Auch von mir ein großes Dankeschön!

Habe mir das Meiste durchgelesen.
Beim Punkt "
2.3.a. Aber wie zum Teufel finde ich jetzt einen Bassisten/Drummer/Sänger? - Oder: Freie Auswahl als Bassist" habe ich dann aber einen Aha-Effekt erlebt. Ich kann da nicht für alle Geschlechtsgenossinnen sprechen, aber im Privatfernseh- und Internet-Zeitalter bekommt man irgendwie den Eindruck, dass auf 4 Bandgründungen immerhin 2 Frauen kommen, von denen eine unbedingt Sängerin und eine unbedingt singende Sexbombe werden will. Und auch die reinen Männerbands in meinem Umfeld habe ich immer zu einem Zeitpunkt kennen gelernt, als sie schon einen Sänger hatten, oft eine recht coole Rampensau.
Persönlich fand ich Singen schon immer geil, ich hatte nur lange Zeit nicht das Gefühl, dass ich eine schöne Stimme hätte. Erst als ich mit 16 Jahren anfing, mich für Gitarrenbands zu begeistern, hatte ich Vorbilder, die auch (Joan Jett, Bryan Adams) oder nur (Steve Howe, Rudolf Schenker, Adrian Smith) Gitarre spielen. Ich hatte dann aber die (im Nachhinein seeehr begründete) Befürchtung, auf der Gitarre nie in die Nähe konzertreifer Leistungen zu kommen und am Bass besser aufgehoben zu sein. Also nahm ich erst einmal Bassunterricht, kaufte mir etwas später einen gebrauchten Bass und schließlich auch einen Verstärker.
Einer meiner Kurskameraden spielte damals in einer Band, deren Mitglieder zum Großteil korpulent bis fettleibig waren und überhaupt nichts aus ihrem Typ machten. Ihr Repertoire wählte diese Band genau so, wie sie aussah. Scheiß drauf, ich will endlich mal raus aus dem Jugendzimmer, rein in den Proberaum und raus auf die Bühne! Also bewarb ich mich, um die Band zum Sextett zu vervollständigen. Weil ich nach deren Dafürhalten noch nicht gut genug spielte, machten sie erst einmal fünf Monate ohne Bassist weiter und holten mich schließlich in die Band. In diesen fünf Monaten hat ein Bandmitglied ehrlich gekündigt und ein Weiteres einen Lebensweg als Karteileiche eingeschlagen, also waren wir mit mir nur noch zu viert. Und die Hälfte von den Vieren machte im Laufe der nächsten Monate ebenfalls einen zunehmend unmotivierten Eindruck. Der Schlagzeuger hing in den Spielpausen gar wie ein nasser Sack über seiner Schießbude. 
Der Schlagzeuger war dann in meiner Erinnerung auch derjenige, der als erster vorschlug, das Projekt sang- und klanglos zu begraben, während mein Kurskamerad am liebsten durchs ganze Rhein-Main-Gebiet getourt wäre. Das war natürlich ganz toll. 
Immerhin waren wir alle kompromissfähig, und so kamen wir zügig überein, etwa ein halbes Jahr nach meinem Beitritt das Licht der Öffentlichkeit zu erblicken und dieses Konzert zugleich als Abschiedskonzert zu handhaben.
Für mich war diese Band ohnehin ein Kompromiss, ein Einstieg in die Hobbymucker-Szene, den ich nach dem Motto "Lehrjahre sind keine Herrenjahre" in Kauf nahm. Und schließlich macht nichts so klug wie eigene Erfahrung und - ganz wichtig! - viel Lebenszeit, in der man die einmal gemachte Erfahrung auch sacken lässt.
Meine nächste "Band" war dann Teil eines Schulprojekts. Es fand sich also ein "Hobbymucker-Fundus" zusammen, dem mein Kurskamerad nicht angehörte, aber ein anderer Gitarrist, mit dem ich mich bestens verstand. Aus diesem Fundus wurden vier Temporär-Bands verschiedener Stilrichtungen gegründet, aber nur drei Leute spielten Bass. Das Missverhältnis war also nicht so groß wie zu befürchten. Die beiden anderen Basser waren erfahrener als ich, und so war es kein Wunder, dass einer von ihnen in meiner Wunschkapelle unterkam. Das Jazztrio versuchte, ohne Gesang und Bass auszukommen, was aufgrund der erdigen Spielweise des Gitarristen erstaunlich gut klappte. Schließlich landete ich mit diesem Herrn "ich mich bestens verstand" in einer Band.
Auf der Suche nach meiner zweiten richtigen Band erlebte ich dann die tollsten Sachen. Ich war inzwischen wählerischer geworden und wollte diesmal auf jeden Fall etwas zwischen gut gemachtem Rock und Heavy Metal machen. Und natürlich müssen die Band und deren Umfeld, soweit es öfters im Proberaum zu Gast ist, auch menschlich zu einem passen. Bei gleich zwei Metal-Kapellen passte es menschlich nicht. Ich spielte dann noch in einer anderen Kapelle vor, die angeblich Rock spielte, was sich aber als selbst geschriebener Deutschrock der mittelprächtigen Sorte herausstellte. Deren Bassist fühlte sich in einer anderen Stilrichtung besser aufgehoben und hatte deshalb gerade die Band gewechselt. Die Anderen hatten also schon eine Vergleichsbasis und wollten mich nicht einstellen, weil ich im Vergleich zu ihm unterlegen erschien.
Schließlich traf ich mich auf ein Bier mit ein paar Melodic-Hardrockern. Das waren echt nette und empathische junge Männer, die keinem Klischee nachjagten und einfach nur gute Musik machen wollten. Allerdings wollten sie das hauptberuflich tun, was mir eine Nummer zu groß erschien.
