Diskantspreize gerissen

McCoy
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Ein Klavierbauer sagte über ein Klavier, daß die Diskantspreize gerissen sei.

Frage: Was ist die Diskantspreize und was bedeutet es, wenn sie gerissen ist?

Viele Grüße,
McCoy
 
Hallo McCoy,

Was ist die Diskantspreize

Die Diskantspreize ist meines Wissens die Gussrahmen-Verstärkungsstrebe im Diskantbereich.
Wenn diese gerissen ist, wird sich das wohl zumindest negativ auf die Stimmhaltung auswirken.

Aber vielleicht meldet sich ja noch ein Klavierbauer zum Thema.

Viele Grüße
Torsten

Edit: Ein Bild sagt mehr als tausend Worte:

1683740070114.png
 
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Das macht auf jeden Fall Sinn. Danke!

Viele Grüße,
McCoy
 
Korrekt, der Pfeil auf dem Bild zeigt auf die Diskantspreize. Die gehört zur Gussplatte. Wenn die gerissen ist bedeutet das Totalschaden. Ist quasi nicht reparabel.
 
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Kannst du das noch etwas näher ausführen, Gregor? Totalschaden im wirtschaftlichen Sinne (nicht reparabel) verstehe ich. Aber wie äußert sich das - ist das Klavier dann komplett unspielbar, oder hält es einfach die Stimmung nicht mehr gut... ? Das macht dann ja schon einen Unterschied...
 
Es ging um ein Klavier, das sehr günstig verkauft werden sollte. Dazu wurde ich um Rat gefragt. Aber das stellt so natürlich ein absolutes Ausschlußkriterium dar.

Die Aussage über die gerissene Diskantspreize stammt von der Verkäuferin, mit dem Zusatz, daß das aber die Spielbarkeit nicht beeinflusse. Die Verkäuferin hat die Auskunft wiederum angeblich von einem Klavierbauer. Sie konnte das aber am Klavier noch nichtmal zeigen, weil sie selbst nicht wußte, wo die Diskantpreize ist.

Ich selbst habe das Klavier nicht gesehen, wurde nur gefragt.

Viele Grüße,
McCoy
 
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Warum das nicht reparabel ist, ist mir klar. Mit ging es wie gesagt um die Frage: wie wirkt sich das auf Klang und Spielbarkeit aus?

Analog zum Auto, da kann durchaus ein wirtschaftlicher Totalschaden vorliegen (Reparatur teurer als Restwert), aber das Auto kann dennoch fahrbereit sein und würde ggf sogar durch den TÜV kommen (z.B. Hagelschaden).

PS: dem Beitrag von McCoy zufolge scheint es ja die Spielbarkeit tatsächlich eher nicht zu beeinflussen...
 
Ich habe schon mehrfach Gusseisen geschweißt. Je nachdem wo der Riss sich befindet könnte es aber erhebliche Demontagearbeiten erfordern. Lohnt sich dann sicher nur für sehr wertvolle Instrumente.

*
 
Meine Lehre habe ich 1991 beendet. Damals hieß es, dass man Grauguss nicht schweißen kann. Das könnte sich mittlerweile geändert haben, das weiß ich aber nicht so genau. Ich habe mittlerweile schon öfter gehört, dass das jetzt wohl gehen soll. Oder besser gesagt: dass das gemacht wird. Gusseisen ist aber nicht immer gleich Grauguss. Die Gussplatte im Klavier ist allerdings Grauguss.

Wenn ein Riss in der Diskantspreize ist, dann ist die Stabilität der Platte und der gesamten Konstruktion nicht mehr gegeben. Dann hält das Klavier die Stimmung nicht mehr. Die Platte wurde ja nicht aus Jux und Dollerei da eingebaut, sondern um die Zugkräfte der Saiten aufzunehmen. Wenn sie das nicht mehr kann, ist halt vorbei mit der guten Stimmung.

