Aus der Sicht eines Gitarrenlehrers mal ein paar Gedanken an Anfänger!

  • Ersteller Nappi (PoA)
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Mal von der Seite: Ich konnte vor der Gitarre schon Noten lesen, die Töne am Griffbrett zu kennen war ein absolut logischer Schritt.
Ich hab aber erst auf der Gitarre wirklich verstanden, was eigentlich ein Dreiklang ist und wie Intervalle "funktionieren", gelernt hab ich das ein klein bisschen schon vorher, aber da war ich eben Bläser - da braucht man Noten zum spielen, weil wo man auf der Gitarre von c zu d genau die 2 HT Schritte in Form von 2 Bünden rauf geht (was man ja eben sehr einfach auch mit Tabs ausdrücken kann) gibt es bei Blasinstrumenten da keine geometrisch so logische Referenz, da lernt man eben "die Note macht man so und die macht man so und jetzt, wo du den halbwegs schön hinbringst, die nächst höhere so..." - eine Trompete ist wie eine Gitarre mit nur einer Saite, die man nirgendwo greifen kann, dafür aber "kippt" sie mit jeweils ein bisschen mehr Druck Oberton für Oberton nach oben, als würde man ein Flageolett machen und es gibt drei Knöpfe, die eben via Knopfdruck diese Saite um einen, zwei und/oder drei HT nach unten stimmen und man kann so tatsächlich alle Halbtöne zusammen basteln 😅

Aufs Griffbrett einer Gitarre bezogen haben diese Tonleiter- und Dreiklangsübungen auf einmal ziemlich viel Sinn ergeben bzw. plötzlich eine logische Struktur gehabt, eben weil man die Intervalle auf der Gitarre so schön sieht und derselbe Dreiklang (also "derselbe" im Sinne von "gleiches Voicing" bzw. "gleiche Intervallstruktur"), egal ob aufbauend auf C, F# oder Ab immer genau gleich aussieht. Ich kann mich noch gut erinnern, wie ich komplett baff war, wie schnell man ganze Songs auswendig spielen kann sobald man das Griffbrett kann (hatte bis dahin ja nur vom Blatt gespielt und ohne ging gar nix) weil dort vieles, was ich eben bis dahin als reine Noten-Übung kannte und nie groß hinterfragt hab dort eben so herrlich logisch und geometrisch verschiebbar "aufgemalt" ist.

Also gerade aus Lehrersicht (und das war ja die Grundintention des Threads) macht das glaube ich sehr, sehr viel Sinn, den Schüler von Anfang an zumindest dazu anzuhalten, eben wie schon geschrieben wurde nicht Noten lesen, aber wo welche Töne am Griffbrett sitzen zu lernen.
Wenn das nicht fruchtet gilt es dann klarerweise, zu schauen was man sonst mit dem Schüler machen kann, gerade im Hobbybereich bringt ein noch so gut argumentierbares "musst du aber" wenig, wenn der Lernende das schlicht nicht will. Aber der Job des Lehrers ist ja vor allem, Grundlagen zu schaffen, damit man irgendwann möglichst gut eigenständig machen kann, was man will. Wenn also der etwaige Schüler Jahre später draufkommt, dass das für ihn ja eigentlich doch durchaus Sinn macht und nochmals Jahre später meint, verdammt, hätte ich das von Anfang an gelernt, gefühlt ist von allem, was ich seither gemacht habe viel mehr hängen geblieben weil ich eben musikalische Strukturen und nicht nur mechanisch abzuspulende Griffbrettpositionen darin erkenne, dann wird dieser Schüler zu Recht dem Lehrer vorwerfen, dass er als jemand, ders schon draufhat (bzw. haben sollte) ihm das als damals gänzlich Unwissenden ruhig hätte vermitteln können.

Dass dann natürlich jemand, der ohne derlei Orientierung komplett glücklich (und in Einzelfällen auch genial und virtuos, das will ich gar nicht in Abrede stellen) mit seinem Spiel wird das im Nachhinein als unnützes Beiwerk empfindet verstehe ich auch, aber das weiß der Lehrer im Vorhinein nicht. Von daher bleibt ja nur, wenn er seinen Job ernst nimmt, dann muss er es zumindest versuchen und so der Schüler das wirklich nicht will bzw. macht ist das halt so - aber ein Gitarrenlehrer, der das gar prinzipiell ablehnt zu vermitteln verdient mMn diese Bezeichnung nicht.

LG
 
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weil dort vieles, was ich eben bis dahin als reine Noten-Übung kannte und nie groß hinterfragt hab dort eben so herrlich logisch "aufgemalt" ist.
Für mich war (und ist) es genau andersum. Als jemand der vom Klavier alles nun mal wirklich logisch optisch kennt, ist die Gitarre erstmal eher unlogisch.

Andererseits ist es so herrlich einfach, Akkorde zu greifen, jedenfalls für die Grundformen. Für mich funktionierte das dann auf der Gitarre von den Akkordgriffen her. Ich kenne E-Dur und E-Moll, also ist klar, wo G und Gis liegen.
Die Bass-Saiten sind auch klar. Damit hat man erstmal feste Orientierungspunkte. Von denen ausgehend kann ich mir relativ schnell alles ableiten.
In den höheren Lagen dauert das dann aber.
 
