Analyse Debussy (Thema/Motive/Tonmaterial)

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music_forever
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Hallo,

ich soll einige Stücke von Debussy analysieren, u.a. aus seinen Deux Arabesques die Nummer 1, Clair de lune, The little Shepherd oder die Nr. 10 aus Preludes I.
Ich tue mich ziemlich schwer bei der Verwendung des Begriffes "Thema" bei Debussys Werken. Muss man den unbedingt verwenden?
Zur Arabesque Nr 1:
Das Stück beginnt ja mit dem girlandenartig über beide Hände verteilten aufwärts und wieder und wieder abwärts geführten
Triolenmotiv in Sexakkorden, das im Grunde genommen immer weiter abwärts geführt wird, bis man in Takt 6 bei E - Dur ankommt. Und der 1. Takt beginnt ja mit A - Dur, also mit der Subdominante von E - Dur. Sind diese Takte dann eine Art Überleitung und nur 6 und 7 sind Thema oder stellen diese Takte gemeinsam mit den Takten 6 + 7 + Anschlussnote von 8 das Thema dar?
Also geht das Thema quasi von Takt 1 bis Anschlussnote Takt 8?
Oder bei Clair de lune?
Sind da nicht die ersten 2 Takte besonders wichtig und der Rest ist wie eine Art Fortspinnung?
Oder bei The little Shepherd diese Wechsel zwischem dem improvisatorischen Abschnitt und dem sehr rhythmischen Abschnitt - spricht man da auch von Themen oder eher Motiven?
Und bei der versunkenen Kathedrale könnte man da nicht von Tonmaterial sprechen?
Also ich komme aktuell noch nicht mit den Begriffen Thema und Motiv und Tonmaterial bei Debussys Werken zurecht. Kann mir da vlt jemand helfen?
 
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Hier die Noten
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Und die restlichen Noten.
 

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  • KSM_ClaudeDebussy_Children_s_000_33957.pdf
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  • KSM_ClaudeDebussy_Preludes_-_0-L117_60319.pdf
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So ganz eindeutig ist das oft nicht, aber grundsätzlich ist ein Motiv die kleinstmögliche musikalische Sinneinheit.

Ich würde bei Clair de Lune die ersten 8 Takte als Thema sehen. Takt 1 wäre Motiv a (Oktavsprung aufwärts mit nachfolgender Terz abwärts), Takt 2 Motiv b (Sekundpendel), Takt 3 b' (Sekundpendel mit angehängter Terz), anschließend könnte man tats. von einer Fortspinnung von b' sprechen.

Tonmaterial bezieht sich bei Debussy sicher auf die verwendeten Tonleitern, da gibt es ja viel zu entdecken (neben normalen Dur- und Molltonleitern noch Pentatonische Tonleiter, Ganztonleiter, manchmal Kirchentonleitern oder noch andere Sachen).
 
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@SingSangSung

Vielen, vielen Dank für deine Antwort!!
Die Beschreibung zu Clair de Lune ist absolut nachvollziehbar. Nur bei meiner Frage zur Arabesque Nr. 1 bin ich immer noch unsicher und wäre sehr dankbar für Hilfe. Takt 1 bis Anschlussnote von 8 als Thema? 😅
 
Bei der Arabeske ist das sehr viel weniger klar, es ist gerade der Witz an dem Stück, dass die Konturen "verwaschen" sind, ineinander übergehen. Mir ist nicht ganz klar, was du mit Anschlussnote von 8 meinst.
Ich würde mich bei der Arabeske erst mal
a) auf die Grobstruktur
b) auf die Motive
konzentrieren, der "Mittelbau" ist hier tatsächlich schwierig.
 
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@SingSangSung

Ich meinte damit nur, dass das Thema quasi von Takt 1 bis Takt 8 Zählzeit 1 geht.
Das ist ein wirklich guter Hinweis, dass bei dem Stück alles ineinander übergeht. Deshalb ist es ja auch so schwierig.
Danke für die Schritte zur Vorgehensweise.

