Differenzierte Spieltechnik auf dem E-Piano

  • Ersteller Colorido
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Vielleicht sollte ich noch ergänzen, dass das Ausnutzen dieses "Schwungs von oben" leichter zu Verkrampfungen führen kann! Wenn man seine Finger wirklich "ehrlich" tranieren möchte, sollte man immer direkt von der Taste aus starten und nur aus den Fingern spielen (Handgelenk schwingt nur passiv mit).

Als Training, ja, auf jeden Fall, aber es sollte definitiv nicht das einzige Training sein. Und wer nur aus den Fingern spielt, bringt sich selbst um eine Menge interessanter Klangfarben. Außerdem kann man sich, wenn man damit übertreibt, ebenso sehr stark verspannen. Wenn man den "Schwung von oben" ausnutzt und dabei seine Finger sozusagen als "Stoßdämpfer" einsetzt, kann man ein unheimlich volles Forte erzielen, das man aus den Fingern allein nur durch immensen Kraftaufwand oder überhaupt nicht hinbekommt.

Kurz: Zum Üben kann man den verrücktesten Kram machen, aber wenn man am Ende Musik machen will, sollte man das hinter sich lassen und schauen, was der Musik dient.

Um den vieldiskutierten Unterschied zwischen Kraft und Geschwindigkeit (den es, wenn ich meinen Ohren vertrauen darf, tatsächlich gibt) einmal nachzuweisen, könnte man doch ganz einfach Messungen durchführen, bei denen eine Maschine die Tasten mit unterschiedlicher Kraft und Geschwindigkeit anschlägt, und Messgeräte den Schalldruck und die Obertonstruktur abnehmen, die dabei herauskommen. Dann hätte man eine sachliche Grundlage für die Diskussion, ob bei gleicher Lautstärke verschiedene Klangfarben möglich sind. Und außerdem könnte man das im E-Pianobau sehr gewinnbringend einsetzen, wenn man mehrere Sensoren verwendet.
 
@Colorido:
Zustimmung! Aber zum Erlangen von Fingerkraft ist es durchaus sinnvoll(!) ein Stück, oder eine technisch schwere Stelle nur von der Taste aus zu beherrschen.
Es wäre jedoch schlichtweg FALSCH zu sagen: man spielt Klavier nur von der Taste aus. Letztenendes nutzt man beim Musizieren alle technischen Möglichkeiten aus um Musik zu machen, deren Klangerleben aus einer inneren Klangvorstellung heraus angetrieben wird...


Es ist unglaublich, dass es solche Messungen noch nicht öffentlich gibt. Kawai (und vermutlich auch alle anderen Hersteller, die mit Physical Modelling arbeiten) führt ja solche Messungen anscheinend durch, um dann für den D-Piano Klang die Obertonspektren so zu modulieren, dass man die Dynamik mit nur einem Sample darstellen kann. Wobei dieses System Grenzen und Schächen hat, da es den Realismus beeinträchtigt, aber das ist ein anderen Thema.

Die Samplepianos der Firma PMI wurden z.B. mit einem mechanischen System aufgenommen, dass Tastenanschläge in 1000facher Abstufung ermöglicht. Damit sollten sich auch diese Messungen exakt durchführen können.

These 1: es ist möglich, einen Ton bei exakt gleicher Lautstärke verschieden gefärbt anzuschlagen, da sich die Obertonspektren bei einem guten Klavier/Flügel differenzierten ändern, als wir sie mit unseren Fingern anschlagen können und als wir durch unser Ohr als unterschieldiche Lautstärke wahrnehmen können.
Bzw.: Zwei von uns 100% gleich laut wahrgenommene Klavieröne sind in Wahrheit nicht gleich laut. Doch liegt der Unterschied in Dezibel nur im messbaren Bereich, den wir nur unterbewusst emfpnden können.

Wir kommen da schnell in die Problematik der Definition: was ist Lautstärke? Kann man diese überhaupt 100% messen?
Der Ort, an dem die Messung stattfindet bestimmt ja das Ergebnis, da wir beim Klavier nunmal keine Sinustöne hören, sondern jeder Ton ein Mischton ist! Hierin könnte der Schlüssel zur Lösung der Problematik liegen.