Es kann sein, dass anfangs nur ein ganz feiner Riss zu sehen ist, der sich aber im Laufe der Zeit so weit ausbreitet, dass die Strebe schließlich komplett durchbricht. Deswegen ganz grundsätzlich: Finger weg von Klavieren mit Gussplattenriss. Es gibt allerdings auch Stellen, wo ein Riss nicht unbedingt was ausmacht. Aber die Diskantspreize gehört leider nicht dazu, da ist es am schlimmsten. Man kann sich aber auch irren: ich hab mal über die Jahre immer wieder ein Klavier gestimmt, das im Diskant (nicht an der Spreize, sondern oberhalb der Silie) einen sehr feinen Haarriss hatte, den man kaum sehen konnte. Ich dachte mir dass das an der Stelle wohl eher nichts macht. Und jedes Jahr musste ich aufs Neue den Riss suchen, weil der wirklich kaum zu sehen und sehr fein war. Irgendwann wurde der aber immer größer und irgendwann war da eine klaffende Wunde. Und die Stimmung hielt überhaupt nicht mehr.

Die Spielart ändert sich von der Mechanik her nicht, aber wenn ein Klavier nicht mehr stimmbar ist dann ist es auch nicht wirklich spielbar. Selbst wenn man die Platte schweißen könnte, muss man sie vorher natürlich ausbauen. Und dann ist die Frage, wie man sie schweißt. Denn sie hat sich ja verwoben/verwölbt. Deswegen ist sie ja schließlich auch gebrochen. Sie wurde wohl nicht richtig angepasst. Sollte man sie also wieder in exakt die selbe Form bringen wie sie vorher war? Geht das überhaupt? Oder sollte man einfach gewölbt schweißen und dann neu anpassen? Hält das oder reißt sie dann an anderer Stelle? Ehrlich gesagt bin ich da auch überfragt. Auf jeden Fall ist das eh nur etwas, was man im Rahmen einer Generalüberholung machen würde. Und die benötigt mindestens 100 Arbeitsstunden (ohne Gehäusearbeiten wie Lackierung und so). Plus Material wie Wirbel, Saiten, Hämmer, Dämpfer usw.

Wenn eine Gussplatte reißt, dann muss das wohl einen ohrenbetäubenden Knall geben. Hab ich zum Glück noch nie selber erlebt, aber davon gehört. Von Kollegen, denen das beim Stimmen passiert ist. Oder wo die Platte einen Tag nach der Stimmung geknallt hat.
 
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Wenn eine Gussplatte reißt, dann muss das wohl einen ohrenbetäubenden Knall geben. Hab ich zum Glück noch nie selber erlebt, aber davon gehört. Von Kollegen, denen das beim Stimmen passiert ist. Oder wo die Platte einen Tag nach der Stimmung geknallt hat.
Vielen Dank für die interessanten Erläuterungen.
Was die Platte betrifft, so würde ich sagen, was Du da von den Kollegen gehört hast, das spricht für einen würdigen Abgang.

Gruß Claus
 
PS: dem Beitrag von McCoy zufolge scheint es ja die Spielbarkeit tatsächlich eher nicht zu beeinflussen...
Nein, nein. Das war die Aussage der Verkäuferin, deren Verkaufsinteresse größer als ihre Sachkenntnis ist. ;) Denn andernfalls müsste sie ja die Entsorgungskosten zahlen

Viele Grüße,
McCoy
 
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Nein, nein. Das war die Aussage der Verkäuferin, deren Verkaufsinteresse größer als ihre Sachkenntnis ist.
Das kann ja tatsächlich aus so sein. Nämlich dann, wenn das bis jetzt nur ein Haarriss ist. Das muss aber nicht so bleiben.
 
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Finger weg von Klavieren mit Gußplattenriß.

Dennoch ein paar Anekdoten aus meiner Tätigkeit.

Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt alte Flügel eines renomierten deutschen Herstellers bei denen die Gußplatte eines Modells aufgrund eines Konstruktionsfehlers immer mal wieder riß. Aussage damals: ist sie nicht gerissen, ist es kein originaler Flügel. Haarriss in der Diskantspreize - die die ganz außen sitzt. Die Flügel hielten alle, trotz Riß, die Stimmung.

Einen anderen Flügel hatte ich mit einem Haarriss in der Spreize Mitte/Diskant. Bedenken angemeldet. Kunde forderte 442 Hertz. Das hielt ein paar Jahre und der Riß erweiterte sich beständig. Bedenken vielmals angemeldet. 442 Hertz. Irgendwann riß die Platte an weiteren Stellen. Ergebnis: spielbar war die Mechanik als solches sehr wohl, aber der Bereich Mittellage/Diskant war stark verstimmt, verglichen zu den restlichen Tönen. Der Flügel in der Gesamtheit war unspielbar. Was wurde gemacht: Flügel bekam im Herstellerwerk ein neue Platte.