Auf meinem weiteren Lebensweg voller Höhen und Tiefen dachte ich immer wieder mal über die Gründung einer neuen Band oder den Beitritt zu einer bestehenden nach, aber irgendwie fehlte dann doch der Aufhänger, um gerade jetzt richtig Gas zu geben. Also wurde nichts draus. Alle paar Jahre fing ich wieder an zu üben und hörte wieder auf.
Vor 20 Jahren ging dann noch mein Arbeitgeber, bei dem ich schon in die Lehre gegangen war, pleite, und bei der Arbeitssuche erlebte ich immer wieder Schiffbruch. Es reichte dann nur noch für Gelegenheitsarbeit auf dem ersten und (mittlerweile größtenteils) zweiten Arbeitsmarkt. Inzwischen wurde auch ärztlich festgestellt, dass ich nurmehr weder in Vollzeit noch im erlernten Beruf arbeiten kann. Immerhin arbeitete ich weiter an meinen musikalischen Fähigkeiten und auch an meiner Stimme.
Bei meinen Beschäftigungen auf dem zweiten Arbeitsmarkt habe ich eine Gitarristin mit Banderfahrung kennen gelernt, die nicht zu meinem heutigen Kollegenkreis gehört, und eine Schlagzeugerin. Die mag übrigens alles zwischen Glamrock und Extrem-Metal und wartet standesgemäß mit zwei Bassdrums und drei Hängetoms auf, das macht richtig Laune! Beim Gespräch mit den Mädels stellte sich heraus, dass zur Zeit keine in einer Band spielt. Ich habe dann auf der Arbeit noch ein paarmal mit der Schlagzeugerin darüber gesprochen, und wir tendierten beide zunehmend dazu, endlich mal wieder in einer Band zu spielen. Inzwischen traute ich mir auch zu, den Gesang zu übernehmen, war nur ein bisschen in Sorge, ob meine Stimme zu belegt und stellenweise zu maskulin klingt. Ausgerechnet die Gitarristin hat jedoch aus beruflichen Gründen keine Zeit - sie macht eine Fortbildung, deren Erfolgsaussichten allerdings fraglich erscheinen. Schade, da habe ich meinen ersten Dämpfer kassiert. Die Schlagzeugerin und ich sind dann aber von selbst drauf gekommen, dass es kein Fehler ist, erst einmal zu zweit anzufangen und uns im Verlauf unserer Duo-Phase nach einer Gitarristin umzusehen. Welcher Flitzefinger will schon einer Band beitreten, die noch kein eingespieltes Team ist und noch dazu über eine zupfende Frontfrau verfügt, deren Finger und Sprechorgane ihrerseits noch kein eingespieltes Team sind? Wir Zwei müssen endlich loslegen, das kann unserem Marktwert nur förderlich sein.
Vor Kurzem haben wir dann endlich den ultimativen Aufhänger für die Bandgründung gefunden, nämlich eine aus unser beider Sicht sehr zugkräftige Fremdkomposition. Seitdem läuft es auf Hochtouren. Am Montag haben wir die Bandgründung explizit vereinbart. Ich habe mir Texte und Noten ausgedruckt, bis nachts um 1:15 Uhr geübt und am nächsten Morgen um 9:05 Uhr weiter gemacht; danach ging es auf die Arbeit. Von meinem gesanglichen Paradestück konnte ich vor Jahrzehnten mal den Basspart, muss ich mir mal wieder draufschaffen. Den Gesangspart gab ich dann im Rahmen eines Equipment-Tests zum Besten.
Leider hat in unserer Stadt nur noch ein einziger Musikalienladen ohne Schallkabine überlebt. Eine gute Gelegenheit also, sich vor dem Verkaufspersonal zu blamieren. Das dürfte diesbezüglich zwar einigermaßen abgeklärt sein, aber daran denkt man in diesem Moment nicht. Jedenfalls lüftete sich auch noch der letzte Schleier über meiner Stimme und "machte einem warmen Glanz mit Schmelz Platz" (Hochpreis-HiFi-Testsieger-Verherrlichungslyrik), als ich den Versuch unternahm, sie mal über Lautsprecher zu hören und etwas Hall drauf zu geben. Was soll ich sagen, ich habe den Laden als eingeschüchterte Anfängerin betreten und als hammersexy Gesangsgöttin mit stolz geschwellter Brust wieder verlassen! Tagelang konnte ich mich kaum einkriegen vor Begeisterung. Defizite habe ich natürlich noch, aber die sind technischer Natur, und an ihrer Behebung arbeite ich weiterhin. Vom Timbre hingegen bin ich aufs Angenehmste überrascht. Wenn ich das erzähle, heißt es: "Ihr müsste unbedingt eine CD aufnehmen." Das geht alles runter wie Öl.
Die Idee des klassischen Rock-/Metal-Quintetts, also zweite Gitarre und eine eigene Kraft für den Gesang, ist uns natürlich auch schon gekommen. Allerdings wäre damit die Anzahl der Personen, mit denen jede von uns auskommen muss, glatt verdoppelt. Lieber habe ich zwei funktionierende Leute neben mir als vier fluktuierende. Also streben wir eher die Powertrio-Besetzung an. Ein reines Frauentrio deshalb, weil es besser zum Konzept passt und weil ich keine männlichen Musiker kenne, die verfügbar sind. Ich kenne nur noch einen Bassisten, der doppelt so alt ist wie die Schlagzeugerin und derzeit keine Band-Ambitionen hat. Da ich allerdings selbst zum Bass greife, sind Bassisten/Schlagzeuger/Sänger lustiger Weise genau die Leute, mit deren Rekrutierung wir das geringste Problem haben.
