Chromatische Rückungen verminderter Akkorde

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Wie bezeichne ich in der Stufen- bzw Funktionslehre eine Rückung von verminderten Akkorden.
Bsp. Beethovens Klaviersonate 1, 4. Satz in der Mitte der Exposition...
c-Moll, f verm., f# verm, c-Moll/g, G7

Erster Akkord ist als Tonika zu deuten, letzter als Dominante. Aber was passiert dazwischen?
 
Eigenschaft
 
Hallo bluestime,

ich kann es nur vermuten, aber dein F#-Vermindert ist wahrscheinlich um genau zu sein ein F#°7 (=Vollvermindert)
und sieht für mich wie die Doppeldominante aus. Sie tritt hier verkürzt auf.
Funktionssymbol z.B.: Dv - Stufensymbol: vii°7/V
Die Doppeldominante ist die Dominante von G.
Da G schon Dominantfunktion hat, nennen wir den Dominantseptnonakkord mit kleiner None auf eigentlichem,
aber weggelassenen Grundton D, Doppeldominante.

Dein Cm/G ist ein Vorhaltsquartsextakkord der Dominanten G.
Es erklingt anstelle der Terz und der Quinte der Dominanten zunächst vorhaltend die Quarte und die Sexte.
Die Quarte löst sich in die Terz auf und die Sexte in die Quinte.

Die Dominante löst sich in die Tonika Cm auf.

Zum F-Vermindert: ich würde sagen, dass das erstmal ein Vollverminderter Vierklang ist.
Es handelt sich, wenn man den Vierklang in Terzenschichtung bringt um einen H°7/F.
Das wäre die vii°7 Stufe in Harmonisch Moll und übernimmt Dominant Funktion,
da bei diesem Akkord einfach nur der Grundton fehlt.

Mit freundlichen Grüßen

Tamara
 
Zuletzt bearbeitet:
Tamia hat es schon funktionsharmonisch eingeordnet, zwei Sachen noch:

1. Zuerst Quintfall c auf das f, dann gibt es eine schöne chromatische Linie: f - f# - g . Und auch die anderen Töne lassen sich chromatisch leicht verbinden - in weiter Lage klingt das sehr wuchtig und eindrucksvoll (war sicherlich beabsichtigt).

2. Der F° ist sicherlich auch vollvermindert -rückwirkend Dominante zu C-Moll. Funktionsharmonisch sieht es so aus:

t - D(v) - DD(v) - D(64) - D

und insgesamt ein "Beethoven-Standard-Programm"

 
ich kann es nur vermuten, aber dein F#-Vermindert ist wahrscheinlich um genau zu sein ein F#°7 (=Vollvermindert)
und sieht für mich wie die Doppeldominante aus. Sie tritt hier verkürzt auf.

Ja, das würde ich auch vermuten.
Ich habe mich mal auf die Suche nach der fraglichen Stelle bzw. den fraglichen Stellen gemacht und es können eigentlich nur die Takte 28f und 32f gemeint sein (4. Satz, "Prestissimo").

Mittlerweile sind wir in C-Moll gelandet (obwohl noch die F-Moll-Vorzeichen stehen).
C-Moll ist also die (Moll-)Tonika t.

Davon ausgehend ist F°7 ein verkürzter Dominantseptnonakkord (wegen Moll mit kleiner None).
Tamara hat das eigentlich alles schon geschrieben, aber ich möchte das noch an den konkreten Stellen zeigen (und sei es, um Funktionsharmonik mit LilyPond zu üben ;)):

Grau die "ausführliche" Schreibweise mit 7 und 9>, blau mit üblicher Abkürzung v:

beethoven-op2mv4-1.png


Harmonisch (fast) übereinstimmend die zweite Stelle ab Takt 32;

beethoven-op2mv4-2.png


Am Ende sehe ich allerdings jedes Mal einen ordinären G-Dur-Akkord, da ist keine Septime.

Viele Grüße
Torsten
 
Grau die "ausführliche" Schreibweise mit 7 und 9>, blau mit üblicher Abkürzung v:
Das sieht ja fantastisch aus Torsten , unterstützt das Programm die Funktionsbezeichnungen oder müssen die Funktionsbezeichnungen quasi gemalt werden?

Anmerkung noch: Der Cm/g Akkord in weiter Lage nach dem F#° klingt fast wie ein Gsus4. Ich habe dazu das c bereits eine Quarte über das g im Bass gesetzt. Würde man allerdings einen C/g Akkord spielen, wäre der sus-Effekt völlig weg und es würde genauso klingen wie Akk. C selbst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das sieht ja fantastisch aus, Be-3 , unterstützt das Programm die Funktionsbezeichnungen oder müssen die Funktionsbezeichnungen quasi gemalt werden?

Danke, das ist eine meiner ewigen Baustellen.
Nein, die Aufbereitung funktioniert vollautomatisch - es hapert noch an den Verlängerungsstrichen ("extenders"), da gibt es noch ein paar Problemfälle, die noch nicht so schön funktionieren (wegen Überlappungen u. ä.).