Klavier-Gußplatten sind mir beim Stimmen 2 Stück gerissen. Beide Male knackte die Mitte/Diskantspreize weg und der Anhangsbereich der Platte riß gleich mit. Anfangs stellt man fest, dass der gerade gestimmte Bereich zu tief wird. Ok, da stimmt man halt nach. Dann verabschiedet sich die Gußplatte mit einen leichteren Knack und das wars dann.

Eine Gußplatte habe ich ausgebaut und sie zu einem Schlosser gebracht. Dort wurde sie erwärmt, der Riß wurde geschweißt und die Platte ließ man kontrolliert abkühlen. Reparatur erfolgreich.

Das 2. Klavier habe ich dann mit dem Kunden der aus der Metallbranche war, gemeinsam repariert mit ein paar Versteifungen. Auch dieses Instrument spielt heute noch.

Michael
 
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Klavier-Gußplatten sind mir beim Stimmen 2 Stück gerissen. ........ Dann verabschiedet sich die Gußplatte mit einen leichteren Knack und das wars dann.
Krass, dass dir das schon zwei mal passiert ist. Ich hatte im BDK Forum mal die Frage gestellt, ob eine Gussplatte beim hochstimmen reißen kann. Da kam tatsächlich die Rückmeldung, dass das eine handvoll Male Kollegen passiert ist. Aber halt nur eine handvoll Male. Ich weiß gerade nicht, wie viele Kollegen im BDK sind und ob die alle dort mitlesen. Aber wenn man von einer dreistelligen Zahl ausgeht, die oftmals schon mehrere Jahrzehnte im Außendienst sind, dann dürften da über hundert Tausend Stimmungen gemacht worden sein. Da hast du ziemlich Pech gehabt. Aber Glück im Unglück, denn ich hätte vermutet, dass das keinen leichten Knack macht sondern ein ohrenbetäubenden Knall, kurz vor Herzinfarkt.

Interessant, dass das mit dem Schweißen bei dir funktioniert hat. Pianova macht so etwas anscheinend auch. Schrieb ein Kollege aus dem BDK Forum.
 
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Wenn das so ein typisches Problem ist, frage ich mich (als Laie), warum man die nicht von Haus aus etwas stärker baut... oder ist das bei neueren Instrumenten nicht mehr so?
 
Wenn das so ein typisches Problem ist, frage ich mich (als Laie), warum man die nicht von Haus aus etwas stärker baut... oder ist das bei neueren Instrumenten nicht mehr so?
Es gibt eigentlich 3 potentielle Gründe für einen Plattenriss:
1. Konstruktionsfehler. Da kann man darüber nachdenken, eine Strebe etwas stärker zu bauen. Bzw. die gesamte Statik zu überdenken.
2. Ungenau eingebaut. Die Gussplatte muss vor dem besaiten absolut plan aufliegen. Da darf nix kippeln. Das dürfte der häufigste Grund für Plattenbrüche sein weil die Platte dann schon unter Spannung steht.
3. Materialfehler. Auch das gibt es tatsächlich mal. Ist gar nicht so lange her.

Dass eine Platte durch den Transport bricht, ist eher selten. Da muss dann schon einiges passieren. Es gibt übrigens die Anekdote, wie bei einem schwäbischen Hersteller die Stabilität der Konstruktion geprüft wurde. Die bezogene Raste (Holzunterkonstruktion mitsamt Gussplatte und Saiten) wird reichlich höher als 440 Hz gestimmt. Dann wird sie auf Böcke gelegt. Dann werden diese Böcke mittels Seilen mit einem kräftigen Ruck weg gezogen so dass alles auf den Boden knallt. Wenn die Platte danach noch heile ist, gilt die Konstruktion als stabil.
 
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Eine Andekdote habe ich zu dem Thema noch.

Ein Leipziger Klavierbauer hatte mir berichtet, dass nach Ende des Weltkrieges in den zerbombten Häusern noch viele Klaviere standen, aber die Treppenhäuser fehlten. Man baute alle abbaubaren Teile weg, legte unten ein paar Matrazen hin und schmiß die Klaviere ein paar Stockwerke nach unten. Alle Instrumente hätten dies überlebt.

Michael
 
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