These 2 (für mich am wahrscheinlichsten): Es ist möglich dass zwei Klaviertöne zu 100% die gleiche Lautstärke im Raum in Dezibel haben. Dennoch klingen sie anders, da sich das Obertonspekrum jeweils minimalst unterschiedlich aufbaut, und das menschliche Ohr, oder ein Messgerät anders erreicht.
Z.B.: der 4. Oberton kommt bei einem Ton um 0,3 Millisekunden später an als bei einem anderen, im Raum gleichlaut gemessenem Ton. Die Gesamtlautstärke des Tons ist also gleich geblieben. Doch kommen die Obertone anders gemischt und verzögert bei unserem Ohr an, so dass wir unterschieldiche Farben wahrnehmen.

Hier liegt dann auch die Krux der Digitalpianos: die Wiedergabe mit Lautsprechern kann dies niemals so erreichen wie die 230 Saiten und der Korpus eines Klaviers!

Endorf
 
Die für mich wichtigsten Unterschiede:

Wenn ich einen Roboter eine Taste 1000 mal anschlagen lasse und die Wellen übereinanderlege wird es trotzdem Differenzen geben. Die Mechanik - die Saiten, das ganze Instrument reagiert jedesmal anders.

Wenn ich beim Digitalpiano eine Taste anschlage, übergibt diese nur einen Wert, ich denke auch intern im Midi-Standard von 0-127. Ob ich jetzt die ersten 2 Tastenmillimeter langsam und die letzten 3 schneller angeschlagen habe interessiert das elektrische Instrument nicht, die Mechanik schon.

Man kann die Töne in den Fingern fühlen beim "Analogflügel" (auch die leisen), ist direkt verbunden mit der "Klangerzeugung".

Lautsprecher sind immer ein Kompromiss:
Ein Klavier hat, was weiss ich, 200 Lautsprecher und jeder klingt anders.

Wer jetzt mit Formeln kommt, möge bitte seine Ohren rechnen lassen. ;)
 
Um den vieldiskutierten Unterschied zwischen Kraft und Geschwindigkeit (den es, wenn ich meinen Ohren vertrauen darf, tatsächlich gibt) einmal nachzuweisen, könnte man doch ganz einfach Messungen durchführen, bei denen eine Maschine die Tasten mit unterschiedlicher Kraft und Geschwindigkeit anschlägt, und Messgeräte den Schalldruck und die Obertonstruktur abnehmen, die dabei herauskommen. Dann hätte man eine sachliche Grundlage für die Diskussion, ob bei gleicher Lautstärke verschiedene Klangfarben möglich sind. Und außerdem könnte man das im E-Pianobau sehr gewinnbringend einsetzen, wenn man mehrere Sensoren verwendet.
Ich wette, da kommt raus, das Kraft und Geschwindigkeit aequivalent sind :)

Denn je mehr Kraft die Maschine aufwendet, desto mehr Geschwindigkeit kriegt die Taste bzw. der Hammer und je mehr Geschwindigkeit der Hammer kriegen soll, desto mehr Kraft muss die Maschine aufwenden.

Damit es richtig wird, muesste man den Ton aber komplett abklingen lassen, bevor die Saite wieder angeschlagen wird!

Macht man das nicht, dann erhaelt man - wie Du richtig gesagt hast - bei gleicher Anschlagstaerke wirklich verschiedene Klangfarben, weil der neue Anschlag addiert sich dann zu den bestehenden Schwingungen des Resonanzbodens, der Saiten und den Schallwellen, die schon im Klavier rumreflektiert werden. Dabei entstehen Interferenzen/Ausloeschung/Phasenverschiebungen, die einen Obertoene werden verstaerkt, andere gedaempft, d.h. Klangspektrum aendert sich. Diese Wechselwirkung ist - wie ich oben schon geschrieben habe - der Grund fuer die vielen Klangfarben... Und hier kenne ich nur 2 Hersteller, die das bei Digitalpianos mehr oder weniger gut simulieren: GEM und - vom Ansatz her noch viel aufwaendiger - Pianotek.
 