Es handelt sich um einen neuen LilyPond-Context FuncHarm auf der Basis von Lyrics.
Die Funktionen können als einfacher Text-String eingegeben werden und LilyPond arbeitet alles so auf, wie man im Beispiel sehen kann.

Bei der Syntax habe ich mich an einer Mischung aus LilyPond und TeX gehalten. Der verkürzte Dominantseptakkord mit Quinte im Baß (der allererste, ganz am Anfang) wird z. B. als "D/_5^7" eingegeben: Der / nach dem Funktionssymbol heißt, daß es "durchgestrichen" wird, ein Subskript kommt nach _, nach ^ die hochgestellten Zeichen. Bei mehreren gestapelten Ziffern können die mit / voneinander abgetrennt werden und auch Zusatzzeichen wie das > nach der 9 werden so angeordnet, daß die Ziffern trotzdem schön in einer Linie untereinanderstehen.

Heraus kommt "ganz normales" Markup, nur eben automatisch zusammengebastelt.

"DD/_3^7/9>"

ergibt dann

fh-DD379.png


Weil ich mich mit Funktionsharmonik nicht besonders gut auskenne und es außerdem so viele Schreibvarianten gibt, zweifle ich ewig an der Vollständigkeit... :nix:

Viele Grüße
Torsten
 
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Da es schon (mindestens) einen Thread zu den Funktionsbezeichnungen in Lilypond gab, nehme ich an, dass du die passenden Makros selbst erstellt hast? Oder hat LilyPond da nachgearbeitet? Der Faden war: https://www.musiker-board.de/threads/akkordfunktionen-in-musescore-und-liliypond.590243/

Kann LilyPond eigentlich auch komponieren ? :D
(Zumindest ein Quintparallelen-Detektor müsste doch "drin" sein...)

Weil ich mich mit Funktionsharmonik nicht besonders gut auskenne und es außerdem so viele Schreibvarianten gibt, zweifle ich ewig an der Vollständigkeit...

Es gab schon viele im MB, die festgestellt haben, dass man all diese Symbole gar nicht mehr braucht, da man doch jetzt die schönen Stufenbezeichnungen hat...
 
... dass man all diese Symbole gar nicht mehr braucht, da man doch jetzt die schönen Stufenbezeichnungen hat...
...wenn man bedenkt, dass
fh-dd379-png.487165
nichts anderes ist als #IVo7 ...
Der funktionale Bezug geht aus #IVo7 natürlich nicht unbedingt so eindeutig hervor wie aus
fh-dd379-png.487165
aber ...
 
Vielen Dank, jetzt bin ich schlauer ;)
 
Mit Hochstellung:

t - Dv
- DDv - Dt - D

Der Vorteil ist, dass man , z.B. beim DD(v), nicht näher ausführen muss, ob es ein bIIIo7, ein #IVo7, ein VIo7 oder ein Io7 ist - es ist nämlich in der DDv Notation der immer funktionsgleiche Akkord.

Auch die Notation des dom. Vorhaltquartsextakkordes ist mit Dt verständlicher als ein V64 (den einige Autoren auch als I64 schreiben....)
 
Zuletzt bearbeitet:
Der funktionale Bezug geht aus #IVo7 natürlich nicht unbedingt so eindeutig hervor

Kann man das denn nicht auch wie in meinem alten Post als vii°7/V schreiben?

Da kann man sich viel besser etwas darunter vorstellen, finde ich, als unter #IV°7.

t - Dv - DDv - Dt - D

Ich war mir zuvor nicht ganz sicher, ob man von der Dominanten auf die Doppeldominante gehen kann. Aber das scheint ja zu funktionieren.
Wie sieht es aber aus, wenn ich mich in Dur auf der Dominanten befinde und dann nicht in die Tonika auflöse,
sondern beispielsweise in die Zwischendominante der Subdominantparallele gehe?
 
Wie sieht es aber aus, wenn ich mich in Dur auf der Dominanten befinde und dann nicht in die Tonika auflöse,
sondern beispielsweise in die Zwischendominante der Subdominantparallele gehe?

T ist (D) zur S
also ist TP (D) zur Sp
... gesucht ist die Verbindung zur TP. Wenn der Dv sowieso zum (geplanten) Akkordvorrat gehört, dann kann man ihn direkt verwenden.
Dv - TP (D) - Sp

Oder man löst den Dv zunächst in den passenden Septakkord auf:
Dv - TG7 , da TG7 (D) - TP

Die direkte Verwendung der D , gefolgt von der TP, ist zwar möglich, erklingt aber als Ganzton-Rückung nach oben, ohne eine chromatische oder funktionale Verbindung.
 
Wenn ich D aber nicht als Dv verwende, sondern stattdessen mit einer übermäßigen Quarte (ohne kl. Septe) erscheinen lasse,
könnte man das ja umdeuten als Zwischensubdominante (S) zu Sp
und die Ganzton-Rückung vermeide ich über einen darauf folgenden (D7), der sich dann in Sp auflöst.

Also: T (S4>) (D7) Sp
 

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