ABA' hatte ich als Form, ab dort ist ja der Charakter anders.
A (T. 1 - 38)
B (T. 39 - 70)
A (T. 71 - 107)

Vieles, was im B - Teil vorkommt, lässt sich aber eigentlich auch wieder auf den A - Teil beziehen. Wenn man sich z.B. T. 39 anschaut, stellt man fest, dass man die Wendung schon aus Takt 10 kennt, also die Triole mit Viertelnote, die übergebunden ist. Die Bewegungsrichtung ist zwar in Takt 10 und 39 nicht dieselbe und die Intervalle auch nicht, aber rhythmisch sind die Takte 10/11 und 39/40 gleich. Im B - Teil wird das Ganze dann nur anders fortgeführt. Thema im B - Teil wäre dann eventuell von Takt 39 bis 42. Könnte man im A und B - Teil nicht auch jeweils 2 Themen bestimmen? Im B - Teil ist Thema 1 T 39 - 42 und Thema 2 T 47 - 50 oder wäre das komplett falsch gedacht?
Und das ganze Stück ist quasi durch rhythmische Elemente miteinander verbunden oder eben auch melodische und bestimmt auch harmonische.
Selbst die Achtelnoten in Takt 50 Zählzeit 1 und 2 sind doch nicht gänzlich unbekannt. Diese abwärts geführte Quarte in Tonschritten gab es doch in T 17/18 bereits - die Oberstimme rechte Hand, nur eben als halbe Noten.
 
Ich tue mich ziemlich schwer bei der Verwendung des Begriffes "Thema" bei Debussys Werken.

Damit stehst du nicht alleine, weil Debussy der thematischen Entwicklung kritisch gegenüberstand, und der motivischen Entwicklung den Vorzug gab. Wenn man bei Debussy dennoch von "Themen" reden kann, dann eher in der älteren und für "frei wuchernde" Entwicklungen offeneren Bedeutung (Soggetto, Fugenthema, rhetorischer Kerngedanke), weniger im Sinne der Klassiker, bei denen man mit "Thema" - insbesonders in der Sonatenform - eher eine formal abgeschlossene Einheit (Hauptsatz, Nebensatz) assoziiert.

Die Frage ist, wieviel Arbeit du in die Analysen stecken willst und kannst, da die Stücke ja teilweise recht komplex sind und für mehr als nur oberflächliche Aussagen relativ zeitintensive Methoden erforderlich sind - zudem eine wirklich tiefergehende Beschäftigung eigentlich nur Sinn macht, wenn du die Stücke auch anschließend spielen möchtest oder von dir eine detaillierte schriftliche Analyse erwartet wird.

Du kannst ja mal einen Blick auf eine Analyse der Cathédrale engloutie werfen, die ist zwar sehr knapp und entsprechend oberflächlich, aber vielleicht als erste Orientierung bezüglich relevanter Fragestellungen trotzdem brauchbar.
 
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8 Zz 1 ist kein sinnvoller Abschnitt, da dort direkt die Phrase von vorher nochmal wiederholt wird.

Es wäre deswegen jetzt wirklich der Sinn der Analyse wichtig.

In der Arabeske lässt sich jedenfalls Struktur feststellen, sowie Motive und auch "Ideen" (könnte man auch als rhythmisches Motiv bezeichnen, die 2 gegen 3 Struktur ist eine solche). Würde eine solche Analyse diese Strukturen (grob und fein) nachweisen und zum Ergebnis kommen, dass es kein greifbares "Thema" gibt, fände ich das nachvollziehbar.

Bei Clair de Lune ist das was anderes, hier lässt sich ein Thema gut abgrenzen.

Die Arabeske ist hingegen vom Tonsatz her weit weniger "modern" als etwa La Cathedrale. In der Schule haben Analysen von Debussys Werken meistens ihren Schwerpunkt im "Nachweis der Merkmale des mus. Impressionismus". Also: Was ist Dein Ziel?
 
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Würde eine solche Analyse diese Strukturen (grob und fein) nachweisen und zum Ergebnis kommen, dass es kein greifbares "Thema" gibt, fände ich das nachvollziehbar.

Manchmal muss man sich von einer rein musikalischen Denkweise lösen, insbesonders bei Debussy, der bekanntlich lieber die Gesellschaft von Malern, als von Musikern suchte.
Wenn man im konkreten Fall den Titel des Stücks ganz wörtlich nimmt, und das Notenbild (Betonung auf "Bild"!) nicht mit dem musikwissenschaftlichen Ohr, sondern mit dem kunstwissenschaftlichen Auge konsultiert, wird schnell deutlich, dass ein Begriff wie"Thema" ist in diesem Stück nicht primär musikalisch zu definieren ist, sondern als "assoziative Idee", die durch den Titel "Arabesque" und die damit assoziierte Beziehung zur "art nouveau" ("Jugendstil") definiert, und bereits in der Gestaltung der Eingangstakte gradezu mit plakativen "Pinselstrichen" verwirklicht wird.

Statt sich zu früh in einer kleingliedrigen motivischen Analyse zu verrennen, die zudem dem Wesen des Impressionismus nicht wirklich gerecht wird, sollte man sich vorab mal den Spaß erlauben, insbesonders die Notenköpfe der linken Hand mit einem dicken Stift zu durchgehenden Linien zu verbinden - da wird sofort deutlich, was das eigentliche "Thema" des Stücks ist!