Hm.... ich glaube, was auch noch eine Rolle spielt ist
  1. die Kontaktdauer zwischen Hammer und Saite
  2. welche Energie und welche Auslenkung die Saite vor dem Aufprall mit dem Hammer schon besaß (dadurch entstehen Phasenverschiebungen)
  3. welche Schallwellen vor dem Aufschlag des Hammers schon herumwirbeln - durch den neuen Anschlag wird der bestehende Klang nochmal eingefärbt (Interferencen, etc)
  4. im Klavier schwingen nicht nur die Saiten, sondern auch der Resonanzboden!!! (und das Holz, naja.... weniger relevant) Jedenfalls spielt es sicher eine grosse Rolle, wie genau der Resonanzboden schon schwingt, wenn die Saite angeschlagen wird
Stimmt schon, dass sind alles Faktoren die einen Klavierklang lebendig machen. Aber andererseits auch solche, die vom Spieler nicht oder nur sehr geringfügig beeinflusst werden können und somit auf die Spieltechnik keine große Auswirkung haben.


Pianoteq find ich vom Ansatz her schon mal sehr vielversprechend!! Bin gespannt, was in 3-4 Jahren möglich ist...

Da müssen dann aber die Masterkeyboards auch irgendwie mitgehen, denn im Moment kennen die nur 128 Dynamikabstufungen und sonst keine klanglichen Parameter.


Differenzieren und repetieren kann man auch auf guten Digitalpianos!

Teilweise. Ich hab z.B. auf manchen Yamaha-Tastaturen Probleme, pp zu spielen und auf der MP8-Tastatur führen bei mir schnelle Repetitionen viel mehr zu Verkrampfung als auf einem Klavier mit echter Repetitionsmechanik (was ja auch logisch ist).


@Endorf:

Was deine spieltechnischen Ausführungen angeht, stimme ich nicht ganz mit dir überein. Meiner Erfahrung nach führt ein "Reindrücken" der Tasten viel eher zu Verkrampfung als ein Ausnützen des Schwunges von oben. Eine technische Übungsvariante die ich jetzt gerade anwende ist, den Finger bis kurz vorm Anschlag auf der Taste liegen zu haben und dann beim Anschlag sehr schnell und in einer Bewegung zu heben und auf die Taste fallen zu lassen. Das hat sich bisher zur Steigerung der Fingerkraft als sehr effektiv erwiesen.

Das ist übrigens eine Spielweise, wo der Finger ziemlich mit der Taste kollidiert und die Mechanik sehr abrupt auslöst, wodurch ein ziemlich lautes Geräusch entsteht, was zu einem eher spitzen, knackigen non-legato-Anschlag führt (siehe meine vorherigen Ausführungen).
 
@ cordesavide: dann haben wir wohl einfach andere Erfahrungen gemacht:)) So ist es eben in der Kunst.
Ob man bei einer der beiden Spielweise eher verkrampft lässt sich pauschal also nicht sagen. Sicher ist dennoch, dass man beim Spiel von der Taste selber für die gleiche Lautstärke die Muskelkraft stärker beansprucht als mit Schwung von oben, da die Schwerkraft weniger hilft und der Beschleunigungsweg kürzer ist.

Vielleicht ist die Verkrampfungskraft beim Spiel von der Taste gerade deswegen doch dann doch höher, da es mehr Kraft erfordert. Und wenn man diese (noch) nicht besitzt, ist die Gefahr groß, das unterbewusst versucht ein technisches Problem mit Überspannung/Verspannung lösen.

Gruß, Endorf
 
cordesavide hat recht mit der Repetitionsmechanik - das war mir bis jetzt auch nicht so bewußt, was die für nen Unterschied macht :redface:

Hab hier auch grad noch nen schönen _deutschen_ Text zu Klaviermechanik und -Klangerzeugung gefunden: Neuzeit
 
Also zunächst mal meine subjektive Meinung:
Ich bin -genau wie Cordesavide- schon davon überzeugt, daß verschiende Anschläge trotz der Erzeugung eines physikalisch einwandfrei identischen Impulses zu anderen Klangfarben führen.

