kann man bei kleineren Feiern die Box full betreiben, prinzipbedingt kommen aber keine disco-tauglichen Bässe.

Das Gesagte gilt auch für andere aktive z.B. EV Sx360A, die MAxx4A oder die RCF xx2 (12"er)
 

Ähnliche Themen


Unser weiteres Online-Angebot:
Bassic.de · Deejayforum.de · Sequencer.de · Clavio.de · Guitarworld.de · Recording.de

Musiker-Board Logo
Zurück
Oben