Das soll als kleine Anregung genügen - ergänzend dazu noch zwei erhellende Artikel zum Thema Debussy und Malerei, die für die Analyse neue Blickwinkel eröffnen können:
  • Stillman: Debussy, Painter of Sound and Image ((PDF)
  • Serhal: The common points between the works of Claude Debussy and Claude Monet (PDF)
 
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@SingSangSung @OckhamsRazor

Ich habe auch nochmal meine Lehrerin gefragt, ich soll die Stücke von Debussy melodisch, harmonisch und rhythmisch analysieren. Wie weit das in die Tiefe gehen soll, weiß schlussendlich niemand. Sie hat nichts davon gesagt, dass die Stücke rein auf impressionistische Merkmale hin analysiert werden sollen.
Und vielen Dank erstmal für die ganzen Anregungen. 2 Wochen habe ich dafür noch Zeit.
 
... ich soll die Stücke von Debussy melodisch, harmonisch und rhythmisch analysieren.

Was ist mit Form und Textur (Satztechnik)? Selbst für einen Leistungskurs Musik finde ich eine Debussy-Analyse ohne eingrenzende Kriterien als Aufgabe ziemlich heftig.
Ich gehe aber davon aus, dass ihr nicht ins kalte Wasser geworfen werdet und schon ein Dutzend anderer Analysen angefertigt, und von daher bereits ein paar Kriterien erarbeitet habt, um auch mit einer Musik umgehen zu können, bei der die die üblichen Analysewerkzeuge der Klassik meist schon nicht mehr greifen. Und auch ohne einen Bezug zu historischen bzw. außereuropäischen Satztechniken und Musizierpraktiken, wie Organum, Gamelan oder Slendro, steht man bei Debussy schnell auf dem Schlauch - diese Aspekte sollten im Unterricht wenigstens mal erwähnt worden sein.

Sie hat nichts davon gesagt, dass die Stücke rein auf impressionistische Merkmale hin analysiert werden sollen.

Das ist im Sinne einer möglichst vorurteilsfreien Vorgehensweise (die auch ein grandioses Scheitern beinhalten kann) durchaus vertretbar, weil die "impressionistischen Merkmale" ja erst als Ergebnis der Analyse und im Vergleich zu Werken anderer Stilrichtungen sichtbar werden können.

2 Wochen habe ich dafür noch Zeit.

Na, dann hau mal rein. Hast du schon eine ungefähren Plan, welche Stücke du nimmst, und wie du vorgehst?
 
@OckhamsRazor
Wir sind bei Stücken aus anderen Epochen die musikalischen Mittel durchgegangen - Harmonik, Melodik, Rhythmik, Form, Satztechnik, Dynamik.
Ich beschäftige mich mit der Arabesque Nr. 1, Clair de Lune, The little Shepherd, dem Prelude Die versunkene Kathedrale und Page d'album.
Organum, Gamelan oder Slendro - damit kenne ich mich noch nicht aus, aber ich werde mich definitiv damit beschäftigen.
Dann werde ich die Stücke auf die musikalischen Stilmittel untersuchen bzw bin ich dabei und kann dann daraus die impressionistischen Merkmale ableiten.
Wobei mir noch ein Aspekt einfiel - Debussy ging es doch um den Klang und die Atmosphäre, muss man dann so ganz streng die musikalischen Mittel abarbeiten oder könnte man rein theoretisch nicht vom Titel des Stückes ausgehen und daraufhin untersuchen, wie Debussy, die musikalischen Mittel eingesetzt hat, um die entsprechende Klangatmosphäre zu erzeugen?
Also entweder die musikalischen Stilmittel separat betrachten oder quasi vernetzt, immer mit Klangwirkung. Aber vernetzt kann das natürlich auch chaotisch enden..
Und vielen, vielen Dank für die Hilfe und die vielen Anregungen!!!
Und man kann eigentlich zum Schluss ein Fazit ziehen, dass seine Klavierwerke doch große Unterschiede aufweisen. Wenn man sich die Arabesque mal anschaut oder seine Preludes, die Stücke deuten ja teilweise auch verschiedene Schaffensphasen Debussys an und auch Lebensphasen. Page d'album hat er doch, wenn ich richtig informiert bin, für die Wohltätigkeitsveranstaltungen während der Kriegszeit komponiert.
The little Shepherd ist ja quasi für seine Tochter, usw.
 
Zuletzt bearbeitet:

So stell ich mir ne Debussy Analyse vor ;)
 
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