Aber woran kann das liegen? Physikalisch sehe ich zwei Möglichkeiten:

1. den obigen Ausführungen von andi.k folgend gilt ja:
[integral von 0 bis t] (F(t)) = p,
wobei [integral von 0 bis t ](F(t)) einfach das Integral über die entlang der Zeit 0->t wirkenden Kraft der Hand/Finger meint und p der Impuls ist, den der Hammer dadurch erhält. Dispersionskräfte wie z.B. Reibung seien vereinfachend zunächst ausgeschlossen.
Man erkennt jetzt bereits, daß sich ein und derselbe Hammer-Impuls durch verschiedene Kraftfunktionen bei unterschiedlichen Integrationszeiten, sprich Anschlagsdauern erzielen lassen. Umgekehrt kann man dann auch sagen, selbst wenn ich mit derselbe Kraft anschlage, kann dies zu unterschiedliche Impulsen (Geschwindigkeiten) des Hammers führen, je nachdem, wie lange ich die Kraft wirken lasse. (also kurzer, inbtensiver Anschlag oder langsamer aber fester Anschlag) oder wenn die F(t)-Funktionen jewiels unterschiedlich sind. Natürlich ist die Zeit t sehr begrenzt, sie muß ja insgesamt innerhalb der Reaktionszeit der gesamten Klaviermechanik liegen, aber dennoch denke ich, dass dieser Wert durchaus eine Rolle spielen kann.

2. der Einfluß der bisher vernachlässigten Reibungskräfte:
(das ist jetzt etwa das, was Cordesavide ins Spiel gebracht hat)
Selbst im Falle schwacher Reibungskräfte (z.B. die Bewegung eines Körpers durch ein Gas) gilt, dass die Reibungskraft proportional der Geschwindigkeit ist. In einer Klaviermechanik können Reibungskräfte durchaus mit höherer Potenz mit der Geschwindigkeit ansteigen. Wie das genau ist weiß ich nicht, vielleicht kann sich ein Ingenieur oder Klavierbauer ja dazu mal äußern. Also, je schneller eine Taste angeschlagen wird, desto mehr Reibungsverlust haben wir, so daß im Gegensatz zu 1) langsames festes und schnelles weniger festes Anschlagen doch durchaus nicht denselben Impuls erzeugen müssen. Wie gesagt, die Aussage unter 1) bezog sich auf Reibungsfreiheit.


Man neigt in der physik schnell dazu aus Gründen der Einfachheit die ganzen Dispersionkräft zu vernachlässigen. Oft stellt man dann aber fest, dass es gerade diese sind, die einen bestimmten Effekt ausmachen. Der klassische Fehler allzu schneller Abschätzungen ;)

Wir sehen also, auch die Physik ist durchaus konsistent mit der Beobachtung, dass verschiedene Anschlagstechniken zu unterschiedlichen KLangfarben führen können.
Ein wenig verwundert mich, dass so ein erfahrener Pianist wie Endorf das abstreitet, das gibt mir dann doch zu denken ob ich Recht habe. :confused:
Oder habe ich was falsch verstanden?

Cheers,

Wolf
 
Gibts hier keinen Klavier spielenden Physiker, der das mal fundiert darstellen kann? ;)
Fundiert - weiß ich nicht. Ich versuche es mal in aller Kürze:

Es ist tatsächlich so, dass der Hammer das letzte Stück Weg im freien Flug zurücklegt. Somit ist es egal, mit welcher Kraftkurve an der Taste die Geschwindigkeit, mit der der Hammer die Saite anschlägt, erreicht wird.
Ist diese Geschwindigkeit gleich, so sind
- Impuls
- Energie
- Kontaktdauer mit der Saite usw.
für die RUHENDE Saite eindeutig festgelegt. Es gibt nur EINEN Freiheitsgrad. Auch die Reibungskräfte ändern daran erstmal nichts.

M.a.W.: Gleiche Lautstärke heißt gleicher Klang (bei immer gleichen Anfangsbedingungen).