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Mir geht's mitm Klavier so und die Gitarre ist logisch:LOL:

Bei uns fühlt sich das gleiche Intervall auch dann noch immer gleich an, wenn Mal Versetzungszeichen im Spiel sind und Mal nicht, ihr müssts Mal auf anders geartete Tasten ausweichen und anders greifen und Mal nicht, obwohl das Intervall dasselbe ist - DAS IST NICHT LOGISCH! :engel:
 
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Wenn die Gitarre durchgängig in Quarten gestimmt wäre, würde ich Dir ja zustimmen ... 😁 Das wäre logisch. Aber unpraktisch.
 
Das ist doch eigentlich nur ein geheimer Trick, um die logikverwöhnten Basser zu verwirren, wenn sie mal eine Gitarre in die Hand nehmen ;)

Aber BTT:
Was aber schon auch dazu gehört, je mehr man die verschiedenen Töne in Bezug zueinander setzen kann umso mehr bringt es zu wissen, wo sie genau sitzen. Bei mir war eben z.B. das "kleine Intervall 1x1" schon da, also ich wusste prinzipiell, was eine Quinte und was eine Terz ist bzw. wie viele Halbtöne die jeweils haben - aber eben wenn man so will "Schüler-Wissen" eines 15 Jährigen, ders eben gewohnt ist, wenn der Lehrer sagt lern das er es mal recht unhinterfragt lernt, das ist man ja zwangsläufig von der Schule viel gewohnt in dem Alter. Am (Blas-)Instrument wars mir eigentlich ziemlich wurscht, weil das da gefühlt mehr eine "Was kannst du aus Noten rauslesen"-Übung war und mich beim spielen, lernen und üben nicht die Bohne interessiert hat - Hauptsache ich kann den Rhythmus lesen und die Töne spielen, mehr braucht man ja nicht :D

Da war das gefühlt noch ziemlich getrennt, eben weil es erst mit Wissen über Obertöne logisch wird, wie man eigentlich bei einem Blasinstrument von einem Ton zum nächsten kommt und davon hatte ich damals überhaupt keine Ahnung. Aber dafür dann mit Gitarre, wo diese Halbtonschritte ja tatsächlich Bünden entsprechen war es dann recht naheliegend in "Intervall-Shapes" zu denken, ich wollte das Ding ja eigentlich wie gewohnt nach Noten spielen (Spoiler: Und bin gescheitert 😅) und um etwa eine Quinte zu spielen gibt es praktisch ja eigentlich genau 2 Optionen (Leersaiten mal außen vor) : x57xxx oder x5x2xx, irgendwie so lief mein anfänglicher Versuch, die Gitarre nach Noten zu spielen, komplett relativ, kein Grundtonbezug, nix, aber ich konnte Intervalle aus Noten raus lesen, die sieht man herrlich am Griffbrett und dann muss man doch nur von Note zu Note denken...

Das hat zum Spielen (vom Blatt) natürlich überhaupt nicht funktioniert, aber nachdem ich diesbezüglich erfolgreich vor mich hin gescheitert bin, wo welcher Ton am Griffbrett ist und zusätzlich, wo in Relation zu z.B. einem E überall ein G oder ein F# oder was auch immer sitzen muss war mir dadurch zumindest relativ schnell klar. Und kA, wie viel ich mir ohne dieser Basis von dem Lehrer hätte mitnehmen können, soweit ich mich erinnern kann hat er mir z.B. genau einmal erklärt, was ein Dominantseptakkord ist- mehr nebenbei, war ja Instrumentalunterricht und keine Musiktheorie oder so. Das wirklich zu verinnerlichen ist noch was anderes, aber seither weiß ich, was ein Dominantseptakkord ist. Uvm. Das meiste hätte ich mir ohne diesem differenzierten Bild vom Griffbrett wohl garantiert nicht gemerkt.

LG
 
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Ohje. Wenn es um die Ursprüngliche Frage nach der Lage der Töne auf dem Griffbrett geht, dann muss ich sagen ist eine Kenntnis darüber durchaus angebracht, sofern man nicht nur Lagerfeuerbegleitung anstrebt oder sich mit dem Nachspielen von Tabs begnügt. So habe ich es selbst auch einige Jahre lang gemacht und in Schülerbands gespielt. Im Nachhinein betrachtet war das aber ein sehr mechanisches Musizieren. Wenn man dann doch einen Überblick über das Griffbrett entwickelt und merkt dass man alle Lagerfeuerakkorde auch sinnvoll übers Griffbrett verteilen kann eröffnen sich komplett neue Welten.

Und für die Noten-Debatte gilt das gleiche. Wobei ich besonders unter Gitarristen das Gefühl habe, dass jede Ausrede recht ist um sich nicht damit beschäftigen zu müssen. Für mich ist es eine echte Zeitersparnis mit Noten umgehen zu können, weil man sogar ohne sie zu spielen ungefähr weiß wie eine Melodie klingt, bzw. Strukturen in Phrasen einfacher zu erkennen sind als in Tabs.
 
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