Somit wäre es auch bei einer elektronischen Umsetzung von der sensorischen Seite völlig ausreichend, nur die Hammergeschwindigkeit (bei Hammermechanik) zu messen, sofern die Umsetzung Taste-Hammer ungefähr denselben Gesetzen folgt wie beim Klavier. Allerdings wird das leider AFAIK nicht gemacht, sondern es wird wirklich die Tastengeschwindigkeit gemessen.

Woher können also jetzt Unterschiede kommen, die nicht auf solche Sachen zurückzuführen sind wie "Phasing" bei repetierendem Anschlag?

1) Zum einen spielen die Tastengeräusche tatsächlich eine Rolle. Das dürfte IMHO der größte Effekt sein, auch wenn man das nicht so bewußt wahrnimmt. Das "Klock" des Holzes trägt zum Klang bei, ohne Frage.
2) Zum anderen KÖNNTE der Hammer bei hartem Anschlag, also plötzlicher Beschleunigung aus der Ruhelage, sich ganz leicht seitlich verbiegen oder verdrehen, wodurch dann der Hammer in einer etwas anderen Position auf die Saite trifft als vorgesehen. Das dürfte bei neueren, gut gepflegten Instrumenten allerdings ein vernachlässigbarer Effekt sein. Bei "Gurken" oder wirklich alten Schätzchen haben die Hämmer aber etwas seitliches Spiel, so dass das denkbar ist. IMHO sollte der effekt aber dennoch gering sein.
3) Einen weitaus größeren Effekt dürfte der Dämpfer haben, denn der folgt ja nunmal wirklich der Taste (beim Abheben zumindest). Wenn ich die gleiche Hammergeschwindigkeit einmal mit kurzem, knackigen Anschlag der Taste und einmal mit "langsamem", aber kraftvollen Einsatz, dann ist im ersteren Falle der Dämpfer gerade erst von der Saite, wenn der Hammer trifft. Im andren wird der Dämpfer schon etwas früher abgehoben, und die Saite hat ein paar Millisekunden Zeit, sich schon ohne Anschlag zum Schwingen anregen zu lassen (etwa von bereits klingenden anderen Tönen). Das heißt: Die Saite ruht gar nicht mehr, wenn der Hammer kommt.
4) Nicht ganz vergessen darf man auch die Psyche der Spielers. Man empfindet tatsächlich Töne anders, abhängig davon, wie man spielt, auch wenn sie objektiv gleich klingen - das kann man leicht mit einem E-Piano mit abgeschalteter Anschlagsdynamik testen. Obwohl dann garantiert immer dasselbe Sample kommt, hat man den Eindruck, der Ton würde ich etwas (nicht viel) verändern, wenn man stärker "reinhaut". Klingt komisch, ist aber so ;)

Das wären so meine paar Cent.

Die beschriebenen Effekte müsste man allerdings erstmal auf der Seite der Klangerzeugung umsetzen können, bevor man sich daran macht, eine schlaue Sensorik in die Tastatur zu bauen. Insofern... :rolleyes:
 
@.Jens
ich glaube Du hast Recht! Deine Argumentationen erscheinen mir nicht unvernünftig. Hammerverformungen und vorallem der Einfluß des Dämpfers, das klingt plausibel, hatte ich ganz vergessen, dass es da auch noch gibt :redface:. Auch die Tastengeräusche sind in der Tat nicht von der Hand zu weisen und von der Psyche wollen wir garnicht erst anfangen.
Guter Beitrag!


Cheers,

Wolf
 
Was hier bisher noch nicht angesprochen wurde, aber meines Ermessens eine große Rolle spielt ist der produzierte Obertonreichtum.

Ein Forte klingt eher "getragen", wenn die dabei produzierten Obertöne dunkler sind, und eher spitz, wenn hohe Obertöne erzeugt werden. Grundsätzlich ist der Obertonreichtum des Klaviers höher, je stärker gespielt wird, aber es gibt auch noch andere Einflüsse:

- der schon angesprochene Damper (wenn die Saiten frei schwingen, werden mehr Obertöne produziert)

Es gibt aber noch viele andere Einflüsse, die darauf Auswirkung haben:
- Die Anzahl der gleichzeitig angeschlagenen Saiten (je mehr Saiten, desto mehr Obertöne)

- Das Halten der gleichzeitig angeschlagenen Saiten (nur virtuelle Simulationen ahmen diesen Effekt nach, Sample Pianos können das nicht, da der rechte Ton vom linken nix weiß). Ähnlich wie beim Damper: Die gehaltenen Tasten (ungedämpfte Saiten) erzeugen auch nach dem Ausklingen noch Obertöne durch Anregung weiterer angeschlagener Saiten.

- Das Legato-Spiel. Je gebundener gespielt wird, desto länger können sich die Obertöne entfalten.

- Repetition (schnell hintereinander gespielt ergeben sich weniger Lücken im Klang, und die Obertöne im Raum können sich mischen --> Hall. Dieser Effekt ist abhängig von den Klangeigenschaften des Raumes, in dem man spielt.

- Mehrfachanschlagen der ungedämpften Saite (durch das Treffen der Saite im bereits schwingenden Zustand ergeben sich zusätzliche Obertöne).

- wie gleichmäßig der Anteil an Obertönen aufrechterhalten werden kann (-> Klangteppich), oder ob er Lücken aufweist, und wie weit sich einzelne Spitzen aus ihm noch abheben können),

- Beim E-Piano zusätzlich:
--> Die zum Einsatz kommenden Wandler (es gibt Leute, die den Einfluss der Wandler am Obertonspektrum hören)
--> Die Qualität der eingesetzten Filter und Equalizer (daher klingen die alten, analogen Sounds so gut: gute Filter, saubere Obertöne, wenig "Plastik-Sound" --> viel Präsenz).

Wenn man sich über länger Zeit mit einem Instrument vertraut macht, entwickelt man intuitiv ein Gefühl für die Spielweise, die dem Instrument ein möglichst breites Spektrum an Obertönen entlockt (das klingt für uns angenehm, und wird meist als "Brillianz" bezeichnet). Einige der angesprochenen Techniken sind auf E-Pianos nicht möglich, da sie nicht simuliert werden. Wenn es Emulationen bzw. physische Modelle gibt, dann muss man auf diesen Instrumenten das gleiche tun wie bei den echten: Darauf üben, um herauszufinden, welche der angesprochenen Spielweisen die gewünschten Obertöne produziert.

Nicht jedes (E-)Piano ist für jeden Musikstil geeignet. Im Allgemeinen kann man sagen: je schneller und mit je mehr Pedal gespielt wird, desto mehr Obertöne werden produziert. Das geht auf fast jedem E-Piano. Bei leiseren, langsamen Stücken ohne durchgehende Pedalierung trennt sich dann die Spreu vom Weizen, weil der Grundklang des Piano's zeigen muss, was er kann.

Frustrierend hingegen sind E-Pianos, die auch bei starkem Anschlag einzelner Töne nicht ausreichend Obertöne produzieren. Ich hab dann den Eindruck, hau wie eine Bescheuerte in die Tasten rein, und "es tut sich nix". Dabei versaut man sich nur das Spiel. Das ging mir mit dem alten RD700 so, daher kam's ganz schnell wieder weg (die Roland-Wandler klingen von Haus aus weniger metallisch, d.h. obertonarmer als die Yamahas). Ein Grund (neben der Saitenresonanz-Simulation), warum sich das P250 auf der Bühne sehr gut durchsetzt. Die modernen Saitenresonanz-Simulationen helfen da ganz ungemein (insbesondere auch der Effekt auf gehaltene Tasten). Die Damper-Simulation im rp-x musste ich leider wieder abschalten, da das Instrument beim Pedalieren an der PA zu weit nach hinten wegzuschweben scheint (der erzeugte Obertonreichtum ist zwar enorm, aber es entsteht der Eindruck, dass sich die Raumtiefe ändert, was zu einer Fehlwahrnehmung führt). Hoffentlich lässt er sich bald in der Intensität regeln.

Hoffe, das war nu nicht zuviel Text :)

Liebe Grüße

Dana
 

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